Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 17.01.2001
Aktenzeichen: 7 U 222/99
Rechtsgebiete: VOB/B, BGB, ZPO


Vorschriften:

VOB/B § 8 Ziffer 2
VOB/B § 8 Ziffer 1
VOB/B § 14
VOB/B § 16
VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 3
BGB § 649
BGB § 138
BGB § 196 Abs. 2
ZPO § 538 Abs. 1 Ziff. 3
ZPO § 523
ZPO § 264 Ziff. 2
ZPO § 528 Abs. 1 Ziff. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Eine unzulässige Übersicherung bei einer Globalzession kann durch eine Freigabevereinbarung vermieden werden (hier: wenn der Nennbetrag der Sicherheit die Forderungen um mehr als 20% übersteigt). Die Abtretung aller Forderungen genügt dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U 222/99

Verkündet am 17.01.2001

In dem Rechtsstreit

...

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes in Frankfurt am Main durch die Richter ... auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28. Oktober 1999 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts in Frankfurt am Main - Az. 2/5 O 114/98 - aufgehoben.

Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch zu den Kosten des Berufungsverfahrens, an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien sind mit jeweils 61.000,-- DM beschwert.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Sparkasse, nimmt das beklagte Bauunternehmen wegen eines Teilbetrages einer durch Globalzession an sie abgetretenen Werklohnforderung einer Subunternehmerin, der G. H. u. T. G., in Anspruch.

Mit Verträgen vom 7. März 1994 (Bl. 8 ff d.A.) und 12. September 1996 (12 ff d.A.) erklärte die G. H. U. T. G., der Klägerin alle gegenwärtigen und künftig entstehenden Forderungen gegen all ihre Kunden aus Warenlieferungen und Leistungen abzutreten. Für den Fall, daß der Nennwert der abgetretenen Forderung unter einem Betrag von 250.000,-- DM bzw. 350.000,-- DM liegt, verpflichtete sich die G. H. U. T. G., durch weitere Abtretungen Nachsicherung zu leisten. Über die abgetretenen Forderungen hatte sie laufend Bestandsverzeichnisse vorzulegen. Demgegenüber ist aber in der Abtretungserklärung ausdrücklich festgehalten, daß die Nichtberücksichtigung einer der Abtretung unterliegenden Forderung die Rechtswirksamkeit der Forderungsabtretung nicht beeinträchtigen solle. Die Klägerin ihrerseits verpflichtete sich, der G. H. U. T. G. auf Verlangen Forderungen nach ihrer Wahl freizugeben, wenn der Nennbetrag ihrer Sicherheiten die versicherten Forderungen um mehr als 20 vom Hundert übersteigt. Die G. H. U. T. G. ist zum 1. März 1998 in Konkurs gefallen.

Die Beklagte betraute die G. H. U. T. G. unter Vereinbarung der VOB/B im Herbst 1996 mit Bauarbeiten für drei Projekte: Dem Umbau der Strahlenklinik L. im Leistungsbereich des Architekten L. (Anlagenkonvolut A 2 Bl. 606-667 d.A.), dem Umbau der Strahlenklinik L. im Leistungsbereich des Architekten W. (Anlagenkonvolut A 3 Bl. 668 ff d.A.) sowie im Bauvorhaben AVK in B. (Anlagenkonvolut A 1 Bl. 580-605 d.A.).

Am 10. Februar 1997 (Bl. 196 d.A.) kündigte die Beklagte gegenüber der G. H. U. T. G. die am 28. Oktober 1996 und 15. Januar 1997 für das AVK erteilten Aufträge gemäß § 8 Ziffer 2 VOB/B, hilfsweise nach § 8 Ziffer 1 VOB/B bzw. § 649 BGB. Mit Schreiben vom 25. April 1997 (Bl. 17 d.A.) übersandte G. H. U. T. G. der Beklagten ihre Schlußrechnungen vom 23. April 1997 für die Bereiche W. (Bl. 177 ff) über 155.301,51 DM und L. (Bl. 20 ff d.A.) über 30.841,34 DM. Am 27. Juni 1997 folgte die Schlußrechnung für das AVK (Bl. 197 ff d.A.) über 376.337,54 DM, allerdings zunächst noch ohne Massenermittlung. Demgegenüber errechnete sich die Beklagte mit Schreiben vom 5. Juli 1997 (Bl. 3402 ff d.A.) ein Guthaben von 33.620,31 DM. Nach den geprüften Schlußrechnungen stehe der G. H. U. T. G. für den Bereich W. lediglich ein Betrag von 155.301,51 DM und für den Bereich L. ein Betrag von 30.840,11 DM zu. Nach vorläufiger Abrechnung der nicht prüffähigen Schlußrechnung AVK sei für das Vorhaben in B. lediglich ein Betrag von 442.383,84 DM anzusetzen, von dem aber die nach Auftragskündigung entstandenen Fertigstellungs-Kosten in Höhe von 310.665,25 DM und eine an die Beklagte abgetretene Forderung der Firma Idea Bau über 135.031,50 DM abzusetzen seien. Wegen der Einzelheiten der geprüften Schlußrechnung wird jeweils auf die entsprechenden Prüfvermerke verwiesen, zu dem Bereich W. auf Bl. 177 ff d.A., für den Bereich L. auf Bl. 184 ff d.A.). Für den Bereich AVK hat die Beklagte die Bruttoauftragssumme zu Grunde gelegt. Die in Rechnung gestellten drei Nachträge seien nicht prüfbar und würden zurückgewiesen.

Mahnungen vom 31. Oktober 1997 (Bl. 544 d.A.) und 4. November 1997 (Bl. 547 d.A.) blieben erfolglos. Am 8. Januar 1998 reichte die Klägerin für das AVK die Massenermittlung nach (Bl. 291 d.A.). Die Beklagte errechnete nun mit Schreiben vom 19. Februar 1998 (Bl. 293 ff d.A.) für das AVK lediglich noch eine Forderungshöhe von 294.772,85 DM und erklärte unter Hinweis auf § 14 VOB/B, keine weiteren Zahlungen erbringen zu wollen.

Mit ihrer am 12. März 1998 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 4. Mai 1998 zugestellten Klage hat die Klägerin zunächst einen Teilbetrag von 50.000,-- DM geltend gemacht, den sie - in der Reihenfolge der in der Schlußrechnung im einzelnen aufgelisteten Positionen - zunächst auf den Leistungsbereich W., hilfsweise auf den Leistungsbereich L. und schließlich auf AVK gestützt hat.

Die Klägerin hat behauptet, die vereinbarungsgemäß von G. H. U. T. G. erbrachten Leistungen seien ordnungsgemäß zu den vereinbarten Preisen mit den zutreffend ermittelten Massen in Rechnung gestellt worden.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 50.000,-- DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Wirksamkeit der der Klägerin erteilten Globalzession angezweifelt. Die Rechnungskürzungen zu W. und L. seien berechtigt. Es sei ein Nachlass von 5 % und ein ebenso hoher Sicherheitseinbehalt vereinbart worden. Sie habe mit der G. H. U. T. G. einen Skontoabzug von 2 % vereinbart, den die Klägerin bei geleisteten Zahlungen über 370.776,99 DM mit der Differenz zu 382.432,-- DM nicht berücksichtigt habe. Darüber hinaus habe sie, wie sich aus dem Schreiben des Architekturbüros L. vom 20. März 1997 (Bl. 398 d.A.) ergebe, eine weitere Zahlung von 14.553,-- DM geleistet. Da G. H. U. T. G. die Baustelle mangelhaft abgesichert habe, sei es zu einem Wasserschaden in Höhe von 5.379,21 DM gekommen. Eine - unstreitig - am 31. Januar 1997 mit Blitzüberweisung geleistete Zahlung von 100.000,-- DM sei bei den Abschlagszahlungen auf den Leistungsbereich L. nicht berücksichtigt worden. Ihr Auftraggeber habe ihr wegen fehlender oder nicht ausreichender Nachweise aus dem Leistungsbereich der G. H. U. T. G. mindestens 50.000,-- DM aus der Schlußrechnung gestrichen. Schließlich hat sich die Beklagte darauf berufen, die Werklohnforderung sei nach § 16 VOB/B verjährt. Sie habe in ihrem Schreiben vom 19. Februar 1998 nochmals auf die Ausschlußwirkung hingewiesen.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin fehle mangels Wirksamkeit der Globalzession die Aktivlegitimation. Hinsichtlich der Abtretung zukünftiger Forderungen fehle es an der erforderlichen Bestimmbarkeit. Da eine Nachsicherungspflicht vereinbart worden sei, liege nicht offen, welche zukünftigen Forderungen von der Abtretung noch erfaßt werden.

Gegen diese ihr am 22. November 1999 zugestellte Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 22. Dezember 1999 bei Gericht eingegangenen Berufung, die sie mit einem am Montag, dem 24. Januar 2000 eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages vertritt sie die Auffassung, das Landgericht habe überraschend trotz ihrer ausdrücklichen Hinweise in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 6. Oktober 1999 (Bl. 722 d.A.) die praktisch flächendeckend von den meisten Kreditinstituten verwendete Abtretungsklausel zu Unrecht als unwirksam angesehen. Die von dem Landgericht angeführte Entscheidung BGHZ 71, 75 sei nicht einschlägig, da sie eine Höchstbetragsabtretung betreffe, bei der weitere Abtretungen nachrücken sollten, während die hier abgetretenen Forderungen deswegen eindeutig bestimmt seien, weil alle Forderungen abgetreten seien. Die Regelungen zur Nachsicherung und Freigabe bezögen sich allein auf schuldrechtliche Verpflichtungen, so daß sie das allein für Verfügungsgeschäfte geltende Bestimmtheitsgebot nicht berühren würden.

Die Klägerin beantragt klageerhöhend, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 61.000,-- DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die weitergehende Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und wiederholt hierzu ihren bisherigen Vortrag. Die Klage sei, insbesondere nach der Klageerhöhung, nicht hinreichend bestimmt, da die Klägerin nach den vorgenommenen Streichungen aus der Schlußrechnung durch die Beklagte nicht vortrage, welchen Teilbetrag aus welcher konkreten Leistung sie nun geltend mache. Wenn alle künftigen Forderungen bereits abgetreten seien, bedürfe es keiner Nachsicherung durch separate Verfügungsgeschäfte des Zedenten gemäß Ziffer 1.2 der Abtretungsurkunde. Auch die Freigabepflicht sei als dingliches Verfügungsgeschäft ausgestaltet.

Die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen reduziert die Beklagte nunmehr um die Eigenleistung Antitron in Höhe von 17.250,-- DM, den Sicherheitseinbehalt von 5 % in Höhe von 9.736,05 DM und um einen Betrag von 3.370,-- DM aus der Gegenforderung von ursprünglich 50.000,-- DM wegen von der Firma G. H. U. T. G. auf Grund fehlender oder unzureichender Nachweise zu vertretenden Streichungen ihres Auftraggebers für das Bauvorhaben AVK B.. Danach gesteht sie der Klägerin eine Restforderung von noch 2,09 DM zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist an sich statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache selbst zumindest teilweise Erfolg. Nachdem ihr dem Grund und dem Betrag nach streitiger Anspruch durch die 1. Instanz abgewiesen worden ist, ist auszusprechen, daß ihre Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Im übrigen aber muß die Sache gemäß § 538 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen werden, da der Streit über den Betrag des Anspruches noch nicht zur Entscheidung reif ist. Zu Gunsten der Klägerin kann jedoch ein Grundurteil ergehen, da ihre Klage zulässig ist, die der G. H. U. T. G. entstandene Forderung wirksam auf sie übertragen wurde, die Forderung nicht verjährt ist und schließlich zur Aufrechnung gestellte etwaige Gegenforderungen betragsmäßig jedenfalls unter dem der Klägerin verbleibenden Anspruch liegen.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO). Selbst unterstellt, daß es sich bei den in den jeweiligen Schlußrechnungen aufgeführten Einzelpositionen um mehrere selbständige Einzelforderungen handeln würde, so hätte die Klägerin doch zumindest dadurch die erforderliche Konkretisierung des Klagegegenstandes vorgenommen, indem sie bestimmt hat, daß die geltend gemachten Teilforderungen jeweils hilfsweise in der Reihenfolge der in der Schlußrechnung aufgeführten Rechnungspositionen und sodann in der Reihenfolge der Schlußrechnungen Leistungsbereich W., Leistungsbereich L. und AVK B. geltend gemacht werden sollen. Die Auffassung der Beklagten, an der erforderlichen Bestimmtheit fehle es deswegen, weil sich die Klägerin nicht mit den Streichungen auseinandergesetzt habe, geht fehl. Wie sich deren Vortrag nämlich entnehmen läßt, weist sie die gegnerischen Rechnungskürzungen insgesamt als unbegründet zurück und macht deswegen - und damit hinreichend bestimmt - alle Rechnungspositionen geltend.

Auch die in der Berufungsinstanz erfolgte Klageerweiterung ist gemäß §§ 523, 264 Ziff. 2 ZPO zulässig (vgl. Zöller-Gummer, ZPO, 22. Aufl., Rdnr. 9 zu § 528 ZPO), da lediglich der Klageantrag in der Hauptsache erweitert, der Sachverhalt, auf den die Klage gestützt wird, jedoch nicht geändert wird.

Daß der G. H. U. T. G. aus ihren im Auftrag der Beklagten erbrachten Werkleistungen Forderungen entstanden sind, stellt die Beklagte dem Grunde nach ebensowenig in Abrede, wie den Umstand, daß die G. H. U. T. G. nach Maßgabe der vorgelegten Urkunden erklärt hat, diese Forderungen an die Klägerin abzutreten. Der Auffassung der Beklagten aber, die abgegebenen Abtretungserklärungen seien unwirksam, kann nicht gefolgt werden. Bedenken gegen die Wirksamkeit der hier erfolgten Globalzession sind nämlich weder aus dem Gesichtspunkt einer sittenwidrigen Benachteiligung von Warenlieferanten, dem bloßen Vorliegen einer Mantelzession, einer Übersicherung oder einer fehlenden Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderung gerechtfertigt.

Eine unangemessene Benachteiligung der Lieferanten, die dem Sicherungsgeber Warenlieferungen gegen verlängerten Eigentumsvorbehalt erbracht haben, ist vorliegend - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - gemäß Ziffer 4.1 des Abtretungsvertrages dadurch ausgeschlossen, daß eine Abtretung an die Klägerin erst zu dem Zeitpunkt erfolgen soll, zu dem die Forderung nicht mehr durch einen vereinbarten Eigentumsvorbehalt erfaßt werden.

Weiterhin beinhalten die streitgegenständlichen Abtretungsverträge Vollabtretungen und keine bloße Mantelzessionen. Wie sich aus dem Wortlaut der Vertragsurkunde ergibt, werden nicht lediglich die Rahmenbedingungen für noch vorzunehmende Zessionen geschaffen, sondern wird die Abtretung bereits ausdrücklich ausgesprochen. Darüber hinaus ist in Ziffer 1.3 des Abtretungsvertrages nochmals festgehalten, daß die Nichtberücksichtigung einer der Abtretung unterliegenden Forderung in einem aufzustellenden Bestandsverzeichnis die Rechtswirksamkeit der Forderungsabtretung nicht beeinträchtigen soll.

Einer etwaigen unzulässigen Übersicherung begegnet der Abtretungsvertrag dadurch, daß die Klägerin in Ziffer 7.1 verpflichtet wird, auf Verlangen Forderungen nach ihrer Wahl freizugeben, soweit der mit 75 v.H. des Nennwerts angesetzte realisierbare Wert der gesamten abgetretenen Forderungen die gesicherten Forderungen nicht nur kurzfristig um mehr als 20 v.H. übersteigen. Bis auf das Zeitmoment regelt diese schuldrechtliche Freigabeverpflichtung die Befugnisse der Vertragsparteien eindeutig, so daß dem Verfahren auch nicht entgegengehalten werden kann, es sei unbestimmt und ermangele einer genügenden Praktikabilität. Jedenfalls ist für eine erhebliche anfängliche Übersicherung, die allein einen Verstoß gegen § 138 BGB begründen könnte (vgl. BGH NJW 98, 2047), nichts vorgetragen oder ersichtlich. Die bei der vorliegenden revolvierenden Sicherung danach zwar noch zu erörternde nachträgliche Übersicherung begründet nur einen Freigabeanspruch und läßt daher die Wirksamkeit der Sicherungsabtretung unberührt (vgl. BGH NJW 98, 671). Selbst wenn die Freigabeklausel unangemessen wäre, würde sie die Wirksamkeit der Sicherungsabtretung nicht in Frage stellen (vgl. BGH a.a.O.).

Der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz erfordert es schließlich, daß der Gegenstand des Sicherungsgeschäftes eindeutig festgelegt ist (vgl. Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, 5. Aufl., Rdnr. 1187). Zwar können auch in Zukunft erst entstehende Forderungen abgetreten werden, sie müssen jedoch so genügend bestimmt sein, daß es nur noch ihrer Entstehung bedarf, um die Übertragung mit der Entstehung der Forderung ohne weiteres und zweifelsfrei wirksam werden zu lassen (vgl. BGHZ 71, 78). Werden aber wie hier alle Forderungen eines Schuldners abgetreten, so kann nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden, ob bestimmte Forderungen von dieser Vereinbarung erfaßt werden oder nicht. So hat bereits das Reichsgericht die Abtretung "aller künftigen in einem bestimmten Geschäftsbetrieb entstehenden Forderungen" (vgl. RG JW 32, 37 61) als hinreichend bestimmt angesehen. Auch wenn wie hier die Abtretung in keiner Weise zeitlich begrenzt wird, liegt bei einer Abtretung aller gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus dem gesamten Geschäftsbetrieb kein Verstoß gegen das Gebot der hinreichenden Individualisierung vor (vgl. OLG Oldenburg, WM 97, 1383).

Die in dem angefochtenen Urteil angeführte Entscheidung BGHZ 71, 74 läßt sich nicht auf die vorliegende Fallgestaltung anwenden. In dem dort entschiedenen Fall waren Forderungen nur bis zu einem bestimmten Höchstbetrag abgetreten worden und sollten dann weitere Forderungen in einer nicht festgelegten Reihenfolge "nachrücken". Bei dieser Gestaltung war damit nicht von vornherein festgelegt, welche Forderungen erfaßt werden würden. Zutreffend ist zwar nun die Auffassung des Landgerichts, daß nicht von vornherein feststeht, welche weitere Forderungen auf Grund der in Ziffer 1.2 des Abtretungsvertrages enthaltenen Nachsicherungspflicht künftig an die Klägerin abzutreten sein werden. Die Nachsicherungsklausel enthält jedoch noch keine Verfügungen über zukünftige Forderungen sondern, wie es darin auch ausdrücklich heißt, eine bloße Verpflichtung zu derartigen Verfügungen. Das Bestimmtheitsgebot bezieht sich jedoch allein auf das Verfügungsgeschäft. So sollten auch die nachrückenden Forderungen in der angesprochenen Bundesgerichtsentscheidung des Bundesgerichtshofes bereits durch den Sicherungsvertrag abgetreten sein. Rührt die Unbestimmtheit aber wie hier lediglich aus dem Verpflichtungsgeschäft, so hat dies keinen Einfluß auf ein wirksam vollzogenes Verfügungsgeschäft (vgl. Bülow, a.a.O. Rdnr. 1192). Ebenso wie nach Maßgabe unbestimmter Verpflichtungsgeschäfte erfolgte Abtretungen wirksam sind (vgl. BGH WM 66, 13), vermag eine unbestimmte Verpflichtung ein im übrigen wirksames Verfügungsgeschäft - hier die Abtretung aller Forderungen - nicht außer Kraft zu setzen. Dementsprechend liegt beispielsweise auch der Entscheidung des großen Senats des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 98, 671) eine schuldrechtlich unbestimmte Freigabeklausel zu Grunde, ohne daß deswegen die umfassend ausgestattete Abtretungsklausel Bedenken ausgesetzt war.

Die hier vorliegende Globalzession ist mithin als wirksam anzusehen.

Weiterhin vermag sich die Beklagte nicht auf die Ausschlußwirkung einer vorhaltslosen Annahme ihrer Schlußzahlung nach § 16 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B zu berufen. Dies hätte vorausgesetzt, daß sie die G. H. U. T. G. oder deren Rechtsnachfolgerin schriftlich nicht nur auf die Ausschlußwirkung, sondern auch auf die Fristen und Maßnahmen hingewiesen hätte, die zur Wahrung der Rechte zu ergreifen gewesen wären (vgl. Werner/Pastor, der Bauprozeß, 8. Aufl., Rdnr. 2305; Ingenstein/Korbion, VOB, 12. Aufl., § 16/b Rdnr. 198). Die letztgenannte Voraussetzung wird selbst von dem Anwaltsschreiben vom 19. Februar 1998 nicht gewahrt. Im übrigen hat die Klägerin ohnehin bereits mit Schreiben vom 3. März 1998 und damit innerhalb von 24 Tagen nach diesem Schreiben Widerspruch erhoben.

Schließlich kann die Beklagte der Klageforderung auch nicht deswegen den Vorwurf treuwidrigen Verhaltens entgegenhalten, weil sie nicht mehr mit dem Geltendmachen der Forderung habe rechnen müssen. Dem steht nämlich der unwidersprochene klägerische Vortrag entgegen, daß die G. H. U. T. G. bzw. die Klägerin selbst noch mit Schreiben vom 31. Oktober, 4. November 1997 und 8. Januar 1998 auf der Erfüllung der Forderung bestanden haben. Da die G. H. U. T. G. ihre Leistungen für den Gewerbebetrieb der Beklagten erbracht hat, gilt die vierjährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 2 BGB (BGH BauR 84, 183; Werner/Pastor, a.a.O. Rdnr. 23 65),die ersichtlich noch nicht verstrichen ist.

Damit hängt die Berechtigung der Klageforderung allein noch von den Einwänden ab, die die Beklagte zu deren Höhe, bzw. zu geleisteten Zahlungen, Gegenforderungen pp. geltend gemacht hat. Zu diesen Punkten ist der Rechtsstreit noch nicht zur Entscheidung reif. Dies beruht teilweise darauf, daß in 1. Instanz im allseitigen Einverständnis die Auseinandersetzung auf die Frage der Berechtigung der Globalzession konzentriert und daher auch ausdrücklich der Vortrag zu den anderen Streitpunkten zurückgestellt worden ist. Darüber hinaus hat das Landgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig die zu einzelnen Streitpunkten bereits mögliche und erforderliche Beweisaufnahme unterlassen. Wie die Beklagte selbst einräumt, verbliebe jedoch selbst dann, wenn ihren Einwendungen und zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen in vollem Umfang entsprochen würde, ein Restanspruch zu Gunsten der Klägerin. Diese Auffassung ist, wie sich nachfolgender Aufstellung entnehmen läßt, mit der Maßgabe zutreffend, daß der Klägerin sogar noch ein geringfügig höherer Überschußbetrag verbleiben würde, als ihr die Beklagte bereits ohnehin zugesteht.

PositionBetrag nach Auffassung der Bekl.

Bereich W. 172.557,23 DM Nachlass 5 v.H. -8.627,86 DM Sicherheitseinbehalt -8.627,86 DM Zwischensumme W. 155.301,51 DM

Bereich L. 465.169,49 DM Zahlungen incl. Skonti -382.432,00 DM Wasserschaden -5.379,21 DM Nachlass 5 v.H. -23.258,47 DM Sicherheitseinbehalt -23.258,47 DM Zwischensumme L. 30.841,34 DM

B.: Auftragssumme M. 319.618,64 DM Auftragssumme Simulator 89.308,50 DM Auftragssumme Aufzug 33.756,70 DM Zwischensumme Auftrag 442.683,84 DM Zusatzaufträge 53.250,87 DM Gesamtauftragswert 495.934,71 DM Aufwendung Fertigstellung ohne Eigenleistungen -273.415,33 DM

Eigenleistung A. 0,00 DM Zwischensumme 222.519,38 DM Nachlass -10.248,47 DM Sicherheitseinbehalt 0,00 DM Abtretung I.-Bau -135.031,50 DM Zwischensumme 77.239,41 DM Zahlungen auf B. -116.449,02 DM Blitzüberweisung -100.000,00 DM

Zwischensumme B. 139.209,61 DM

Bereich W. 155.301,51 DM Bereich L. 30.841,34 DM AVK B. 139.209,61 DM fehlende Nachweise -46.630,00 DM rechnerisch richtiger Endbetrag 303,24 DM

Zwischen den Parteien bestehen noch eine Vielzahl von Streitpunkten, ohne daß eine Sachaufklärung auch nur begonnen hat. Der Senat sieht es deshalb als angemessen an, den Rechtsstreit gemäß § 528 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO an die 1. Instanz zurückzuverweisen, um den Parteien keine Tatsacheninstanz zu nehmen.

Auf Grund der mithin vorzunehmenden Zurückverweisung wird das Landgericht über die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Rechtsmittelverfahrens neu zu befinden haben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Der Anordnung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es nicht. Die getroffene Entscheidung ermöglicht keine Vollstreckung, sondern hindert lediglich mit der Aufhebung der erstinstanzliche Kostengrundentscheidung eine etwa mögliche Vollstreckung der Beklagten aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss.

Die Festsetzung der Beschwer berücksichtigt, daß beide Parteien mit ihren Anträgen auf Verurteilung bzw. Abweisung nicht durchgedrungen sind.

Ende der Entscheidung

Zurück