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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 14.07.2006
Aktenzeichen: 24 U 2/06
Rechtsgebiete: BGB, HOAI


Vorschriften:

BGB § 633
BGB § 635
HOAI § 73
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen behaupteter Planungs- und Bauleitungsfehler auf Schadensersatz, sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden in Anspruch.

Die Klägerin errichtete Ende der 90er Jahre in O1 in unmittelbarer Nachbarschaft der A und teilweise auf deren Grundstück einen Gebäudekomplex zum Betrieb eines C-Filmtheaters.

Zu diesem Zweck schloss die Klägerin am 6. November 1997 mit dem Betreiber des Kinos, der M Filmtheater GmbH & Co. KG, einen Mietvertrag. Grundlage des Mietvertrages war die diesem beigefügte so genannte "Mieterbaubeschreibung". In den allgemeinen Vorbemerkungen (Punkt 1.1) war bestimmt, dass alle Lichtspielhäuser der M-Gruppe bei der technischen Ausstattung der heizungs-, lüftungs- und sanitärtechnischen Anlagen mit dem gleichen System ausgerüstet werden sollten. Die Baubeschreibung sollte als "Leitfaden" dienen, von dem abgewichen werden konnte, wenn es "zweckmäßig" war. Es folgten sodann Regelungen zu den einzelnen technischen Anlagen (Punkt 2). Zur "Lüftungstechnik" wurde eine zentrale Klimaanlage vorgesehen (Punkt 2.1). Die "Kältetechnik" sah eine "Kälteerzeugung mit Rückkühlung" in Form einer "Absorptionskälteanlage" vor (Punkt 2.3.1). Für den Fall, dass eine Absorptionsanlage nicht einsetzbar war, bestimmte die Baubeschreibung, dass "aus Gründen der Wirtschaftlichkeit... ein Kaltwassersatz mit dem Kältemittel Ammoniak... zu installieren" sei.

Mit der "Planung der haustechnischen Gewerke Klima, Lüftung, Heizung und Sanitär" sollte die beklagte Ingenieurgesellschaft betraut werden. Diese gab am 16. Dezember 1997 ein Angebot ab, dem eine Honorarsummenermittlung nach den Regeln der HOAI beigefügt war; die Grundlagenermittlung (Phase 1) war ausgenommen.

Nachdem die Beklagte am 6. August 1998 aus Anlass eines in den Räumen der Klägerin stattgefundenen Koordinationsgesprächs ihr Lüftungs- und Klimakonzept vorgestellt hatte, erteilte ihr die Klägerin am 13. August 1998 den Auftrag zur ingenieurtechnischen Planung gemäß dem vorgelegten Angebot; die zwischen der Klägerin und der Mieterin vereinbarte "Mieterbaubeschreibung" sollte für die Bauausführung bestimmend sein. Zum Abschluss eines förmlichen Ingenieurvertrags zwischen den Prozessparteien kam es nicht.

Die Bauarbeiten wurden mit der A abgestimmt. Von Seiten der A wurde im Beisein der Beklagten die Idee eingebracht, den dort erzeugten Dampf als Energiequelle für die Kühlung des Kinos zu nutzen. Die Mieterin M KG nahm die Idee auf.

Mit dem Anlagenbau wurde die Firma N & Z beauftragt. Diese legte ein Alternativangebot mit einem so genannten Dunstturm vor. Am 6. Mai 1999 erteilte die Klägerin der Firma N & Z einen entsprechenden geänderten Auftrag.

Am 26. Juli 1999 beauftragte die Klägerin die Beklagte zusätzlich mit der Bauleitung aller Technikgewerke.

Am 1. November 1999/1. Februar 2000 schlossen die A und die M KG einen Wärmelieferungsvertrag über die Abnahme von Fernwärme in Form von Dampf; angefügt war eine Preisregelung, die eine Preisänderungsklausel enthielt.

Die M KG nahm den Kinobetrieb Anfang 2000 auf; die Klimaanlage wurde ohne vorherige Abnahme in Betrieb genommen. Die Fertigstellungsanzeige der Firma N & Z wurde der Klägerin erst am 11. Oktober 2000 erteilt. Die förmliche Abnahme der "Kältetechnik" fand in Gegenwart der Beklagten am 2. November 2000 statt. Aus diesem Anlass wies die Firma N & Z unter Hinweis auf eine ordnungsgemäße Wartung und Instandhaltung in den Betrieb der Anlage ein; hierzu wurde ein Einweisungsprotokoll gefertigt. Am 24. April 2000 erteilte der Architekt der Klägerin für die Schlussrechnung der Firma N & Z vom 6. Februar 2001 die Zahlungsfreigabe.

Zu einem aus dem Parteivortrag nicht genau zu ersehenden Zeitpunkt kam es später zu einem Mieterwechsel. An die Stelle der M Filmtheater GmbH & Co. KG trat die Firma B GmbH & Co. KG in das Mietverhältnis ein. Diese rügte in der Folgezeit, so unter anderem am 30. April 2002, einen erhöhten Energieverbrauch und wies die Klägerin darauf hin, dass der Kinobetrieb unwirtschaftlich betrieben werde und defizitär sei.

Am 13. Juni 2002 kam es daher zu einem Ortstermin, bei dem die haustechnische Anlage überprüft wurde. In ihrem Protokoll stellte die Beklagte - wie bereits am 29. März 2001 - erneut fest, dass die Kälteanlage nicht bedarfsgerecht betrieben und Mängel nicht zeitnah beseitigt worden seien; gleichzeitig unterbreitete sie Vorschläge zur Beseitigung der Unzulänglichkeiten.

Am 17. September 2002 erteilte die Klägerin dem Sachverständigen D den Auftrag, zu prüfen, ob das Gesamtkonzept der technischen Ausrüstung die Forderungen des Mietvertrages erfülle, und ob die technische Konzeption wirtschaftlich geplant worden sei.

Unter dem 4. Juni 2003 erstattete der Sachverständige D der Klägerin ein Privatgutachten, in dem es heißt, dass die Kältemaschine "völlig unwirtschaftlich" betrieben werde, weil zu hohe Kosten für den Bezug des Dampfes entstünden. Der Sachverständige sah die Verantwortlichkeit hierfür bei der Beklagten als Planerin und der Firma N & Z. Er empfahl einen Austausch des Aggregats.

Im Juli 2003 entschloss sich die Klägerin zum Umbau der Kältetechnik durch Einbau einer Kompressionskälteanlage. Der Umbau erfolgte im Juni 2004. Die Umbaukosten beziffert die Klägerin mit € 204.427,58, die sie mit der vorliegenden Klage von der Beklagten ersetzt verlangt. Wegen weiterer Planungsmängel und anderer Mängel begehrt sie die Feststellung von deren Ersatzpflicht.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe nicht das wirtschaftlich günstigste Kältesystem geplant und sehenden Auges eine "völlig sinnlose" Anlage vorgesehen; zudem sei die Anlage überdimensioniert. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Umbau der Kältetechnik sei aus Gründen der Schadensgeringhaltung erforderlich gewesen.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und sich darauf berufen, durch die ihr verbindlich vorgegebene "Mieterbaubeschreibung" sei ihr auch die Absorptionsanlage zwingend vorgegeben worden, weshalb ein Planungsfehler ausscheide. Die im Bereich der Kältetechnik aufgetretenen Mängel beruhten auf einer unzureichenden Wartung und fehlerhaften Bedienung der Anlage; auch sei die Anlage durch den Mieter vor förmlicher Abnahme unzulässigerweise bereits in Betrieb genommen worden. Gegenüber dem Gutachten des Privatgutachters D hat die Beklagte sachliche Einwände erhoben. Außerdem hat sie die Höhe des Schadens bestritten und hilfsweise mit Gegenansprüchen über insgesamt € 15.408,99 aufgerechnet.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Eine Pflichtverletzung der Beklagten hat das Landgericht verneint, da es an einer fehlerhaften Planung fehle. Nach der "Mieterbaubeschreibung" sei die Absorptionskälteanlage zwingend vorgeschrieben gewesen, sodass wirtschaftliche Überlegungen von der Beklagten nicht mehr anzustellen waren. Technisch durchführbar sei die Absorptionsanlage gewesen. Des Weiteren hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die erste Mieterin, die M KG, überhöhte Betriebskosten zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht habe. Beanstandungen habe erstmals der Mietnachfolger B erhoben. Für den Umbau der Kälteanlage sei die Klägerin allein verantwortlich.

Hinsichtlich der Feststellungsklage hat das Landgericht das Feststellungsinteresse verneint, da die Anlage inzwischen umgebaut worden sei und die Klägerin einen etwaigen Schaden beziffern könne.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe die Wirtschaftlichkeit der Absorptionskälteanlage überprüfen müssen; der Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit begründe einen Planungsfehler.

Des Weiteren beruft sich die Klägerin darauf, die Beklagte habe ihr obliegende Beratungs- und Aufklärungspflichten verletzt. Als Sonderfachmann habe sie die Unwirtschaftlichkeit der Absorptionskälteanlage erkennen und die Klägerin hierauf hinweisen müssen.

Das Feststellungsinteresse hält die Klägerin für gegeben. Sie beruft sich darauf, eine Bezifferung des Schadens sei ohne ein weiteres Sachverständigengutachten nicht möglich; auch habe das Landgericht die ihm obliegenden prozessualen Hinweispflichten missachtet.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 22.11.2005 abzuändern und

1. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 204.427,58 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weitergehenden Schäden und Kosten zu ersetzen, die durch oder im Zusammenhang mit der von der Beklagten für das Bauvorhaben C-Kino O1, S1, geplanten und mangelhaft bauüberwachten klimatechnischen und kältetechnischen Anlage (Klimatechnik, Lüftung, Heizung, Sanitär sowie Sprinkler-Brandschutz- und Kälteanlage), deren notwendig gewordenen Austausch und noch notwendigen Mangelbeseitigungsarbeiten entstanden sind oder noch entstehen werden einschließlich etwaiger Folgeschäden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte macht sich die Begründung des angefochtenen landgerichtlichen Urteils zu Eigen; außerdem wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie ist weiterhin der Ansicht, dass sie nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht verpflichtet war, wirtschaftliche Überlegungen bei der Auswahl der Kältetechnik anzustellen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die Berufungsbegründungsschrift der Klägerin vom 17. Februar 2006 (Bl. 271 ff. d. A.) und auf den Schriftsatz der Klägerin vom 6. Juli 2006 (Bl. 326 ff. d. A.), sowie auf die Berufungserwiderung der Beklagten vom 10. Mai 2006 (Bl. 309 ff. d. A.) Bezug genommen.

II.

Der Klägerin steht ein auf die §§ 634, 635 BGB a. F. gestützter Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten nicht zu.

1.

Die Planungsleistung der Beklagten leidet nicht an einem Sachmangel.

a) Eine Ingenieurleistung ist regelmäßig mangelhaft, wenn sie funktionsuntauglich ist (vgl. BGH, NJW 2001, 1276 - für den Architekten). Ebenso kann ein Mangel vorliegen, wenn zwar die Planung technisch funktionstauglich ist, aber die geschuldete Optimierung der Nutzbarkeit nicht erreicht wird (BGH, BauR 1998, 354, 355 - für den Architekten); maßgebend für die Beurteilung sind die Ziele des Bauherrn. Andererseits wird die "optimalste" Planungslösung grundsätzlich nicht geschuldet (OLG Karlsruhe, BauR 2001, 1933 - für den Architekten). Die Pflichten des Ingenieurs sind weitgehend denen des Architekten vergleichbar (BGH, WM 1988, 1675, 1676).

b) Die von der Beklagten vertraglich geschuldete Leistung ergibt sich aus dem Werkvertrag der Parteien. Das Angebot der Beklagten vom 16. Dezember 1997 und die Annahmeerklärung der Klägerin vom 13. August 1998 sind inhaltlich dürftig. Ein förmlicher Ingenieurvertrag wurde nicht abgeschlossen.

Es ist nach dem beiderseitigen Parteivorbringen unbestritten, dass die zwischen der Klägerin und der Mieterin M KG vereinbarte "Mieterbaubeschreibung" auch für das Verhältnis zur Beklagten maßgebend sein sollte.

Aus dem Angebot der Beklagten vom 16. Dezember 1997 ist zu ersehen, dass die "Grundlagenermittlung" von ihr nicht geschuldet werden sollte; dies ergibt sich aus der beiliegenden Honorarsummenermittlung. Dies verweist auf § 73 HOAI. Die Leistungsphase 1 war von der Beklagten nicht geschuldet. Der gegenteilige, nicht näher begründete und auch nicht unter Beweis gestellte Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründungsschrift steht mit den schriftlichen Erklärungen der Parteien nicht im Einklang.

Die HOAI enthält kein normatives Leitbild für den Inhalt des Ingenieurvertrages; sie enthält öffentliches Preisrecht (BGH, NJW 1997, 586, 587; BGH, NJW 1999, 427). Für den Inhalt der vertraglichen Leistungspflichten ist allein der Werkvertrag nach Maßgabe der Regeln des BGB maßgebend. Gleichwohl kann der im Vertrag enthaltene Hinweis auf die Leistungsphasen der HOAI eine Hilfe bei der ergebnisorientierten Auslegung des Vertragsinhalts sein.

Zur Grundlagenermittlung gehört unter anderem die Klärung der technischen Ausrüstung, vorliegend vor allem die Frage, welche von mehreren technisch möglichen Kälteerzeugungsanlagen ihrem System nach für das Bauvorhaben am geeignetsten war (vgl. § 73 Abs. 3 HOAI). Genau diese Aufgabe hatte die Beklagte vorliegend aber nicht zu lösen. Dass die Klimaanlage als Absorptionskälteanlage betrieben werden sollte, war der Klägerin durch die "Mieterbaubeschreibung" vorgegeben (Punkt 2.3.1). Nur bei Unmöglichkeit des Einbaus einer solchen Anlage hätte eine andere Lösung erwogen werden müssen. Diese spezielle Vorgabe für die Kältetechnik geht den allgemeinen Vorschriften der Baubeschreibung vor.

Die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Mieter M KG datieren vom 6. November 1997. Zu diesem Zeitpunkt waren vertragliche Beziehungen zwischen den Prozessparteien noch gar nicht begründet. Die Entscheidung zur Kälteerzeugung hatte die Klägerin bereits getroffen, ehe sie die Beklagte mit ihren Ingenieurleistungen beauftragt hat. Dies erklärt, weshalb die Grundlagenermittlung nicht Vertragsbestandteil war.

Die M KG betrieb in einer Vielzahl ihrer Lichtspielhäuser Kälteanlagen nach der Absorptionstechnik. Die Technik des Systems war ihr ebenso bekannt wie die anfallenden Kosten. Nach dem Inhalt der so genannten "Mieterbaubeschreibung" lag es im Interesse der Mieterin, diese Kältetechnik möglichst in allen Lichtspielhäusern zu installieren. Dies erklärt es, weshalb die Auswahl der Kältetechnik nicht mehr Aufgabe der erst später beauftragten Beklagten war. Es kann daher für die Entscheidung offen bleiben, ob die Beklagte ergänzend eine Wirtschaftlichkeitsberechnung hätte anstellen müssen, die unterbliebene Wirtschaftlichkeitsberechnung, die im Übrigen zu Lasten der Klägerin mit erheblichen weiteren Kosten verbunden gewesen wäre, blieb auf die Auswahl der Kältetechnik ohne Auswirkung.

Ob die Beklagte ihrerseits die Mieterin M KG bei der Erstellung der "Mieterbaubeschreibung" fachkundig beraten hat, ist nicht entscheidungsrelevant. Hieraus könnten sich mögliche Ansprüche der M KG gegenüber der Beklagten ergeben. Vertragliche Pflichten gegenüber der Klägerin wurden für die Beklagte hierdurch nicht begründet.

Die nach den Absprachen der Klägerin mit der Mieterin M KG vermieterseits geschuldete Absorptionskälteanlage war der Beklagten vorgegeben. Eine andere Art der Kälteerzeugung hatte die Beklagte bei ihrer Planung nicht mehr zu berücksichtigen. Funktionsuntauglich war die Absorptionskälteanlage nicht. Bezeichnenderweise wurden seitens der Mieterin M KG auch keine Mängeleinwände erhoben. Auf eine Optimierung der vorgesehenen Kältetechnik, also die Wirtschaftlichkeit der Absorptionsanlage, musste die Beklagte nicht näher achten. Die Ziele der Kältetechnik hatte die Klägerin als Bauherrin vorgegeben.

2.

Ein Planungsfehler ist der Beklagten auch nicht deshalb vorzuwerfen, weil zum Betrieb der Kältetechnik Dampf von der benachbarten A bezogen wurde. Die Idee der Dampfnutzung stammte von der A. Dies räumt die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 6. Juli 2006 auch selbst ein. Die Mieterin M KG hatte die Idee aufgegriffen. Von der Beklagten wurde das Konzept der Dampfnutzung nicht maßgeblich entwickelt, wie dies die Klägerin noch in ihrer Berufungsbegründungsschrift behauptet hat. Aus dem Protokoll des Koordinierungsgesprächs vom 6. August 1998 - immer noch vor der Beauftragung der Beklagten - ist zu ersehen, dass die Dampfnutzung "untersucht" werden sollte, wobei dies gleichermaßen von der Beklagten und den die Klägerin vertretenden Architekten E und F erfolgen sollte. Nach dem übereinstimmenden erstinstanzlichen Parteivorbringen war es die Absicht der Klägerin, eine von der Beklagten vorgesehene Wärmeerzeugungsanlage auf dem Dach des Bauobjekts "zur Reduzierung der Investitionskosten", also im eigenen wirtschaftlichen Interesse, durch die Dampfnutzung zu ersetzen. Noch in der Klageschrift hatte die Klägerin daher vorgetragen, dass die Nutzung der Fernwärme "eine Sache zwischen Mieter [M KG] und ...A betreffe; der Mieter habe die Fernwärme nutzen wollen".

Damit scheidet aber ein Planungsfehler der Beklagten aus, die die Dampfnutzung weder initiiert noch später vorgeschlagen hat. Dass die Beklagte den später abgeschlossenen Wärmelieferungsvertrag zwischen der Mieterin und der A entwickelt hat, stellt keinen Planungsfehler ihrer Ingenieurleistung dar.

3.

Hinweispflichten hat die Beklagte nicht missachtet.

a) Die Beklagte war Sonderfachmann. Einem Sonderfachmann obliegen grundsätzlich besondere aus seinem Fachressort resultierende Hinweis- und Aufklärungspflichten.

Selbst wenn die Art der Kältetechnik (hier: Absorptionsanlage) bauseits vorgegeben war, musste die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden Vorplanung (Leistungsphase 2 nach § 73 HOAI) auf erkennbare Schwächen einer solchen Anlage, auch in wirtschaftlicher Hinsicht, grundsätzlich hinweisen (OLG Düsseldorf, BauR 2000, 131 - Überprüfung der vom Bauherrn vorgefertigten Planung; vgl. auch BGH, BauR 1999, 1319, 1322 - Überschreitung der Kostenvorstellungen des Bauherrn; BGH, BauR 2005, 400, 402 - Kostenüberschreitung; OLG Koblenz, NJW-RR 2003, 1671 - Umbau und Verzicht des Bauherrn auf eine Statik; OLG Düsseldorf, NZ Bau 2002, 457).

Die Hinweispflicht des Sonderfachmanns entfällt aber, wenn der Auftraggeber von den aufzuklärenden Umständen selbst positive Kenntnis besitzt und daher in der Lage ist, die Konsequenzen seiner Grundlagenentscheidung für die weitere Planung und Durchführung der Ingenieurleistungen selbst zu erkennen. In einem solchen Falle bedarf er keiner fachkundigen Beratung durch den Ingenieur (vgl. BGH, BauR 2005, 400, 403; BGH, BauR 1999, 1319, 1322; OLG Düsseldorf, NZ Bau 2002, 457; KG, BauR 2004, 551). In diesen Fällen wird ein fehlender Hinweis des Ingenieurs nicht schadensursächlich (BGH, BauR 2005, 400, 403; OLG Stuttgart, BauR 2000, 1893).

b) Ein solcher Ausnahmefall ist hier gegeben.

Die eigene Sachkunde kann dem Auftraggeber auch durch einen ihn beratenden Architekten vermittelt werden (BGH, NJW-RR 2001, 520). Maßgebend sind stets die Umstände des jeweiligen Einzelfalles.

Vorliegend war die Klägerin bereits durch ihre Organe selbst ausreichend sachkundig. Der Geschäftsführer ihrer Komplementär GmbH G ist Diplom-Ingenieur und Architekt. Außerdem wurde die Klägerin durch die Architekten E und F beraten. Dass letztere auch in Fragen der Kältetechnik über eine ausreichende Sachkunde verfügten, folgt unschwer daraus, dass sie nach dem Willen der Klägerin - neben der Beklagten - die Nutzung der Fernwärme untersuchen sollten, wie dies aus Anlass des Koordinationsgesprächs vom 6. August 1998 abgesprochen worden war.

Auch der Umstand, dass die Klägerin lange vor Beauftragung der Beklagten die Art der Kälteerzeugung bereits in der "Mieterbaubeschreibung" festgelegt hat, spricht für ihre eigene Sachkunde.

Ebenfalls für eine eigene Sachkunde der Klägerin spricht der weitere Umstand, dass die Errichtung des Dunstturmes von ihr selbst am 6. Mai 1999 mit der bauausführenden Firma N und Z ohne Anwesenheit der Beklagten verhandelt worden ist, wie dies das Protokoll vom gleichen Tage ausweist. Ob dies "in Übereinstimmung" mit der Beklagten geschehen ist, wie es im Protokoll heißt, was die Beklagte bestritten und wofür die Klägerin keinen Beweis angetreten hat, kann dahinstehen. Dieser Umstand ändert an der vorhandenen Sachkunde der Klägerin nichts. Auch die Auftragserteilung an die Firma N & Z am 10. Mai 1999 erfolgte seitens der Klägerin ohne Einschaltung der Beklagten.

Die maßgebende Ausgestaltung der Klimatechnik wurde zwischen der Klägerin und der Mieterin M KG lange vor Beauftragung der Beklagten ausgehandelt. Die M KG war hinreichend sachkundig, da sie eine Vielzahl ihrer Lichtspielhäuser mit dieser Technik betrieb. Durch die Mieterin wurden der Klägerin hinreichende spezielle Sachkenntnisse vermittelt. Bezeichnenderweise hat die M KG die Absorptionsklimaanlage ohne diesbezügliche Mängeleinwände in Betrieb genommen. Auch die Klägerin hat die Anlage abgenommen.

Erst der Zweitnutzer, die Firma B, die ebenfalls sachkundig war, hat die Anlage beanstandet, obwohl die Anmietung in dem Zustand geschah, wie er - auch aus vorangegangenen Betriebskostenabrechnungen ersichtlich - offenkundig war.

Zu einer besonderen Hinweispflicht der Beklagten bestand bei dieser Sachlage keine Veranlassung.

4.

Die Feststellungsklage ist unzulässig. Auf Seiten der Klägerin fehlt das besondere Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO), das auch im Bauprozess eine Prozessvoraussetzung darstellt (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Aufl., Rn 433).

Auch wenn im Bauprozess eine weite und freie Auslegung des Interesses angebracht sein mag (Werner/Pastor, Rn 438) und der Feststellungsklage ein größerer Spielraum eingeräumt werden soll, ändert dies nichts an der Grundregel, dass ein Feststellungsinteresse regelmäßig zu verneinen ist, wenn der Schaden, der sich aus dem Baumangel ergibt, der Höhe nach feststeht und ohne Schwierigkeiten beziffert werden kann. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Auftraggeber den Baumangel zwischenzeitlich durch ein Drittunternehmen hat beheben lassen (Werner/Pastor, Rn 436).

Auch muss dem Auftraggeber zugemutet werden, dass er sich wenigstens darum bemüht, die erforderlichen Mangelbeseitigungskosten zu ermitteln. Dies gilt vor allem dann, wenn die Bauarbeiten längst beendet sind.

Für einen weiteren, derzeit noch nicht bezifferbaren Schadenseintritt muss eine gewisse Wahrscheinlichkeit sprechen (BGH, NJW-RR 2005, 1474, 1475 f. - noch nicht sanierter mangelhafter Hallenboden; BGH, NJW-RR 1997, 339, 340 - Kellerdurchfeuchtung wegen fehlerhafter "weißer Wanne").

Diese Kriterien führen vorliegend bei den von der Klägerin geltend gemachten weiteren Mängeln zu folgender Wertung:

a) Die Klägerin hat im Juli 2003 den Umbau der Kälteerzeugungsanlage veranlasst; nunmehr wird sie von einer Kompressortechnik betrieben. Nach den Darlegungen des eigenen Privatgutachters D in dessen Gutachten vom 4. Juni 2003 (Seite 32) wurden die vorhandenen Kaltwasser- und Kühlwasserpumpen, die angeblich zu gering dimensioniert waren, ausgebaut. Damit war der von der Klägerin behauptete Mangel der alten Anlage beseitigt. Die Kosten für den Umbau der Kälteanlage (Rechnung der Firma H vom 13. Oktober 2004) in Höhe von € 130.500,00 sind Gegenstand des bezifferten Klageantrages. Aus angeblich zu gering dimensionierten Kaltwasser- und Kühlwasserströmen können daher keine weiteren Schäden entstehen, weshalb das Feststellungsinteresse fehlt.

b) Der nach Auffassung der Klägerin zu gering dimensionierte Überlauf des Kühlturms kann ebenfalls keine weiteren Schäden verursachen. Denn nach den Darlegungen des Privatgutachters D (a. a. O.) wird für die jetzt installierte Kompressionskälteanlage eigentlich ein kleinerer Kühlturm benötigt. Der Gutachter empfiehlt in seinem Gutachten aber ausdrücklich, den vorhandenen Kühlturm zu belassen. Dies bedeutet, dass er für die neue Kälteanlage funktionstauglich ist. Mangels eines weiteren Schadens fehlt auch hier das Feststellungsinteresse.

c) Die angebliche Überdimensionierung der Kälteanlage ist durch den Umbau behoben. Die Investitionskosten der Klägerin sind Gegenstand der bezifferten Leistungsklage. Welcher weitere Schaden wahrscheinlich ist, erschließt sich aus dem klägerischen Vorbringen nicht. Das Feststellungsinteresse fehlt auch insoweit.

d) Ob der Klägerin wegen der der Beklagten gezahlten Honorare ein Rückforderungsanspruch zusteht, hängt von der Beantwortung einer Rechtsfrage ab. Eine Bezifferung ist der Klägerin ohne weiteres möglich. Ob ihr Begehr letztlich erfolgreich ist, hindert die Bezifferung nicht. Auch hier fehlt das Feststellungsinteresse.

e) Die Architektenkosten für den Umbau und die Umplanung der Kälteanlage kann die Klägerin ermitteln. Der Architekt ist zugleich der Geschäftsführer ihrer Komplementärin. Es ist der Klägerin zuzumuten, den angeblichen Schaden ziffernmäßig zu erfassen. Daher fehlt das Feststellungsinteresse.

5.

Soweit die Klägerin rügt, das Landgericht habe seiner Hinweispflicht (§ 139 Abs. 2 ZPO) nicht genügt und auf die Unzulässigkeit der Feststellungsklage nicht hingewiesen, bleibt dies für den Ausgang des Rechtsstreits ohne Auswirkung. Denn der Vortrag der Klägerin im Berufungsrechtszug enthält inhaltlich keine weitergehenden tatsächlichen Ausführungen. Die geäußerten Rechtsansichten bewegen sich im Allgemeinen.

Die Klägerin war schon bei Anhängigkeit ihrer Klage am 22. Dezember 2004 in der Lage, ihren weitergehenden Schaden zu beziffern. Das Feststellungsinteresse fehlte schon zu diesem Zeitpunkt. Es bleibt daher für das Prozessergebnis ohne Einfluss, dass ein Kläger regelmäßig nicht verpflichtet ist, während des Prozesses von der Feststellungsklage zur Leistungsklage zu wechseln (BGH, NJW-RR 2005, 1474, 1476).

III.

Da die Berufung ohne Erfolg bleibt, hat die Klägerin die Kosten der Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) liegen nicht vor. Die vorliegende Entscheidung betrifft einen Einzelfall. Von der höchstrichterlichen Rechtsprechung weicht der Senat nicht ab.

Ende der Entscheidung

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