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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 25.01.2007
Aktenzeichen: 27 U 3/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 269
ZPO § 280
Wird eine Partei kraft Amtes im Laufe des Rechtsstreits nicht mehr in dieser Eigenschaft sondern persönlich in Anspruch genommen, richtet sich die Klage nicht mehr gegen den Träger des Amts als bisherigen, sondern gegen einen anderen Beklagten. Rechtlich stellt dies eine Parteiänderung dar. Nichts anderes kann gelten, wenn in erster Instanz die Partei persönlich verklagt wurde, in zweiter Instanz die Klage umgestellt wird, dass die Partei in ihrer Eigenschaft als Partei kraft Amtes verklagt wird.
Tatbestand:

Der Kläger ist Gesellschafter und war Geschäftsführer der XY C GmbH, über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wurde. Zum Konkursverwalter ist der Beklagte zu 2) bestellt worden. Als der Rechtsstreit bereits in der Berufungsinstanz anhängig war, ist das Konkursverfahren durch Beschluss des Amtsgerichts Seligenstadt vom 08.02.2005 N 16/95 gemäß § 204 Konkursordnung eingestellt worden mit dem Vorbehalt der Anordnung der Nachtragsverteilung. Inzwischen hat das Amtsgericht dem Beklagten zu 2) als vormaligem Konkursverwalter die Nachtragsverteilung übertragen. Das Nachtragsverteilungsverfahren ist noch nicht beendet. Der Kläger begehrt mit der Klage gegenüber der Beklagten zu 1) die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus verschiedenen notariellen Urkunden. Desweiteren macht er Schadensersatzansprüche und Nutzungsentschädigungsansprüche teils nur gegen die Beklagte zu 1), teils gegen die Beklagten zu 1) und 2) geltend. Weiter macht er Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) auf Freistellung von bestimmten Ansprüchen Dritter geltend. Gegen die Beklagte zu 1) macht er darüber hinaus einen Feststellungsantrag dahin, dass er und seine Ehefrau aus Darlehensverträgen der Beklagten zu 2) nichts mehr schuldet, geltend.

Weitere Anträge sind Gegenstand dieses Zwischenurteils. Es handelt sich dabei um die im Folgenden unter Ziffer 2), 4), 5), 6) und 11) wiedergegebenen Klage- und Berufungsanträge. Diese richteten sich in erster Instanz gegen den Beklagten zu 2). Mit der Berufung hat der Kläger sämtliche Klageanträge zunächst wiederholt. Im Senatstermin vom 08.11.2005 hat der Senat darauf hingewiesen, dass er Bedenken hat, dass bestimmte Anträge gegen den Beklagten zu 2) persönlich und nicht als Konkursverwalter geltend gemacht werden. Hierauf hat der Kläger mit Schriftsatz vom 08.02.2006 erklärt, dass sich bestimmte Anträge gegen den Beklagten zu 2) als Konkursverwalter (jetzt bezeichnet als Beklagter zu 3)) richten sollen. Im Senatstermin am 02.03. hat der Kläger klargestellt, dass es sich dabei um die Berufungsanträge Nr. 2), 4), 5), 6) und 11) handelt.

Die Beklagten zu 2) und 3) widersprechen einer entsprechenden Parteiänderung.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1) aus den vollstreckbaren Urkunden der Grundschulden der Notare

- A vom 24.10.72 (UR .../72)

- B vom 01.12.81 (UR .../1981)

- B vom 17.5.84 (UR .../1984)

- B vom 29.6.88 (UR .../1988)

- B vom 24.11.88 (UR .../1988)

- B vom 21.1.91 (UR .../1991)

ohne Sicherheitsleistung für unzulässig zu erklären

2. Den Beklagten zu 2) zu verurteilen, den Eheleuten XY und XX C Vollmacht zu erteilen, dass das Finanzamt O1 Auskünfte erteilen darf, welche Umsatzsteuern, Säumnis-, und Verspätungszuschläge sowie Zinsen angefallen sind, die für Umsatzsteuer der XY C GmbH mit deren privaten Steuerguthaben verrechnet wurden.

3. Die Beklagte zu 1) zu verurteilen, die Belege von allen Privatkonten der Eheleute XY und XX C und der XY C GmbH ab 1.1.1990 herauszugeben.

4. Den Beklagten zu 2) zu verurteilen, aus den Konkursakten alle Bankunterlagen der Konten bei der Beklagten zu 1) sowie für die des Kontos ... bei der F-Bank O1 herauszugeben gegen Übernahme der Verpflichtung, dass der Kläger diese innerhalb der gesetzlichen Fristen aufbewahrt.

5. Den Beklagten zu 2) zu verurteilen, die privaten Aktenordner der Eheleute XY und XX C über die Erstellung des Gebäudes H-Straße ..., den Ordner für die Renten, Versicherungen und die Umsatzsteuer der XY und XX C GbR herauszugeben.

6. Den Beklagten zu 2) zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über die in seinem Schriftsatz vom 25.10.95 erwähnten Einnahmen aus den direkten Lebensversicherungen der XY C GmbH für die Eheleute XY und XX C und über die Versicherungsnummern der Direktversicherungen bei der D und E.

7. Die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, 134.000,00 DM zuzüglich 10 % Zinsen ab 1. Februar 1996 an die Eheleute XY und XX C zu zahlen (G Prozess).

8. Festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner die Eheleute XY und XX C freizustellen haben von den Kosten des Verfahrens der Fa. G ./. Eheleute C vor dem Landgericht Darmstadt - Az.: 9 O 590/96.

9. Festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner die Eheleute XY und XX C freizustellen haben von Ansprüchen Dritter wegen der Kontaminierungen der o.a. Grundstücke H-Straße ... und der dort lagernden Chemikalien aus dem Betrieb der XY C GmbH i.K.

10. Die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Eheleute XY und XX C mindestens 4.436 Mio DM Schadenersatz für den Mindererlös der H-Straße ... zuzüglich 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

11. Die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, dass sie alle Auskünfte nach bestem Wissen und vollständig gegeben haben.

12. Die Beklagte zu verurteilen, 108.222,13 DM mit Zinsen von 4 % ab Rechtshängigkeit an die Eheleute XY und XX C zu zahlen.

13. Die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, 2.900.201,32 DM mit Zinsen von 4 % ab Rechtshängigkeit an die Eheleute XY und XX C zu zahlen.

14. Festzustellen, dass die Beklagte zu 1) zur Zeit aus allen Darlehensverträgen keine Forderungen mehr gegen die Eheleute XY und XX C hat.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Klageanträge mit der Maßgabe weiter, dass die Klageanträge zu 2), 4), 5), 6) und 11) sich nicht gegen den Beklagten zu 2) sondern gegen den Beklagten zu 3) richten sollen.

Desweiteren hat er klargestellt, dass der Klageantrag Ziffer 11) im Stufenverhältnis der 2. Stufe im Wege der Stufenklage gegenüber den Klageanträgen Ziffer 3) bis 6) stehen soll.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Der Senat hat nach mündlicher Verhandlung am 02.03.2006 mit verkündetem Beschluss vom 27. Juli 2006 unter anderem darauf hingewiesen, dass er die Parteiänderung für sachdienlich hält und er die Verweigerung der Zustimmung zur Klageänderung als rechtsmissbräuchlich ansieht.

Die Beklagten zu 2) und 3) haben daraufhin ausdrücklich einer Parteiänderung widersprochen.

Der Kläger und die Beklagten zu 2) und 3) haben sodann mit am 24. bzw. 25.10.2006 eingegangenen Schriftsätzen eine Entscheidung über die Zulässigkeit der Klageänderung im schriftlichen Verfahren durch Zwischenurteil zugestellt.

Der Senat hat darauf mit Beschluss vom 18. Dezember 2006 insoweit das schriftliche Verfahren angeordnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Auf das Berufungsverfahren sind die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung anzuwenden, da die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil des Landgerichts Darmstadt erging, vor dem 01. Januar 2002 geschlossen worden war (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Es war angezeigt durch Zwischenurteil zu entscheiden, da die zwischen dem Kläger einerseits und den Beklagten zu 2) und 3) andererseits streitige Frage der Zulässigkeit der Parteiänderung vorab einer abschließenden Klärung zugeführt wird (§ 280 Abs. 1 ZPO).

Die Parteiänderung ist zulässig.

Der Kläger hatte neben der Beklagten zu 1) ursprünglich nur den Beklagten zu 2) persönlich in Anspruch genommen. Auch im Berufungsverfahren ist insoweit zunächst keine Änderung eingetreten, wie sich aus der Berufungsbegründung ergibt. Erstmals mit Schriftsatz vom 08.02.2006 hat der Kläger erklärt, dass er sich bestimmte Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) als Konkursverwalter (jetzt Beklagter zu 3)) richten sollen. Dementsprechend hat er die Berufungsanträge Ziffer 2), 4), 5), 6) und 11) geändert. Der Konkursverwalter ist in dieser Eigenschaft Partei kraft Amtes. Wird eine Partei kraft Amtes im Laufe des Rechtsstreits nicht mehr in dieser Eigenschaft sondern persönlich in Anspruch genommen, richtet sich die Klage nicht mehr gegen den Träger des Amts als bisherigen, sondern gegen einen anderen Beklagten. Rechtlich stellt dies eine Parteiänderung dar (BGHZ Bd. 21, S. 285, 287). Nichts anderes kann gelten, wenn in erster Instanz die Partei persönlich verklagt wurde, in zweiter Instanz die Klage umgestellt wird, dass die Partei in ihrer Eigenschaft als Partei kraft Amtes verklagt wird. Grundsätzlich muss der neue Beklagte, wenn er erstmals in der zweiten Instanz verklagt wird, einer solchen Parteiänderung zustimmen (BGH a.a.O.). Auch die Zustimmung des ursprünglichen Beklagten ist erforderlich, da sich die Parteiänderung insoweit als Klageänderung darstellt und eine Klagerücknahme nach mündlicher Verhandlung zustimmungsbedürftig ist (§ 269 ZPO).

Ausnahmsweise bedarf der Parteiwechsel nicht die Zustimmung des alten und des neuen Beklagten, wenn die Verweigerung der Zustimmung rechtsmissbräuchlich ist. Dies ist hier der Fall. Der Beklagte zu 3) war in anderer Eigenschaft, nämlich persönlich als Beklagter zu 2) von Anfang an am Rechtsstreit beteiligt. Die nunmehr gegen die als Partei kraft Amtes gerichteten Anträge waren bereits in erster Instanz gegen ihn persönlich gestellt worden. Der gesamte Prozessstoff ist ihm daher von Anfang an bekannt. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass eine Rechtsverteidigung irgendwie hätte beeinträchtigt werden können. Hinsichtlich der Anträge, die sich jetzt gegen den Beklagten zu 3) als Partei kraft Amtes richten, hat der Beklagte zu 2) als persönlich in Anspruch genommene Partei bereits in erster Instanz sachlich erwidert. Auch das erstinstanzliche Urteil hat insoweit die Klage nicht wegen fehlender Passivlegitimation abgewiesen. Die Abweisung wegen fehlender Passivlegitimation des Beklagten zu 2) erfolgte ausweislich des angefochtenen Urteils nicht hinsichtlich der Klageanträge 2), 4), 5), 6) und 11) (auf Seiten 15, 17 und 18 des Urteils). Wegen fehlender Passivlegitimation hat das Landgericht Ansprüche auf Nutzungsentschädigung abgewiesen, die nicht Gegenstand der Parteiänderung sind (S. 27, 28 des angefochtenen Urteils).

Damit steht fest, dass die Rechtsverteidigung des Beklagten zu 3) als Partei kraft Amtes nicht dadurch verkürzt ist, dass er in erster Instanz noch persönlich in Anspruch genommen wurde. Unter diesen Voraussetzungen ist die Verweigerung zur Zustimmung der Parteiänderung rechtsmissbräuchlich (BGH a.a.O. S. 289).

Auch in seiner Eigenschaft als ursprünglich persönlich in Anspruch genommene Partei hat der Beklagte zu 2) kein schützenwertes Interesse an der Verweigerung der Zustimmung der Parteiänderung. Die Parteiänderung hat zur Folge, dass die Klage gegen ihn insoweit nicht weiter verfolgt wird, was ihm nicht zum Nachteil gereichen kann. Die Frage, ob die jetzt gegen ihn als Konkursverwalter gerichteten Ansprüche bestehen oder nicht, wird im Berufungsverfahren geklärt werden.

Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Die Kostenentscheidung war dem Schlussurteil vorzubehalten. Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) ist noch nicht möglich, da er nicht vollständig aus dem Rechtsstreit ausgeschieden ist, weil andere Klageanträge als die die jetzt gegen den Beklagten zu 3) gerichtet sind, weiter gegen den Beklagten zu 2) verfolgt werden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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