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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 04.01.2001
Aktenzeichen: 24 W 55/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 494 a Abs. 1
ZPO § 494 a Abs. 2
ZPO § 494 a Abs. 2 Satz 3
ZPO § 577 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 97 Abs. 1
Dem Antragsteller eines selbstständigen Beweisverfahrens dürfen die daraus entstanden Kosten auch dann auferlegt werden, wenn er die Klage zwar nach Ablauf der ihm hierfür gesetzten Frist aber noch vor der Kostenentscheidung erhoben hat.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

24 W 55/00

2 OH 17/99 LG Darmstadt

Entscheidung vom 4.1.2001

in dem Rechtsstreit ...

Der 24. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat in der Beratung vom 04. Januar 2001 durch die Richter ... beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 14.10.2000 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 4.290,00 DM.

Gründe:

1. Auf Antrag der ­ nunmehrigen ­ Beschwerdeführer ordnete die Kammer mit Beschluß vom 07.05.1999 die Einholung eines Sachverständigengutachtens im selbständigen Beweisverfahren an. Nachdem der vom Gericht beauftragte Sachverständige sein Gutachten erstattet hatte, stellte die Antragsgegnerin Antrag nach § 494 a Abs. 1 ZPO. Die Kammer setzte Frist zur Klageerhebung bis zum 15.07.2000; sie erstreckte die Frist mit Beschluß vom 05.07.2000 bis zum 07.08.2000.

Am 17. 08.2000 ließen die Antragsteller einen Prozeßkostenhilfeantrag mit Klageentwurf zur Hauptsache einreichen. Auf Antrag der Antragsgegnerin erlegte die Kammer den Antragstellern gem. § 494 a Abs. 2 ZPO die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens" auf.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde.

2. a) Die durch § 494 a Abs. 2 Satz 3 ZPO eröffnete sofortige Beschwerde ist zulässig; insbesondere haben die Antragsteller die in § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO bezeichnete Notfrist von zwei Wochen gewahrt: Der Senat zweifelt nicht an der Richtigkeit der Mitteilung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller, daß er die ­ zu den Akten nur durch das einen Tag nach Fristablauf eingegangene Original gelangte ­ sofortige Beschwerde am Tage des Fristablaufs durch Telefax übersandt hat; so ist es ausreichend durch die anwaltliche Versicherung vom 22.12.2000 und die Rechnung der Deutschen Telekom vom 14.12.2000 dokumentiert.

b) Die sofortige Beschwerde ist aber in der Sache unbegründet. Zutreffend hat die Kammer in dem angefochtenen Beschluß ausgesprochen, daß die Antragsteller die Kosten zu tragen haben, die der Antragsgegnerin im selbständigen Beweisverfahren entstanden sind.

Auf der tatbestandlichen Grundlage, daß die Antragsteller zwar die gesetzte ­ und erstreckte ­ Frist zur Erhebung der Klage versäumt, aber noch vor Erlaß des Beschlusses nach § 494 a Abs. 2 ZPO zur Hauptsache die Gewährung der Prozeßkostenhilfe beantragt hatten, geht es aus rechtlicher Sicht allein um die Frage, ob ein Kostenausspruch nach § 494 a Abs. 2 ZPO auch dann noch eröffnet ist, wenn zwar die Frist zur Klageerhebung fruchtlos verstrichen ist, die Antragsteller aber in der Zeit zwischen Fristablauf und Kostenentscheidung Klage erhoben bzw. die zur Klagezustellung führenden Prozeßerklärungen abgegeben haben.

Diese Frage beantwortet die in Rechtsprechung und Literatur herrschende Auffassung dahin, daß das Gericht den Beschluß nach § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht mehr fassen dürfe, wenn bis zum Zeitpunkt der Beschlußfassung die Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens doch noch ­ verspätet ­ Klage zur Hauptsache erhoben bzw. das zur Klageerhebung Notwendige veranlaßt hätten (OLGR Celle, 1996, 23; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 359; Hartmann in Baumbach-Lauterbach- Albers-Hartmann, ZPO, 59. Aufl. 2001, § 494 a Rz 13; Zöller-Herget, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 494 a Rz 4; Stein-Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl./II 1999, § 494 a Rz 19; Mü- Ko/Schreiber, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 494 a Rz 4).

Dieser herrschenden Auffassung folgt der Senat nicht.

Der Wortlaut des Gesetzes ist eindeutig: Heißt es in § 494 a Abs. 1 ZPO unter anderem, hat das Gericht.... anzuordnen, daß der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat", heißt es in Absatz 2 Satz 1 derselben Vorschrift, kommt der Antragsteller dieser Anordnung nicht nach", so heißt das, daß ein Teil dieser Anordnung" die zu bestimmende Frist" ist.

Aus Sinn und Zweck der Norm ergibt sich nichts Abweichendes: Die Regelungen zur Anordnung der Klageerhebung und zur Kostenbelastung der Antragstellerin zielen darauf, zugunsten der Antragsgegnerin die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, die ihr ­ anderenfalls ­ daraus entstehen könnten, daß im selbständigen Beweisverfahren regelmäßig keine Kostenentscheidung zu treffen ist, und daß die Antragsgegnerin von daher nicht aus eigenem prozessualen Recht Erstattung der Kosten beanspruchen könnte, die ihr im selbständigen Beweisverfahren entstanden sind; (MüKo/Schreiber, § 494 a Rz 1; Hartmann in Baumbach-Lauterbach-Albers- Hartmann, § 494 a Rz 1). Zwischen diesem Normzweck und der Frage, ob die Kostenbelastung dem Wortlaut der Norm entsprechend an die formale Tatsache äußerer Fristversäumnis zu knüpfen ist oder die Antragstellerin die Fristversäumung gleichsam heilen kann dadurch, daß sie noch rechtzeitig vor der Kostenentscheidung Klage einreicht, besteht kein inhaltlicher Zusammenhang; der Normzweck eröffnet keine Erkenntnisse, die die Auslegung des § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO in dem hier zu beurteilenden sachlichen Zusammenhang fördern könnten.

Was ­ abgesehen davon, daß die Gesetzesauslegung vom Wortlaut des Gesetzes auszugehen hat ­ gewichtig für eine Orientierung an dem formalen Aspekt äußerer Fristversäumung spricht, ist (auch), daß allein die dem Gesetzeswortlaut folgende Auslegung Rechtssicherheit verspricht: Käme es nicht auf die Fristwahrung, vielmehr darauf an, ob das Gericht vor oder nach (Einreichung oder) Erhebung der Klage über den Kostenantrag nach § 494 a Abs. 2 ZPO entschiede, so hinge der Kostenausspruch in nicht geringem Maße vom Zufall ab, davon nämlich, ob das Gericht alsbald oder erst nach einiger Zeit über den Kostenantrag entscheiden kann oder will; es läge nicht allein in der Hand der Parteien, durch fristgerechte Klageerhebung einerseits, zeitnahe Einreichung des Kostenantrages andererseits die zur Entscheidung über den Kostenantrag relevanten Tatsachen zu schaffen. Das Gericht könnte vielmehr durch sein ­ schnelles oder langsames ­ Verfahren positive oder negative Tatbestandsvoraussetzungen des Kostenausspruchs setzen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert entspricht den außergerichtlichen Kosten, die der Antragsgegnerin aus der anwaltlichen Vertretung im selbständigen Beweisverfahren entstanden sind.

Ende der Entscheidung

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