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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 14.09.2007
Aktenzeichen: 24 U 43/03
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 32 a
GmbHG § 32 b
Eine Haftung nach den §§ 32 a, 32 b GmbHG scheidet aus, wenn es sich bei der Leistung des Gesellschafters um die Hingabe einer Bürgschaft handel, die weder als Darlehen noch als andere Rechtshandlung, die einer Darlehensgewährung wirtschaftlich entspricht, angesehen werden kann.
Gründe:

I.

Wegen des Sachverhalts und der Anträge der Parteien im Berufungsrechtszug wird zunächst auf die Entscheidungsgründe des Senatsurteils vom 20.07.2007 Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 22.08.2007 hat der Kläger darauf verwiesen, dass sein Schriftsatz vom 12.01.2007 sieben Monate vor dem Senatstermin vorlag und somit nicht verspätet sei. Bestritten werden die Bilanzumsätze des Jahresabschlusses 31.12.1999; die Umsatzerlöse 1997/98 hätten bei 3,2 bzw. 2,86 Mio. DM gelegen. Zum Beweis für die Richtigkeit der Insolvenzeröffnungsbilanz per 01.06.2000 wird Sachverständigengutachten angeboten. Ein nachträglicher Forderungsverzicht einzelner Gläubiger sei unerheblich. Entscheidend sei die finanzielle Situation zum damaligen Zeitpunkt der Wechselzahlung. Danach waren die Forderungen in die Insolvenzeröffnungsbilanz einzustellen, wie geschehen, Beweis: Sachverständigengutachten. Auch ohne letztere Forderungen hätte jedoch "Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit" vorgelegen. Sämtliche Bankkonten der Gemeinschuldnerin - mit Ausnahme bei der ... ...-Kasse - seien gepfändet gewesen, Beweis: Rechtsanwalt E.

Der Kläger verweist ferner auf eine BGH-Entscheidung vom 12.10.2006 (IX ZR 228/03). Hierzu trägt der Kläger unter Bezugnahme hierauf vor, dass der Liquiditätsdeckungsgrad gemäß der vorliegenden statischen Liquiditätsbilanz (Band IV, GA 52) bei unter 45 % gelegen habe.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 07.09.2007 bestreitet der Beklagte zu 2) erneut eine Kreditunwürdigkeit, Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gemeinschuldnerin per 28.10.1999. Er rügt diesbezüglich Unsubstantiiertheit wie auch zur Behauptung des Klägers, die von den Beklagten vorgetragenen Bilanzansätze per 31.12.1996 seien unzutreffend. Auch hätten die Umsatzerlöse der Gemeinschuldnerin in den Jahren 1997 und 1998 in ähnlicher Höhe gelegen wie 1999. Zu den Umsatzerlösen seien im Übrigen die sonstigen betrieblichen Erträge zu addieren, nämlich insbesondere die für die Landwirtschaft lebensnotwendigen Fördermittel. Danach hätten sich für die Gemeinschuldnerin für 1997 ein Betrag von 5,02 Mio. DM und 1998 von 4,63 Mio. DM ergeben. Zu den Bilanzansätzen verweist der Beklagte zu 2) auf durch den Sachverständigen Dr. Ing. SV1 vorgenommene Betriebsbewertung, wonach Ende 1999 der Verkehrswert der Gemeinschuldnerin bei 9,855 Mio. DM gelegen habe. Hinzuzurechnen seien die landwirtschaftlichen Nutzflächen und das Grundstücksareal des Wohngebietes ... Letztere Werte ergäben weitere 3,5 Mio. DM. Diese Zahlen seien von dem Sachverständigen mit Schreiben vom 30.01.2000 erneut bestätigt worden. Insofern sei der Liquidationswert des Klägers von 1,85 Mio. DM bzw. der von ihm angenommene Fortführungswert über 2,55 Mio. DM nicht nachvollziehbar.

Im Hinblick auf die vorgetragene Kontenpfändung habe die spätere Insolvenzschuldnerin ihre Zahlungsverpflichtungen jedoch "auch in der Folgezeit" über Konten der A Bank, der B Bank, der Bank O1 sowie der C Bank abgewickelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist auch gegenüber dem Beklagten zu 2) zurückzuweisen.

Der Senat nimmt auch hier zunächst Bezug auf seine Teilentscheidung vom 20.07.2007. Was den Beklagten zu 2) im Besonderen anbetrifft, waren nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 09.02.2006 die Tatbestandsvoraussetzungen der in Betracht kommenden Anspruchsnormen erneut zu prüfen. Der Bundesgerichtshof hat hierzu ausgeführt, dass derartige Ansprüche nach §§ 30, 31 GmbHG nach dem seinerzeitigen Sach- und Streitstand zu verneinen waren, vgl. Bl. 5 des Urteils. Danach war der klägerische Schriftsatz vom 12.01.2007 nicht als verspätet anzusehen. In diesem Schriftsatz hat der Kläger erstmals ausführlich zu einer wirtschaftlichen Notlage der Gemeinschuldnerin Vortrag gehalten. Nach den dort gemachten Angaben wäre demnach von einer wirtschaftlichen Schieflage der Gemeinschuldnerin in dem Zeitraum der Wechselbegebung auszugehen. Eine derartige Annahme kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, wie auch der Vortrag des Beklagten zu 2) im Schriftsatz vom 18.07.2007.

In der Sache scheidet eine Haftung des Beklagten zu 2) nach den §§ 32 a, 32 b GmbHG aus, weil die genannten Vorschriften nicht einschlägig sind. Bei der Leistung des Beklagten zu 2), nämlich der Hingabe seiner Bürgschaft, handelte es sich weder um ein Darlehen noch um eine andere Rechtshandlung, die einer Darlehensgewährung wirtschaftlich entspricht. Vielmehr hat sich nach der Einvernahme des Zeugen Z1 die sichere Gewissheit des Senats ergeben, dass es sich bei dem Ursprungsgeschäft zwischen der Gemeinschuldnerin und der Firma D GmbH um ein in dieser Branche vollkommen übliches Austauschgeschäft handelte. Mit den bereits im Teilurteil des Senats angesprochenen Gründen ist sowohl in dem Verkauf der Tiere unter Stundung des Kaufpreises als auch in der Verbürgung für die ausgereichten Wechsel seitens des Beklagten zu 2) ein verkehrsüblicher Vorgang zu sehen. Es ist nach Überzeugung des Senats auch nichts Ungewöhnliches, wenn etwa die Gemeinschuldnerin den von ihr zu entrichtenden Kaufpreis für die von ihr erworbenen Tiere erst nach einer Weiterveredelung durch Mast und anschließenden Verkauf an die Ursprungsverkäuferin, die Beklagte zu 1), entrichtet. Der Zeuge Z1 hat überdies sehr überzeugend und deutlich ausgeführt, dass eine Verbürgung seitens der Beklagten zu 1) bei einer Stundung eines Kaufpreises an eine GmbH quasi automatisch und stets verlangt worden sei. Damit ist in der von dem Beklagten zu 2) hingegebenen Bürgschaft um so weniger eine besondere oder gar erforderliche Leistung des Beklagten zu 2) zu sehen, als der Zeuge Z1 die Gemeinschuldnerin als "Vorzeigeschuldner" bezeichnet hat, mithin die Beklagte zu 1) zu Zweifeln an deren Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungswilligkeit keinerlei Anlass hatte.

Aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass die Gemeinschuldnerin durch die Bürgschaft des Beklagten zu 2) nichts erlangt hat. Lediglich die Beklagte zu 1) erhielt eine subsidiäre Absicherung ihrer Kaufpreisforderung gegen die Gemeinschuldnerin.

Vor diesem Hintergrund ist die Forderung des Klägers gegen den Beklagten zu 2) auch aus §§ 30, 31 GmbHG unbegründet. Denn auch nach den genannten Vorschriften hat die Gemeinschuldnerin durch die Bürgschaft nichts erlangt oder geschuldet, was aufgrund des oben geschilderten automatischen Grundgeschäftes nicht ohnehin der Fall gewesen wäre. Insbesondere war das Vermögen der Gemeinschuldnerin durch die Verbürgung des Beklagten zu 2) in keiner Weise beeinträchtigt. Denn die Gemeinschuldnerin schuldete - wie im Teilurteil des Senats bereits dargelegt - die an die Beklagte zu 1) zu erbringende Leistung unabhängig von der Bürgschaft bereits aus dem zwischen den Parteien des Ursprungsgeschäfts wirksam vereinbarten Eigentumsvorbehalt. Insofern ist die subsidiäre Sicherung des Beklagten zu 2) gar nicht zum Tragen gekommen. Neben der insoweit bestehenden "Akzessorietät" der Bürgschaft ist es mithin der Gemeinschuldnerin verwehrt, von der Beklagten zu 1) eine Leistung zu verlangen, die ihr nach dem Grundgeschäft nicht zustand. Der Gemeinschuldnerin ist weder Stammkapital entzogen worden noch hat sie aufgrund der Verbürgung des Beklagten zu 2) anderen Nachteil erlitten. Ihr Vermögen war vielmehr von vorneherein durch die Verbindlichkeit aus dem wirksam vereinbarten verlängerten Eigentumsvorbehalt mit der Beklagten zu 1) belastet.

Nach alledem war auch die Berufung gegen den Beklagten zu 2) zurückzuweisen. Nebenentscheidungen: §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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