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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 09.03.2006
Aktenzeichen: 6 UF 273/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 119
Legt ein Versorgungsträger gegen eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich Beschwerde ein und stellen die Ehegatten hierzu keine Anträge, so ist auf Antrag der Partei Prozesskostenhilfe zu bewilligen, auf deren Schlechterstellung die Beschwerde abzielt; der anderen Partei ist keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Gründe:

Das Amtsgericht hat durch das angefochtene Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durch Übertragung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten der Ehefrau durchgeführt. Die ... hat gegen das Urteil Beschwerde eingelegt, da sich inzwischen herausgestellt hatte, dass in der erstinstanzlich erteilten Auskunft die Rentenanwartschaften der Ehefrau zu niedrig bewertet wurden. Aufgrund einer neu vorgelegten Auskunft der Beschwerdeführerin ergab sich eine höhere ehezeitbezogene Anwartschaft der Ehefrau.

Beide Parteien haben sich durch ihre Verfahrensbevollmächtigten im Beschwerdeverfahren zum Verfahren gemeldet. Dabei hat der Ehemann darauf hingewiesen, dass sich der Ausgleichsbetrag aufgrund der neu eingeholten Auskunft reduziert und beanstandet, dass die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung ausgeführt hat, dass "zugunsten der Antragsgegnerin zu wenige Anwartschaften übertragen worden sind".

Der Senat hat durch Beschluss vom heutigen Tage der Beschwerde stattgegeben und den Ausgleichsbetrag reduziert.

Bei dieser Sachlage war der Ehefrau Prozesskostenhilfe zu bewilligen, dem Ehemann nicht, da das Ziel der Beschwerde erkennbar auf eine Reduzierung des Ausgleichsbetrages zu Lasten der Ehefrau und zugunsten des Ehemannes gerichtet war.

Allerdings wird in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten, dass beiden Ehegatten Prozesskostenhilfe zu verweigern sei, wenn sie in einem Verfahren über die Beschwerde eines Versorgungsträgers keinen eigenen Antrag ankündigen und nicht erkennen lassen, welches Ziel mit der Rechtsverteidigung verfolgt werden solle (OLG Zweibrücken, FamRZ 1999, S. 1092; OLG Brandenburg, FamRZ 2003, S. 1754; OLG Karlsruhe, FamRZ 2004, S. 1500). Der Senat schließt sich dieser Auffassung insoweit an, als der Partei, auf deren Besserstellung die Beschwerde des Versorgungsträgers hinzielt, keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. Denn insoweit ist eine Rechtsverteidigung gegen die Beschwerde nicht möglich. Die Partei kann kein anderes Ziel verfolgen als der beschwerdeführende Versorgungsträger. So liegen die Dinge hier auf Seiten des Ehemannes. Die Formulierung in der Beschwerdeschrift, dass zugunsten der Antragsgegnerin zu wenige Rentenanwartschaften übertragen worden sind, beruht erkennbar auf einem Versehen. Da die Beschwerdeführerin geltend macht, dass die Anwartschaften der Ehefrau höher zu bewerten seien als vom erstinstanzlichen Urteil angenommen, kam nach der Beschwerdebegründung allein eine Abänderung der Entscheidung zugunsten des Ehemannes, nämlich durch Verringerung des Ausgleichsbetrages, in Frage. Gegen dieses Beschwerdeziel konnte sich der Ehemann nicht verteidigen, da die Beschwerde ausschließlich zu einer für ihn günstigen Abänderung des Urteils führen konnte. Mangels denkbarer Rechtsverteidigung konnte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.

Demgegenüber ist der Senat entgegen der zitierten Rechtsprechung der Auffassung, dass einer Partei, auf deren Schlechterstellung die Beschwerde eines Versorgungsträgers abzielt, Prozesskostenhilfe nicht mit dem Hinweis darauf versagt werden kann, sie verfolge mangels Antragstellung kein eigenes Verfahrensziel. Eine Partei, die mit der Beschwerde eines Drittbeteiligten konfrontiert wird, deren Ziel es ist, eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung zum Nachteil dieser Partei herbeizuführen, steht schon allein aufgrund dieser Konstellation in einer Gegnerstellung zum Beschwerdeführer. Sie bedarf verfahrensbegleitender Vertretung durch einen Rechtsanwalt, da sie zu überprüfen hat, ob und gegebenenfalls inwieweit sie sich gegen die Beschwerde verteidigen will. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in dem im Scheidungsverbund durchzuführenden Versorgungsausgleichsverfahren die am Versorgungsausgleichsverfahren Beteiligten mit Ausnahme des Beschwerdeführers keine förmlichen Anträge stellen müssen. Gleichwohl erstreckt sich im erstinstanzlichen Verfahren die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Scheidungssache auch auf das Versorgungsausgleichsverfahren, soweit dieses nicht ausdrücklich ausgenommen wird, was praktisch nicht vorkommt (§ 624 Abs. 2 ZPO). Dementsprechend kann auch für das Beschwerdeverfahren eine Antragstellung, mit der sich eine Partei gegen die Beschwerde eines Versorgungsträgers zur Wehr setzt, nicht als Voraussetzung für eine Prozesskostenhilfebewilligung verlangt werden. Die Auffassung der genannten Oberlandesgerichte würde überdies zu unbilligen Ergebnissen führen. Einer Partei, welche einer auf ihre Verschlechterung abzielenden Beschwerde eines Versorgungsträgers mit einem Abweisungsantrag entgegentreten würde, wäre grundsätzlich Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da die Erfolgsaussicht einer Rechtsverteidigung im Rechtsmittelverfahren keine Voraussetzung für die Prozesskostenhilfebewilligung ist (§ 119 Abs. 1 S. 2 ZPO). Die Partei, die - anwaltlich beraten - einer Beschwerde nicht entgegentritt, weil sie sich der Berechtigung des Beschwerdeziels, auch wenn es zu ihrem Nachteil gereicht, nicht verschließt, sollte nicht schlechter gestellt werden.

Ende der Entscheidung

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