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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 18.01.2007
Aktenzeichen: 6 U 134/06
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14
MarkenG § 24
Keine Erschöpfung der Markenrechte an im Eigentum des Parfümherstellers stehenden Testern für Parfümprodukte.
Gründe:

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II i.V.m. 313 a I, 1 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 14 II Nr. 1 MarkenG zu; die weiteren Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung sind ebenfalls erfüllt.

Soweit die Antragstellerin ihren Depositären sog. Tester für Parfumerzeugnisse, die mit der Verfügungsmarke gekennzeichnet sind, zur Verfügung stellt, bleibt sie nach den mit den Depositären getroffenen vertraglichen Vereinbarungen Eigentümerin dieser Tester und behält sich das Recht auf jederzeitige Rückgabe vor; dies hat die Antragstellerin durch Vorlage der entsprechenden Vertragsmuster glaubhaft gemacht. Unter diesen Umständen sind nach Auffassung des erkennenden Senats (im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.9.2006 - I-20 U 68/06; a.A.: OLG Hamburg GRUR-RR 04, 335 - Parfumtester) die Rechte der Antragstellerin aus der Verfügungsmarke im markenrechtlichen Sinn (§ 24 I MarkenG) nicht erschöpft, weil die mit der Marke gekennzeichneten Tester nicht im Sinne der genannten Vorschrift "in den Verkehr gebracht" worden sind.

Die Vorschrift des § 24 MarkenG hat den Zweck, dem Markeninhaber zwar die (markenrechtliche) Kontrolle über den Vertriebsweg der mit der Marke gekennzeichneten Waren zu entziehen, ihm jedoch die Entscheidung darüber vorzubehalten, ob und wann er diese Ware überhaupt dem freien Vertrieb überlässt (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., Rdz. 7 zu § 24 m.w.N.). Im Hinblick auf diesen Normzweck kann in Fällen der vorliegenden Art ein "In-den-Verkehr-bringen" durch die Auslieferung an den Depositär nur dann bejaht werden, wenn der Markeninhaber die Verfügungsgewalt über die Ware nicht nur in tatsächlicher, sondern auch in rechtlicher Hinsicht willentlich auf den Depositär überträgt, d.h. ihm ungeachtet der mit der Übergabe verfolgten Intentionen gestattet, mit der Ware nach eigenem Belieben zu verfahren; dies wäre insbesondere bei einer vorbehaltlosen Übereignung der Fall. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

Von den Fällen, in denen an einen Spediteur übergebene Markenware einen anderen als den vom Markenihaber vorgesehenen Vertriebsweg nimmt (vgl. hierzu BGH WRP 06, 1233 - ex works), unterscheidet sich die vorliegende Sachverhaltskonstellation maßgeblich dadurch, dass die Parfumtester überhaupt nicht zum Erwerb durch einen Endabnehmer bestimmt sind (so mit Recht OLG Düsseldorf aaO, S. 7). Der Senat vermag auch keinen Wertungswiderspruch darin zu erkennen, dass das bestimmungsgemäß aus dem Tester versprühte Parfum letztlich auch in den Verkehr gebracht wird (vgl. hierzu OLG Hamburg aaO S. 357). Denn die als markenverletzend beanstandete Ware besteht nicht nur aus der Parfumflüssigkeit, sondern auch aus dem mit der Marke versehenen Flaschenbehälter, der aus den dargestellten Gründen nicht mit Einverständnis der Antragstellerin in den Verkehr gelangt.

Die Antragsgegnerin hat mit der Verfügungsmarke gekennzeichnete Parfumtester der beschriebenen Art i.S.v. § 14 III Nr. 2 MarkenG "angeboten". Sie hat auf ihrer Internetseite unter Abbildung eines mit der Aufschrift "X" versehenen Flakons ein ausdrücklich als "Tester" bezeichnetes Parfum zum Verkauf angeboten. Jedenfalls der Durchschnittsverbraucher konnte dabei dem abgebildeten Flakon nicht entnehmen, dass es sich hierbei in Wahrheit nicht um einen Tester, sondern um ein zum regulären Verkauf bestimmtes Erzeugnis handelte. Die Internet-Werbung des Antragsgegnerin bezog sich damit ausdrücklich auf einen Tester und erfüllte für sich allein gesehen die Tatbestandsvoraussetzungen des Anbietens i.S.v. § 14 III Nr. 2 MarkenG. Ob die Antragsgegnerin fähig oder bereit war, die auf diese Weise - markenverletzend - angebotene Ware tatsächlich zu liefern, ist für die Beurteilung ohne Bedeutung (vgl. Ingerl/Rohnke aaO, Rdz. 188 zu § 14).

Der durch diese - nur die Benutzungsart "Anbieten" erfüllende - Verletzungshandlung begründete Unterlassungsanspruch umfasst auch alle anderen in § 14 III MarkenG genannten Benutzungsarten, da sich die Wiederholungsvermutung auf diese weiteren Benutzungsarten erstreckt (vgl. BGH GRUR 06, 421, 424 - Markenparfümverkäufe). Damit hat der Unterlassungsantrag auch hinsichtlich der Benutzungsarten "Einführen" und "Vertreiben" Erfolg, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf eine Erstbegehungsgefahr und die vom Landgericht daran geknüpften prozessualen Fragen ankommt.

Der vom Antragsgegnervertreter in der Senatsverhandlung erhobene Einwand, die Antragstellerin handele rechtsmissbräuchlich, weil sie nur gegen außerhalb ihrer Vertriebsorganisation tätige Händler vorgehe und keine effektiven Maßnahmen gegen ihre eigenen ungetreuen Depositäre ergreife, von denen jedenfalls ein Großteil der auf dem Markt befindlichen Parfumtester stammen müsse, greift ebenfalls nicht durch. Es kann dahinstehen, ob die Depositäre der Antragstellerin tatsächlich in erheblichem Umfang vertragswidrig Parfumtester in den Verkehr bringen und die Antragstellerin erfolgversprechende Vorkehrungen zur Unterbindung dieser Vertragsverstöße unterlässt. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte hierin ein missbräuchliches Vorgehen der Antragstellerin nur gesehen werden, wenn sich die Antragstellerin auf diese Weise ungerechtfertigte Vorteile zu Lasten der ihrer Vertriebsorganisation nicht angehörenden Dritthändler verschaffen würde. Es ist weder ersichtlich noch vom Antragsgegner dargetan worden, worin solche den Missbrauchsvorwurf begründenden Vorteile liegen sollten. Die Dritthändler haben es selbst in der Hand, auf Angebot und Vertrieb markenverletzender Parfumtester zu verzichten. Eine etwaige Verpflichtung der Antragstellerin, durch schärfere Kontrolle ihres eigenen Vertriebsbereichs derartige Möglichkeiten zur Markenverletzung gar nicht erst entstehen zu lassen, lässt sich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt begründen.

Bei der Fassung des Unterlassungstenors hat der Senat im Rahmen von § 938 ZPO klargestellt, dass das Verbot nur eingreift, soweit die mit der Verfügungsmarke versehenen Tester im Eigentum der Antragstellerin stehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.

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