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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 19.09.2002
Aktenzeichen: 26 W 85/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97
ZPO § 3
Der zur Unterlassung bestimmter Äußerungen verurteilte Schuldner muss auch dafür Sorge tragen, dass die Äußerung unverzüglich aus seiner Internetseite entfernt wird und dies auch persönlich überwachen. Insoweit ist er aufgrund des Unterlassungstitels zu positivem Tun verpflichtet.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

26 W 85/02

Verkündet am 19.9.2002

In dem Zwangsvollstreckungsverfahren

hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter.... am 19. September 2002

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Schuldner vom 14. Mai 2002 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22. April 2002 (Nichtabhilfebeschluss vom 21. Mai 2002) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen den Schuldnern zur Last. Der Beschwerdewert beträgt 15.000,- E.

Gründe:

Der Schuldner zu 2) war bis Ende des Jahres 2001 geschäftsführender Vorstand des Schuldners zu 1), eines gemeinnützigen Verbraucherschutzvereins auf dem Gebiet des Versicherungswesens. Der Gläubiger ist Alleinvorstand eines Finanzdienstleistungsunternehmens, das seinen Kunden u.a. Versicherungen und Kapitalanlagen vermittelt. Durch Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Mai 2001 wurden die Schuldner zur Unterlassung der Behauptung verurteilt, der Gläubiger sei ein "Schmarotzer im Versicherungswesen". Die Berufung der Schuldner wurde durch Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Januar 2002 zurückgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen. Über die Nichtzulassungsbeschwerde der Schuldner ist noch nicht entschieden. Am 7. März 2002 befand sich in der Internetdarstellung der Schuldner ein unter dem Datum vom 29. November 2001 eingestellter Text, der wörtlich einem Beitrag in der Mitgliederzeitschrift der Schuldnerin zu 1) entsprach, die Gegenstand des Rechtsstreits war und in dem der Gläubiger u.a. als "Schmarotzer und Drückerboss Nr. 1 im Versicherungswesen" bezeichnet wird. Das Landgericht hat auf Antrag des Gläubigers durch den angefochtenen Beschluss wegen fortgesetzter Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot gegen die Schuldner ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,- E verhängt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Schuldner. Sie machen geltend, es fehle an dem für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes erforderlichen, schuldhaften Verhalten. Es sei schlicht übersehen worden, dass die Äußerung noch an einer versteckten Stelle im Internet abrufbar gewesen sei. Das Landgericht habe im Übrigen ein erheblich zu hohes Ordnungsgeld festgesetzt.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgemäß eingelegt und begründet worden.

Das Rechtsmittel hat im Ergebnis aber keinen Erfolg.

Die Schuldner haben schuldhaft, zumindest grob fahrlässig gegen das durch ein vollstreckbares Urteil ausgesprochene Verbot verstoßen, den Gläubiger einen "Schmarotzer" zu nennen. Die Schuldner können sich nicht darauf berufen, sie hätten die verbotene Äußerung in den noch nicht versandten Exemplaren ihrer Mitgliederzeitschrift unkenntlich gemacht und lediglich übersehen, dass die streitgegenständliche Äußerung noch an einer versteckten Stelle im Internet abrufbar gewesen sei. Die Schuldner haben vielmehr den gesamten unter ihrem Namen veröffentlichten Text in jedem Zeitpunkt in vollem Umfang zu verantworten und müssen für die Aktualisierung ihrer Internetseite durch die von ihnen beauftragten Mitarbeiter Sorge tragen. Zwar kann wegen Zuwiderhandlungen Dritter ein Ordnungsgeld nicht bereits deshalb verhängt werden, weil deren Verhalten dem Schuldner zivilrechtlich zurechenbar ist. Wegen ihres Charakters als Strafmaßnahme bedarf die Verhängung eines Ordnungsgeldes des Nachweises eines persönlichen Verschuldens. Die Schuldner haften aber für das Tun oder Unterlassen Dritter, soweit hierfür ein eigenes Verhalten ursächlich ist (OLG Düsseldorf GRUR 93, 854; OLG Hamburg, NJW-RR 93,1392, Zöller-Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 890 Rn. 4; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 890, Rn 8; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 890 Rn. 29 jeweils m.w.N.). Die Schuldner haben nicht vorgetragen, nach Zustellung des Urteils alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen zu haben, um jede weitere Verbreitung der verbotenen Äußerung zu verhindern. Der Schuldner zu 2) hätte zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot entweder selbst die verbotene Äußerung aus der Internetseite entfernen oder eine entsprechende ausdrückliche Anweisung an seine Mitarbeiter erteilen und deren Durchführung überwachen müssen. Der auf eine Unterlassung gerichtete Titel verpflichtet die Schuldner in diesem Umfang zu positivem Tun (vgl. hierzu RGZ 43,405, 407; OLG Hamburg NJW-RR 93,1392; OLG Zweibrücken NJW-RR 88,1342; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, a.a.O., § 890, Rn. 8; Stein-Jonas-Brehm, ZPO, 21. Aufl., § 890, Rn. 25, jeweils m.w.N.).

Obwohl aufgrund des zu jeder Zeit und für jedermann zugänglichen Internetauftrittes in dem auch der Inhalt der Mitgliederzeitschriften enthalten war, die Gefahr rechtsverletzender Veröffentlichungen besonders nahe lag, haben die Schuldner offenbar keinerlei Vorkehrungen zu ihrer Vermeidung getroffen. Die Schuldner haben nicht vorgetragen, ihrer Verpflichtung zur Überwachung des Inhaltes ihres Internetauftrittes nachgekommen zu sein. Sie haben insbesondere nicht dargetan, organisatorische Maßnahmen getroffen zu haben, um die verbotenen Schmähkritik nicht zu wiederholen oder bereits im Text ihrer Internetseite enthaltene rechtsverletzende Veröffentlichungen zu löschen. Die Verhängung des Ordnungsgeldes ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat sich mit der Verhängung eines Ordnungsgeldes von 10.000 E im Rahmen des Ermessensspielraumes gehalten. Ein besonderes Gewicht kommt dem Verhalten der Schuldner deshalb zu, weil ihr Internetauftritt für das letzte halbe Jahr über 170.000 Besucher aufweist, und daher mit einer besonders starken Verbreitung der verbotenen Äußerung zu rechnen war. Der Verstoß gegen die den Schuldnern obliegenden Verpflichtungen ist besonders schwerwiegend, weil die Darstellung im Internet jeder Zeit und ohne Aufwand oder Kosten aktualisierbar ist und der Besucher der Internetseite davon ausgeht, eine aktuelle Information zu erhalten. Dies gilt für den Streitfall in besonderem Maße, weil der Internetauftritt der Schuldner Hinweise auf eine laufende Pflege und Aktualisierung enthält und die verbotene Äußerung unter der Rubrik "Aktuelles" erfolgt ist.

Die Schuldner können sich nicht damit entlasten, die Zuwiderhandlung sei nicht besonders gravierend, weil die Äußerung lediglich an einer versteckten Stelle im Internet erfolgt sei. Zum einen liegt es entgegen der Auffassung der Schuldner nicht fern, dass Besucher ihrer Internetseite den Hinweisen zum Thema "Aktuelles" folgen. Zum anderen ist davon auszugehen, dass ein nicht geringer Teil der Besucher ohne bestimmtes Ziel unsystematisch bestimmte Seiten und Darstellungen aufsuchen, sodass es schon wegen dieses "Internetsurfens" keine "versteckten" Stellen gibt.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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