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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 31.03.2005
Aktenzeichen: 26 U 67/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 433
Den Verkäufer eines Fußbodenvertrages trifft in der Regel keine eigene Überprüfungspflicht hinsichtlich der Eignung bestimmter Kleber. Er kann sich bei einer Beratung seinen Käufer auf entsprechende Empfehlungen der Kleberhersteller verlassen, es sei denn, es ergeben sich Anhaltspunkte, dass diese Empfehlungen unzutreffend sein könnten.
Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung des Kaufpreises für die Lieferung von Fußbodenbelägen.

Wegen der in erster Instanz getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand des am 20.10.2004 verkündeten landgerichtlichen Urteils (Bl. 395 ff d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises für die von ihr gelieferte Ware nicht zustehe. Zwar könne sich der Beklagte nicht auf ein Minderungsrecht gemäß § 462 BGB berufen, da nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ein Fehler des Lineoleumbelages nicht festzustellen sei. Nach den Gutachten der Sachverständigen SV1 und Prof. SV2 und dem Materialgutachten des A... scheide der Belag als Ursache für die nach der Verlegung aufgetretene Stippkantenbildung aus. Hierfür sei nach der chemischen Untersuchung des Sachverständigen Prof. SV2 vielmehr ein in dem verwendeten Klebstoff X vorhandenes Lösungsmittel verantwortlich. Nach Auffassung des Sachverständigen sei der Klebstoff wegen des enthaltenen Lösungsmittels Phenoxyethanol nicht für das Verkleben von Lineoleum geeignet. Die Klägerin hafte dem Beklagten aber wegen der fehlerhaften Auskunft, dieses Lösungsmittel könne für die Verlegung des verkauften Fußbodenbelages verwendet werden. Mit dieser unzutreffenden Mitteilung habe die Klägerin ihre vertraglichen Nebenpflichten aus dem Kaufvertrag verletzt und sei daher nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet. Dass der Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge Z1, diese Erklärung gegenüber einem Mitarbeiter der Beklagten abgegeben habe, stehe nach der Aussage des Zeugen Z2 fest. Während dieser Zeuge noch eine konkrete Erinnerung an das fragliche Telefonat gehabt habe, sei dies bei dem gegenbeweislich vernommenen Zeugen Z1 nicht der Fall gewesen; dieser habe aber nicht ausschließen können, dass es ein Gespräch mit dem Zeugen Z2 gegeben habe. Da die Klägerin in ihren Verlegeempfehlungen hinsichtlich geeigneter Klebstoffe u. a. auf ihren Beratungsservice hinweise, könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei einer solchen Beratung lediglich die Freigabeerklärung des Herstellers mitgeteilt werde, so wie das der Zeuge Z1 bekundet habe. Da die Klägerin diesen speziellen Beratungsservice anbiete, habe der Beklagte davon ausgehen können, dass die Klägerin für die von ihr erteilten Auskünfte rechtlich auch habe einstehen wollen. Aus der Verletzung dieser Beratungspflicht sei dem Beklagten ein Schaden in Form von Aufwendungen für letztlich erfolglose Nachbesserungsarbeiten entstanden. Den Umfang dieser Arbeiten habe der Beklagte durch Vorlage von Stunden- und Materialzetteln nachvollziehbar dargetan; die Zeugen Z2, Z3 und Z4 hätten den Sachvortrag des Beklagten insoweit auch bestätigt. Das Gericht hat den Betrag abzüglich der geschätzten Gewinnmarge des Beklagten von 20 % bei Stundensätzen und Material sowie der nicht angefallenen Mehrwertsteuer auf 14.130,39 € geschätzt. Mit einer Forderung in dieser Höhe habe der Beklagte die Aufrechnung erklärt.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe die erhobenen Beweise unzureichend gewürdigt, so dass die Feststellungen rechtsfehlerhaft seien. Aus der Aussage des Zeugen Z2 lasse sich gerade nicht ableiten, dass die Klägerin den verwendeten Klebstoff X der Fa. B GmbH frei gegeben habe. Der Zeuge habe keine konkrete Erinnerung an den Wortlaut des Telefonates mit dem Mitarbeiter der Klägerin gehabt. Allein aus der Erklärung des Zeugen, er hätte die Arbeiten sofort eingestellt, wenn die Freigabe nicht erklärt worden sei, lasse sich nicht der Schluss ziehen, dass die Klägerin eigenverantwortlich die unbeschränkte Verwendbarkeit des Klebstoffes habe bestätigen wollen. Auch bei einem Hinweis auf die Freigabe durch den Hersteller wäre die Äußerung des Zeugen Z2 nachvollziehbar. Soweit der Zeuge davon "ausgegangen sei, dass die Freigabe durch den Lineoleumhersteller erfolgt sei", habe er nicht darlegen können, auf welcher Tatsachengrundlage diese Annahme beruhe. Die Bezugnahme auf "Kladden" der Klägerin, aus denen sich ergebe, welche Klebstoffe geeignet sind, sei nicht nachvollziehbar. In der von der Klägerin verfassten Verlegeempfehlung seien einzelne Klebstoffe nicht aufgeführt. Allein der Hinweis, dass man sich hinsichtlich der geeigneten Klebstoffe für Lineoleum an die aufgeführten Hersteller oder an den Beratungsservice der Klägerin wenden könne, rechtfertige nicht die Annahme, die Klägerin handele insoweit eigenverantwortlich und gebe nicht lediglich die Herstellerinformation weiter. Auch in der vom Beklagten in erster Instanz vorgelegten Klebstoffempfehlung der Klägerin werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Empfehlung auf der verbindlichen Erklärung des Klebstoffherstellers beruhe. Wenn die Klägerin aber lediglich über die Freigabe des Produktes durch die Herstellerfirma informiere, habe sie keine eigene Beratungspflicht verletzt.

Darüber hinaus ist die Klägerin der Auffassung, das Landgericht habe den Schaden des Klägers auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage geschätzt. Es habe nämlich die Kosten für die Nachbesserungsarbeiten im Obergeschoss des Objektes in seine Berechnung einbezogen, obwohl der insoweit entstandene Schaden keinesfalls auf einer Pflichtverletzung der Klägerin beruhen könne. Nach der Aussage des Zeugen Z2 sei im Zeitpunkt des Telefonates mit dem Zeugen Z1 am 12.03.1996 gegen 14.50 Uhr der Fussboden in der gesamten oberen Etage bereits verlegt gewesen. Mit diesem Vortrag sei die Klägerin auch nicht ausgeschlossen, da sich erst aus der Aussage des Zeugen Z2 Zweifel an der Kausalität ergeben hätten.

Die Klägerin hat in der Berufung der Herstellerin des Klebstoffes, der Fa. B GmbH, den Streit verkündet; diese ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 18.02.2005 auf Seiten der Klägerin beigetreten. Sie macht sich deren Vorbringen in der Berufung zu Eigen und wendet sich zudem gegen die Feststellung, dass der von ihr hergestellte Klebstoff X wegen des darin enthaltenen Lösungsmittels Phenoxyethanol nicht zur Verklebung geeignet sei. Das Gutachten des Sachverständigen Prof. SV2, auf das das Landgericht seine Feststellungen gestützt habe, sei unzureichend. Wegen der einzelnen Einwendungen gegen das Gutachten wird auf den Schriftsatz der Streithelferin vom 18.02.2005 (Bl. 501 ff d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin und die Streithelferin beantragen,

unter Abänderung des am 20.10.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Gießen - Az.: 3 O 544/99 - den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 11.783,54 € nebst 10 % Zinsen seit dem 16.07.1999 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Er ist der Auffassung, die Beweiswürdigung des Landgerichts sei unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs nicht zu beanstanden. Er behauptet, der Zeuge Z2 habe an dem fraglichen Tag zunächst den Mitarbeiter C der Fa. B angerufen, der ihm nur habe sagen können, dass der Kleber nach den Untersuchungen der Fa. B für die Verwendung bei Lineoleum freigegeben worden sei. Wegen der speziell aufgetretenen Problematik müsse er sich an die Klägerin wenden. Bereits dieser Ablauf zeige, dass sich der Zeuge Z2 nicht mit der Mitteilung der Fa. B zufrieden gegeben habe, sondern sich bei der Klägerin noch einmal "rückversichern" wollte, es ihm also gerade auf die Freigabeerklärung der Klägerin angekommen sei. Hätte sich der Zeuge Z1 in dem Telefonat darauf zurückgezogen, dass die Klägerin keine eigenen Untersuchungen angestellt habe und sich ausschließlich auf die Freigabe des Herstellers beziehe, wären die Bedenken des Zeugen Z2 nicht ausgeräumt worden; in diesem Fall hätte er die Arbeiten nicht fortgesetzt.

Hinsichtlich der Einwendungen gegen die Höhe des geltend Schadensersatzanspruches ist der Beklagte zunächst der Auffassung, dass das Vorbringen der Klägerin in der Berufung neu und damit nicht berücksichtigungsfähig sei. Er behauptet darüber hinaus, dass er am 11.03.1996 mit der Verlegung des Lineoleums im OG begonnene habe und dabei drei Gebinde á 18 kg Kleber und am 12.03.1996 für die restlichen Arbeiten im OG und im EG 18 Gebinde á 18 kg Kleber verbraucht habe; damit seien am 11.03.1996 lediglich 15 % der Gesamtfläche verklebt worden, d.h. lediglich 15 % der Nachbesserungskosten seien nicht auf die Falschberatung zurückzuführen.

Wegen des weiteren Vorbringens in der Berufung wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 18.01.2005 (Bl. 438 ff d.A.) und 21.03.2005 (Bl. 527 ff d.A.), auf den Schriftsatz der Streithelferin vom 18.02.2005 (Bl. 501 ff d.A.) sowie auf den Schriftsatz des Beklagten vom 08.04.2004 (Bl. 226 ff d.A.) Bezug genommen.

II.

Zunächst einmal gilt es festzustellen, dass die Fa. B GmbH dem Rechtsstreit gemäß §§ 74, 70, 66 ZPO wirksam beigetreten ist. Die Streitverkündung durch die Klägerin war gemäß § 72 ZPO zulässig. Die Streitverkündete ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin mit Schriftsatz vom 18.02.2005 formwirksam beigetreten. Sie hat auch ein rechtliches Interesse am Obsiegen der Klägerin (§ 66 ZPO), da sie im Falle deren Unterliegens wegen eines mangelhaften Klebers möglicherweise Schadensersatzansprüchen der Klägerin ausgesetzt ist.

Die gemäß §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und darüber hinaus gemäß § 520 Abs. 2 ZPO rechtzeitig begründete Berufung ist zulässig und in der Sache auch begründet. Die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine von der landgerichtlichen Entscheidung abweichende Bewertung der Sach- und Rechtslage (§ 513 ZPO).

Die Klägerin kann von dem Beklagten die Zahlung des geltend gemachten Kaufpreises für die von ihr gelieferten Waren verlangen. Der in der Höhe unstreitige Kaufpreisanspruch gemäß § 433 Abs. 2 BGB a.F. (das für das Schuldverhältnis maßgebende Recht richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Vorschriften - Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB) ist weder nach §§ 462, 472 BGB a.F. auf Null gemindert, noch steht dem Beklagten ein aufrechenbarer Gegenanspruch zu, der gemäß § 389 BGB zum Erlöschen des Anspruchs geführt hätte.

Eine Minderung des Kaufpreisanspruches kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme ein Fehler des verkauften Lineoleums nicht festgestellt werden kann. Nach den Gutachten des Sachverständigen SV3 im Beweissicherungssicherungsverfahren vor dem Landgericht Mannheim (2 OH 5/96) und den im vorliegenden Verfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen SV1 und Prof. SV2 ist davon auszugehen, dass die Kaufsache keinen Mangel aufwies. Dies steht zwischen den Parteien mittlerweile auch nicht mehr im Streit; der Beklagte stützt seine Rechtsverteidigung ausschließlich auf einen Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung von Nebenpflichten der Klägerin aus dem zugrunde liegenden Kaufvertrag.

Aber auch dieser Rechtsverteidigung war im Ergebnis kein Erfolg beschieden, da die Klägerin nicht wegen der Verletzung von Beratungs- bzw. Aufklärungspflichten zum Schadensersatz verpflichtet ist. Eine solche selbständige Nebenpflicht des Verkäufers, deren Verletzung Ersatzansprüche des Käufers nach den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung nach sich ziehen kann, kommt regelmäßig nur bei entsprechender ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung, bei Bestehen einer dahingehenden Verkehrssitte oder aber aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles in Betracht (vgl. Palandt-Putzo, BGB, 64. Aufl., § 433 Rz. 22 ff m.w.N.). Ein stillschweigend abgeschlossener Beratungsvertrag wird etwa angenommen, wenn die Information für den Käufer erkennbar von entscheidender Bedeutung ist und dieser sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse oder Maßnahmen machen will und wenn andererseits der Beratende sachkundig ist oder ein wirtschaftliches Eigeninteresse hat (vgl. Staudinger/Beckmann, BGB, 13. Aufl., § 437 Rz. 84 m.w.N.).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat das Landgericht im Ausgangspunkt sicher zutreffend eine Beratungspflicht der Klägerin hinsichtlich der Verwendung des geeigneten Klebers für die von ihr vertriebenen Produkte bejaht, wobei es letztlich dahingestellt bleiben kann, ob man insoweit von einer Nebenpflicht aus dem Kaufvertrag oder von einem selbständigen Beratungsvertrag ausgehen will. Sie hat jedenfalls in ihren "Verlegeempfehlungen" ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die geeigneten Klebstoffe für Lineoleum entweder direkt beim Hersteller oder aber bei ihrem Beratungsservice zu erfragen seien. Die Klägerin hat damit deutlich zum Ausdruck gebracht, in einem für den Käufer erkennbar bedeutsamen Bereich Pflichten übernehmen zu wollen.

Indes kann auf der Grundlage der erstinstanzlich getroffenen Feststellungen eine schuldhafte Verletzung der der Klägerin insoweit obliegenden Pflichten nicht bejaht werden. Die Klägerin war im Rahmen der von ihr übernommenen Beratungspflicht nicht gehalten, die Eignung der jeweils in Betracht kommenden Kleber der verschiedenen Herstellerfirmen eigenständig zu überprüfen. Sie durfte sich vielmehr darauf beschränken, entsprechende Überprüfungen der Hersteller zu veranlassen bzw. zu ermöglichen und sich auf deren Ergebnisse verlassen. Die Klägerin hatte nach ihrem unstreitigen Vorbringen die von ihr hergestellten Beläge an die verschiedenen Hersteller der Klebstoffe gesandt, die jeweils Verträglichkeits- und Verwendbarkeitsprüfungen durchgeführt haben und der Klägerin entsprechende Listen der geprüften und für geeignet befundenen Kleber überließen. Dementsprechend hat sie in ihren Klebstofflisten auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Klebstoffempfehlungen auf verbindlichen Erklärungen des Herstellers beruhen. Damit hat sie ihren Pflichten, die sie durch die angebotene Beratung übernommen hat, in ausreichendem Maße genüge getan. Dass dem Beklagten diese Listen bei Vertragsschluss nicht bekannt waren, ist insoweit unerheblich. Die Käufer der von der Klägerin hergestellten Fußbodenbeläge und insbesondere der Beklagte als Inhaber einer Fachfirma konnten nicht erwarten, dass die Klägerin die entsprechenden Überprüfungen selbst vornehmen würde. Die von der Klägerin herausgegebenen Verlegeempfehlungen rufen einen solchen Anschein nicht hervor, da hinsichtlich der erforderlichen Informationen an erster Stelle ausdrücklich auf die entsprechenden Fachfirmen verwiesen wird, und erst danach auf den Beratungsservice der Klägerin selbst. Es sind auch kein Handelsbrauch oder sonstige besondere Umstände ersichtlich, die eine eigene Untersuchungspflicht der Klägerin begründen könnten. Da die Herstellerfirmen des Klebers ein weitaus größeres Interesse an der Einsetzbarkeit der von ihnen produzierten Ware haben als die Klägerin, ist auch nach der Verkehrsauffassung von einer primären Untersuchungspflicht dieser Firmen auszugehen. Im Zweifel dürfte eine Auskunft des Kleberherstellers auf der Grundlage einer von ihm durchgeführten Untersuchung wegen der größeren Fachnähe und Kompetenz im Hinblick auf die Eigenschaften des Klebers eher gewollt sein, als die des an diesen Informationen nur mittelbar interessierten Fußbodenherstellers, der insoweit auch gerade nicht über überlegene Fachkenntnisse verfügt.

Eine eigene Überprüfungspflicht der Klägerin kommt daher nur in den Fällen in Betracht, in denen sie Hinweise darauf hat, dass die von den Kleberherstellern durchgeführten Untersuchungen unzureichend waren, etwa wenn es trotz entsprechender Eignungsbestätigung in der Vergangenheit bereits zu Problemen bei der Verwendung des empfohlenen Klebers gekommen ist und die Klägerin hierüber Kenntnis erlangt hat. Dies ist vorliegend indes nicht der Fall, jedenfalls hat der Beklagte insoweit nichts vorgetragen.

Die Klägerin hat schließlich auch nicht den unzutreffenden Eindruck erweckt, die Klebstoffe selbst auf ihre Geeignetheit hin überprüft zu haben. Sie hat weder die in Betracht kommenden Kleber in ihren Verlegeempfehlungen im Einzelnen aufgeführt, noch ruft, wie bereits oben dargelegt, der Text der "Empfehlungen" einen dahingehenden Anschein hervor. Schließlich hat auch der Beklagte weder in erster Instanz noch im Berufungsverfahren nachvollziehbar dargetan, dass es dem Beklagten bzw. seinem Mitarbeiter Z2 bei dem Telefonat mit dem Zeugen Z1 erkennbar darauf ankam, eine Information zu erhalten, die auf einer eigenen Untersuchung der Klägerin beruhte und der Zeuge Z1 diese Erwartung durch seine Erklärung bestärkt hat. Nach dem entsprechenden Sachvortrag des Beklagten in erster Instanz hat der Zeuge Z2 bei dem Zeugen Z1 "angerufen und nachgefragt, ob der Kleber der Fa. B X für das zu verlegende Lineoleum der Klägerin freigegeben ist. Herr Z1 habe dies bestätigt." Schon dieser Vortrag lässt nicht erkennen, dass der Beklagte Wert auf eine Freigabeerklärung der Klägerin legte, die auf deren eigenen Überprüfungen beruhte.

Zudem hat auch der Zeuge Z2 im Rahmen seiner erstinstanzlichen Vernehmung Entsprechendes nicht bestätigt. Er konnte sich an den Inhalt des damaligen Gespräches ohnehin nicht mehr erinnern. Nach seiner Aussage kann allenfalls davon ausgegangen werden, dass der Zeuge Z1 den verwendeten Klebstoff freigegeben hat, nicht jedoch, dass er dabei den Eindruck erweckt hat, die Klägerin habe die Verwendbarkeit selbst überprüft.

Soweit der Beklagte nunmehr in der Berufung zum Anlass des Telefonates vom 12.03.1996 und der Verhaltensweise des Zeugen Z2 neuen Sachverhalt vorträgt und behauptet, das vorangegangene Telefonat mit dem Mitarbeiter der Fa. B GmbH, Herrn C, mit dessen Information sich der Zeuge Z2 nicht zufrieden gegeben habe, zeige, dass es dem Zeugen Z2 um eine Freigabeerklärung des Fußbodenherstellers gegangen sei; der Zeuge hätte die Arbeiten nicht fortgeführt, wenn sich der Zeuge Z1 auf die Mitteilung des Klebstoffherstellers zurückgezogen und mitgeteilt hätte, keine eigene Überprüfung vorgenommen zu haben, rechtfertigt dies keine andere Bewertung der Rechtslage. Erheblich wäre der Sachvortrag nur, wenn der Zeuge Z2 bei dem Telefonat auch deutlich zum Ausdruck gebracht hätte, dass es ihm auf eine Information auf der Grundlage einer eigenständigen Überprüfung durch die Klägern ankam, er also die oben genannten Umstände auch gegenüber dem Zeugen Z1 offengelegt hätte; dies hat der Beklagte auch nach entsprechendem Hinweis im Termin jedoch gerade nicht vorgetragen. Im Übrigen wäre das Vorbringen des Beklagten auch wegen § 531 Abs. 2 ZPO in der Berufungsinstanz nicht zu berücksichtigen, da es sich um neuen Sachvortrag handelt und die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulassung dieses Vorbringens gemäß § 531 Abs. 2 Ziffern 1 - 3 ZPO trotz entsprechenden Hinweises nicht dargelegt worden sind.

Fehlt es vor diesem Hintergrund bereits an einer schuldhaften Pflichtverletzung der Klägerin, die gerade nicht gehalten war, eine eigene Untersuchung des verwendeten Klebstoffes vorzunehmen, kommt es auf die Frage, ob der Klebstoff tatsächlich ungeeignet war, nicht mehr an. Allerdings hätte die Streithelferin der Klägerin mit ihren Einwänden gegen das Gutachten des Sachverständigen Prof. SV2 im Berufungsverfahren ohnehin nicht mehr gehört werden können, da es sich insoweit um neues Vorbringen im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO handelt (vgl. grundlegend: Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, 25. Aufl., § 531 Rz. 22); die Beigetretene muss sich die unterlassene Beanstandung des Gutachtens durch die Klägerin und die damit in deren Person begründete Präklusion zurechnen lassen (vgl. Zöller-Vollkommer, § 67 Rz. 4).

Ist nach alldem schon eine Haftung der Klägerin dem Grunde nach nicht festzustellen, kommt es auf die Höhe des vom Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruches nicht mehr an, so dass es eines Eingehens auf die entsprechenden Einwände der Klägerin nicht bedarf; diese wären ohnehin nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, da die Klägerin bereits in erster Instanz nach der Vernehmung des Zeugen Z2 in der Lage gewesen wäre, die nunmehr geltend gemachten Beanstandungen zur Höhe vorzutragen. Sie hätte eine entsprechende Stellungnahmefrist beantragen können; erst wenn ihr diese nicht gewährt worden wäre, hätte man davon ausgehen können, dass sie unverschuldet nicht zu einem entsprechenden Sachvortrag in der Lage war.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284, 286, 288 BGB in der bis zum 01.05.2000 geltenden Fassung (Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 2 EGBGB) und ist nach Grund und Höhe zwischen den Parteien unstreitig.

Nach alldem war das landgerichtliche Urteil wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern; die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Zu den Kosten des Rechtsstreits gehören auch die der Streithelferin im Berufungsverfahren entstandenen Kosten, die der Beklagte zu tragen hat; eines besonderen Ausspruches bedurfte es insoweit nicht.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs.1 Ziffer 1, Abs. 2 Ziffer 1, 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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