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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 03.07.2007
Aktenzeichen: 5 U 22/06
Rechtsgebiete: BGB, KAGG, KWG


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 611
BGB § 675
KAGG § 10
KWG § 25 a
Zum Schadensersatz gegen eine Kapitalanlagegesellschaft für Verluste, die durch die fehlerhafte Verwaltung eines für den Geschädigten aufgelegten Spezialfonds entstanden sind.
Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz für Verluste in Anspruch, die nach ihrer Auffassung durch eine fehlerhafte Verwaltung des von der Beklagten für die Klägerin aufgelegten Spezialfonds entstanden sind.

Im Jahr 2001 entschloss sich die Klägerin, für Eigenmittel einen Spezialfonds auflegen zu lassen. Mit Unterstützung der Firma A AG, die ein Anlagekonzept ausarbeitete, wählte sie als Anlageberater die Anlageberatungsgesellschaft B AG (nachfolgend B) aus, die Streithelferin der Beklagten. Als Kapitalanlagegesellschaft, die den Spezialfonds nach dem damals geltenden Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) auflegen und verwalten sollte, wurde die Beklagte ausgewählt. Diese legte dementsprechend am 15.11.2001 den Wertpapier-Spezialfonds B-Aktien-... mit einem Volumen von 12.750.000,00 € auf. Vertragliche Grundlage für die Verwaltung des Spezialfonds durch die Beklagte waren die besonderen Vertragsbedingungen (Anlage K 1 - Bl. 18-31).

Das Anlageziel der Klägerin ist im "C" (Anlage K 4 - Bl. 43) u.a. wie folgt beschrieben:

"Anlagerichtlinien

aktives Management europäischer Aktien, risikoaverser konservativer Anlagestil, ausschließlich defensiver Einsatz von Derivaten, Währungsabsicherungen erlaubt.

Anlageziel

an positiven Aktienmarktentwicklungen teilhaben, negative Entwicklungen vermeiden, Risikobegrenzung hat Vorrang vor Chancennutzung.

Liquidität

Strategisches Instrument, nicht nur temporär zu nutzen."

In dem "C" (Bl. 43) ist ferner aufgeführt:

"Parameter-Beurteilung absolute Performance (keine Benchmark) relative Performance zu Parallelfonds

relative Performance zu Publikumsfonds

Volatilität

Indizes

...."

Mit Schreiben vom 18.10.2001 (Anlage K 5 = Bl. 44 ) bestätigte die Beklagte der Klägerin ausdrücklich den Erhalt dieser Anlagerichtlinien und stellte klar, dass sie die Vorgabe der Klägerin, Derivate ausschließlich defensiv einzusetzen so verstehe, dass hiervon lediglich zu Absicherungszwecken Gebrauch gemacht werden solle.

Die Beklagte und die Streithelferin schlossen einen Anlageberatungsvertrag (Anlage K 2 Bl. 32-41), der nach ihrer Behauptung durch den Anlageberatungsvertrag vom 14. August/16. Juli 2002 (Anlage ST1 - Bl. 255-276) ersetzt worden sein soll. Die Anlage 2 "Anlagerichtlinien" (Bl. 39) des Anlageberatungsvertrages ist mit den Anlagenzielen der Klägerin (Anlage K 4 - Bl. 43) nicht genau wortgleich.

Am 2.05.2002 fand die konstituierende Sitzung des Anlageausschusses des B-Aktien-... Spezialfonds in O1 statt. Hieran nahmen teil Vertreter der Klägerin, Vertreter von B sowie Vertreter der Beklagten. Für diese Sitzung hatte die Streithelferin eine Präsentation vorbereitet (Anlage ST 11-Anlagenband). Im Rahmen der Sitzung fand ein Meinungsaustausch über die allgemeine wirtschaftliche Situation und die Lage an den wichtigsten Börsenplätzen statt und es wurden Grundsatzfragen der Anlagepolitik erörtert. Die Vertreter der Streithelferin drückten im Rahmen dieser Sitzung ihre Erwartung aus, dass der Markt einen ökonomischen Aufschwung erfahre, die Konjunktur sich aber erst im Herbst (2002) erholen werde.

Zu Punkt 5 der Tagesordnung, Grundsatzfragen der Anlagepolitik, heißt es wörtlich in dem Protokoll:

"Es wurde nochmals betont, dass ein aktives Management gewünscht wird, wobei insbesondere dem Sicherheitsbedürfnis der Anlegerin Rechnung getragen werden soll."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Verlaufs der Sitzung wird auf das Protokoll der Sitzung (Anlage B 8 = Bl. 410 ff.) Bezug genommen.

Die Streithelferin fasste regelmäßig ihre Analysen der volkswirtschaftlichen Situation sowie der Aktienmärkte in sogenannten Reference Books zusammen. In diesen wird eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklung der Volkswirtschaften und der Aktienmärkte gegeben. Mit Schreiben vom 28.06.2002 hat die Streithelferin die Reference Books für das zweite und dritte Quartal der Klägerin zur Verfügung gestellt und erläutert. Auch in diesem Schreiben (Anlage ST 7-Anlagenband) bringt die Streithelferin zum Ausdruck, dass die von ihr herausgestellten Zusammenhänge deutlich machten, dass die Wendepunkte durchschritten seien.

In der Zeit vom 30.04. bis 14.06.2002 erlitt der Fonds einen Wertverlust von knapp 1,4 Mio. Euro. In dieser Zeit waren keine Maßnahmen zur Kursabsicherung getroffen worden. Die Klägerin verlangte mit Fax vom 13.06.2002 (Anlage K 9 = Bl. 130) eine Absicherung des Spezialfonds, wenn der Dax Future die Marke von 4.500 bzw. der Future auf dem EuroStoxx 50 die Marke von 3.150 Punkten unterschreitet. Dies wurde sodann umgesetzt.

Ende Juni 2002 wurde ein Teil der Absicherung wieder aufgelöst, wobei die Parteien darüber streiten, auf wessen Initiative dies zurückgeht. Mit Fax vom 15.07.2002 teilte die Klägerin der Streithelferin mit, dass ab einem Index-Stand von 2.670 Punkten des EuroStoxx 50 Future Sept 02 das gesamte Portfolio erneut abgesichert werden solle (Anlage K 10 = BI. 131). Auch diesem Wunsch der Klägerin wurde entsprochen. In der Zeit vom 10.07.2002 bis zum 22.07.2002 hatte das Fondsvermögen einen Wertverlust von 530.000,- Euro erlitten.

Die Klägerin hält die Beklagte für diese Wertverluste verantwortlich, wobei Gegenstand der Klage ein Teilbetrag von 300.000,00 € aus dem Wertverlust für die Zeit vom 30.04. bis 14.06.2002 und hilfsweise ein Teilbetrag aus dem im Juli 2002 eingetretenen Wertverlust ist.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe den Fonds nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns verwaltet. In Anbetracht des dramatischen Kursverlustes an den Aktienmärkten in der Zeit ab dem 30.04.2002 wie auch im Juli 2002 hätte die Beklagte Maßnahmen zur Kursabsicherung ergreifen müssen. Hierzu hätten sich vordringlich sog. Futures angeboten, durch deren Einsatz der Verlust zwar nicht gänzlich hätte vermieden werden können, jedoch auf einen Bruchteil des eingetretenen Schadens hätte reduziert werden können. Deshalb sei davon auszugehen, dass der eingetretene Wertverlust mindestens zu 60 % vermeidbar gewesen sei. Selbst wenn die Beklagte nicht von den Sicherungsmaßnahmen im Wege der Futures Gebrauch gemacht hätte, hätte sie wenigstens den Liquiditätsanteil erhöhen können, so dass das nicht investierte Kapital wenigstens als solches erhalten geblieben wäre. Schließlich sei der Beklagten auch ein Verstoß gegen § 25 a KWG vorzuwerfen, weil die Anlageentscheidungen nicht von der Beklagten getroffen worden seien, sondern von der Streithelferin. Dies ergebe sich aus deren Schreiben an die Klägerin vom 5.11.2002 (Anlage K 15 = Bl. 150).

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Euro 300.000,- nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 19.11.2003 zu zahlen.

Die Beklagte und die Streithelferin haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Ansicht vertreten, dass zwar ex post betrachtet die damalige Entscheidung, von Sicherungsmaßnahmen ganz oder jedenfalls bezogen auf den späteren Zeitraum teilweise abzusehen, sich als falsch erwiesen habe, in der damaligen Entscheidungssituation sich der Sachverhalt jedoch so dargestellt habe, dass man von einer Trendwende am Aktienmarkt habe ausgehen dürfen.

Wie im einzelnen in den Schriftsätzen der Streithelferin vom 14.07.2005 (Bl. 353 ff) sowie der Beklagten vom 14.07.2005 (Bl. 360 ff) ausgeführt, sei die Streithelferin aufgrund sorgfältiger Analyse zu dem Ergebnis gekommen, dass die Trendwende in Kürze erfolgen werde und die Aktienmärkte, insbesondere zyklische Aktien, einen Anstieg erfahren würden. Deshalb sei die Empfehlung der Streithelferin auch dahin gegangen, in sogenannte Zyklika bzw. Frühzyklika zu investieren. Diese Einschätzung hätten auch andere Marktteilnehmer vertreten wie beispielsweise das Bankhaus D (Anlagenkonvolut ST 13 im Anlagenband). Da diese Trendwende auch mit Blick auf allgemeine zyklische Erwägungen zu erwarten gewesen sei, weil nämlich seinerzeit die Aktienkurse ein Rekord-Niedrigniveau erreicht gehabt hätten, sei es der Beklagten nicht vorzuwerfen, seinerzeit von Sicherungsmaßnahmen abgesehen zu haben.

Ein Verstoß gegen § 25 a KWG liege nicht vor, da die Beklagte zwar letztlich entsprechend den Anlageentscheidungen der Streithelferin verfahren sei, jedoch dies jeweils nach verantwortlicher Überprüfung.

Mit der am 9.11.2005 verkündeten Entscheidung (Bl. 435-446), auf die - auch zur Ergänzung des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien - Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil keine Pflichtverletzung der Beklagten bei der Verwaltung des Fonds vorliege.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin das Klagebegehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vollumfänglich weiter. Sie macht weiterhin geltend, es liege ein Verstoß gegen § 25 a KWG vor, weil die Anlageentscheidungen durch die Streithelferin umgesetzt worden seien. Außerdem habe die Beklagte ihre Pflichten verletzt, weil sie das Fondsvermögens nicht bzw. nicht ausreichend durch Derivate abgesichert habe und nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, in Liquidität auszuweichen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil dahingehend abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin € 300.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 19.11.2003 zu zahlen.

Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie halten weder eine Pflichtverletzung der Beklagten für gegeben, noch sei dadurch der geltend gemachte Schaden entstanden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird auf folgende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen: der Klägerin vom 13.2.2007 (Bl. 468-481) und vom 18.5.2007 (Bl. 559-571), der Beklagten vom 18.9.2007 (Bl. 539-554) und vom 11.6.2007 (Bl. 590-591) sowie der Streithelferin vom 14.9.2006 (Bl. 514-521) und vom 11.6.2007 (Bl. 580-586).

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und gerechtfertigt worden. Sie ist jedoch in der Sache nicht begründet, weil das angefochtene Urteil im Ergebnis nicht auf einem Rechtsfehler (§ 546 ZPO) beruht und die nach § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung nicht rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klage ist unbegründet. Ein Anspruch gegen die Beklagte auf Schadensersatz wegen schuldhafter Verletzung von Pflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag vom 10.8./13.9.2001 steht der Klägerin nicht zu.

Das zwischen den Parteien bestehende Schuldverhältnis ist vor dem 1.1.2002 entstanden, so dass die bis dahin geltenden Gesetze Anwendung finden (Art. 229 § 5 EGBGB).

Der zwischen Anleger und Kapitalanlagegesellschaft (nachfolgend KAG) geschlossene Vertrag ist ein auf eine Dienstleistung gerichteter Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 675, 611 BGB), bei dessen Schlechterfüllung die KAG aus positiver Vertragsverletzung (jetzt § 280 Abs. 1 BGB) für den Ersatz des dadurch entstanden Schadens haftet (Brinkhaus/Scherer, KAGG, 2003, § 10 Rz 26).

Die Pflichten aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag sind verletzt, wenn die KAG bei der Verwaltung des Vermögens das Gesetz oder die Vertragsbedingungen nicht einhält, sie insbesondere entgegen dem Sorgfaltsmaßstab des § 10 Abs. 1 S. 1 KAGG nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrt. An einer solchen Pflichtverletzung der Beklagten fehlt es.

1. Einen Verstoß gegen die gesetzliche Bestimmung des § 25 a Abs. 2 KWG hat das Landgericht mit Recht verneint. Die Klägerin hat nicht konkret dargelegt, dass die Beklagte einen Kernbereich der Verwaltungstätigkeit auf den Anlageberater delegiert hat.

Dem Schreiben der Streithelferin vom 05.11.2002 (Anlage K 15 = Bl. 150 f.) kann dies nicht entnommen werden. Die Streithelferin spricht dort zwar von Investmententscheidungen, die sie für ein Portfolio treffe. Bei verständiger Würdigung ist dies jedoch so zu verstehen, dass mit Investitionsentscheidungen die konkreten Anlageempfehlungen gemeint sind, die aufgrund des Anlageberatungsvertrages von der Streithelferin zu formulieren waren.

Auch aus dem Inhalt des ursprünglich zwischen der Streithelferin und der Beklagten geschlossenen Anlageberatungsvertrages (Anlage K 2 = Bl. 32 ff.) ergibt sich kein Verstoß gegen das gesetzliche Delegationsverbot, welches im Schreiben des BAKred vom 29.8.1997 (Anlage K 14 = Bl. 146 ff.), auf das die Klägerin verweist, näher konkretisiert wird. Ob der Anlageberatungsvertrag später geändert wurde, ist daher unerheblich.

Gemäß § 3 dieses Anlageberatungsvertrages hatte die Streithelferin der Beklagten konkrete Anlageempfehlungen zu übermitteln. Die Beklagte hatte dann zu entscheiden, ob der Empfehlung gefolgt wird oder nicht. Erst nach dieser Entscheidung der Beklagten konnte nach den vertraglichen Festlegungen die Streithelferin den Kauf- bzw. Verkaufsauftrag umsetzen. Laut Schreiben des BAKred vom 29.8.1997 (Anlage K 14 = Bl. 146 ff.) müssen zwar die Order für die einzelnen An- und Verkaufsaufträge von der KAG ausgehen. Es fehle eine Anlageentscheidung des KAG, wenn die Order direkt vom Berater an die ausführende Stelle gehe (Bl. 148). Gegen Sinn und Zweck dieses Schreibens, eine Anlageentscheidung durch die KAG sicherzustellen, verstößt es jedoch nicht, wenn gemäß § 3 Nr. 1 Satz 2 des Anlageberatungsvertrages erst im Anschluss an die Entscheidung der Beklagten die Order im Einzelfall auf Wunsch der Beklagten durch die Streithelferin erfolgen durfte. Auch in diesem Fall geht der Auftrag von der Beklagten aus, nachdem diese eine Anlageentscheidung getroffen hatte. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass nicht entsprechend § 3 des Anlageberatungsvertrages verfahren worden wäre, sind nicht erkennbar. Die Klägerin trägt selbst vor (Schriftsatz vom 13.2.2006 - Bl. 469), dass die Beklagte per Telefon, Telefax oder E-Mail mitteilte, ob der Empfehlung gefolgt wird. Einer erneuten Kontrolle der Transaktionen durch die Beklagte vor deren Ausführung bedurfte es nicht.

2. Die Beklagte hat auch weder gegen die vertraglich vereinbarten besonderen Vertragsbedingungen vom 15.Mai/18.März 2002 (Bl. 18-31) noch gegen die Anlagerichtlinien verstoßen. Auch die Einhaltung der Anlagerichtlinien ist zwischen den Parteien vertraglich vereinbart worden. Die Beklagte hat nämlich den Erhalt Anlagerichtlinien mit Schreiben vom 18.10.2001 bestätigt und erklärt, dass diese eingehalten werden.

Eine Verletzung der Anlagerichtlinien liegt nicht darin, dass unstreitig in der Zeit zwischen März 2002 und 13.6.2002 keine Derivate zur Absicherung des Fondsvermögens eingesetzt wurden und in der Zeit zwischen 10.7. und 22.7.2002 eine Absicherung durch Derivate nur teilweise erfolgte. Die Einhaltung der Anlagerichtlinien verlangte nicht, Derivate zur Absicherung des Fondsvermögens einzusetzen. Sowohl die besonderen Vertragsbedingungen als auch die Anlagerichtlinien enthalten nur eine ausdrückliche Erlaubnis für den Einsatz von Derivaten zum Zweck der Kursabsicherung. Eine konkrete Verpflichtung, unter bestimmten Voraussetzungen eine Absicherung des Fondsvermögens über Derivate vorzunehmen, ist dagegen vertraglich nicht vereinbart. Eine solche Verpflichtung ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht daraus, dass in den Anlagerichtlinien unter der Rubrik "Parameter-Beurteilung" der Begriff "absolute Performance" genannt ist. Unter derselben Rubrik ist nämlich auch genannt "relative Performance zu Parallelfonds" und "relative Performance zu Publikumsfonds". Aus der Verwendung des Begriffs "absolute Performance" ergibt sich auch nicht, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fonds um einen sog. "Absolut Return Fonds" handeln sollte, mit dem unabhängig von der Marktlage ein positiver Ertrag für den Anleger angestrebt werden sollte. Wie die Streithelferin unwidersprochen vorgetragen hat, wurden solche Produkte zu dem Zeitpunkt, in dem der streitgegenständliche Fonds aufgelegt wurde, noch nicht am Markt angeboten.

Den Anlagerichtlinien kann zwar durchaus im Wege der Auslegung entnommen werden, dass die Klägerin an negativen Marktentwicklungen - soweit möglich - nicht teilnehmen wollte und dafür im Gegenzug bereit war, auf einen Teil der möglichen Performance des Fondsvermögens bei positiven Marktentwicklungen zu verzichten. Daraus kann jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin nicht der Schluss gezogen werden, dass sich schon aus den Anlagerichtlinien ergibt, zu welchem Zeitpunkt genau der Einsatz von Derivaten zur Kurssicherung zwingend geboten war. Diese Entscheidung musste vielmehr von der KAG unter Berücksichtigung des Interesses der Klägerin, einerseits die Folgen von negativen Marktentwicklungen möglichst zu vermeiden, andererseits aber an positiven Marktentwicklungen doch teilhaben zu wollen, aufgrund einer Bewertung der vorhandenen Informationen und einer auf dieser Grundlage vorzunehmenden Einschätzung der künftigen Entwicklungen getroffen werden. Gleiches gilt für das Ausweichen in Liquidität, das bis zu einem Volumen von 49 % des Fondsvermögens möglich gewesen wäre.

3. Die Beklagte hat auch keine Pflichten bei den von ihr getroffenen Anlageentscheidungen verletzt. Eine Pflichtverletzung folgt nicht schon allein daraus, dass die Beklagte den Einsatz derivativer Anlageinstrumente unterlassen hat. Solche Instrumente können einerseits zwar absichern, andererseits aber angestrebte Gewinnmöglichkeiten verringern. Die Entscheidung, ob Absicherungsmaßnahmen ergriffen werden sollen, ist deshalb ebenso wie die Entscheidung, ob bestimmte Aktien zu einem bestimmten Zeitpunkt erworben oder veräußert werden, eine Anlageentscheidung, für die ein Ermessensspielraum der KAG besteht. Eine Pflichtverletzung bei Anlageentscheidungen setzt voraus, dass die KAG die ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel nicht in vollem Umfang einsetzt und nicht die Verwaltungsmaßnahmen ergreift, die nach dem sachkundigen Urteil eines wirtschaftlich denkenden Vermögensverwalters zu erwarten sind (vgl. Baur, Investmentgesetze, § 10 Rz. 24).

Die Beklagte, die gemäß der Rechtsprechung über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nach Organisations- oder Gefahrenbereichen (BGHZ 99, 101, 108) die Einhaltung der Sorgfaltspflichten darzulegen und zu beweisen hat (Brinkhaus/Scherer, KAGG, 2003, § 10 Rz 29), hat im Einzelnen vorgetragen, auf welcher Grundlage sie von einem Einsatz der Derivate abgesehen hat. Danach ist sie auf der Grundlage einer Zusammenschau verschiedener Marktindikatoren, die in den Anlagen B4 und B5 zusammengestellt sind (Bl. 369-397), für das Jahr 2002 von steigenden Aktienkursen ausgegangen. Da der Kursrückgang bereits längere Zeit angedauert hatte, sprachen dafür nach Einschätzung der Beklagten auch allgemeine zyklische Erwägungen und die übrigen wirtschaftlichen Rahmendaten. Die Beklagte hat die politischen Risiken (2. Golfkrieg) zwar erwogen, aber gegenüber den positiven Signalen niedriger bewertet.

Die Beklagte, deren Einschätzung nach den vorgelegten Unterlagen auch andere Markteilnehmer geteilt hatten, hat damit hinreichend dargelegt, dass sie von Absicherungen über Derivate und ebenso von einem Ausweichen in Liquidität bewusst deswegen abgesehen hat, weil sie aufgrund einer Marktanalyse und entsprechender Beratung durch die Streithelferin zu der Auffassung gelangt war, es werde eine Wende in der Kursentwicklung der Aktienmärkte eintreten und zu steigenden Aktienkursen kommen. Sie hat also vorhandene Erkenntnismöglichkeiten genutzt und die Entscheidung nicht ins Blaue hinein getroffen. Dass sich ihre Einschätzung rückblickend betrachtet als unzutreffend erwiesen hat, führt nicht dazu, dass ihr Verhalten nachträglich als pflichtwidrig einzustufen ist.

Die Klägerin, nach deren Auffassung sich aus den von der Beklagten und der Streithelferin vorgelegten Unterlagen nur vage Hinweise auf eine Trendwende am Aktienmarkt erst im 2. Halbjahr 2002 ergeben, bestreitet nicht, dass die Beklagte die vorgetragenen Erkenntnisse ihrer Anlageentscheidung zugrunde gelegt hat. Sie trägt auch nicht vor, es habe andere, bessere Erkenntnisquellen gegeben. Die Klägerin will vielmehr jetzt im Nachhinein andere Schlussfolgerungen aus den Unterlagen über die damalige Marktsituation ziehen als die Beklagte. Die Klägerin will damit unzulässigerweise nachträglich ihre eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung der Beklagten setzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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