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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: 6 U 25/04
Rechtsgebiete: PAngV, UWG


Vorschriften:

PAngV § 1 VI 1
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 6 II Nr. 5
1. Eine unlautere herabsetzende vergleichende Werbung kann gegeben sein, wenn ein Preisvergleich mit einem ironisch-abwertenden Seitenhieb verknüpft wird, der nicht die Preiswürdigkeit der verglichenen Angebote, sondern einen außerhalb des Vergleichs liegenden Vorwurf gegen den Konkurrenten betrifft.

2. Eine Werbung mit einem Minutenpreis für Gespräche vom Handy ins Festnetz muss die Angabe enthalten, dass der Kunde für die Inanspruchnahme der Leistung ein Prepaidkonto mit einem bestimmten Guthaben einrichten muss.


Gründe:

I.

Die Beklagte warb am 11.06.2003 mit der nachfolgend wiedergegebenen Anzeige (Anlage K 5 zur Klageschrift) für ihre Telefondienstleistungen.

(Es folgt eine Kopie von Bl. 94 d.A. - die Red.)

Die in der Anzeige als Mitbewerberin der Beklagten genannte Klägerin hat diese Anzeige unter verschiedenen Gesichtspunkten als wettbewerbswidrig beanstandet. Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), mit dem das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen hat.

Mit der - in der Senatsverhandlung teilweise, nämlich hinsichtlich des Klageantrages zu 2., zurückgenommenen - Berufung verfolgt die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren in dem aus den nachfolgend wiedergegebenen Klageanträgen ersichtlichen Umfang weiter. Beide Parteien wiederholen und vertiefen im Berufungsverfahren ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,-- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft - zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1. einen Vergleich mit den Tarifen der A mit der Angabe zu bewerben und/oder bewerben zu lassen:

".Na ... auch T-Aktionär?"

und/oder ... [Antrag zu 2) wurde zurückgenommen - die Red.]

3. Telefongespräche, bei denen die Verbraucher ein Prepaid-Konto eröffnen und ein Guthaben einzahlen müssen, unter Angabe von Preisen zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne darauf hinzuweisen, dass ein Prepaid-Konto eingerichtet und ein Guthaben eingezahlt werden muss, das dann abtelefoniert werden kann; wenn dies geschieht, wie mit dem als Anlage K 5 beigefügten Preisvergleich in der Zeitung "E" vom 11.06.2003.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat - soweit sie nicht zurückgenommen worden ist (Klageantrag zu 2.) - auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu, da die mit den Anträgen zu 1. und 3. beanstandeten Teile der Anzeige vom 11.06.2003 gegen die Vorschriften des UWG sowohl in der seinerzeit geltenden Fassung als auch in der heute geltenden Fassung verstoßen und auch die Bagatellgrenze des § 3 UWG n.F. überschritten ist; die Aktivlegitimation der Klägerin folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F.

1. Klageantrag zu 1.

Die Überschrift "Na ... auch T-Aktionär?" stellt sich in Verbindung mit dem in der Anzeige vorgenommenen Preisvergleich zwischen den Tarifen beider Parteien als herabsetzende vergleichende Werbung im Sinne von §§ 2 Abs. 2 Nr. 5 UWG a.F., 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG n.F. dar.

Die Aussage knüpft an die allgemein bekannte Tatsache an, dass viele Erwerber von Aktien der Klägerin nach dem eingetretenen Kursverfall erhebliche wirtschaftliche Nachteile erlitten haben. In Verbindung mit dem nachfolgenden - zu Lasten der Klägerin ausgehenden - Preisvergleich wird dem Leser in ironisch gemeinter Form nahegebracht, dass er sich als Telefonkunde der Klägerin ebenfalls in einer unvorteilhaften Position befinde, weil er überhöhte Tarife bezahlen müsse. Zwischen beiden Tatsachen besteht zwar erkennbar kein unmittelbarer Zusammenhang. Gleichwohl wird insoweit eine Parallele hergestellt, als der Eindruck entstehen soll, bei beiden Punkten handele es sich letztlich um die Auswirkungen mangelnder unternehmerischer Leistungsfähigkeit der Klägerin.

Damit wird gegen die Klägerin ein "Seitenhieb" gesetzt, der die durch § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG n.F. gezogenen Grenzen überschreitet. Zwar kann von einer Herabsetzung im Sinne dieser Vorschrift noch nicht die Rede sein, wenn die mit einem Preisvergleich notwendig verbundene negative Darstellung des Mitbewerbers zusätzlich mit ironischen Anklängen versehen wird, um Aufmerksamkeit für die Werbung zu erzielen (vgl. BGH WRP 01, 1441, 1445 - Preisgegenüberstellung im Schaufenster); insoweit enthält § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG n.F. nicht etwa ein Gebot der Wahl des "mildesten Mittels". Die Grenze zwischen "leiser Ironie und nicht hinnehmbarer Herabsetzung" (BGH a.a.O.) ist hier jedoch nach Auffassung des Senats schon deswegen überschritten, weil - wie bereits ausgeführt - die Telefontarife der Klägerin mit dem Aktienkurs des Unternehmens sachlich in keinem direkten Zusammenhang stehen. Der Preisvergleich wird daher nicht mit einem ironischen Stilmittel verdeutlicht oder auf den Punkt gebracht; vielmehr wird der Preisvergleich mit einem ironisch-abwertenden Zusatz verknüpft, der nicht die Preiswürdigkeit der verglichenen Tarife, sondern einen außerhalb des Vergleichs liegenden Vorwurf gegen den Konkurrenten betrifft.

Aus der Entscheidung "Lottoschein" des Bundesgerichtshofs (GRUR 02, 828) ergibt sich keine andere Beurteilung. Sie betraf zum einen keine vergleichende Werbung im Sinne von §§ 2 UWG a.F., 6 UWG n.F., sondern die pauschale Herabsetzung im allgemeinen (§ 1 UWG a.F.); zum anderen fehlte es dort gerade an einer Kritik, die an einen konkreten sachlichen Vorwurf - hier den Verfall des Aktienkurses - anknüpft.

Der Wettbewerb der Klägerin wird durch die in der Anzeige deutlich herausgestellte Herabsetzung auch mehr als nur unerheblich beeinträchtigt (§ 3 UWG n.F.).

Auf die weiteren Gesichtspunkte, mit denen die Klägerin den Klageantrag zu 1. zu begründen versucht, kommt es daher nicht an.

2. Klageantrag zu 3.

Die Beklagte wirbt in der Anzeige mit dem Minutenpreis für Gespräche vom Handy ins Festnetz, ohne darauf hinzuweisen, dass hierzu vom Kunden zunächst ein Guthaben in Höhe von mindestens 30,-- € auf ein Prepaid-Konto eingezahlt werden muss, welches sodann zu dem in der Werbung genannten Tarif abtelefoniert werden kann. Hierin liegt ein Verstoß gegen §§ 1 UWG a.F., 4 Nr. 11 UWG n.F. in Verbindung mit § 1 Abs. 1, Abs. 6 Preisangabenverordnung.

Da die Beklagte unter Angabe von Preisen wirbt, ist sie nach dem Grundsatz der Preisklarheit (§ 1 Abs. 6 Satz 1 Preisangabenverordnung) verpflichtet, neben dem Minutenpreis alle wesentlichen Informationen, die für die Einschätzung der mit dem beworbenen Angebot einhergehenden wirtschaftlichen Belastung von Bedeutung sind, bereits in der Werbung mitzuteilen (vgl. BGH WRP 99, 90, 93 - Handy für 0,00 DM). Zu diesen stets erforderlichen Zusatzinformationen gehören beispielsweise bei Netzkartenverträgen auch die Mindestumsätze, die zur Inanspruchnahme der beworbenen Tarife erreicht werden müssen (vgl. BGH a.a.O.). Im vorliegenden Fall stellt das Prepaid-Konto, auf welches der Kunde zunächst einen bestimmten Betrag einzahlen muss, der sodann abtelefoniert werden kann, der Sache nach einen solchen - wenn auch keiner zeitlichen Beschränkung unterliegenden - Mindestumsatz dar. Auch in dieser Form der Mindestumsatzverpflichtung liegt eine nicht unbedeutende wirtschaftliche Belastung für den Kunden, da sie etwa den Wechsel zu einem möglicherweise noch günstigeren Anbieter insofern erschwert, als sinnvollerweise zunächst das bei der Beklagten eingerichtete Guthaben abtelefoniert werden muss.

Der zu verlangende Hinweis auf das vorab einzuzahlende Gesprächsguthaben ist der Beklagten auch zumutbar. Dies gilt insbesondere, da die Beklagte nach der Fassung des Klageantrages lediglich mitzuteilen hat, dass überhaupt ein solches Guthaben einzurichten ist.

Im Hinblick auf das erhebliche Interesse der Verbraucher an klaren Preisangaben ist auch hier die Bagatellgrenze des § 3 UWG n.F. überschritten.

Damit kann dahinstehen, ob von der mit dem Klageantrag zu 3. beanstandeten Werbung auch die Gefahr einer Irreführung (§§ 3 UWG a.F., 5 UWG n.F.) ausgeht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor; die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der Anwendung der dargestellten, vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur vergleichenden Werbung und zum Prinzip der Preisklarheit auf den konkreten Einzelfall ab.

Ende der Entscheidung

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