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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 22.03.2001
Aktenzeichen: 5 WF 31/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 642
ZPO § 13
Es erscheint fraglich, ob es gerechtfertigt ist, das volljährige Kind wegen Unterhaltsansprüchen aus Zeiten seiner Minderjährigkeit, die es neben laufenden Ansprüchen am Gerichtsstand des Elternteils (§ 13 ZPO) geltend macht, auf den Gerichtsstand des § 642 ZPO zu verweisen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN BESCHLUSS

5 WF 31/00

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Klägers vom 09.02.2000 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Gießen vom 24.01.2000 am 22. März 2001 beschlossen:

Tenor:

Unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen wird der angegriffene Beschluß insoweit aufgehoben als Unterhalt für den Zeitraum von Dezember 1998 bis einschließlich April 1999 verweigert worden ist.

Das Amtsgericht hat hinsichtlich dieser Monate über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außer- gerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde ist nur teilweise begründet.

Soweit das Amtsgericht dem Antragsteller Prozeßkostenhilfe hinsichtlich der Unterhaltsforderungen für die Zeit der Minderjährigkeit wegen des Fehlens der örtlichen Zuständigkeit versagt hat, kann dem nicht gefolgt werden. § 642 ZPO sieht u.a. vor, daß für Verfahren, die die gesetzliche Unterhaltspflicht eines oder beider Elternteile gegenüber einem minderjährigen Kind betreffen, das Gericht ausschließlich zu-ständig ist, bei dem das Kind oder der Elternteil, der es gesetzlich vertritt, seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Daß es aufgrund dieser Vorschrift zwingend geboten ist, für Unterhaltsansprüche, die ein volljähriges Kind für die Zeit vor Vollendung des 18. Lebensjahres - hier für wenige Monate - am Gerichtsstand des Elternteils gem. § 13 ZPO mit geltend macht, die örtliche Zuständigkeit zu verneinen, erscheint fraglich. Verfahren, die die gesetzliche Unterhaltspflicht betreffen, könnten auch nur solche sein, die von einem Kind vor Volljährigkeit rechtshängig gemacht worden sind. Es heißt nämlich nicht, daß die Unterhaltspflicht für die Zeit der Minderjährigkeit des Kindes betroffen sein muß. Durch die Einführung des § 642 ZPO sollte ver-mieden werden, daß die Überleitung eines vereinfachten Verfahrens in ein streitiges gegebenenfalls eine verfahrensverzögernde Abgabe an ein anderes Gericht erfolgen mußte. Zudem sollte verhindert werden, daß für Abänderungsverfahren nach § 655 ZPO und für Abänderungsklagen (§ 323 ZPO, §§ 654, 656 ZPO) abhängig von der Parteistellung des Kindes verschiedene Gericht zuständig wären. Deswegen wird ein einheitlicher Gerichtsstand geschaffen (vgl. dazu Johannsen/Henrich, EheR, 3. Aufl., § 642 ZPO, Rn. 1; Bundestagsdrucksache 13/7338, S. 34 zu § 642 ZPO). Es sollte jedoch nicht für den Unterhaltsanspruch eines Kindes unterschiedliche Gerichts-stände eingeführt werden.

Da die vom Amtsgericht aufgeworfene Rechtsfrage noch nicht geklärt ist - Erörterungen in Literatur und Rechtsprechung wurden nicht gefunden -, muß die Entscheidung hierzu dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Soweit das Amtsgericht ausgeführt hat, rückständiger Unterhalt könne für den Monat Dezember 1998 wegen des Fehlens der Voraussetzungen des § 1613 BGB ohnehin nicht verlangt werden, kann dem nicht ohne weiteres gefolgt werden. Der Antragsgegner hat bis einschließlich November 1998 monatlich 500,-- DM an Unterhalt gezahlt. Eine Mahnung des Schuldners kann bei unvermittelter Einstellung bisher regelmäßig erbrachter Zahlungen entbehrlich sein (vgl. dazu BGH, FamRZ 1983, 352, 355).

Streitig ist auch die Frage inwieweit sich minderjährige Kinder ein Einkommen aus fiktiver Erwerbstätigkeit zurechnen lassen müssen (vgl. dazu OLG Saarbrücken, FamRZ 2000, 40; OLG Düsseldorf, FamRZ 2000, 442), so daß auch dies der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht entgegensteht.

Zuzustimmen ist dem Amtsgericht darin, daß Prozeßkostenhilfe für Unterhaltsansprüche in den Monaten Mai bis Juli 1999 zu versagen ist. Volljährige sind gehalten, ihrem Bedarf durch Erwerbstätigkeit zu decken. Der Vortrag, der Antragsteller hätte sich in dieser Zeit intensiv auf die Schule vorbereitet und Lernstoff wiederholt, damit er nicht zu sehr unter der Unterbrechung von einem Jahr zu leiden gehabt hätte, reicht in seiner Pauschalität nicht aus, eine eigene Erwerbstätigkeit des Antrag-stellers als gänzlich ausgeschlossen erscheinen zu lassen. Der Umfang einer solchen Vorbereitung nach einer nur einjährigen Unterbrechung ist mit der regel-mäßigen Ausübung eines Nebenjobs als vereinbar anzusehen. Der Antragsteller hat auch ohne Ausbildungsplatz zuvor bei einem Friseur gearbeitet.

Ende der Entscheidung

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