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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 04.08.2005
Aktenzeichen: 6 U 33/00
Rechtsgebiete: MarkenG, UmwG


Vorschriften:

MarkenG § 5
MarkenG § 15
UmwG § 18
UmwG § 20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Die Klägerin betreibt seit 1984 - zunächst als GmbH mit dem Firmenschlagwort "HEI/X" und seit ihrer Umwandlung in eine Aktiengesellschaft zum 26.01.2000 unter der Firma "HEI/X AG" - ein EDV-Systemhaus, das im Bereich der Industrieplanung, der Beratung und der Schulung auf den im einzelnen in der Klageschrift (Seite 4) aufgezählten Geschäftsfeldern tätig ist. Die Klägerin ist Inhaberin der am 13.07.1991 angemeldeten und am 17.12.1991 eingetragenen deutschen Wortmarke "HEI/X" für Computer, Unternehmensberatung und weitere Waren und Dienstleistungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den als Anlage K 14 (Bl. 126 d.A.) vorgelegten Registerauszug verwiesen. Ferner hat die Klägerin am 14.04.1998 die Bezeichnung "HEI/X" zur Eintragung als Gemeinschaftsmarke angemeldet (Anlage K 15 / Bl. 127 d.A.).

Die Beklagte zu 1) betreibt ebenfalls ein Systemhaus. Sie befaßt sich mit der Entwicklung und dem Vertrieb EDV-gestützter Lösungen und Systeme, vor allem für technische Anwendungsbereiche, und bietet damit verbundene Dienstleistungen an. Die Beklagte zu 1) wurde am 01.12.1998 in das Handelsregister eingetragen. Zuvor bestand seit 1989 die HAI/Y Gesellschaft für A mbH ("HAI/Y I"). Als deren Tochtergesellschaft wurde im Jahr 1993 die HAI/Y Gesellschaft für B mbH ("HAI/Y II") gegründet, die 1997 umfirmierte in HAI/Y Gesellschaft für C mbH. Durch Verschmelzungsvertrag vom 26.01.1998 wurde die "HAI/Y I" von der HAI/Y Gesellschaft für C mbH ( "HAI/Y II" ) übernommen. Am 15.10.1998 wurde die Beklagte zu 1) gegründet (Anlage K 5 / Bl. 67 ff. d.A.). Durch Verschmelzungsvertrag vom 11.03.1999 (Anlage K 8 / Bl. 90 ff. d.A.) wurde sodann die HAI/Y Gesellschaft für C mbH von der Beklagten zu 1) - zum Stichtag 31.12.1998 - übernommen. Die Beklagten zu 2-4 gehörten bei Klageerhebung dem Vorstand der Beklagten zu 1) an.

Die Klägerin mahnte die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten zu 1) wegen der Verwendung des Firmenbestandteils "HAI/Y" seit 1990 mehrfach ab.

Die erste Abmahnung erfolgte durch ein Anwaltsschreiben der Klägerin vom 28.06.1990 (Anlage K 21 / Bl. 155 ff. d.A.), in dem die angeschriebene Firma als "HAI/Y GmbH" bezeichnet wurde. Darauf antwortete die HAI/Y Gesellschaft für A mbH ("HAI/Y I") mit Schreiben vom 04.07.1990 (Anlage K 22 / Bl. 159 f. d.A.) und lehnte eine Unterlassungserklärung ab. Die Klägerin unternahm danach zunächst keine weiteren Schritte.

Mit Anwaltschreiben vom 06.12.1994 (Anlage K 24 / Bl. 163 ff. d.A.) mahnte sie die Firma HAI/Y Gesellschaft für A mbH ("HAI/Y I") erneut ab. Die abgemahnte Firma gab wiederum keine Unterwerfungserklärung ab und die Klägerin ließ die Sache nochmals einstweilen auf sich beruhen.

Mit Anwaltsschreiben vom 08.10.1996 (Anlage K 25 / Bl. 166 f. d.A.) wandte sich die Klägerin mit einer Berechtigungsanfrage an die Firma "Hai/Y GmbH B" ("HAI/Y II"). Ein gleichlautendes Schreiben richtete sie an die Firma ....R.-HAI/Y (Anlage K 26 / Bl. 168 f. d.A.). Für die HAI/Y-Firmengruppe folgte darauf das patentanwaltliche Schreiben vom 22.10.1996 (Anlage K 27 / Bl. 170 ff. d.A.), in dem eine Verwechslungsgefahr in Abrede gestellt und in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen wurde, daß die Mandantin ihren Firmennamen regelmäßig in Verbindung mit einem Haifisch-Logo gemäß der deutschen Wort-/Bildmarke ... benutze. Ferner wurde der vorangegangene Schriftverkehr unter Hinweis auf § 21 MarkenG angesprochen. Daraufhin ließ die Klägerin unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 22.10.1996 unter dem 12.03.1997 mitteilen, daß sich die Angelegenheit nunmehr endgültig erledigt habe (Anlage K 28 / Bl. 173 d.A.).

Mit Anwaltsschreiben vom 11.06.1999 (Anlage K 20 / Bl. 148 ff. d.A.) hat die Klägerin nunmehr die Beklagte zu 1) abgemahnt und sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

Die Klägerin hat die Beklagten wegen der Benutzung des Zeichens "HAI/Y" auf Unterlassung, Firmenlöschung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung in Anspruch genommen. Hierbei hat sich die Klägerin auf ihre Unternehmensbezeichnung, ihre Marke und ihr Namensrecht sowie auf §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB, § 37 Abs. 2 HGB und §§ 1, 3 UWG (a.F.) gestützt.

Die Klägerin hat vorgetragen, zwischen den hier maßgebenden Zeichen bzw. Zeichenbestandteilen "HEI/X" und "HAI/Y" bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit und in klanglicher Hinsicht Übereinstimmung.

Weiter hat die Klägerin geltend gemacht, ihr Firmenschlagwort sei überaus kennzeichnungskräftig. Hierzu hat sie vorgetragen, die Bezeichnung "HEI/X" sei aus den ersten drei Buchstaben des Namens ihres Geschäftsführers (Hei...) und den ersten drei Buchstaben des Wortes "Technik" gebildet worden, woraus bereits ein phantasievoller Überschuß folge. In phonetischer Hinsicht ergebe sich eine - von der Klägerin auch gewollte - Assoziation mit dem geläufigen englischen Begriff "high tech...", der auf hochwertige Technik hinweise. Im Schriftbild wirke gerade die "deutsche", an den Namen "Hei..." angelehnte, Schreibweise der ersten Silbe originell. Außerdem habe die Unternehmensbezeichnung "HEI/X" infolge der Größe und Bekanntheit des Unternehmens der Klägerin Verkehrsgeltung erlangt.

Des weiteren hat die Klägerin vorgetragen, die Unternehmensbereiche der Klägerin und der Beklagten zu 1) seien in den überwiegenden Teilen identisch und lägen ansonsten nahe beieinander. Die Parteien böten gleichartige bzw. einander nahestehende Waren und Dienstleistungen an. Überschneidungen bestünden insbesondere auf den Geschäftsfeldern Hardware, Software, Network-Computing, CAE-Lösungen, Systemintegration, Konstruktions- und NC- Programmierungsservice, Outsourcing sowie Schulungen. Auch markenrechtlich bestehe Verwechslungsgefahr. Zudem sei die Marke der Klägerin als bekannte Marke zu qualifizieren. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte zu 1) könne als neu gegründete juristische Person mit neuer Firmierung sich nicht unter Hinweis auf das frühere Verhalten der Klägerin gegenüber anderen HAI/Y-Firmen auf Verwirkung berufen. Die Verschmelzung der Beklagten zu 1) mit der HAI/Y Gesellschaft für C mbH ändere nichts, da die Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 20 Abs. 1 UmwG Firmenrechte und damit zusammenhängende Rechtspositionen nicht umfasse. Auch sei der - von den Beklagten behauptete - schutzwürdige Besitzstand nicht übertragbar. Im übrigen sei gerade seit der Existenz der Beklagten zu 1) und der Berichterstattung im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Börsengang der Beklagten zu 1) die Verwechslungsgefahr evident geworden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, bei der Beklagten zu vollziehen an deren jeweiligen Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung des auf den Vertrieb und Herstellung von Network-Computing, CAE-Lösungen, Systemintegration, Hardware, e-business sowie Services, insbesondere Consulting, Planung, Installation, Wartung, Systemservice, Konstruktions- und NC- Programmierungsservice, Outsourcing und Schulungen gerichteten Unternehmens die Bezeichnung "HAI/Y AG" zu benutzen oder benutzen zu lassen,

2.

in die Löschung des Firmenbestandteils "HAI/Y" in der Firma der Beklagten zu 1) einzuwilligen,

3.

der Klägerin über den Umfang der vorstehend unter 1. bezeichneten Handlungen ab 15.10.1998 Rechnung zu legen unter Angabe des erzielten Umsatzes sowie der Art und des Umfangs betriebener Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern und Werbemitteln, der Stückzahl, den Verteilungs- und Erscheinungsdaten für die einzelnen Kalendervierteljahre,

4.

der Klägerin ab 15.10.1998 Auskunft über den Vertrieb der unter der Bezeichnung "HAI/Y" und/oder der Firma "HAI/Y AG" vertriebenen Waren / Dienstleistungen, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und deren Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie unter Angabe der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren bzw. zur Verfügung gestellten Dienstleistungen zu erteilen,

5.

festzustellen, daß die Beklagten gesamtverbindlich verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr aus den vorstehend unter 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftighin entstehen wird.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben das Bestehen einer Verwechslungsgefahr in Abrede gestellt. Der Schutzbereich des Firmenbestandteils und der Marke "HEI/X" sei, soweit überhaupt Schutzfähigkeit gegeben sei, aufgrund der phonetischen Anlehnung an die beschreibende Angabe "High-Tech" sehr eng und beschränke sich auf eine identische Verwendung des Begriffs "HEI/X". Im übrigen seien die Parteien zwar in der EDV-Technik auf benachbarten Geschäftsfeldern tätig, ein unmittelbares Konkurrenzverhältnis bestehe aber nicht.

Weiter haben die Beklagten Verwirkung eingewandt und darauf verwiesen, es sei der Klägerin seit Sommer 1990 bekannt, daß die Beklagte zu 1) bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen unter dem Firmenschlagwort "HAI/Y" aufträten, das sie regelmäßig in Verbindung mit der bildlichen Darstellung eines Haifisches verwendeten. In dieser Zeit hätten die Beklagte zu 1) und ihre Rechtsvorgängerinnen einen außerordentlich wertvollen Besitzstand geschaffen. So sei der Umsatz ihres Unternehmens nach hohen Wachstumsraten bis 1998 europaweit auf über 100 Mio. DM angestiegen. Dem Verwirkungseinwand stehe die mit der Gründung der Beklagten zu 1) verbundene konzerninterne Neustrukturierung nicht entgegen. Die Beklagte zu 1) sei nicht zur Eröffnung eines neuen Wirtschaftsunternehmens gegründet worden, sondern ausschließlich aus Gründen rechtstechnischer Gestaltung im Hinblick auf die beabsichtigte Verschmelzung und geplante Börseneinführung. Der Gegenstand des durchgängig unter "HAI/Y" bekannten Unternehmens habe sich nicht geändert. Im übrigen müsse eine Einigung über die Fortführung einer Firma oder die Übernahme eines Firmenschlagworts nicht in den Verschmelzungsvertrag aufgenommen werden und sie bedürfe auch nicht der für ihn vorgeschriebenen Form. Schließlich haben die Beklagten die Ansicht vertreten, aus dem Schreiben der Klägerin vom 12.03.1997 ergebe sich sogar ein rechtsgeschäftlicher Verzicht auf die jetzt geltend gemachten Ansprüche.

Mit Urteil vom 12.01.2000 (Bl. 285 ff. d.A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen, da etwaige Ansprüche jedenfalls verwirkt seien. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Die Klägerin beanstandet, daß das Landgericht die Voraussetzungen für eine Verwirkung zu Unrecht bejaht habe. Eine Verwirkung nach § 21 MarkenG scheide schon deshalb aus, weil die dort normierte fünfjährige Duldungsfrist gemäß § 153 Abs. 2 MarkenG erst am 01.01.1995 begonnen habe und somit bei Klageerhebung noch nicht beendet gewesen sei. Aber auch eine Verwirkung nach allgemeinen Grundsätzen ( § 242 BGB) sei zu verneinen. Die insoweit vorzunehmende Interessenabwägung müsse zugunsten der Klägerin ausfallen. Es fehle bereits an einem schutzwürdigen Besitzstand der Beklagten zu 1), da die Firma der von der Beklagten zu 1) nach ihrer Gründung übernommenen Gesellschaft gerade nicht auf die Beklagte zu 1) übergegangen, sondern endgültig erloschen sei. Eine Übernahme firmenrechtlicher Positionen sei, wie sich aus dem Verschmelzungsvertrag ergebe, nicht vereinbart worden. Auch habe die Beklagte zu 1) von ihrem Recht auf Firmenfortführung gemäß § 18 UmwG keinen Gebrauch gemacht. Im übrigen sei der den Verwirkungseinwand begründende schutzwürdige Besitzstand ohnehin unübertragbar. Des weiteren habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, daß eine Verwirkung kein Ausdehnungsrecht des Verletzers gegenüber dem prioritätsälteren Kennzeichen begründe. Daher sei zumindest der Löschungsantrag begründet. Schließlich nimmt die Klägerin im einzelnen zu dem Schriftverkehr Stellung, auf den die Gegenseite ihren Verwirkungseinwand stützt. Insoweit wird auf die Seiten 11-13 (Bl. 338 ff. d.A.) der Berufungsbegründung sowie auf die Seite 10-13 und 27-30 (Bl. 558 ff., 575 ff. d.A.) des Schriftsatzes der Klägerin vom 17.03.2004 verwiesen.

Die Klägerin hat ein Rechtsgutachten von Herrn Prof. Dr. D vorgelegt (Bl. 500 ff. d.A.) und auf dessen Inhalt Bezug genommen. Außerdem wiederholt sie ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Nachdem die Beklagten zu 2) bis 4) zwischenzeitlich aus dem Vorstand der Beklagten zu 1) ausgeschieden sind, haben die Klägerin und die Beklagten zu 2) bis 4) den zwischen ihnen anhängigen Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu 1) zu verurteilen,

1.

es bei Meidung für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, bei der Beklagten zu 1) zu vollziehen an deren jeweiligen Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung des auf den Vertrieb und Herstellung von Network-Computing, CAE-Lösungen, Systemintegration, Hardware, e-business sowie Services, insbesondere Consulting, Planung, Installation, Wartung, Systemservices, Konstruktions- und NC- Programmierungsservice, Outsourcing und Schulungen sowie Software gerichteten Unternehmens die Bezeichnung "HAI/Y AG" zu benutzen oder benutzen zu lassen,

2.

in die Löschung des Firmenbestandteils "HAI/Y AG" in der Firma der Beklagten zu 1) einzuwilligen,

3.

der Klägerin über den Umfang der vorstehend unter 1. bezeichneten Handlungen ab 15.10.1998 Rechnung zu legen unter Angabe des erzielten Umsatzes sowie der Art und des Umfangs betriebener Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern und Werbemitteln, der Stückzahl, den Verteilungs- und Erscheinungsdaten für die einzelnen Kalendervierteljahre,

4.

der Klägerin ab 15.10.1998 Auskunft über den Vertrieb der unter der Bezeichnung "HAI/Y" und/oder der Firma "HAI/Y AG" vertriebenen Waren / Dienstleistungen, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und deren Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie unter Angabe der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren bzw. zur Verfügung gestellten Dienstleistungen zu erteilen,

5.

festzustellen, daß die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr aus den vorstehend unter 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftighin entstehen wird.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Zur Frage der Verwechslungsgefahr bezieht sich die Beklagte zu 1) auf eine inzwischen ergangene Entscheidung des HABM vom 09.09.2003 (Anlage B 2 / Bl. 431 ff. d.A.). Mit dieser Entscheidung ist die Beschwerde der Beklagten zu 1) gegen die Zurückweisung ihres Widerspruchs gegen die Eintragung der Gemeinschaftsmarke (Wortmarke) "HEI/X" der Klägerin, den die Beklagte zu 1) auf ihre Bildmarke Nr. ... "HAI/Y" gestützt hatte, zurückgewiesen worden.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin stehen die auf ihre Unternehmensbezeichnung gestützten Unterlassungsansprüche gemäß §§ 5, 15 Abs. 2, 4 MarkenG schon deshalb nicht zu, weil im Hinblick auf die einander gegenüberstehenden Zeichen "HEI/X" und "HAI/Y" keine Verwechslungsgefahr besteht.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände vorzunehmen. Hierbei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen, der Kennzeichnungskraft des Kennzeichens der Klägerin und dem wirtschaftlichen Abstand der Tätigkeitsgebiete der Parteien (vgl. BGH, WRP 2005, 97, 98 - CompuNet/ComNet II m.w.N.).

Zugunsten der Klägerin kann vorliegend von einer zwischen den Parteien bestehenden Branchennähe bzw. teilweiser Branchenidentität ausgegangen werden. Die Kennzeichnungskraft der Geschäftsbezeichnung "HEI/X" ist mit Rücksicht auf ihre langjährige intensive Benutzung trotz der für den Verkehr offenkundigen Anlehnung an den für die angebotenen Waren und Dienstleistungen beschreibenden und allgemein geläufigen Begriff "High Tech" als durchschnittlich anzusehen. Auch in dem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten wurde von einer - zumindest - normalen Kennzeichnungskraft ausgegangen (Bl. 524 d.A.).

Es besteht jedoch keine im Ergebnis für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichende Zeichenähnlichkeit.

Auf die Zeichenähnlichkeit bzw. -identität in klanglicher Hinsicht kann insoweit nicht abgestellt werden. Die Bezeichnung "HEI/X" stimmt im Klangbild mit dem Begriff "High Tech" überein, der für ein in einem hochtechnologischen Bereich tätiges Unternehmen beschreibend wirkt und für den in diesem Bereich außerdem ein Freihaltebedürfnis besteht. Originäre Kennzeichnungskraft kommt der Bezeichnung "HEI/X" daher nur hinsichtlich des Schriftbildes, nicht aber in klanglicher Hinsicht zu. Der Erwerb einer auch klanglichen Kennzeichnungskraft durch Verkehrsgeltung mag zwar trotz eines bestehenden Freihaltebedürfnisses grundsätzlich möglich sein. Insoweit sind jedoch hohe Anforderungen an die Bekanntheit der Geschäftsbezeichnung zu stellen (vgl. Ingerl / Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, § 5 Rdnr. 51 m.w.N.). Die Klägerin hat zwar in allgemeiner Form behauptet, die Unternehmensbezeichnung "HEI/X" habe Verkehrsgeltung erlangt. Sie hat hierzu aber keinen konkreten Vortrag unterbreitet, auf dessen Grundlage ermittelt werden könnte, ob der hier erforderliche - hohe - Zuordnungsgrad im Kollisionszeitpunkt erreicht war.

Die Auffassung der Klägerin, die Schutzfähigkeit ihrer Geschäftsbezeichnung werde durch die Nähe zu der freihaltebedürftigen Angabe "High Tech" nicht berührt, da dem Freihaltebedürfnis über § 23 MarkenG Rechnung getragen werden könne, teilt der Senat nicht. Vielmehr ist bereits der Schutzumfang eng zu bemessen, und zwar nach Maßgabe der Eigenprägung und Unterscheidungskraft, die dem Zeichen - trotz seiner Anlehnung an die freizuhaltende Angabe - seine Schutzfähigkeit verleiht (vgl. BGH, WRP 2003, 1353. 1355 - AntiVir/AntiVirus - zu § 14 MarkenG).

Eine begriffliche Ähnlichkeit bzw. Übereinstimmung der einander gegenüberstehenden Zeichen besteht insofern, als der angesprochene Verkehr jeweils, auch wenn ihm das betreffende Zeichen in schriftbildlicher Form begegnet, den geläufigen Begriff "High Tech" assoziieren wird. Auch hierauf kann aber aus den soeben dargelegten Gründen die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht gestützt werden.

Die in schriftbildlicher Hinsicht bestehende Zeichenähnlichkeit ist nach den Umständen des vorliegenden Falles zu gering, um im Ergebnis eine Verwechslungsgefahr zu begründen. Allerdings weichen die, jeweils aus Großbuchstaben gebildeten, Zeichen nur in einem einzigen Buchstaben voneinander ab, der nicht der Anfangsbuchstabe ist und bei dem es sich jeweils um einen Vokal handelt. Zu berücksichtigen ist jedoch, daß der Verkehr gerade durch die Anlehnung an den geläufigen Begriff "High Tech" dazu angehalten wird, auf geringe Unterschiede in der Schreibweise zu achten. Die Bezeichnung "HEI/X" wirkt wie die eingedeutschte Schreibung der englischen Wortfolge "High Tech". Die angegriffene Bezeichnung "HAI/Y" weicht hiervon schon insofern signifikant ab, als ein im Englischen wie "ei" ausgesprochener Vokal bei phonetischer Umsetzung in die deutsche Schreibweise nicht mit "ai" wiedergegeben zu werden pflegt. Sofern Teile des Verkehrs die erste Silbe der Bezeichnung "HEI/X" mit dem Namen des Geschäftsführers bzw. jetzigen Vorstandsvorsitzenden der Klägerin in Verbindung bringen, hat der Unterschied zwischen "E" und "A" ebenfalls eine wesentliche, einer Verwechslungsgefahr entgegenwirkende, Bedeutung.

Vor allem aber verbindet sich mit der ersten Silbe "HAI -" des angegriffenen Kennzeichens die Vorstellung eines allgemein bekannten Raubfischs, der im übertragenen Sinne auch in Wortbildungen und Redewendungen eine Rolle spielt, die in der Alltagssprache im Zusammenhang mit Phänomenen des Geschäftslebens Verwendung finden. Die Einbeziehung des Wortes Hai(fisch) in die angegriffene Geschäftsbezeichnung wird dem Verkehr noch zusätzlich dadurch nahegebracht, daß die Beklagte ihre Geschäftsbezeichnung in der Regel in Verbindung mit ihrem markenrechtlich geschützten Hai-Logo verwendet, sofern eine solche bildliche Ergänzung möglich und passend erscheint - also nicht bei der im Handelsregister eingetragenen Firma, bei Domain-Namen und innerhalb von Fließtexten.

Der mit der ersten Silbe "HAI" verbundene Aussagegehalt, der für den Verkehr neben dem Anklang der Gesamtbezeichnung an den Begriff "High Tech" sofort deutlich wird, erleichtert ganz erheblich die Erfassung der schriftbildlichen Abweichung gegenüber der Unternehmensbezeichnung der Klägerin (vgl. auch BGH, GRUR 1992, 130, 132 - Bally/BALL). Auch wird der - oft undeutliche - Erinnerungseindruck an die Einzelheiten und die Schreibweise einer Bezeichnung hier durch den Sinngehalt des Bestandteils "HAI", der sich in der Bezeichnung der Klägerin nicht in ähnlicher Form wiederfindet, maßgeblich gestützt.

Danach ist nach der Auffassung des Senats eine Verwechslungsgefahr bei zusammenfassender Würdigung der maßgebenden Faktoren zu verneinen, auch wenn insoweit ein Grenzfall vorliegen mag.

Auch auf ihre eingetragene Marke, die durchschnittliche Kennzeichnungskraft besitzt, kann die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch nicht erfolgreich stützen. Unabhängig von Fragen der Priorität scheitert ein Anspruch aus §§ 4, 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG aus den zuvor dargelegten Gründen jedenfalls an der fehlenden markenrechtlichen Verwechslungsgefahr. Ein auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG gestützter Anspruch scheidet schon deshalb aus, weil es sich bei der Klagemarke nicht um eine bekannte Marke handelt. Die Klägerin hat keine Umstände dargelegt, die zur Annahme einer Bekanntheit im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG führen können. Davon abgesehen fehlt es auch insoweit an einer hinreichenden Zeichenähnlichkeit.

Des weiteren ergibt sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht aus § 12 BGB oder aus wettbewerbsrechtlichen und deliktsrechtlichen Vorschriften. Besondere Umstände, die eine Anwendbarkeit dieser Anspruchsgrundlagen neben den hier einschlägigen und in ihrem Anwendungsbereich grundsätzlich vorrangigen Bestimmungen des Markengesetzes begründen könnten, liegen nicht vor.

Ein Unterlassungsanspruch aus § 37 Abs. 2 HGB besteht nicht, da kein unbefugter Firmengebrauch vorliegt. Insbesondere kann der Beklagten ein Verstoß gegen das Unterscheidbarkeitsgebot gemäß § 30 Abs. 1 HGB schon deswegen nicht angelastet werden, da die Unternehmen der Parteien nicht an demselben Ort oder in derselben Gemeinde bestehen.

Aus den Gründen, die einem Unterlassungsanspruch entgegenstehen, sind auch die weiteren, auf Firmenlöschung, Auskunft und Schadensersatz gerichteten Ansprüche der Klägerin unbegründet.

Unabhängig von den bisherigen Ausführungen hat die Berufung auch deshalb keinen Erfolg, weil das Landgericht mit Recht angenommen hat, daß etwaige Ansprüche der Klägerin verwirkt sind.

Der Klägerin ist zuzugeben, daß die Voraussetzungen für eine Anspruchsverwirkung gemäß § 21 Abs. 2 MarkenG nicht vorliegen. Die Klageansprüche sind jedoch nach den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben ( § 242 BGB) verwirkt. Die allgemeinen Verwirkungsgrundsätze bleiben gemäß § 21 Abs. 4 MarkenG neben den speziellen markenrechtlichen Vorschriften jedenfalls dann anwendbar, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Duldungszeitraum schon vor dem 01.01.1995 begonnen hatte. Im übrigen ergibt sich die Anwendbarkeit der allgemeinen Verwirkungsgrundsätze hier auch daraus, daß außer der bloßen Duldung über einen bestimmten Zeitraum hinweg weitere Umstände vorliegen, die einen Vertrauensschutz nahelegen (vgl. Urteil des Senats, GRUR-RR 2003, 69, 70 - BranchenKompass).

Nach den allgemeinen, auf dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) beruhenden Grundsätzen kommt Verwirkung in Betracht, wenn der Rechtsinhaber über einen längeren Zeitraum untätig geblieben ist, obwohl er den Verstoß gegen seine Rechte kannte oder bei der gebotenen Wahrung seiner Interessen kennen mußte, so daß der Verletzer mit der Duldung seines Verhaltens durch etwaige Berechtigte rechnen durfte. Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs setzt die Verwirkung voraus, daß bei dem Verletzer infolge eines längerdauernden ungestörten Gebrauchs der angegriffenen Bezeichnung ein schutzwürdiger Besitzstand entstanden ist, der ihm nach Treu und Glauben erhalten bleiben soll, weil er aufgrund des Verhaltens des Rechtsinhabers darauf vertrauen konnte, dieser dulde die Verwendung des Zeichens. Die genannten Voraussetzungen stehen miteinander in Wechselwirkung. Es kommt darauf an, ob unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage und aller Gesamtumstände Treu und Glauben dem Gläubiger die Verfolgung des Anspruchs verwehren, mit dessen Geltendmachung der Schuldner nicht mehr rechnen mußte (vgl. BGH, GRUR 1998, 1034, 1037 - Makalu; WRP 2001, 416, 418 - Temperaturwächter; WRP 2001, 1207, 1211 - CompuNet/ComNet; WRP 2004, 1043, 1046 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).

Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall Verwirkung eingetreten.

Der Beklagten zu 1) kommen in diesem Zusammenhang auch der auf die Firmen HAI/Y Gesellschaft für A mbH ("HAI/Y I") und HAI/Y Gesellschaft für B mbH (nach Umfirmierung: HAI/Y Gesellschaft für C mbH / "HAI/Y II") entfallende Duldungszeitraum und der in dieser Zeit von den beiden Unternehmen unter der Bezeichnung "HAI/Y" erworbene Besitzstand zugute.

Die Beklagte zu 1) ist Rechtsnachfolgerin der beiden genannten Unternehmen, da zunächst durch Verschmelzungsvertrag vom 26.01.1998 das Unternehmen "HAI/Y I" von dem Unternehmen "HAI/Y II" und dieses sodann durch Verschmelzungsvertrag vom 11.03.1999 von der Beklagten zu 1) übernommen wurde.

Im Falle einer Rechtsnachfolge, die wie hier die Fortführung eines Unternehmens durch einen anderen Rechtsträger umfaßt, ist bei der Bestimmung des Verwirkungszeitraums auch die Zeit einzubeziehen, innerhalb derer der Rechtsvorgänger des Verletzers diejenige Kennzeichnung benutzt hat, gegen deren Benutzung durch den Verletzer sich der Inhaber älterer Rechte nunmehr wendet (vgl. BGH, GRUR 1981, 60, 62 - Sitex; Ingerl / Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, § 21 Rdnr. 30). Die für den Rechtsvorgänger aufgelaufene Zeitdauer und der von ihm erworbene Besitzstand kommen somit - soweit damit keine relevante Ausdehnung der Kennzeichenbenutzung verbunden ist (vgl. dazu BGH, GRUR 1981, 66, 68 - MAN/G-man) - dem Rechtsnachfolger zugute. Eine entsprechende Zurechnung kann sogar dann erfolgen, wenn keine Rechtsnachfolge im eigentlichen Sinne, sondern nur eine damit vergleichbare Situation vorliegt; so ist der Verwirkungseinwand u.a. einem Betriebspächter, einer Komplementär-GmbH und einer Konzerntochter als Repräsentantin ihrer Muttergesellschaft zugebilligt worden (vgl. BGH, GRUR 1969, 694, 697 - Brillant; GRUR 1981, 60, 63 - Sitex; GRUR 1998, 1034, 1037 - Makalu).

Der eben dargelegten Einschätzung steht nicht entgegen, daß der Verwirkungseinwand bzw. der ihn tragende schutzwürdige Besitzstand anerkanntermaßen nicht isoliert, gleichsam als eigenständiges Abwehrrecht, übertragen oder lizenziert werden kann. Der Verwirkungseinwand ist untrennbar auf den ihn begründenden Sachverhalt bezogen. Eben diese Verbindung bleibt aber in dem - hier vorliegenden - Fall der Übertragung eines Unternehmens (oder Unternehmensbereichs), für das die betreffende Bezeichnung verwendet wurde, bestehen.

Auch die Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes, insbesondere §§ 18, 20 UmwG, führen entgegen der Auffassung der Klägerin zu keinem anderen Ergebnis. Vor allem sind die aus der älteren Rechtsprechung (vgl. BGH, GRUR 1969, 694, 697 - Brillant; GRUR 1981, 60, 62 f. - Sitex) ableitbaren Grundsätze durch das Inkrafttreten des Umwandlungsgesetzes im Jahre 1994 nicht hinfällig geworden.

In § 20 UmwG ist der Übergang des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger geregelt. Dieser Vermögensübergang, der als Folge der Verschmelzung und ihrer Eintragung in das Register ipso iure eintritt, erfaßt zwar unter anderem auch Markenrechte (vgl. Schmitt / Hörtnagl / Stratz, Umwandlungsgesetz, 3. Auflage, § 20 Rdnr. 67), naturgemäß aber nicht die Firma des übertragenden Unternehmens, da Namen und Firmen mit dem Untergang des Namensträgers grundsätzlich erlöschen. Damit ist indessen nicht gesagt, daß ein übernehmendes Unternehmen, das in formal zulässiger Weise eine Geschäftsbezeichnung führt, die mit einem Unternehmenskennzeichen des übernommenen Unternehmens übereinstimmt, nicht die insoweit bestehenden Schutzrechte bzw. Schutzpositionen des übernommenen Unternehmens erwerben würde.

Die Vorschrift des § 18 UmwG räumt dem übernehmenden Rechtsträger das Recht ein, die Firma des übertragenden Rechtsträgers fortzuführen, und ist insoweit - im Hinblick auf eine etwaige Firmenfortführung - gegenüber § 20 UmwG die speziellere Norm. Im vorliegenden Fall kommt diese Bestimmung aber schon deshalb nicht zum Tragen, weil die Beklagte zu 1) die Firma, die sie bereits vor der Verschmelzung in ordnungsgemäßer Weise führte, beibehalten hat. Der Einwand der Klägerin, die Beklagte zu 1) habe von ihrem Recht zur Firmenfortführung gemäß § 18 UmwG keinen Gebrauch gemacht, geht fehl. Wenn das übernehmende Unternehmen seine schon vor der Verschmelzung geführte Firma beibehalten will, ist für eine Entschließung nach § 18 UmwG ersichtlich kein Raum. Dementsprechend bedarf die Übernahme von Rechtspositionen, die mit einer geschäftlichen Bezeichnung verknüpft sind, die das übernommene und das übernehmende Unternehmen von vornherein gemeinsam hatten, keiner Erklärung gemäß § 18 UmwG.

Danach haben die firmenrechtsbezogenen Regelungen des UmwG keinen maßgebenden Einfluß auf die hier allein entscheidende Frage, ob dem Rechtsnachfolger, der eine von dem Rechtsvorgänger bereits benutzte Bezeichnung führt, die für den Rechtsvorgänger aufgelaufene Zeitdauer und der von ihm erworbene Besitzstand zugute kommen. In dieser Frage bleibt es vielmehr bei den oben bereits dargestellten Grundsätzen, die ihre Rechtfertigung darin finden, daß aus der Sicht des Prioritätsjüngeren der schützenswerte Besitzstand auch die Möglichkeit der Veräußerung oder sonstigen Übertragung des Geschäftsbetriebs einschließen muß, da andernfalls im Moment der Übertragung gerade diese Werte wieder vernichtet würden, und daß andererseits der Prioritätsältere, der die Verwirkung hat eintreten lassen, nicht durch den aus seiner Sicht zufälligen Veräußerungs- bzw. Übertragungsvorgang begünstigt werden sollte (vgl. Ingerl / Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, § 21 Rdnr. 30). Für eine Übertragung im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme gilt nichts anderes, zumal eine möglichst ungeschmälerte Erhaltung von Vermögenswerten den Zwecken des UmwG entspricht.

Ferner ist folgendes zu berücksichtigen: Die Beklagte zu 1) konnte vor der Verschmelzung die im Einvernehmen mit den konzernverbundenen Unternehmen "HAI/Y I" und "HAI/Y II" als Firmenschlagwort geführte Unternehmensbezeichnung "HAI/Y" gegen etwaige Angriffe Dritter in entsprechender Anwendung von § 986 Abs. 1 BGB unter Rückgriff auf die Prioritätsstellung der anderen Konzernunternehmen verteidigen (vgl. Ingerl / Rohnke, MarkenG, 2. Auflage, § 14 Rdnr. 26 f. und vor § 27 Rdnr. 9). Ihre diesbezügliche Position hätte sich durch die Unternehmensübernahme verschlechtert, wenn die Auffassung der Klägerin zu den kennzeichenrechtlichen Folgen der Verschmelzung zuträfe. Das wäre ersichtlich nicht sachgerecht.

Der Eintritt der Verwirkung ergibt sich im einzelnen aus den nachfolgend dargelegten Umständen.

Der Klägerin wurde im Jahr 1990 bekannt, daß die HAI/Y Gesellschaft für A mbH ("HAI/Y I") die Bezeichnung "HAI/Y" als Firmenschlagwort führte. Dementsprechend bezeichnete sie dieses Unternehmen in ihrem Abmahnschreiben vom 28.06.1990 als "HAI/Y GmbH". In ihrem Antwortschreiben vom 04.07.1990 wies die HAI/Y Gesellschaft für A mbH zwar auf ihre vollständige Firma hin. Sie stellte aber nicht in Abrede, "HAI/Y" als Firmenschlagwort zu verwenden. Außerdem ergab sich dies aus dem Briefkopf des Schreibens, in dem der Bestandteil "HAI/Y" in der Firmenbezeichnung sehr deutlich hervorgehoben wird.

Durch eine Abmahnung kann hinsichtlich des Duldungszeitraums eine Zäsur eintreten. Erhebt der Verletzte bei Erfolglosigkeit der Abmahnung alsbald Klage, so kommt es nur auf den vor der Abmahnung verstrichenen Zeitraum an; genügt dieser nicht, um den Verwirkungseinwand zu begründen, so bleibt der Duldungszeitraum insgesamt ohne nachteilige Folgen für den Verletzten.

Bleibt der Verletzte nach Zurückweisung der Abmahnung jedoch erneut längere Zeit untätig, so kann dies unter ergänzender Berücksichtigung der schon vor der Abmahnung verstrichenen (für sich allein nicht ausreichenden) Zeitspanne für die Annahme der Verwirkung genügen. Der Verletzte muß die weitere Anspruchsdurchsetzung in angemessener Frist betreiben. Denn der Verletzer darf davon ausgehen, daß der Verletzte alsbald weiter gegen ihn vorgehen wird, wenn er sich mit der Zurückweisung der Abmahnung nicht zufriedengeben und die angegriffene Bezeichnung nicht tolerieren will (vgl. BGH, GRUR 1963, 478, 481 - Bleiarbeiter; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Auflage, Kap. 17 Rdnr. 7 f.).

Die Klägerin hat ihren Unterlassungsanspruch nach dem oben erwähnten Schreiben der Gegenseite vom 04.07.1990 nicht in angemessener Zeit wiederaufgegriffen. Vielmehr hat sie erst unter dem 06.12.1994, also über vier Jahre später, eine erneute Abmahnung ausgesprochen. Nach dieser Abmahnung, die nach dem Vortrag der Klägerin (Bl. 559 d.A.) unter dem 27.12.1994 durch ein ablehnendes Anwaltsschreiben beantwortet wurde, blieb die Klägerin erneut fast zwei Jahre untätig, wodurch sich der bereits geschaffene Vertrauenstatbestand noch zusätzlich verfestigte.

Auf die beiden Anwaltsschreiben der Klägerin vom 08.10.1996, die an die Firma "Hai/Y GmbH B" ("HAI/Y II") und die Firma ....R.-HAI/Y gerichtet waren, meldete sich sodann für die Unternehmen "HAI/Y I", "HAI/Y II" und ....R.-HAI/Y (bzw. .....(=Schreibweise ähnlich....R./die Red.)-HAI/Y) das Patentanwaltsbüro RA1 & Partner mit Schreiben vom 22.10.1996, wies die Ansprüche erneut zurück und bat um die Bestätigung, daß sich die Angelegenheit nunmehr endgültig erledigt habe. Eine solche Bestätigung sprach die Klägerin in ihrem Anwaltsschreiben vom 12.03.1997 ausdrücklich aus.

Jedenfalls nach diesem, dem Abschluß eines Erlaßvertrages zumindest nahekommenden Vorgang, kann keinerlei Zweifel daran bestehen, daß die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten zu 1) und ihnen nachfolgend die Beklagte zu 1) selbst mit der Duldung ihres Verhaltens durch die Klägerin rechnen durften.

Dem Einwand der Klägerin, in dem erwähnten Schreiben der Patentanwälte RA1 und Partner vom 22.10.1996 sei versichert worden, daß deren Mandantin im Geschäftsverkehr nur mit ihrer vollständigen Firma auftrete und daß sie die vollständige Firma immer in Verbindung mit dem Hai-Logo verwende, kann nicht gefolgt werden.

In dem Schreiben heißt es zum einen, daß die Mandantin nicht die Unternehmensbezeichnung und Marke HEI/X benutze, sondern wie vorstehend genannt firmiere. Daraus konnte die Klägerin nicht entnehmen, daß die drei Firmen, für die sich die Patentanwälte gemeldet hatten, und insbesondere die im Schreiben kurz mit "HAI/Y GmbH" benannte Firma "HAI/Y I" die Bezeichnung "HAI/Y" nicht als Firmenschlagwort verwenden würden. Insbesondere war mit der Formulierung, die Mandantin benutze nicht die Bezeichnung HEI/X, keineswegs gesagt, daß sie ebenso auch die Bezeichnung HAI/Y nicht in Alleinstellung verwende. Vielmehr ergab sich aus dem Schreiben im Zusammenhang und in Abgrenzung zu dem Sonderfall der Bezeichnung ARCAD-HAI/Y deutlich, daß die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten zu 1) die weitere Verwendung der Bezeichnung HAI/Y auch und gerade als Firmenschlagwort verteidigten.

Anders verhält es sich mit dem Hai-Logo, dessen Verwendung in dem Schreiben vom 22.10.1996 ausdrücklich als ein Argument für die fehlende Verwechslungsgefahr angeführt wurde. Dieses Logo verwendet die Beklagte zu 1) aber ebenfalls regelmäßig in Verbindung mit ihrem Unternehmenskennzeichen. Daß dies nicht immer geschieht, insbesondere dann nicht, wenn die Beifügung eines Bildbestandteils nicht möglich ist oder unangebracht erscheint, wie etwa bei einer werblich nicht herausgestellten Verwendung der Geschäftsbezeichnung in Fließtexten, ist unschädlich. Denn etwas anderes konnte auch dem Schreiben vom 22.10.1996 nicht entnommen werden, in dem von einer regelmäßigen Benutzung des Logos in Verbindung mit dem Firmennamen gesprochen wurde. Die Auffassung der Klägerin, das Wort "regelmäßig" sei hier im Sinne von "immer, abgesehen von einzelnen Ausnahmen" zu verstehen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Soweit die Klägerin mit der gewählten Umschreibung dem Wort "regelmäßig" einen engeren Inhalt beilegen möchte, als ihn dieses Wort nach dem allgemeinen Sprachgebrauch hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

Die Beklagte zu 1) bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen haben infolge des insgesamt seit 1990 andauernden, nicht nachhaltig gestörten, Gebrauchs des Firmenschlagworts "HAI/Y" bis zu der mit Schreiben vom 11.06.1999 erfolgten Abmahnung der Beklagten zu 1) einen wertvollen Besitzstand erworben. Der Umsatz des HAI/Y-Konzerns belief sich in 1998 europaweit auf rund 100 Mio. DM. Bereits vor der Abmahnung wurde mit erheblichem Werbeaufwand der Börsengang der Beklagten zu 1) betrieben, deren Gründung in diesem Zusammenhang zu sehen ist. Die Entwicklung von einem im Jahr 1989 neu gegründeten Unternehmen zu einem Unternehmen mit den eben genannten erheblichen Umsatzahlen ist mit der Verwendung des Firmenschlagworts "HAI/Y" verknüpft, die durch die Anmeldung und Eintragung der Bildmarke "HAI/Y" im Jahre 1992 (vgl. Anlage B 2) flankiert wurde. Im übrigen würde sogar schon ein nach Umfang und Bedeutung relativ geringer Besitzstand für die Bejahung des Verwirkungstatbestandes genügen, da die Klägerin durch ihr Schreiben vom 12.03.1997 besonders deutlich den Eindruck erweckt hatte, sie werde gegen eine weitere Benutzung des Firmenschlagworts "HAI/Y" nicht vorgehen (vgl. BGH, WRP 1992, 29, 32 - Cranpool; s.a. BGH, GRUR 1993, 913, 915 - KOWOG).

Die Klageansprüche sind auch nicht deshalb - teilweise - begründet, weil die Beklagte zu 1) mit dem Verwirkungseinwand eine Ausdehnung ihres Besitzstandes seit der (letzten) Bekräftigung des für sie entstandenen Vertrauenstatbestandes durch das gegnerische Schreiben vom 12.03.1997 nicht verteidigen kann. Eine solche - rechtlich relevante, sich von einem bloßen Unternehmenswachstum qualitativ abhebende - Ausdehnung liegt hier nicht schon in der mit der Gründung der Beklagten zu 1) und der nachfolgenden Verschmelzung verbundenen Neustrukturierung des Konzerns. Denn es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, daß damit eine Ausweitung der unternehmerischen Tätigkeitsbereiche verbunden gewesen sei. Der mit der Gründung der Beklagten zu 1) einhergehende Wechsel von der Rechtsform der GmbH zur Rechtsform der AG und der nachfolgend beabsichtigte Börsengang sind gleichfalls unschädlich, da sich diese Veränderungen in den Bahnen einer im Jahr 1997 bereits angelegten natürlichen Fortentwicklung des Unternehmens bewegen. Die Entwicklung der Klägerin hat einen entsprechenden Verlauf genommen. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß die Bindung des Verwirkungseinwandes an den bestehenden Status quo nicht völlig losgelöst von dem Entstehungsgrund des Vertrauenstatbestandes gesehen werden kann. Im vorliegenden Fall wußte die Klägerin positiv von der Geschäftstätigkeit der Vorgängerfirmen unter dem Firmenschlagwort "HAI/Y", war dagegen vorgegangen und hatte in Reaktion auf die gegnerische Argumentation im Schreiben vom 22.10.1996 ausdrücklich erklärt, daß sich die Angelegenheit endgültig erledigt habe. Auf dieser Grundlage, durften die Beklagte zu 1) bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen davon ausgehen, daß sie ihr Unternehmen unter der Bezeichnung "HAI/Y" unbehindert weiter betreiben und in einem nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge absehbaren und zu erwartenden Umfang auch erweitern können.

Auch der Anspruch auf Firmenlöschung hat keinen Erfolg. Allerdings hat der BGH in der Entscheidung "Datatel" (GRUR 1993, 576, 578) im Hinblick auf die dem Verwirkungseinwand gesetzten Grenzen einer Löschungsklage entsprochen, obwohl der auf die Benutzung der (gleichlautenden) Geschäftsbezeichnung bezogene Unterlassungsanspruch verwirkt war. Diese Entscheidung betraf jedoch eine Eintragung in das Handelsregister, die dort eine den Kläger nicht beeinträchtigende Firmenbezeichnung ersetzte. So verhält es sich im vorliegenden Fall nicht. Vielmehr wurden auch schon die von den Rechtsvorgängerinnen der Beklagten geführten und in so auch im Handelsregister eingetragenen Firmenbezeichnungen durch den erkennbar als Firmenschlagwort geeigneten Bestandteil "HAI/Y" geprägt.

Die Kostentragungslast der Klägerin folgt im Verhältnis zu der Beklagten zu 1) aus § 97 Abs. 1 ZPO und im Verhältnis zu den Beklagten zu 2) bis 4) aus § 91 a ZPO. Es entsprach billigem Ermessen, der Klägerin auch die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits aufzuerlegen, da ihre Klage voraussichtlich auch insoweit erfolglos geblieben wäre.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§?543 Abs. 2 ZPO). Maßgebend für die getroffene Entscheidung waren die konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles, die das Gericht auf der Grundlage anerkannter Rechtsgrundsätze bewertet hat.

Ende der Entscheidung

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