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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 15.03.2000
Aktenzeichen: 7 U 53/99
Rechtsgebiete: AKB, VVG


Vorschriften:

AKB § 12
VVG § 1
VVG § 49
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der behaupteten Schäden an seinem Pkw aufgrund des Schadensereignisses vom 26.01.1995 folgt zunächst nicht 7 U 53/99 aus §§ 1, 49 WG i, V. m. § 12 Nr. 1 l c AKB. Ein solcher Anspruch scheitert daran, dass das Schadensereignis nach der eigenen Darstellung des Klägers nicht als unmittelbare Einwirkung einer Überschwemmung gewertet werden kann. Unmittelbar war eine Einwirkung von Naturgewalten auf den Pkw nur dann, wenn nicht ein weiteres Ereignis bzw. eine weitere Ursache den Eintritt des Schadens vermittelt hat (vgl. BGH VersR 1984, 28; BGH VersR 1964, 712; OLG Frankfurt VersR 1966, 437; OLG Hamm NJW-RR 1989, 26; LG Göttingen VersR 1970, 1040; Prölss/Martin/Knappmann "WG", 26. Aufl. § 12 AKB Rn. 28). Da das Fahrverhalten des Klägers mitursächlich für den schließlich eingetretenen behaupteten Versicherungsfall geworden ist, weil der Kläger in den Überschwemmungsbereich hinein gefahren ist, ist von einer fehlenden Unmittelbarkeit des Schadenseintritts auszugehen.

Ein Anspruch des Klägers aus §§ 1, 49 WG i. V. m. § 12 Nr. 1 II e AKB scheitert daran, dass die Beklagte wegen einer dem Kläger anzulastenden grob fahrlässigen Herbeiführung des Schadensereignisses gem. § 61 WG leistungsfrei geworden ist Der Senat sieht allerdings ein Unfallereignis als gegeben an, da ein unmittelbar von außen her plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis zu dem von dem Kläger behaupteten, bisher nicht geklärten Wasserschlag geführt hat. Da das Wasser unmittelbar von außen auf das Fahrzeug des Klägers eingewirkt hatte und die Einwirkung auch plötzlich, im Sinne von unausweichlich verstanden, (vgl. BGH NJW 1985, 1389; OLG Hamm NJW-RR 1987, 279), Schäden verursacht haben soll, lag ein Unfallereignis vor. Die Gewalteinwirkung erfolgte nach den Regeln der Mechanik, wenn die Wasserbewegung den von dem Kläger behaupteten Wasserschaden zur Folge hatte, da nicht etwa chemische Einwirkungen die von dem Kläger behaupteten nachteiligen Einwirkungen auf sein Fahrzeug herbeigeführt hatten. Nach der Darstellung des Klägers soll Wasser aufgrund des Aufpralls in den Verbrennungsraum des Zylinders eingedrungen sein und hierbei Beschädigungen der Zylinderwandung mit der Gefahr der Abreißung der Pleuelstange zur Folge gehabt haben (vgl. auch AG Neustadt NJW 1987, 301).

Der Klärung einer solchen, das Fahrzeug des Klägers schädigenden Einwirkung durch eindringendes Wasser bedarf es jedoch nicht, weil aufgrund der einleuchtenden Ausführungen des Sachverständigen SV1 davon auszugehen ist, dass der Kläger grob fahrlässig das Schadensereignis durch einen Bedienungsfehler, was für den Leistungsausschluss ausreicht (vgl. OLG Hamm VersR 1995, 1345; OLG Stuttgart VersR 1995, 1044) herbeigeführt hat. Der Senat folgt der Ansicht des Landgerichts, dass der Unfallhergang dafür spricht, dass der Kläger bei dem Hereinfahren in das aufgestaute Wasser objektiv von dem erforderlichen Sorgfaltsmaßstab in ungewöhnlichem Maße abgewichen ist, subjektiv eine schlechthin anzunehmende Unentschuldbarkeit zugrunde zu legen ist. Der Senat kann es offen lassen, in weicher Entfernung der Kläger ab dem Einbiegevorgang in die ,,.Straße Wasser auf der Fahrbahn der ...Straße erkennen konnte. Eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers lag jedenfalls darin, dass er nach den einleuchtenden Feststellungen des Sachverständigen nach Erreichen des aufgestauten Wassers weiterhin das Gaspedal getreten halten muss, bis zu dem Moment, in dem das Fahrzeug trotz Gasgebens stehen geblieben ist. Der Sachverständige hat einleuchtend bekundet, dass der Kläger mit dem Fahrzeug in dem Wasser eine Strecke von ca. 26 m zurückgelegt hatte, für die es keine ausreichende Erklärung bietet, dass der Kläger nach seiner Behauptung versehentlich vom Bremspedal auf das Gaspedal abgerutscht war. Vielmehr spricht die im Wasser zurückgelegte Strecke dafür, dass der Kläger auch weiterhin das Gaspedal betätigt haben muss und den Pkw zu beschleunigen versucht hat, um durch das aufgestaute Wasser zu gelangen. Damit erweist sich die Darstellung des Klägers als unrichtig, er sei zunächst bewusst in das Wasser hinein gefahren, habe dann aber, weil ihm Bedenken gekommen seien, ob er durch das Wasser gelangen könne, sofort bremsen wollen oder ob er sofort versucht habe zu bremsen, als er plötzlich nach dem Abbiegen in die ...Straße die Wasserlache gesehen habe, hierbei versehentlich vom Brems- auf das Gaspedal gerutscht sei. Da nach alledem fest steht, dass der Kläger bewusst in das Wasser gefahren ist, dort versucht hat, durch Gasgeben durch das Wasser fahren zu können, hat er in objektiv und subjektiv unentschuldbarer Weise die ihn treffenden Sorgfaltspflichten verletzt, so dass die Beklagte gem. § 61 WG leistungsfrei geworden ist.

Gegen die Annahme der Richtigkeit der Feststellungen des gerichtlich bestellten Gutachters SV1 sprechen nicht die von dem Privatgutachter SV2 angestellten Überlegungen, die sich der Kläger zu eigen gemacht hat. Auch wenn dem Kläger mangels nachgewiesen vorhandener Warnzeichen nicht vorgeworfen werden kann, bei einer von ihm eingehaltenen Geschwindigkeit von 45 km/h vom Abbiegen bis zum Erreichen der Wasserlinie eine Strecke von 27 m zurückgelegt zu haben, ohne einen Bremsentschluss gefasst zu haben, weil er jedenfalls nicht grob fahrlässig die Gefahrsituation falsch eingeschätzt hatte, lassen sich aus den Überlegungen des Privatgutachters keine Anhaltspunkte dafür gewinnen, die das Verhalten des Klägers ab dem Erreichen der Wasserlinie bis zum schließlich erfolgten Anhalten als nicht grob fahrlässig erscheinen ließen. Ob für den Kläger ab dem Einmündungsbereich die Sichtverhältnisse durch dort gelagerte Baumaterialien und durch eine, freilich von der Beklagten bestrittene Dämmerung ungünstig waren, dem Kläger darüber hinaus ein Reaktionsverzug von 1 s zugebilligt wird, und darüber hinaus nach der Erkenntnis der Gefahrensituation beim Umsetzen vom Gaspedal auf die Bremse zu seinen Gunsten ein Abrutschen zugrunde gelegt wird, kann offen bleiben. Gleichwohl ist nicht erklärlich, weshalb der Kläger nach der Erreichen der Wasserlinie und der nunmehr offensichtlich gebotenen Reaktion, das Fahrzeug anzuhalten, noch eine Strecke von 26 m im Wasser zurücklegen sollte. Soweit der Privatgutachter unter Addition dieser von ihm zugrunde gelegten Anschlusstatsachen einen Anhalteweg bei einer mittleren Fahrgeschwindigkeit von 45 km/h von bis zu 37,5 m zugrunde gelegt hat, ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass im Anschluss an das Abrutschen auf das Gaspedal und dem erneut eingeleiteten Bremsvorgang die Bremswirkung durch den Stauschwall noch zusätzlich verstärkt worden ist, so dass ein zusätzlicher Bremseffekt eintrat, der zu einer Verkürzung des Bremsweges führt, jedenfalls nicht damit vereinbar ist, dass im Wasser schließlich ein Anhalteweg von 27 m zurückgelegt worden ist. Überdies fand während des Abrutschens von der Bremse auf das Gaspedal eine merkliche Beschleunigung des Fahrzeugs nach den einleuchtenden Feststellungen des Sachverständigen nicht statt, so dass sich die Feststellung des Sachverständigen als zwingend aufdrängt, dass der Kläger, um die Endposition des Fahrzeugs zu erreichen, mit mindestens gleichförmiger Geschwindigkeit in das Wasser hineingefahren sein muss.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Bemessung der Beschwer orientiert sich am Ausmaß des Unterliegens des Klägers in der Berufungsinstanz.

Ende der Entscheidung

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