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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 23.05.2006
Aktenzeichen: 6 W 59/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 890
Die Vollstreckung gemäß § 890 ZPO setzt im Falle streitiger Umstände nicht nur Glaubhaftmachung, sondern Beweis der relevanten Tatsachen voraus.
Gründe:

Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Dem Landgericht sind - auch im Verfahren über die Abhilfeentscheidung - in zweifacher Hinsicht Verfahrensfehler unterlaufen, die die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht gebieten.

1. Der Antragsteller hat den mit Schriftsatz vom 29.11.2005 gestellten Vollstreckungsantrag nach § 890 ZPO zunächst mit einem Vorfall vom 31.10.2005 (Kundin A/ Fa. B) begründet. In der Folgezeit hat er sich zur Begründung seines Ordnungsmittelantrags auf zwei weitere Vorfälle berufen (Schriftsatz vom 20.12.2005: Vorfall vom 10.11.2005, Kunde C; Schriftsatz vom 30.12.2005: Vorfall vom 30.11.2005, Kunde D/Fa. E). Weder der angefochtene Beschluss noch die Nichtabhilfeentscheidung des Landgerichts vom 9.3.2006 lassen mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, ob das Landgericht mit der Verhängung der Ordnungsmittel nur den Vorfall vom 31.10.2005 oder auch die weiteren Vorfälle vom 10.11.2005 und vom 30.11.2005 ahnden wollte. Für die erstgenannte Möglichkeit spricht der Umstand, dass in beiden Entscheidungen lediglich auf den Vortrag des Antragstellers im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 29.11.2005 Bezug genommen wird; für die letztgenannte Möglichkeit spricht der Umstand, dass das Landgericht bei der Bemessung des auf 10.000,- € festgesetzten Ordnungsgeldes die vom Antragstellervertreter im Schriftsatz vom 29.11.2005 genannte Mindesthöhe von 3.000,- € deutlich überschritten hat und auch nicht zu erkennen ist, dass und aus welchen Gründen die Entscheidung über die Vorfälle vom 10.11.2005 und vom 30.11.2005 zunächst zurückgestellt worden sein sollte. Ohne eine Klärung der demnach nicht zu beantwortenden Frage, welche vom Antragsteller behaupteten Zuwiderhandlungen Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sind, fehlt die erforderliche Grundlage zur Überprüfung dieser Entscheidung im Beschwerdeverfahren. Hierin liegt ein im Beschwerdeverfahren nicht behebbarer und daher zur Zurückverweisung führender Verfahrensmangel (vgl. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 64. Aufl., Rdz. 14 zu § 572).

2. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 16.2.2006 den Sachvortrag des Antragstellers hinsichtlich der Vorfälle vom 31.10.2005 und vom 10.11.2005 ausdrücklich bestritten, ohne dass das Landgericht sich im Nichtabhilfebeschluss vom 9.3.2006 mit diesem Verteidigungsmittel befasst hat. Soweit es in der Abhilfeentscheidung heißt, der Antragsteller habe die behaupteten Zuwiderhandlungen vorgetragen und glaubhaft gemacht, hat das Landgericht in verfahrensfehlerhafter Weise übersehen, dass es zur Ahndung gemäß § 890 ZPO nicht nur der Glaubhaftmachung, sondern des Beweises der zugrunde liegenden Tatsachen bedarf; dies gilt nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. GRUR 94, 918 - Testkits; ebenso Baumbach/Lauterbach a.a.O., Rdz. 20 zu § 890; Zöller, ZPO, 25. Aufl., Rdz. 13 zu § 890 - jeweils m.w.N.) unabhängig davon, ob der Vollstreckungstitel im Rahmen eines Hauptsache- oder eines Eilverfahrens ergangen ist. Denn auch im letztgenannten Fall zielt das Vollstreckungsverfahren nach § 890 ZPO nicht nur auf eine vorläufige Regelung, sondern auf die endgültige Festsetzung einer Sanktion, die auf Grund ihres strafähnlichen Charakters nur verhängt werden kann, wenn das Gericht sich - unter Anwendung der im Zivilprozessrecht allgemein geltenden Regeln über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast (vgl. auch hierzu Senat a.a.O.) - hinreichende Gewissheit über die behauptete Zuwiderhandlung verschafft hat.

Auch dieser Verfahrensfehler rechtfertigt die Zurückverweisung an das Landgericht nach § 572 III ZPO, da zur Herbeiführung der Entscheidungsreife nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand noch eine weitere Sachaufklärung erforderlich erscheint (vgl. Musielak, ZPO, 3. Aufl., Rdz. 16 zu § 572 m.w.N.).

Das Landgericht wird bei seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu befinden haben.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) sind nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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