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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 20.12.2005
Aktenzeichen: 26 Sch 29/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 1025
Ein Schiedsspruch kann nicht für vollstreckbar erklärt werden, wenn es nach der Schiedsvereinbarung im Belieben der Parteien verbleibt, trotz der Entscheidung des Schiedsgerichts die staatlichen Gerichte anzurufen.
Gründe:

I.

Die Schiedsklägerin verfolgt gegen die Schiedsbeklagte Zahlungsansprüche wegen vorzeitiger Beendigung eines Vertrages. Im Hinblick auf einen Vertragsschluss kam es zu einem Schriftwechsel zwischen dem Ehemann der Schiedsklägerin und einer Kommanditgesellschaft, deren Komplementärin die Schiedsbeklagte ist (nachfolgend: KG). Zwischen den Parteien ist streitig, ob ein Vertrag zustande gekommen bzw. ob die Schiedsklägerin im Wege der Abtretung durch ihren Ehemann Inhaber von Zahlungsansprüchen geworden ist. In den in die vorvertragliche Korrespondenz eingeführten Allgemeinen Einkaufsbedingungen der KG ist unter Nr. 15. bestimmt

"Erfüllungsort und Gerichtsstand

Alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag oder über seine Gültigkeit ergeben, werden zunächst nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) vom 01.01.1992 entschieden. Das Schiedsgericht kann auch über die Gültigkeit dieses Schiedsvertrages entscheiden. Das Ergebnis der Schiedsgerichtsbarkeit kann von beiden Vertragspartnern als letztgültig, endgültig und für beide Parteien bindend anerkannt werden.

Ist eine der Parteien mit dem Schiedsgerichtsergebnis nicht zufrieden, muss innerhalb 1 Monat ab Datum des Schiedsgerichtsurteils gerechnet, der Weg der ordentlichen Gerichtsbarkeit beschritten werden.

Bei Fristversäumnis gilt das Schiedsgerichtsurteil für beide Parteien als bindend und endgültig."

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 23 - 27 d. A. verwiesen.

Wegen der behaupteten Ansprüche erhob die Schiedsklägerin Schiedsklage auf Zahlung von 47.474,88 EUR nebst Zinsen. Die Schiedsbeklagte trat dem Anspruch entgegen. Durch Schiedsspruch vom 08.07.2005 wies das Schiedsgericht die Schiedsklage ab und erlegte der Schiedsklägerin die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens auf (Bl. 4 - 14 d. A.). Die Schiedsklägerin war mit dem Ergebnis des Schiedsverfahrens nicht einverstanden und erhob unter dem 13.09.2005 vor dem Landgericht Wiesbaden Klage gegen die Schiedsbeklagte, mit der sie den im Schiedsgerichtsverfahren geltend gemachten Anspruch weiterverfolgt.

Durch ergänzenden Schiedsspruch vom 12.10.2005 erlegte das Schiedsgericht der Schiedsklägerin auf, an die Schiedsbeklagte 8.878,84 EUR nebst Zinsen an Kosten des Schiedsverfahrens zu erstatten (Bl. 15/16 d. A.). Da die Antragstellerin auch diesen ergänzenden Schiedsspruch nicht als bindend anerkennt, erweiterte sie unter dem 24.10.2005 die Klage vor dem Landgericht Wiesbaden dahingehend, dass der ergänzende Schiedsspruch aufgehoben wird.

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Antragstellerin,

den von dem Schiedsgericht am 12.10.2005 erlassenen ergänzenden Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Antraggegnerin ist der Ansicht, der Schiedsspruch vom 12.10.2005 entfalte zwischen den Parteien keine Rechtswirkung. Es liege keine wirksame Schiedsvereinbarung vor, sondern lediglich die Vereinbarung einer "Güte- oder Schlichtungsstelle". Als entscheidendes Kriterium für eine Schiedsvereinbarung fehle vorliegend nämlich die Vereinbarung, dass der Weg zu den staatlichen Gerichten ausgeschlossen ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des am 12.10.2005 erlassenen ergänzenden Schiedsspruchs ist unzulässig.

Ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung gemäß §§ 1060 Abs. 1, 1062 ff ZPO ist im Gesetz nur vorgesehen und deshalb allein statthaft, wenn er sich auf einen Schiedsspruch im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO bezieht (vgl. Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 27 Rn. 7; BGH NJW 2004, 2226 - Landseer-Hunde zur einem Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO). Dies setzt eine Schiedsvereinbarung im Sinne dieser Bestimmungen voraus. Eine solche Schiedsvereinbarung besteht jedoch nicht, wenn die Entscheidung des Schiedsgerichts nicht endgültig sein soll, sondern es im Belieben der Parteien verbleibt, trotz oder nach der Entscheidung des Schiedsgerichts den ordentlichen Rechtsweg zu beschreiten. (RGZ 146, 262, 265; OLG Düsseldorf, MDR 1956, 750; Schütze/Tscherning/Wais, Hdb. des Schiedsverfahrens, 2. Aufl., Rn. 46; Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., § 1029 Rn. 49; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 63. Aufl., §1029 Rn. 14). Dann beschränkt sich die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte nämlich nicht auf die Nachprüfung der in § 1059 Abs. 2 ZPO aufgeführten Gründe, sondern fällt der gesamte Streit mit allen zu treffenden tatsächlichen und rechtlichen Entscheidungen dem staatlichen Gericht an. Dies widerspricht der Konzeption des Schiedsverfahrens nach den §§ 1025 ff. ZPO. So liegt jedoch der Streitfall.

Es kann dabei dahin stehen, ob zwischen der Schiedsklägerin oder ihrem Ehemann einerseits und der Schiedsbeklagten andererseits ein Vertrag unter Einbeziehung der Einkaufsbedingungen und damit der Klausel Nr. 15 zustande gekommen ist, was nach der Begründung des Schiedsgerichts zumindest offen bleibt. Die Schiedsklägerin kann sich jedenfalls nicht darauf berufen, dass die Anrufung des Schiedsgerichts nicht vereinbart worden sei. Sie hat sich auf das Verfahren vor dem Schiedsgericht nicht nur rügelos eingelassen (vgl. dazu Schwab/Walter, Kap. 24 Rn. 7), sondern es selbst mit ihrer Schiedsklage eingeleitet. Ist aber die Schiedsvereinbarung als geschlossen zu betrachten, so hat sie den Inhalt der Klausel Nr. 15 der Einkaufsbedingungen der KG, denn von deren Geltung sind die Schiedsparteien ausgegangen.

Die Schiedsklausel in Nr. 15 der Einkaufsbedingungen stellt es den Schiedsparteien frei, nach der Entscheidung des Schiedsgerichts die ordentliche Gerichtsbarkeit anzurufen. Das Ergebnis des Schiedsgerichtsverfahrens ist für die Partei nur dann endgültig und bindend, wenn nicht innerhalb eines Monats ab dem Datum des Schiedsgerichtsurteils die staatlichen Gerichte angerufen werden. Innerhalb dieser Frist haben die Schiedsparteien die Möglichkeit, sich ungeachtet des Schiedsspruchs an die ordentlichen Gerichte zu wenden.

Es kann ebenso offen bleiben, ob der Ausgangsschiedsspruch vom 08.07.2005 schon endgültig und verbindlich geworden ist, bevor die Schiedsklägerin die Klage zum Landgericht Wiesbaden erhoben hat. Selbst wenn diese Klage, die am 08.08.2005 zumindest hätte eingereicht werden müssen, verspätet war, würde damit nur bindend feststehen, dass die Schiedsklägerin dem Grunde nach die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens zu tragen habe. Jedenfalls in Bezug auf den ergänzenden Schiedsspruch über die Höhe der Kosten vom 12.10.2005 hat die Schiedsklägerin mit ihrem Antrag vom 24.10.2005, diesen Schiedsspruch aufzuheben, rechtzeitig den Weg vor die ordentlichen Gerichte beschritten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert entspricht dem durch den Schiedsspruch vom 12.10.2005 zuerkannten Betrag.

Ende der Entscheidung

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