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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 28.06.2006
Aktenzeichen: 7 U 19/05
Rechtsgebiete: Versicherungsbedingung für Sportausfalldeckung


Vorschriften:

Versicherungsbedingung für Sportausfalldeckung § 1 IV
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer versteht bei aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs § 1 Abs. 4 der AAG-Versicherungsbedingung für Sportausfalldeckung, wonach eine versicherte Krankheit vorliegt, wenn die versicherte Person plötzlich und unfreiwillig aufgrund einer akuten Krankheit vorübergehend oder endgültig sportunfähig wird, dahin, dass alle nach Versicherungsbeginn auftretenden Krankheiten versichert sind.
Gründe:

I.

Der Kläger hat die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Ausfalltagegeld in der Zeit vom ...11.2002 bis zum ...10.2003 aus einer zwischen den Parteien abgeschlossenen Sportunfähigkeitsversicherung verfolgt. Der Kläger, ein ehemaliger Profi-... in der ... Bundesliga hatte mit der Beklagten eine Sportunfähigkeitsversicherung abgeschlossen, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 7 ff. d. A. Bezug genommen wird. Er hat behauptet, aufgrund eines Sportunfalls in der Zeit vom ... November 2002 bis zum ... Oktober 2003 ununterbrochen wegen einer unfallbedingten Vorfußquetschung links mit einer anschließenden Gelenkentzündung verletzt gewesen zu sein. Die Beklagte hat eine unfallbedingte Verletzung des Klägers bestritten und die Sportunfähigkeit auf eine Dauerbelastung zurückgeführt, die nicht versichert sei. Darüber hinaus hat sich die Beklagte auf die Verletzung von Obliegenheiten durch den Kläger berufen.

Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen den Anspruch des Klägers aufgrund akuter Krankheit gestützt und das Vorliegen einer verspäteten Anzeige des Versicherungsfalles verneint. Wegen der Einzelheiten der Begründung des angefochtenen Urteils wird auf Bl. 246 - 252 d. A. verwiesen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte die Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Abweisung der Klage. Sie sieht eine unzureichende Feststellung des Tatbestandes durch das Landgericht darin, dass nicht festgestellt worden sei, dass und wann ein Versicherungsfall eingetreten sei. Eine versicherte Krankheit, die einen Versicherungsfall darstelle, liege deshalb nicht vor, da die rheumatische Grunderkrankung des Klägers nicht plötzlich und akut aufgetreten sei. Die Sportunfähigkeit sei jedenfalls nicht auf ein Unfallgeschehen vom ...08.2002 zurückzuführen, da sie nicht zur ununterbrochenen Krankschreibung geführt habe, sondern die Krankschreibung, was unstreitig ist, am ...11.2002 und am ...11.2002 unterbrochen gewesen sei.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

II.

Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil weist weder Rechtsverletzungen zum Nachteil der Beklagten auf noch rechtfertigen neue, nach §§ 529 ff. ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine Entscheidung zu Gunsten der Beklagten.

Der Senat kann es offen lassen, ob sich der Zahlungsanspruch aus dem durch die Sportunfallversicherung gedeckten Unfallrisiko ergibt, insbesondere ob ein solches Unfallgeschehen nachgewiesen und ursächlich für die unstreitig bestehende Sportunfähigkeit des Klägers ab dem ...11.2002 geworden ist. Die Leistungspflicht der Beklagten folgt nämlich aus dem weiterhin in der Sportunfähigkeitsversicherung gedecktem Krankheitsrisiko. Danach lag nach § 1 Abs. 4 der Vertragsinhalt gewordenen AAG-Versicherungsbedingung für die Sportausfalldeckung eine versicherte Krankheit vor, wenn die versicherte Person plötzlich und unfreiwillig aufgrund einer akuten Krankheit vorübergehend oder endgültig sportunfähig wurde. Nach dem unstreitig gewordenen Sachverhalt war Ursache der Sportunfähigkeit des Klägers eine entzündliche rheumatische Erkrankung aus der Gruppe der seronegativen Spondylarthropathien. Diese von dem behandelndem Arzt Dr. H aufgrund intensiver differenzial-diagnostischer Abklärung im Zusammenhang mit einem Rheumatologen gewonnene Diagnose ist insbesondere deshalb gesichert, weil sich kein Hinweis auf eine knöcherne Verletzung und auch kein Hinweis auf eine Stressfraktur befand und diese Feststellungen durch einen kernspinthomographischen Befund gesichert sind. Die danach bei dem Kläger aufgetretene, zu seiner Sportunfähigkeit führende Krankheit ist auch versichert. Dem steht es nicht entgegen, dass nach dem Wortlaut der das gedeckte Krankheitsrisiko umschreibenden Bedingung nur plötzlich und unfreiwillig aufgrund akuter Krankheiten auftretende Erkrankungen versichert sind, wenn sie zur vorübergehenden oder endgültigen Sportunfähigkeit führen. Nach dem maßgeblichen Verständnis des Versicherungsnehmers durfte er die Umschreibungen der gedeckten Versicherungsfälle in der Sportunfähigkeitsversicherung durch die Beschreibungen "akute Krankheit" und "plötzlich" dahin verstehen, dass damit nur solche Krankheiten ausgeschlossen wurden, die bereits vor Versicherungsbeginn bestanden. Als Allgemeine Versicherungsbedingungen war die Klausel in der Weise auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen musste. Dabei kam es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an (vgl. BGH VersR 1993, 957; BGH ZFS 2002, 34; OLG Köln VersR 1992, 490; OLG Hamm VersR 1990, 1272). Vor dem Hintergrund des § 1 I der Allgemeinen Versicherungsbedingungen musste der Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass Versicherungsschutz bei akuten Krankheiten gewährt wurde, die der versicherten Person während der Wirksamkeit des Vertrages zustoßen. Damit durfte er das in § 1 IV der Allgemeinen Versicherungsbedingungen umschriebene Krankheitsrisiko so verstehen, dass alle nach Versicherungsbeginn auftretende Krankheiten als plötzlich auftretende Krankheiten zu verstehen waren und Krankheitssymptome mit dem Begriff akuter Krankheit umschrieben wurden. Soweit die Beklagte davon ausgeht, der Zusammenhang von plötzlich und akut in der Umschreibung gedeckter Krankheiten bedeute nichts anderes, als dass eine Krankheit nicht gedeckt sei, die seit mehreren Monaten behandlungsbedürftig vorhanden war und nur zufällig wieder aufbreche, also "etwas akuter" werde, konnte ein Versicherungsnehmer unter Anlegung des oben dargestellten Maßstabes nicht teilen. Selbst dann, wenn mit der Beklagten davon auszugehen wäre, dass aufgrund der beigefügten Umschreibungen für gedeckte Versicherungsfälle durch die Merkmale der Plötzlichkeit und des akuten Eintretens eine Unklarheit geschaffen wurde, dass und welche Krankheiten nach Versicherungsbeginn in der Sportunfähigkeitsversicherung versichert waren, die von der Beklagten angeführte Auslegung wenigstens rechtlich vertretbar ist, gingen Zweifel bei der Auslegung zu Lasten der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen stellenden Beklagten (§ 305 c Abs. 2 BGB). Da weder dargelegt noch nachgewiesen ist, dass vor Versicherungsbeginn bereits eine rheumatische Erkrankung des Klägers vorlag, ist die nach materiellem Versicherungsbeginn der Sportunfähigkeitsversicherung aufgetretene Sportunfähigkeit gedeckt. Da der zu zahlende Betrag unstreitig ist, weil beide Parteien von einem Tagessatz von 51,13 € bei 241 Tagen Leistungszeit ausgehen, ist der Klageanspruch von dem Landgericht auch mit Recht als begründet angesehen worden.

Die Beklagte ist auch nicht wegen Verletzung einer Obliegenheit durch den Kläger leistungsfrei geworden. Insoweit genügt es, auf die überzeugenden Ausführungen des Landgerichts zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO vorliegt.

Ende der Entscheidung

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