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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 28.07.2004
Aktenzeichen: 7 U 176/03
Rechtsgebiete: ARB 75


Vorschriften:

ARB 75 § 4 I k
ARB 75 § 4 III
Zur Anwendbarkeit einer Baurisikoausschlussklausel bei einen Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds.
Gründe:

Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Urteil des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zu berücksichtigende neue Tatsachen eine andere Entscheidung zu Gunsten der Beklagten.

Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Grund der zwischen den Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherung gemäß § 1 VVG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 25 Abs. 3 ARB 75 erfasst dem Grunde nach Kosten der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers durch den Rechtsanwalt A. Das Landgericht ist mit zutreffender Begründung, der der Senat folgt, davon ausgegangen, dass der Deckungsanspruch des Klägers nicht auf Grund der Risikoausschlussklausel gemäß § 4 Abs. 1 lit. k ARB 75 ausgeschlossen ist. Danach würde sich der Versicherungsschutz nicht auf die Wahrnehmung rechtlicher Interessen erstrecken, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Planung, Errichtung oder genehmigungspflichtigen baulichen Veränderung eines im Eigentum oder Besitz des Versicherungsnehmers befindlichen oder von diesem zu erwerbenden Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil stehen. Für das Eingreifen dieser Risikoausschlussklausel genügt es nicht, dass die den Rechtsstreiten des Klägers zu Grunde liegenden Darlehensaufnahmen wirtschaftlich mit dessen Beitritt zu dem geschlossenen Immobilienfond und der von diesem zu erbringenden Bauleistung in Verbindung standen. Das ergibt sich daraus, dass die aufgenommenen Darlehen nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der Planung der Errichtung eines Gebäudes standen, sondern sie lediglich der Einlagefinanzierung dienten. Damit kann nicht mehr festgestellt werden, dass die von dem Versicherungsnehmer angestrebte Rechtsverfolgung der Planung und Errichtung eines Gebäudes zuzuordnen ist. Nach den Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse konnte er nicht davon ausgehen, etwaige Darlehensgeschäfte im Vorfeld der von dem geschlossenen Immobilienfond vorzunehmenden Bautätigkeit und seiner etwaigen Auseinandersetzung fielen nicht in den Deckungsbereich der Rechtsschutzversicherung. Drittrechtsverhältnisse wie die der Baufinanzierung dienenden Darlehensgeschäfte kreditierender Banken sind nicht vom Risikoausschluss umfasst (vgl. auch BGH VersR 2003, 454 f. m.w.N.). Das Landgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass dem Streit zwischen dem Kläger und dem Darlehensgeber Vollmachtsfragen im Bereich des Darlehensgeschäftes zugrunde lagen. Auch dann, wenn sich im Rechtsverhältnis des Klägers zum geschlossenen Immobilienfond keine Leistungsstörungen ergeben hätten, hätte er die gleichen Einwendungen gegenüber den finanzierenden Banken erheben können. Vielmehr ist zwischen dem Erwerbsrisiko des Anlegers durch Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfond und der unmittelbaren Bautätigkeit zu unterscheiden. Auseinandersetzungen im Rechtsverhältnis des Anlegers hinsichtlich der Beteiligung werden nicht durch die Ausschlussklausel erfasst.

Das Landgericht ist weiterhin mit Recht davon ausgegangen, dass der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Deckung der Rechtsverfolgungskosten nicht verjährt ist, so dass die Beklagte nicht berechtigt ist, die Erfüllung dieses Anspruchs zu verweigern (§ 222 BGB). Da die ARB 75 eine Regelung der Verjährung des Anspruchs auf Versicherungsschutz nicht enthielt, galt für den Eintritt der Verjährungsfrist gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 VVG, dass darauf abzustellen ist, ab wann die Leistung verlangt werden konnte. Nach S. 2 dieser Bestimmung begann die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem die Leistung verlangt werden kann. Dabei kam es nicht auf die Entstehung, sondern auf die Fälligkeit des Anspruchs an. Die Fälligkeit des Anspruchs war dann gegeben, wenn Klage auf sofortige Leistung erhoben werden konnte (vgl. BGH VersR 1983, 673; BGHVersR 1999, 706; BGH VersR 2002, 472). Da der Kläger lediglich den Anspruch auf Übernahme der mit der Rechtsverfolgung verbundenen Kosten geltend gemacht hat wurde der sich gegen die Beklagte richtende Deckungsanspruch in der Form des Kostenübernahmeanspruchs in dem Zeitpunkt fällig, in dem die Rechnung über fällige Kosten vorlag, der Versicherungsnehmer von seinem Bevollmächtigten in Anspruch genommen worden ist (vgl. auch BGH VersR 1999, 706; OLG Hamburg, VersR 1999, 1012; OLG München, VersR 1990, 651; Römer/Langheid "VVG", 2. Aufl., § 11 Rdn. 34). Erst zu diesem Zeitpunkt war eine auf Kostenbefreiung gerichtete Leistungsklage möglich und zur Unterbrechung der Verjährung auch nötig. Da die Kostennoten des Rechtsanwalts A, der den Kläger in den rechtlichen Auseinandersetzungen vertreten hatte, erst im Jahre 2001 vorlagen, war die im Jahre 2003 erhobene Klage des Klägers gegen die Beklagte auf Deckung dieser Kosten geeignet, den Lauf der Verjährungsfrist zu unterbrechen.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Beklagte bereits im Jahre 1998 in einem zwischen den Parteien streitigen Umfang die Deckung der Kosten aus den Rechtsstreiten des Klägers mit der ... bank, gegebenenfalls auch mit der ...kasse O1 abgelehnt hatte. Die Deckungsablehnung der Beklagten vom 25.6.1998 war nicht geeignet, die Fälligkeit des seinerzeit noch nicht entstandenen Anspruchs auf Deckung herbeizuführen. Soweit der endgültigen Leistungsablehnung des Rechtsschutzversicherers die Wirkung beigemessen wird, mit dem Zugang des Schreibens über die endgültige Deckungsablehnung werde Fälligkeit herbeigeführt (vgl. BGH ZFS 2000, 355; BGH VersR 1991, 1277; BGH VersR 1971, 433; OLG Hamm VersR 1990, 82; OLG Hamm, Recht und Schaden 1994, 241; zustimmend Römer in Römer/Langheid, a.a.O. § 11 VVG Rdn. 12; Berliner Kommentar - Gruber § 11 Rdn. 5) betrifft dies nur bereits entstandene Ansprüche (vgl. BGH VersR 2002, 472). Die Voraussetzungen der Entstehung des Anspruchs lagen nach dem oben Ausgeführten im Zeitpunkt der Deckungsablehnung im Jahre 1999 gerade nicht vor. Zu diesem Zeitpunkt stand Grund und Umfang der Zahlungsansprüche des Rechtsanwalts A nicht fest. Fälligkeit des Deckungsanspruchs konnte erst zu dem Zeitpunkt eintreten, in dem der Versicherungsnehmer wegen der Kosten in Anspruch genommen worden ist (OLG Frankfurt, VersR 1991, 66 (67); BGH VersR 1999, 706 (707)). Diese von der Beklagten zu deckenden Kosten bildeten den Schaden, dessen Deckung der Rechtsschutzversicherer übernommen hatte (vgl. BGH VersR 1967, 774; BGH VersR 1999, 706 (708)). Damit hatte die Leistungsablehnung des Versicherers im Jahre 1998 lediglich die Wirkung, dass der ihm zur Prüfung seiner Leistungspflicht eingeräumte Aufschub endete, nicht aber, dass der noch nicht entstandene Anspruch auf Deckung fällig geworden ist (vgl. BGH VersR 2002, 472 (673)).

Schließlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Bewertung der Höhe des Erstattungsanspruchs des Klägers der Ausschlusstatbestand des § 2 III a ARB 75 eingreift. Nach dieser Bestimmung hat der Versicherer nicht die Kosten zu tragen, die auf Grund einer gütlichen Erledigung, insbesondere eines Vergleiches, entstehen und nicht den Verhältnissen des Obsiegens zum Unterliegen entsprechen. Das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens, dem ein außergerichtlicher oder gerichtlicher Vergleich entsprechen muss, ist danach in erster Linie durch eine Gegenüberstellung der erstrebten Rechtsfolgen und der im Vergleich erzielten Ergebnisse zu ermitteln (vgl. BGH VersR 1977, 809; BGH VersR 1982, 391). Der Senat folgt der Ansicht, dass diese Bestimmung auch für außergerichtliche Vergleiche gilt (vgl. OLG Hamm ZFS 1999, 533; Landgericht Saarbrücken Recht und Schaden 1999, 244). Dass der abgeschlossene außergerichtliche Vergleich nicht dem Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen entsprach, zu Lasten des Versicherers durch den Kläger in der Kostenfrage Zugeständnisse gemacht wurden, kann nicht angenommen werden. Da die abgeschlossenen Vergleiche keine Kostenverteilung enthielten, hätte hiervon nur ausgegangen werden können, wenn ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch des Klägers gegenüber den Kreditgebern bestand. Das ist nicht der Fall. Eine Kostenregelung war danach nicht zu treffen, ein ausdrücklicher Verzicht oder eine Übernahme von Anwaltskosten des Gegners ist nicht getroffen worden und musste auch nicht getroffen werden. Dem Kläger stand ein durchsetzbarer Anspruch auf Kostenbeteiligung der jeweiligen Kreditgeber hinsichtlich der Kosten des Vergleichs nicht zu. Nur dann hätte das Fehlen einer Kostenverteilungsregelung in den ermittelten Vergleichsbeträgen als konkludenter Verzicht auf eine günstigere Kostengestaltung gelten können. Im übrigen weist der Senat darauf hin, dass die außergerichtliche Konfliktlösung kostengünstiger als ein Rechtsstreit war, auf den es der Kläger hinsichtlich beider Kreditgeber hätte ankommen lassen können. Waren die Darlehensverträge auf Grund des vorliegenden Formverstoßes unwirksam, hätte es einer Abwicklung nach Bereicherungsrecht in den Rechtsstreiten bedurft, wobei erheblich höhere Kosten der Interessenwahrnehmung aufgetreten wären.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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