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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 21.01.2005
Aktenzeichen: 6 UF 221/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 a II 3
BGB § 1587 a III 2
BGB § 1587 a IV
Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung nach der Pensionsregelung der Fa. ... in ... (Angaben von der Redaktion anonymisiert) sind im Anwartschaftsteil statisch, im Leistungsteil dynamisch.
Gründe:

Auf den dem Ehemann am 11.03.2004 zugestellten Antrag der Ehefrau hat das Amtsgericht durch das angefochtene Urteil die am 19.02.1987 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich unter den Parteien in der Weise geregelt, dass es vom Rentenkonto des Ehemannes bei der Beteiligten zu 2) Anwartschaften auf dynamische Rente in Höhe von mtl. 232,33 EUR auf das Rentenkonto der Ehefrau bei der Beteiligten zu 3) übertragen hat. Zugleich hat es dem Ehemann aufgegeben, auf dem Rentenkonto der Ehefrau bei der Beteiligten zu 3) durch Einzahlung eines Beitrags von 17.560,26 EUR eine Rentenanwartschaft von mtl. 79,96 EUR zu begründen.

Gegen das ihm am 20.09.2004 zugestellte Urteil hat der Ehemann rechtzeitig am 11.10.2004 Beschwerde eingelegt und diese am 18.10.2004 begründet. Er macht geltend, dass das Amtsgericht seine während der Ehezeit bei der Fa. Z erworbene Betriebsrentenanwartschaft fehlerhaft behandelt habe und dass er den vom Amtsgericht berechneten Zahlungsbetrag nicht aufbringen könne.

Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Der Senat hat von den Arbeitgebern der Parteien je eine ergänzende Auskunft eingeholt.

Das zulässige Rechtsmittel des Antragsgegners hat in der Sache Erfolg und führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

Nach dem Ergebnis der amtsgerichtlichen und der ergänzenden Feststellungen des Senats haben beide Parteien während der gesetzlichen Ehezeit (§ 1587 II BGB: 01.02.1987 bis 29.02.2004) Versorgungsanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, der Antragsgegner bei der Beteiligten zu 2) in Höhe von mtl. 554,01 EUR und die Antragstellerin bei der Beteiligten zu 3) in Höhe von mtl. 185,95 EUR. Der Antragsgegner hat während der Ehezeit weiter bei seiner Arbeitgeberin, der Fa. Z KG a.A. eine Anwartschaft auf Betriebsrente erworben.

Die Arbeitgeberin hat hierzu mitgeteilt, dass insoweit zum Ende der Ehezeit eine Anwartschaft auf eine künftige Jahresrente von 6.531,12 EUR ab Vollendung des 63. Lebensjahres am 08.06.2025 bestanden hat. Den Anfangszeitpunkt der für die Rente maßgebenden Betriebszugehörigkeit hat sie mit dem 04.05.1992 angegeben.

Die Antragstellerin hat während der Ehezeit weiter eine unverfallbare Anwartschaft auf Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der Beteiligten zu 1) erworben, deren Höhe zum Ende der Ehezeit mit mtl. 36,22 EUR mitgeteilt ist. Ihre derzeitige Arbeitgeberin, die XYX-GmbH, .., bei der sie seit September 2003 beschäftigt ist, hat ihr am 01.12.2003 eine betriebliche Altersversorgung zugesagt, die in der Auskunft vom 16.04.2004 als unverfallbar bezeichnet ist. 1)Die ehezeitanteilig erworbene Betriebsrentenanwartschaft des Antragsgegners bei der Fa. Z entspricht zum Ende der Ehezeit einer dynamischen Rente von mtl. 52,66 EUR. Ratierliche Berechnung Da bei Zustellung des Scheidungsantrages die Betriebszugehörigkeit des Antragsgegners andauerte, ist in den Versorgungsausgleich nur der Teil der Versorgung einzubeziehen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zu der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze entspricht (§ 1587 a Abs. 2 Ziff.3 a BGB, ratierliche Berechnung). Dabei ist die Zeit der Betriebszugehörigkeit in entsprechender Anwendung des § 1587 II BGB in vollen Monaten anzusetzen, beginnend mit dem Ersten des Monats des Betriebseintritts bis zum letzten des Monats, der dem Betriebsaustritt vorausgeht (BGH FamRZ 2001, 284, 286; OLG Köln, FamRZ 1999, 1430, 1431).

Nach dieser Maßgabe entfällt auf die Ehezeit eine Jahresbetriebsrentenanwartschaft von 2.336,43 EUR; dabei ist zu berücksichtigen, dass die Regelaltersgrenze bei 65 Jahren liegt (§ 5 der Pensionsregelung):

Betriebszugehörigkeit gesamt: 421 Monate (01.05.1992 - 31.05.2027) Betriebszugehörigkeit in der Ehezeit: 142 Monate (01.05.1992 - 29.02.2004) Gesamtrentenanwartschaft jährlich 6.532,12 EUR Ehezeitanteil (jährlich): 2.203,23 EUR (6.532,12 : 421 x 142) a) Dynamik Die Fa. Z hat in ihrer Auskunft mitgeteilt, dass die Betriebsrentenanwartschaft des Ehemannes in der Anwartschaftsphase volldynamisch und in der Leistungsphase statisch sei. Davon abweichend beurteilt der Senat die Betriebsrentenanwartschaft in der Anwartschaftsphase als statisch und in der Leistungsphase als dynamisch: Anwartschaftsphase

Gemäß § 4.3 der Pensionsregelung der Fa. Z KG a.A. ist als Pensionsbemessungseinkommen der Durchschnitt der regelmäßigen Bruttomonatsentgelte der letzten 12 Monate vor Eintritt des Versorgungsfalles anzusetzen. Dadurch erhöht sich zwar die Betriebsrentenanwartschaft bei andauernder Betriebszugehörigkeit kontinuierlich entsprechend der tariflichen Lohnentwicklung. Wie die Arbeitgeberin auf Nachfrage des Senats bestätigt hat, endet diese "Gehaltsdynamik" jedoch bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb, denn in diesem Falle bemisst sich sein betriebliches Versorgungsanrecht, das später gemäß § 2 Abs. 1 BetrVAG zeitratierlich errechnet wird, endgültig nach dem zur Zeit des Ausscheidens maßgebenden Einkommen. Damit verbleibt ihm der Dynamisierungszuwachs nur insoweit, als er bis dahin eingetreten ist. Nach dem Ausscheiden entfällt eine weitere Anwartschaftsdynamik gemäß § 2 Abs. 5 BetrAVG. Wie der Bundesgerichtshof bereits früher entschieden hat, kann eine solche Versorgung nicht als bis zum Leistungsbeginn volldynamisches Anrecht in den Versorgungsausgleich einbezogen werden (BGH FamRZ 1989, 844, 845; 2001, 477, 479). Sie ist vielmehr als im Anwartschaftsstadium statisch anzusehen.

Leistungsphase

Nach Maßgabe der Auskunft der Fa. Z KG a.A. vom 14.06.2004 unterliegen die laufenden Betriebsrenten der Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 2 BetrAVG. Auf Nachfrage des Senats hat sie eine Übersicht über die in den Jahren 1993 bis 2005 tatsächlich erfolgten Anpassungen vorgelegt. Diese lässt erkennen, dass die Betriebsrenten im Drei-Jahresturnus angepasst werden. Für einen fiktiven Pensionär (Tarifangestellter), der am 01.01.1995 in den Ruhestand getreten ist, ist für die Jahre 1996 bis 2004 folgende Pensionsentwicklung maßgeblich gewesen:

JahrErhöhung

01.01.1996=0

01.01.1997=0

01.01.1998=5.07

01.01.1999=0

01.01.2000=0

01.01.2001=3.77

01.01.2002=0

01.01.2003=0

01.01.2004=4.07

gesamt=12.91

/9=1.4344

Vergleicht man diese Entwicklung mit der Entwicklung der Beamtenversorgung und der gesetzlichen Renten im gleichen Zeitraum (entnommen aus BGH FamRZ 2004, 1474, 1476), ergibt sich folgendes Bild:

Z-BeamtV-gesetzl. Rentenversicherung

1996-0-0-0.95

1997-0-1.3-1.65

1998-5.07-1.5-0.44

1999-0-2.8-1.34

2000-0-0-0.6

2001-3.77-1.7-1.91

2002-0-2.1-2.16

2003-0-1.74-1.04

2004-4.07-0-0

gesamt12.91-11.14-10.09

:/9=1.4344-1.2377-1.1211

Der Vergleich lässt erkennen, dass im Vergleichszeitraum die Z-Pensionen stärker gestiegen sind als die Beamtenpensionen und die Gesetzlichen Renten. Nachdem der Bundesgerichtshof die VBL-Renten, die in der Leistungsphase jährlich um 1 % angepasst werden, nunmehr als volldynamisch beurteilt (BGH a.a.O.), erscheint es als gerechtfertigt erscheinen, auch die Z-Pension so zu behandeln.

Allerdings hat der Bundesgerichtshof in früheren Entscheidungen (etwa FamRZ 1989, 844, 845; 1985, 1235, 1236) ausgesprochen, dass das in § 16 BetrAVG enthaltene Gebot an den Arbeitgeber, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber - unter Berücksichtigung der belange des Versorgungsempfängers und der wirtschaftlichen Lage des Arbeitsgebers nach billigem Ermessen zu entscheiden, auch deswegen nicht zu einer Volldynamik in der Leistungsphase führt, weil wesentliches Kriterium für die Anpassungsprüfung und - Entscheidung die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers sei. Dieser darf den Anpassungsbedarf eines Versorgungsempfängers insoweit unbefriedigt lassen, als auf Grund der wirtschaftlichen Lage seines Unternehmens keine Anpassung vertretbar ist (BGH FamRZ 1985, 1235, 1236). Dieses Kriterium ist nach wie vor in § 16 Abs. 1 BetrAVG enthalten. Aus diesem Grunde hat der Senat gemäß § 621e Abs. 2 ZPO die weitere Beschwerde zugelassen.

Der Senat beurteilt daher die Z-Pension als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch und rechnet ihren Ehezeitanteil (2.203,23 EUR) nach Tabelle 1 / Anm. 2 der BarwertVO in eine dynamische Rentenanwartschaft um. Er hat dabei berücksichtigt, dass der Antragsgegner im Regelfall die Betriebsrente erst ab Vollendung des 65. Lebensjahres erhält. Das in der Pensionsregelung bezeichnete Endalter 63 hat lediglich Bedeutung für die Berechnung des Pensionsbemessungseinkommens (s.a. MüKo/Rühmann, 4. Aufl., Rz. 357 zu § 1587 a BGB). Die Umrechnung führt zu einem volldynamischen Wert von 49,66 EUR:

Jahresrente 2.203,23 EUR

Alter Ende Ehezeit (08.06.1962/29.02.2004) 41 Jahre

Faktor (3,0 x 1,65) 4,95

Barwert 10.905,99 EUR

Entgeltpunkte (Faktor 0,0001742628)= 1,9005

Rentenanwartschaft (Faktor 26,13) = 49,66 EUR

Die Antragstellerin hat bei der VBL während der Ehezeit eine Anwartschaft auf Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes in Höhe von mtl. 36,22 EUR erworben. Diese ist nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2004, 1474) als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu beurteilen und daher nach der Tabelle 1 / Anm. 2 umzurechnen. Sie entspricht zum Ende der Ehezeit einer dynamischen Rente von mtl. 7,51 EUR:

Jahresrente (36,22 x 12) 434,64 EUR

Alter Ende Ehezeit (22.09.1967/29.02.2004) 36 Jahre

Barwertfaktor (2,3 x 1,65) 3,795

Barwert 1.649,46 EUR

Entgeltpunkte (Faktor 0,0001742628) 0,2874

Rentenanwartschaft (Faktor 26,13) 7,51 EUR

5) Die von der Antragstellerin bei ihrer Arbeitgeberin (XYX- GmbH) erworbene Rentenanwartschaft ist hingegen gemäß § 1587a Abs. 2 Ziff. 3 Satz 3 BGB nicht in den öffentlichrechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen, weil sie zum Ende der Ehezeit noch nicht unverfallbar war. Zwar hat die Arbeitgeberin die Anwartschaft in ihrer Auskunft vom 16.04.2004 als unverfallbar bezeichnet. Dies trifft jedoch ersichtlich nicht zu. In dem auf Nachfrage des Senats vorgelegten Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom 04.12.2003 und den "Bestimmungen für die Betriebliche Altersversorgung durch eine Pensionskasse", auf die der Nachtrag verweist, tritt die Unverfallbarkeit erst ein, wenn der versicherte Arbeitnehmer bei seinem Ausscheiden aus der Firma das 30. Lebensjahr vollendet hat und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt für ihn mindestens 5 Jahre bestanden hat. Nach der Mitteilung der Arbeitgeberin vom 16.04.2004 ist die Versorgungszusage jedoch erst am 01.12.2003 erteilt worden. Die Betriebsrentenanwartschaft der Antragstellerin ist daher in den Versorgungsausgleich nicht einzubeziehen.

6) Insgesamt stehen einander daher folgende ehezeitlich erworbene Versorgungsanwartschaften der Parteien gegenüber: Ehemann:

gesetzliche Rentenversicherung 554,01 EUR

Z 49,66 EUR

Gesamt 603,67 EUR

Ehefrau

gesetzliche Rentenversicherung 185,95 EUR

VBL 7,51 EUR

Gesamt 193,46 EUR

Differenz 410,21 EUR

davon 1/2 205,11 EUR

Der Antragstellerin stehen gemäß § 1587 a Abs. 1 Satz 2 BGB insgesamt Anwartschaften in dieser Höhe zu.

Gemäß § 1587b Abs.1 BGB erfolgt der Ausgleich im Verhältnis der Anrechte beider Parteien gegen die gesetzliche Rentenversicherung (554,01 - 185,95) : 2 = 184,03 EUR) durch Anwartschaftsübertragung. Der Ausgleich des Wertunterschieds zwischen der Z-Pension des Antragsgegners und der VBL-Anwartschaft der Antragstellerin ((49,66 - 7,51) : 2 = 21,08) erfolgt im Wege des sog. "erweiterten " Splittings gemäß § 3 b Ziff. 1 BGB. Einer Beitragsbegründung durch Einzahlung bedarf es nicht. Insgesamt waren daher Anwartschaften in Höhe von mtl. 205,11 EUR (184,03 + 21,08) zu übertragen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 21 Abs. 1, 49 Ziff. 3 GKG, 93 a Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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