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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 05.12.2006
Aktenzeichen: 5 U 70/06
Rechtsgebiete: VOB/B


Vorschriften:

VOB/B § 2
VOB/B § 15
1. Für den Fall einer nicht prüfbaren Schlussrechnung tritt die Fälligkeit einer Werklohnforderung, die auf der Grundlage einer nicht prüffähigen Rechnung erhoben wird, u.a. (dennoch) ein, wenn das Ergebnis der Prüfung mitgeteilt wird und keine Beanstandungen zur Prüffähigkeit (mehr) erhoben werden.

2. Die bloße Abzeichnung von Stundenlohn-/Tagelohnzetteln genügt für die Annahme einer nachträglich - stillschweigend (konkludent) getroffenen - Vereinbarung zur Stundenlohnbezahlung nicht.


Gründe:

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Restwerklohn (zuletzt: 491.021,48 € nebst Zinsen) und die Beklagte verlangt ihrerseits Rückzahlung von behaupteten Überzahlungen (90.335,26 € nebst Zinsen).

Die Klägerin war von der Beklagten u.a. mit Restleistungen zum Rohbau betreffend den Umbau des Bürogebäudes ...straße ... aufgrund Bauvertrages vom 22.12.2002 (Bl. 36) beauftragt. Dem Bauvertrag lagen das Angebot der Klägerin vom 13.11.2002 (Bl. 438 - 459 einschließlich Leistungsverzeichnis) sowie das weitere Angebot vom 18.12.2002 (Bl. 460) zugrunde. Vertragsbestandteil waren außerdem das Verhandlungsprotokoll (NU 99V) vom 19.12.2002 (Bl. 165 - 174), die Bedingungen zum Auftragnehmervertrag (Bl. 461 - 464), die A Spielregeln (Bl. 465 - 468) und die VOB/B.

Auf Seiten der Beklagten war deren Schwestergesellschaft, die A (im folgenden: A), projektsteuernd sowie in Vertretung der Beklagten tätig (Bl. 36, 398); ferner war die D (in folgenden: D) im Auftrag der Beklagten bauüberwachend tätig .

Zunächst - bis zu ihrer Insolvenz im Juni 2002 - war die B die beauftragte Generalunternehmerin gewesen. Da zu diesem Zeitpunkt die Leistungen nur teilweise ausgeführt waren, vergab die Beklagte die weiteren Bauleistungen nunmehr gewerkeweise an [ ehemalige] Nachunternehmer der insolvent gewordenen Gesellschaft - u.a. an die Klägerin.

Die von der Klägerin ausgeführten Arbeiten wurden inzwischen abgenommen.

Die Klägerin hat ihre Forderung nach Maßgabe der Klagebegründung ursprünglich auf vermeintlich unberechtigte Gewährleistungseinbehalte aus acht Abschlagsrechnungen über insgesamt 37.461,95 € gestützt sowie auf Abschlagsrechnungen aus 2003 über 271.943,11 € und aus 2004 über 155.094,22 €.

Inzwischen hat die Klägerin ihre Schlussrechnung vom 20.12.2004 (Bl. 200-375) übergeben. Unstreitig wurden der Beklagten als weitere Prüfunterlagen auch zehn Leitz-Ordner ausgehändigt .

Den auf der Grundlage der Schlussrechnung sich ergebenden richtigen Schlussrechnungsbetrag hat die Klägerin mit 2.133.505,80 € brutto angegeben abzüglich näher bezeichneter Korrekturen (Bl. 377, 378).

Nach durchgeführter Schlussrechnungsprüfung hat die Beklagte erhebliche Kürzungen vorgenommen (vgl. die geprüfte Schlussrechnung gemäß Anlage B5 - Bl. 469 - 650); ihr vorläufiges Prüfergebnis lautet auf 1.396.685,78 € netto vermindert um weitere erläuterte Abzüge (Bl. 431, 647).

Einen Großteil der ausgeführten Arbeiten hat die Klägerin als Stundenlohnarbeiten abgerechnet (Bl. 182, 791, 798). Unstreitig sind die erstellten Stundenlohnzettel insgesamt oder nahezu insgesamt abgezeichnet worden (Bl. 751).

Die Klägerin hat vorgetragen, da für sämtliche von ihr abgerechneten Stundenlohnarbeiten abgezeichnete Tagelohnzettel und geprüfte Bautageberichte vorlägen, müsse die Beklagte nicht nur die Stundenzahl als akzeptiert ansehen, sondern auch hinsichtlich der Berechnungsart die Tatsache der Stundenlohnabrechnung. Soweit im Bauvertrag Einheitspreise vereinbart worden seien, sei die Abrechnung auf dieser Basis vorgenommen worden, nur hinsichtlich der zusätzlichen Bedarfspositionen, die den Großteil der Abrechnung ausmachten, sei im Stundensatz abgerechnet worden. Die Leistungen seien exakt nach den einzelnen Bauteilen aufgegliedert worden, wie sämtliche berechneten Leistungen auch hinsichtlich des berechneten Aufwandes erforderlich und beauftragt gewesen seien.

Nach Berücksichtigung der Zahlungen der Beklagten, die die Klägerin mit 1.601.082,88 € angibt, hat die Klägerin - u.a. nach Teilklagerücknahme und Antragserläuterung im Übrigen (Bl. 796 - 800) - zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

an die Klägerin 491.021,48 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Spitzenrefinanzierungssatz der EZB aus 264.137,95 € seit dem 25.3.2004 bis zum 20.12.2004, aus weiteren 57.134,25 € ab Zustellung des Mahnbescheides bis zum 20.12.2004, aus weiteren 135.431,94 € ab Rechtshängigkeit des Streitverfahrens bzgl. der ersten Klageerweiterung bis zum 20.12.2004 sowie aus 491.021,48 € ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung gemäß Schriftsatz vom 15.02.2005

sowie die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat die Beklagte beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 90.335,26 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte hat sich im Wesentlichen dagegen gewandt, dass von der Klägerin viele Leistungen im Stundenlohn abgerechnet worden seien, die entweder nicht erbracht bzw. nachprüfbar belegt worden seien oder nach Einheitspreisen hätten abgerechnet werden müssen. Den Einwand fehlender Prüfbarkeit hat die Beklagte letztlich nicht erhoben (Bl. 401).Die Klage sei indes insgesamt nicht schlüssig. Es sei nicht zutreffend, dass hinsichtlich der in der Schlussabrechnung nicht mit Einheitspreisen versehenen Positionen ein Stundenlohnvertrag zustande gekommen sei. Die Klägerin sei gehalten gewesen, statt der nahezu generellen Stundenlohnberechnung der Beklagten ein Nachtragsangebot zu machen, soweit es zu Änderungen bei den in den Einheitspreislisten aufgeführten Positionen gekommen sei. Eine Vielzahl der Stundenlohnpositionen sei deshalb in die vereinbarten Einheitspreise umzurechnen. Aufgrund dieser und weiterer - dargestellter - Einwände der Beklagten ergebe sich der mit der Widerklage geltend gemachte Überzahlungsbetrag.

Wegen der Darstellung des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Mit der am 27.3.2006 verkündeten Entscheidung, auf die Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen und der Widerklage - unter deren Abweisung im Übrigen - im Umfang von 83.521,87 € nebst näher bezeichneten Zinsen stattgegeben.

Das Landgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe keinen Sachverhalt vorgetragen, der mit Rücksicht auf die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien eine hinreichende Darlegung derjenigen Berechnungselemente enthalte, aus denen nachvollziehbar sei, welche der Leistungen in welcher Weise vertragsgemäß abgerechnet worden seien. Die mehrfach und umfassend erörterte Problematik liege im Wesentlichen darin, dass die Klägerin in der Schlussrechnung nicht diejenige Vertragsmechanik zur Anwendung gebracht habe, die nach dem Bauvertrag der Parteien einer nachvollziehbaren Abrechnung zugrunde zu legen sei - nämlich eine geschlossene Darstellung der abgerechneten Einzelleistungen anhand der angebotenen Einheitspreise nach Maßgabe der VOB/B. Bei dem Bauvertrag der Parteien handele es sich um einen Einheitspreisvertrag, bei dem für die Annahme einer Stundenlohnvereinbarung in der von der Klägerin angenommenen Weise kein Raum sei. Durch die Unterschriftsleistung unter den Tagelohnzetteln sei es ebenfalls nicht zu einer Abänderung des vertraglich vereinbarten Abrechnungssystems gekommen. Die Schlussrechnung entspreche deshalb in keiner Weise den vertraglichen Anforderungen und sei nur begrenzt nachvollziehbar und überprüfbar.

Daraus folge zugleich, dass die Widerklage im Wesentlichen Erfolg habe. Die von der Beklagten bei der Rechnungsprüfung zugrunde gelegte Umrechnung unter Ansatz vergleichbarer Positionen in der Einheitspreisliste begegne hinsichtlich ihrer Berechnungsweise keinen durchgreifenden Bedenken. Lediglich hinsichtlich eines Betrages von 6.813,39 € habe die Widerklage aus den - dargelegten - Gründen keinen Erfolg.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Berufung der Klägerin. Das Landgericht habe die Schlussrechnung der Klägerin ausdrücklich als nicht prüffähig eingestuft. Dabei habe das Landgericht die Frage der Prüffähigkeit einer gestellten Rechnung mit der Frage der Schlüssigkeit des Vortrages verwechselt. Selbst im Falle einer fehlenden Prüffähigkeit habe die Klage allenfalls als derzeit unbegründet abgewiesen werden dürfen, keinesfalls habe es zu einer endgültigen Klageabweisung kommen dürfen. Hätte das Landgericht die Klägerin hinreichend deutlich darauf hingewiesen, dass die Schlussrechnung nicht für prüffähig gehalten werde, dann hätte die Klägerin bereits in erster Instanz ihr Klagebegehren hilfsweise auf eine neu erstellte zweite Schlussrechnung gestützt, die ausschließlich auf einer Einheitspreisberechnung fuße. Deshalb werde die Klägerin nunmehr flankierend hilfsweise eine zweite Schlussrechnung zum Gegenstand ihres Vorbringens machen, die auf einer Einheitspreisberechnungsmethodik basiere [die zweite Abrechnung wird voraussichtlich nicht mehr vorgelegt werden - Bl. 926]. Sie, die Klägerin, gehe deswegen davon aus, dass bei ihrer Hilfsbetrachtung die ergänzenden Werklohnansprüche auf § 2 Ziff. 6 VOB/B zu stützen seien und nicht - wie vom Landgericht angenommen - auf § 2 Ziff. 5 VOB/B. Im Übrigen gehe die Klägerin nach wie vor davon aus, dass die Parteien wegen der Beauftragung sämtlicher Bedarfspositionen im Stundensatz gerade keinen Einheitspreisvertrag für den Großteil der erbrachten Leistungen abgeschlossen hatten, sondern dass bereits im Vertragsschluss ein Stundenlohnvertrag für sämtliche Bedarfspositionen angelegt gewesen sei. Die bisherige Schlussrechnung sei auch prüffähig und die Klageforderung begründet gewesen. Infolgedessen sei die Widerklage unbegründet .

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 26.6.2006 (Bl. 886 - 899) und die weiteren zweitinstanzlichen Schriftsätze vom 20.09.2006 (Bl. 920 - 927), vom 16.10.2006 (Bl. 931 - 934) und vom 20.10.2006 (Bl. 935) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 491.021,48 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Spitzenrefinanzierungssatz der EZB aus 264.137,95 € seit dem 25.3.2004 bis zum 20.12.2004, aus weiteren 57.134,25 € ab Zustellung des Mahnbescheides bis zum 20.12.2004, aus weiteren 135.431,94 € ab Rechtshängigkeit des Streitverfahrens bezüglich der ersten Klageerweiterung bis zum 20.12.2004 sowie aus 491.021,48 € ab Rechtshängigkeit der Klageerweiterung gemäß Schriftsatz vom 15.2.2005 zu zahlen

und die Widerklage abzuweisen,

hilfsweise, den Rechtsstreit an das Gericht des 1. Rechtszuges zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 14.09.2006 (Bl. 909 - 919) und den Schriftsatz vom 505.10.2006 (Bl. 928 - 930) verwiesen.

II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.

Das Rechtsmittel führt im Ergebnis jedoch nicht zum Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob das Landgericht der Klägerin verfahrensfehlerhaft eine beantragte Schriftsatzfrist zu den vom Landgericht geäußerten Schlüssigkeitsbedenken nicht mehr gewährt hat. Denn die Berufung hat auch auf der Grundlage der Berufungsbegründung keinen Erfolg. Ebenso ist die von der Kägerin angekündigte neue Schlussrechnung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegt worden.

Die Klägerin kann von der Beklagten den begehrten Restwerklohn nicht verlangen. Zwar ist die Fälligkeit des Werklohns (nach Abnahme der Arbeiten im Übrigen) inzwischen eingetreten, nachdem sich die Beklagte bereits erstinstanzlich dazu entschieden hat, den Einwand fehlender Prüfbarkeit nicht zu erheben (Bl. 401) und ihrerseits eine Sachprüfung vornahm (vgl. die geprüfte Schlussrechnung Anlage B5 Bl. 469 - 650 einschließlich Prüfbericht der Beklagten vom 3.6.2005 (Bl. 644 - 649) nebst der gesonderten Aufstellung zum Prüfexemplar gemäß Anlage B6 - Bl. 650 f). Gerade aber für den Fall einer nicht prüfbaren Schlussrechnung tritt die Fälligkeit einer Werklohnforderung, die auf der Grundlage einer nicht prüffähigen Rechnung erhoben wird, u.a. (dennoch) ein, wenn das Ergebnis der Prüfung - wie hier - mitgeteilt wird und keine Beanstandungen zur Prüffähigkeit (mehr) erhoben werden (z.B. BGH BauR 2004, 316 (320); 2006, 455). Im Übrigen berühren Fehler der Abrechnung die Prüfbarkeit nicht (BGHZ 140, 365 [369]).

Die Werklohnforderung der Klägerin gemäß der bisherigen Schlussrechnung vom 20.12.2004 ist aber nicht schlüssig, weswegen die Klage in der Sache abzuweisen war, denn die Klägerin hat ihrer Abrechnung eine fehlerhafte Abrechnungsmethode zugrunde gelegt; sie hat entgegen den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien in weiten Teilen eine Stundenlohnabrechnung vorgenommen, obgleich eine Einheitspreisabrechnung vereinbart war. Insofern hat auch bereits das Landgericht eine Sachprüfung vorgenommen und die Klage im Ergebnis als unschlüssig abgewiesen.

Dem Bauvertrag der Parteien vom 10.12.2002 (Bl. 36) lag das Angebot der Klägerin [Leistungsverzeichnis] vom 13.11.2002 (Anlage B1 Blatt 438 - 459) und vom 18.12.2002 (Bl. 460) zugrunde, in denen die Vergütung für die dort ausgewiesenen (Teil-) Leistungen (deren Menge nach Maß, Gewicht oder Stückzahl vom Auftraggeber angegeben ist) nach Einheitspreisen bemessen wird.

Bestandteil des Bauvertrages waren auch das Verhandlungsprotokoll vom 19.12.2002 (NU 99V), in dem unter Ziffer 2 ebenso ausgewiesen ist, dass die Abrechnung der Klägerin nach Vorlage der geprüften Bautageberichte auf Basis der Einheitspreisliste vom 13.11.2002 erfolgt. Nach den Bedingungen zum Auftragnehmervertrag gilt - in dort bezeichneter Rangfolge - (ergänzend) auch die VOB/B (Bl. 461 - Ausgabe Dezember 2002). Da die Parteien eine andere Abrechnung [hier: Stundenlohnabrechnung] nicht vereinbart haben, war im Zweifel auch nach Einheitspreisen abzurechnen (vgl. § 2 Nr. 2 VOB/B; Ingenstau-Korbion, VOB-Kommentar 15. Aufl. § 2 Nr. 2 VOB/B Rdn. 13; BGH BauR 1992, 505 - nachsehen). Ebenso gehen die mitvereinbarten "A - Spielregeln" (dort: Ziffer 2 a.E. - Bl. 465) nicht von Stundenlohnvereinbarungen aus.

Im Stundenlohn wären solche Arbeiten nur zu vergüten gewesen, wenn dies die Parteien jeweils ausdrücklich vereinbart hätten (vgl. Ziff. 15.1 der Bedingungen und 15 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B). Dabei hätte eine solche Vereinbarung jeweils vor Ausführung der betreffenden Arbeiten getroffen worden sein müssen. Insoweit handelt es sich um eine Wirksamkeitsvoraussetzung (Ingenstau-Korbion, a.a.O. § 15 Rdn. 5). Ist sie nicht eingehalten worden, muss auch hier grundsätzlich nach dem Normaltyp des Einheitspreises abgerechnet werden (Ingenstau-Korbion, a.a.O.).

Die Beklagte hat jedoch eine solche (umfassende) Stundenlohnvereinbarung bestritten [u.a. Bl. 408 - 410 - nur in Einzelfällen habe es Stundenlohnvereinbarungen gegeben, die auch in der geprüften Schlussrechnung nicht beanstandet worden seien - Bl. 411]; auch sei die Objektüberwachung D zu keinem Zeitpunkt ermächtigt oder berechtigt gewesen, eine gesonderte Stundenlohnvereinbarung gegenzuzeichnen (Bl. 410). Hierbei ist in der Rechtsprechung auch anerkannt, dass die Ermächtigung der Bauleitung, Stundenlohnnachweise abzuzeichnen, keine Vollmacht zum Abschluss einer Stundenlohnvereinbarung beinhaltet (BGH BauR 2003, 1892 [Bl. 410]). Ebensowenig kann hier ohne weiteres auf die Voraussetzungen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht geschlossen werden, weil - wie das Landgericht zutreffend und unangegriffen festgestellt hat - die Klägerin die vermeintliche Bevollmächtigung (lediglich) auf die Tatsache stütze, dass die Preisberechnungsart in den erstellten Abschlagsrechnungen monatelang nicht beanstandet worden sei. Damit war jedoch eine tatsächliche Vereinbarung nicht dargetan.

Insbesondere genügt auch nicht die bloße Abzeichnung von Stundenlohnzetteln/Tagelohnzetteln für die Annahme einer nachträglich - stillschweigend (konkludent) getroffenen - Vereinbarung zur Stundenlohnbezahlung (Ingenstau-Korbion a.a.O. § 15 Rdn. 5 m.N.; BGH NJW-RR 1995, 80). Die diesbezüglichen Feststellungen des Landgerichts sind mit der Berufung auch nicht angegriffen, so dass es hierbei zu verbleiben hat.

Eine Stundenlohnvereinbarung der Parteien ergibt sich auch nicht daraus, dass in der Einheitspreisliste (Ordnungszahlen 5.1.01 f - Bl. 166, 178) als "Bedarfspositionen ohne GP [= ohne Gesamtpreisangabe - Bl. 397] ... auf besondere Anweisung der Bauleitung ..." eine bestimmte Stundenzahl für Poliere, Vorarbeiter, Facharbeiter u.a. vorgesehen waren. Diese Bedarfspositionen sehen doch lediglich eine bestimmte Vergütung für den jeweils vorbehaltenen Fall vor, dass es künftig tatsächlich zu solchen vereinbarten bzw. vorher ausdrücklich angeordneten Leistungen kommen werde. Nur im Falle der Anordnung ist dann der Preis vereinbart.

Nach alledem gehen das Landgericht wie auch die Beklagte zu Recht davon aus, dass die in den abgezeichneten Tagelohnzetteln nach Art und Umfang ausgewiesenen, erbrachten Leistungen/Arbeiten entsprechend dem Leistungsverzeichnis mit den dort vorgegebenen Einheitspreisen gem. § 2 Nr. 5 VOB/B abzurechnen sind.

Nach der genannten Bestimmung ist ein neuer (Einheits-) Preis unter Berücksichtigung von Mehr- und Minderkosten zu vereinbaren, wenn durch Änderung des Bauentwurfs oder anderer Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert werden.

Soweit nach Satz 2 dieser Bestimmung die Preisvereinbarung vor der Ausführung der geänderten Leistung getroffen werden soll, ist dies aber nicht zwingend; auch muss das Verlangen auf Änderung der Vergütung nicht schon zu dem genannten Zeitpunkt gestellt werden. § 2 Nr. 5 S. 2 VOB/B hindert also nicht die Entstehung des Anspruchs auf einen neuen Preis; es handelt sich vielmehr um eine nach aller Erfahrung wohl berechtigte dringende Empfehlung (so Ingenstau-Korbion, a.a.O. § 2 Nr. 5 VOB/B Rdn. 35).

"Andere Anordnungen" des Auftraggebers sind Weisungen des Auftraggebers oder des dazu bevollmächtigten Vertreters; dabei ist der Begriff "Anordnung" im Sinne der Nr. 5 weit zu fassen (hierzu Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, § 2 Rn. 110b). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die geänderte Ausführung gewollt und dies schließlich auch durch Abzeichnen der Tagelohnzettel in tatsächlicher Hinsicht bestätigt.

Ebenso liegt eine "Änderung" (des Bauentwurfs) im Sinne des § 2 Nr. 5 VOB/B vor, wenn - wie hier - die ursprünglich nach dem Vertrag geschuldete Leistung, wie sie insbesondere in der Leistungsbeschreibung oder dem Leistungsverzeichnis ihren Niederschlag gefunden hat, anders als zunächst vorgesehen und vereinbart ausgeführt worden ist (Heiermann/Riedl/Rusam, a.a.O., § 2 Rdn. 110).

Eine solche "Änderungsanordnung" gab es z.B. hinsichtlich der Herstellung der Wanddurchbrüche (Bl. 404 f, 407,719), bei denen unter der Position 5.03.2.6.02 (Anlage B 1 - Bl. 445) ein Einheitspreis von 51,00 € (netto) bis zu einem Umfang von 0,25 qm ausgewiesen ist, tatsächlich aber Wanddurchbrüche von 0,64 qm [vgl. die Klageerwiderung vom 20.6.2005 - Bl. 404 f] hergestellt wurden und die Beklagte einen neuen Einheitspreis dadurch gebildet hat, dass sie das 2,56-fache (0,64 qm / 0,25 qm) von 51,00 € in Ansatz gebracht hat.

Ein Fall des § 2 Nr. 5 VOB/B und nicht - wie die Klägerin meint - von § 2 Nr. 6 VOB/B, liegt eben auch vor, wenn der Auftragnehmer zwar eine für sich allein zu betrachtende "zusätzliche", zum Vertrag (Leistungsverzeichnis) bisher nicht gehörende Leistungen erbracht hat, aber eine nach dem ursprünglichen Vertrag als solche fortbestehende, vertraglich geschuldete Leistung anders ausgeführt hat, wenn also die Anordnung Art und Weise wie auch den (Mehr- ) Umfang der Leistung betrifft (Ingenstau-Korbion, a.a.O., § 2 Nr. 5 VOB/B Rdn. 8; BGH WM 1969, 1019).

Demgegenüber liegt ein Fall des § 2 Nr. 6 Abs. 1 VOB/B nur vor, wenn es um die Vergütung für geforderte zusätzliche Leistungen geht, die nach dem bisher im Vertrag [wenigstens ihrer Art nach] festgelegten Leistungsinhalt überhaupt nicht vorgesehen sind (vgl. Ingenstau-Korbion a.a.O., § 2 Nr. 6 Rdn. 1, 3 m.N.).

Eine Abrechnung nach (ggfs. neu zu bildenden) Einheitspreisen gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B war ebenso bei der Position "Wanddurchbrüche schließen" (Position 5.03.2.6.04 der "EP-Liste"/LV - Anlage B 1 - Bl. 445) vorzunehmen und eine Stundenlohnabrechnung nicht gerechtfertigt.

Gleiches gilt für die Maurerarbeiten (Position 5.03.2.1.01 - 03 der "EP-Liste" Anlage B 1 - Bl. 454), bei denen es Einheitspreise für Mauerwerk Dicke 17,5 cm und Dicke 11,5 cm gibt (Bl. 416, 722) sowie für den Abbruch von Stahlbetonbauteilen (Position 5.01.1.02 der "EP-Liste" - Anlage B 1 - Bl. 448, 722 f.), wo ein Einheitspreis von 530,00 € netto pro m3 vorgesehen ist (Bl. 418) und das Bohren von Löchern in senkrechten oder waagrechten Stahlbetonbauteilen/ Kernbohrungen (Position 5.03.2.6.08 bzw. 06 der "EP-Liste" - Anlage B 1 - Bl. 445), wo für das Bohren von Löchern in senkrechten Stahlbetonteilen, D bis 100 mm, Abrechnung je 1 cm Tiefe einschließlich Bewehrung mit 1,10 € netto vorgesehen ist, die Klägerin indes 1,94 € netto abgerechnet hat (vgl. Klageerwiderung Bl. 418, 419, 723).

Soweit die Beklagte hinsichtlich einiger benannter Tagelohnzettel unzulässige Doppelabrechnungen geltend macht (insgesamt 18.113,21 € - Bl. 420, 788, 791), hat die Klägerin dem durch Teilrücknahme im Umfang von 9.825,84 € Rechnung getragen (Bl. 723,797, 755, 756), so dass im Übrigen weiterhin von einer Doppelberechnung auszugehen ist; auch das Landgericht hat diese Kürzung der Beklagten - unangegriffen - für gerechtfertigt erachtet, weil der Vortrag der Klägerin dazu nicht schlüssig sei [LGU S. 17].

Ebenso hat das Landgericht - ebenso unangegriffen - die Kürzung der Beklagten wegen überhöhter Zuschläge bei den Arbeiten an Samstagen, Sonn- und Feiertagen (insgesamt 4.849,00 € - Bl. 420, 791) als berechtigt anerkannt [LGU S. 17]. Da auch diese Feststellungen mit der Berufung nicht substantiiert angegriffen sind, hat es dabei zu verbleiben.

Gleiches gilt für die vom Landgericht für berechtigt erachtete weitere Kürzung, wonach eine Vergütung für das Aufstellen und Vorhalten von (Arbeits-) Gerüsten bis zu einer Höhe von 2 m nicht verlangt werden kann (= 1.550,00 € - Bl. 793), weil es sich um eine nicht zu vergütende Nebenleistung im Sinne der VOB/C DIN 18299 Ziff. 4.1 handele (Bl. 421 - vgl. auch Ziff. 1e der Bedingungen - Bl. 461).

Hinsichtlich der von der Beklagten anerkannten Stundenlohnabrechnungen (Bl. 411) hat sie - zugunsten der Klägerin - die von der Klägerin durchgängig mit 38,00 € netto berechneten Stundensätze zuletzt nicht beanstandet (Bl. 434, 435 - LGU S. 15). Gleiches gilt für den nicht mehr aufgegriffenen Einwand der verspäteten Vorlage der Tagelohnzettel [LGU S. 15 - Bl. 431].

Soweit bei einigen - gemäß Tagelohnzetteln bezeichneten - Leistungen (im Umfang von 111.717,97 € - Bl. 791, 422) streitig ist, ob die Klägerin diese Leistungen tatsächlich erbracht hat bzw. diese überhaupt nachgewiesen sind (Bl. 789) und ob es hinsichtlich einiger Nachträge überhaupt zu einer Auftragserteilung gekommen ist (Bl. 423, 490), war eine diesbezügliche Sachaufklärung indes nicht durchzuführen, weil - wie ausgeführt - schon keine schlüssige Abrechnung vorliegt und die Klägerin die streitgegenständlichen Positionen sämtlich fehlerhaft im Stundenlohn abgerechnet hat.

Hinsichtlich der weiteren Kürzungen (Position "Aufsichtsstunden" = 15.808,- € netto, 5 % Gewährleistungseinbehalt auf die Bruttoabrechnungssumme und 0,3 % Bauwesenversicherung) wird auf die Feststellungen des Landgerichts verwiesen, die ohne konkreten Berufungsangriff geblieben sind.

Im Hinblick auf die unschlüssige Klageforderung (Werklohnrestforderung) konnte das Landgericht daher von dem - durch die Beklagte zugestandenen - vorläufigen Zwischenbetrag von 1.380.877,78 € netto = 1.601.818,21 € brutto ausgehen [Bl. 425, 791 - LGU S. 18, 19]. Der Bruttobetrag war sodann um 0,3 % für die Bauwesenversicherung zu vermindern [also um: 4.805,45 € - LGU S. 19] und um weitere 5 % Gewährleistungseinbehalt der Beklagten [= 80.090,91 €], so dass eine Überzahlung von 83.521,87 € verblieb, nachdem das Landgericht weitere Kürzungen der Beklagten von insgesamt 6.813,39 € wegen vermeintlicher Gegenansprüche der Beklagten [Müllentsorgungskosten von 4.764,21 € netto, Ersatzmaßnahme für Bauzaun 810,00 € netto und Kosten eines Fehlalarms von 782,00 € netto - Bl. 428 f und LGU S. 18, 19] für unberechtigt erachtet (hat) und die Beklagte dies hingenommen hat. Dass hinsichtlich der Überzahlung für die Beklagte erleichterte Darlegungsvoraussetzungen gelten (vgl. im einzelnen BGHZ 140, 365 [375]; auch BauR 1999,635; 2004, 1940), sieht auch die Klägerin (Bl. 921, 922).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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