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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 12.01.2000
Aktenzeichen: 7 U 63/99
Rechtsgebiete: AUB 88


Vorschriften:

AUB 88 § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Der Kläger hat die Beklagte auf Erbringung von Leistungen aus einer zwischen den Parteien bestehenden Unfallversicherung verfolgt. Die Parteien schlossen am 9.6.1994 einen Unfallversicherungsvertrag ab, wonach die Beklagte bei Eintritt eines Unfalls, der sich vor Vollendung des 65. Lebensjahres des versicherten Klägers ohne Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen ereignete, und zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit von mindestens 90% führt, eine Invaliditätsleistung von 250.000,-- DM zu erbringen hat. Wegen der Einzelheiten des Versicherungsscheines wird auf Bl. 28 - 30 d.A. verwiesen.

Der am ....12.1995 54 Jahre alte Kläger behauptet, an diesem Tage einen Arbeitsunfall erlitten zu haben, der zu seiner vollständigen Invalidität geführt habe. Er habe an diesem Tage im Rahmen seiner Arbeitstätigkeit eine denkmalgeschützte, mit wertvollen Intarsien beschichtete Tür aus dem .... Schloss im O1 in der Werkstatt seines Arbeitgebers bearbeitet. Die ca. 1 bis 1 1/2 Zentner schwere, 3 Meter lange, 1 Meter breite und 5 Zentimeter dicke Tür, die sich im Laufe der Jahre verzogen gehabt hatte, habe zur Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit mit einer Nut längsseits 3 Meter lang und 18 Zentimeter stark und der Einleimung eines entsprechenden Hartholzbrettes mit Kunstharz und Überspannung bearbeitet werden sollen. Das Ausfräsen der Nut habe mittels einer Kettenfräse vorgenommen werden sollen. Da seine Armkraft zum Weitertransport des Türblattes an der Kettenfräse nichtausgereicht habe, habe er den rechten Fuß zu Hilfe genommen und unterstützt mit der Armkraft das Türblatt weitergehebelt, um die Tür im Gleichgewicht zu halten. Der Kläger hat behauptet, hierbei plötzlich einen Ruck im rechten Knie verspürt und das Gefühl gehabt zu haben, als wenn etwas oberhalb des rechten Knies gerissen sei. Trotz heftiger Schmerzen habe er auch noch am 13.12.1995 weitergearbeitet und wegen der anhaltenden Schmerzen und weil in der Nacht zum 14.12.1995 das Knie angeschwollen sei, sich schließlich an diesem Tage in ärztliche Behandlung begeben. Weiterhin hat der Kläger behauptet, seine Arbeitsfähigkeit nicht wiedererlangt zu haben. Seitdem sei er ununterbrochen arbeitsunfähig krank, so dass ihm ab dem 11.2.1997 eine Erwerbsunfähigkeitsrente bewilligt worden sei. Aufgrund der Beeinträchtigungen im rechten Knie habe sich eine Bewegungsunfähigkeit eingestellt, so dass er sich nur noch mit Unterarmgehstützen fortbewegen könne und auch negative Auswirkungen auf den Hüft- und Lendenwirbelbereich zu beobachten seien. Hieraus ergebe sich die Invalidität des Klägers, so dass die Beklagte zur Zahlung der Versicherungsleistungen verpflichtet sei. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass seine Invalidität mit 90% zu beziffern sei, weil zum einen aufgrund des Unfalls sein rechtes Bein bis über die Mitte des Oberschenkels funktionsunfähig geworden sei und zum anderen durch die Schmerzen im Kniegelenk auch die Funktion der Hüfte in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Aufgrund der eingetretenen 90%igen Invalidität beanspruche er 229.000,-- DM. Sollte die Invalidität des Klägers mit 70% anzunehmen sein, betrage die ihm zustehende Invaliditätsleistung aufgrund der in dem Versicherungsvertrag vereinbarten Normaldeckung von 125.000,-- DM damit mindestens 92.500,-- DM.

Dementsprechend hat der Kläger beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 229.000,- DM nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 1.6.1996 zu verurteilen,

hilfsweise,

die Beklagte zur Zahlung von 92.500,-- DM nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 1.6.1996 zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat das Vorliegen eines bedingungsgemäß versicherten Unfallereignisses in Abrede gestellt. Es habe sich nicht um ein plötzlich von außen auftretendes Ereignis gehandelt, das zu den behaupteten Gesundheitsstörungen geführt habe, sondern es liege lediglich eine Gesundheitsbeeinträchtigung aufgrund einer längerfristigen dauernden Beeinträchtigung vor. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Kläger nicht unmittelbar nachdem von ihm behaupteten Ereignis einen Arzt aufgesucht habe. Weiterhin hat sich die Beklagte darauf berufen, dass der Kläger gegenüber dem erstbehandelnden Arzt nicht auf ein plötzlich von außen eintretendes Ereignis hingewiesen habe, vielmehr der behandelnde Arzt Treue erfahren habe, dass der Kläger schon zuvor bei mehrfachem Einsatz der Fuß-Beinkraft rechtzeitig den Weitertransport schwerer Türen unterstützt habe und von einem plötzlichen fürchterlichen Schmerz im rechten Knie bei der Bearbeitung am 12.12.1995 nicht die Rede gewesen sei. Gegen ein Unfallereignis spreche es auch, dass nach den eigenen Angaben des Klägers Schmerzen und Schwellungen erst am Abend des angeblichen Unfalltages aufgetreten seien. Auch bei der sozialmedizinischen Begutachtung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen wegen anhaltender Arbeitsunfähigkeit sei kein Unfallereignis als Auslöser der Beschwerden angeführt worden. Die Beklagte hat weiterhin die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die Zahlung einer Versicherungsleistung auch deshalb nicht vorlägen, weil die Invalidität nicht ein Jahr nach dem behaupteten Unfallereignis eingetreten sei und eine ärztliche Feststellung hierüber nicht nach Ablauf von weiteren drei Monaten vorgelegen habe. Die Beeinträchtigung des Klägers, die dieser anführe, seien danach nicht auf das von ihm angeführte Ereignis zurückzuführen. Sie beruhten vielmehr auf im wesentlichen degenerativen Veränderungen, so dass auch deshalb eine Leistungspflicht ausgeschlossen sei.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 24.11.1998, wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 111 bis 118 d. A. verwiesen wird, die Klage abgewiesen.

Gegen dieses, dem Kläger am 15.1.1999 zugestellte Urteil richtet sich seine am 15.2.1999 eingelegte Berufung, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungfrist bis zum 15.4.1999 am 8.4.1999 begründet hat. Mit der Berufung verfolgt der Kläger die Abänderung der angefochtenen Entscheidung und die Verurteilung der Beklagten entsprechend der erstinstanzlich gestellten Anträge. Der Kläger ist der Auffassung, dass ein Unfallereignis Auslöser der von ihm erlittenen, zu seiner Invalidität führenden Schädigung gewesen sei. Die Schädigung sei durch eine überproportionale, zeitlich begrenzte Kraftaufwendung verursacht worden. Die erhöhte Kraftanstrengung sei darin zu sehen, dass er die wegen ihrer Maße unhandliche Tür, die darüber hinaus ein Gewicht von 1 bis 1,5 Zentnern aufgewiesen habe, mit den Armen nicht habe hochheben können, weil es keinen Halt für die Hände auf dem Türblatt gegeben habe. Das Anheben und der Weitertransport sei vielmehr nur mittels des Einsatzes des rechten Fußes bzw. mittels der dem Fuß durch die Beinmuskulatur vermittelten Kraft möglich gewesen. Mit der Armkraft habe er das Türblatt nur im Gleichgewicht halten können. Das Türblatt habe er erstmalig am 12.12.1995 bearbeitet. Ansonsten habe seine Tätigkeit darin bestanden, Scheuerleisten sowie Heizungsrohrabdeckungen zu verlegen und zu befestigen, stets in kniender und gebückter Haltung, ferner Berliner Doppelfenster und Türen, aber auch Garagentore zu reparieren, wobei die zu bearbeitenden Werkstücke jeweils auf dem Fußboden gelegen hätten. Oft habe er schweres Material und schweres Werkzeug mehrere hundert Meter tragen müssen, weil er mit dem PKW an die Baustelle nicht näher habe heranfahren können. Im Schloss O1 habe die Tätigkeit des Klägers vor der Bearbeitung der denkmalgeschützten Tür darin bestanden, auf hohen Leitern und Rollrüstungen über Kopf Restaurierungsarbeiten durchzuführen. Im Sommer 1995 sei der Kläger mit dem Innenausbau einer Yacht beschäftigt gewesen, wobei er zumeist im Knien, Bücken, Liegen, Hocken und auch in sehr verdrehter Körperhaltung habe arbeiten müssen. Der Zusammenhang der Gesundheitsbeschädigung des Klägers mit dem Unfallereignis werde dadurch deutlich, dass drei Wochen nach dem Ereignis vom 12.12.1995 sein rechtes Knie blau geworden sei, was auf einen tiefen Bluterguss und einen Muskelfaserriss oberhalb des rechten Kniegelenkes hindeute. Der Kläger habe auch nicht die erlittenen Beschwerden größer dargestellt, als sie tatsächlich gewesen seien. Soweit die Reha-Klinik dies angenommen habe, habe dies auf der Unkenntnis der tatsächlichen Schädigung des Klägers beruht, die erst nach Beendigung der Reha-Kur durch eine radiologische Untersuchung vom 26.2.1997 und die MRT-Untersuchung vom 28.2.1997 objektiviert worden sei. Gegen das Vorliegen eines Unfallereignisses spreche auch nicht das in dem noch anhängigen Sozialrechtsstreit des Klägers gegen die Berufsgenossenschaft eingeholte Gutachten des Gutachters SV1 wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 179-204 d.A. verwiesen wird. Soweit der Gutachter ausgeführt habe, dass eine Überbelastung des Knies des Klägers durch den Bewegungsvorgang vom 12.12.1995 deshalb auszuschließen sei, weil bei einer derartigen kombinierten körperlichen Beanspruchung nur eine Stelle, nämlich der Quadrizeps-Sehnenansatz entscheidend betroffen worden sei, habe er den Arbeitsvorgang verkannt. Der Gutachter sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger mittels Armkraft und nur stützend durch den rechten Fuß das Türblatt angehoben habe. Vielmehr habe die wesentliche Belastung auf dem rechten Fuß und rechten Bein gelegen, während der Kläger mit seinem Arm lediglich die Tür im Gleichgewicht gehalten habe. Damit sei auch der Gutachter zu dem fehlerhaften Schluss gelangt, dass der "gewerbliche Faktor" eine alleinige Bedeutung für die Schädigung gehabt habe. Die Auffassung des Gutachters, eine Überbelastung durch den Bewegungsvorgang vom 12.12.1995 sei deshalb auszuschließen, weil bei einer derartigen kombinierten körperlichen Beanspruchung, nur der Ansatz der Quadrizepssehne am Oberen Rand der Patella betroffen werde, sei unrichtig. Bei gleichmäßiger Beanspruchung liege es vielmehr nahe, dass auch alle anderen Gewebsteile der Bewegungskette beansprucht würden. Der daraus gezogene Schluss, dass die Funktionsstörungen auf erheblich vorangeschrittenem Verschleiß, degenerations- und altersbedingten Veränderungen beruhten, die sich offensichtlich im Laufe des Zeitraumes von 1995 bis 1998 stark verschlimmert hätten, sei nicht zwingend. Abzustellen sei vielmehr darauf, ob der zwischen den Parteien streitige Gesundheitsschaden im konkreten Einzelfall mit seinen individuellen Gegebenheiten durch den Arbeitsunfall tatsächlich bewirkt worden sei, dieser also eine notwendige und hinreichende Bedingung für den Eintritt des Schadens gebildet habe. Die radiologisch nachweislich geringfügigen degenerativen Knorpelveränderungen des Kniegelenks des Klägers könnten als wesentliche Ursache des von ihm erlittenen Gesundheitsschadens nicht in Betracht kommen. Ihr geringes Ausmaß spreche dagegen, dass der Schaden nur zufällig "bei Gelegenheit" der Tätigkeit des Klägers eingetreten sei. Weiterhin sei von dem Vorliegen einer ärztlichen Feststellung der binnen eines Jahres nach dem Unfallereignis eingetretenen Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfallereignis auszugehen. Wie sich dem Reha-Entlassungsbericht vom 20.2.1997, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 162- 170 d.A. verwiesen wird, entnehmen lasse, sei innerhalb des fraglichen Zeitraumes die auf den Unfall zurückzuführende Invalidität des Klägers festgestellt worden. Die Feststellung sei, bezogen auf den Zeitpunkt der Entlassung des Klägers aus der Behandlung, am 10.2.1997, damit 14 Monate nach dem Unfallereignis erfolgt. Da der objektive Aufnahmebefund vom 13.1.1997, damit 13 Monate nach dem Unfallereignis vom 12.12.1995 erfolgt sei, könne auf die gesundheitliche Verfassung des Klägers zum 12.12.1996, damit ein Jahr nach dem Unfallereignis vom 12.12.1995, ein sicherer Schluss gezogen werden. Der Leidenszustand des Klägers habe nämlich am 13.1.1997 bereits ein Ausmaß an Verfestigung erreicht, das durch therapeutische Maßnahmen nicht mehr beeinflussbar gewesen sei. Ein derartiger Leidenszustand entstehe nicht binnen eines Monats, könne sich nicht in der Zeit vom 13.12.1996 bis zum 13.1.1997 entwickelt haben. Das ergebe sich auch aus der Stellungnahme des Orthopäden, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 173 - 176 d.A. verwiesen wird. Der Kläger hat weiterhin die Ansicht vertreten, dass angesichts der Funktionseinbuße seines rechten Beines über der Mitte des Oberschenkels ein fester Invaliditätsgrad von 70% anzusetzen sei, zusätzlich aufgrund der Funktionsunfähigkeit seiner Hüfte rechts mit einer Verkürzung der Muskulatur ein Betrag von mindestens 20% zu berücksichtigen sei, so dass sich bei einer Addition beider Beeinträchtigungen ein Gesamtinvaliditätsgrad von 90% ergebe. Werde von nur einer teilweisen Funktionsbeeinträchtigung des Beines über der Mitte des Oberschenkels ausgegangen und ein Invaliditätsgrad von lediglich 55% angenommen, sei zusätzlich wegen der Verkürzung der Muskulatur und den Auswirkungen auf den gesamten Haltungsapparat ein Invaliditätsgrad von insgesamt 70% anzusetzen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 229.000,-- DM nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 1.6.1996 zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 92.500,-- DM zuzüglich 4% Zinsen hieraus seit dem 1.6.1996 zu zahlen.

Die Beklagt beantragt

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil der Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie meint, dass aufgrund der widersprüchlichen Schilderung des Klägers hinsichtlich des angeblichen Unfallereignisses bereits erhebliche Zweifel daran bestünden, dass ein Unfallereignis im Sinne des § 1 Abs. 3 und 4 UB 88 vorliege. Jedenfalls seien die formellen Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 AUB 88 nicht erfüllt, weil eine ärztliche Feststellung der geltend gemachten unfallbedingten Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem angeblichen Unfallereignis nicht erfolgt sei. Der von dem Kläger zitierte Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik vom 20.2.1997 treffen keine Feststellungen hierzu, da keine der objektiven Befunde als Folge des angeblichen Unfallereignisses bezeichnet werde. Vielmehr werde ausdrücklich der Verdacht einer bewussten Übertreibung von Schmerzsymptomen durch den Kläger ausgesprochen und eine Behandlung durch eine neurologisch-psychiatrische Vorstellung des Klägers und einer Aufhebung des von ihm angegebenen Bewegungsdefizits durch einen Extensionsversuch in Narkose vorgeschlagen. Auch der gerichtlich bestellte Sachverständige ... habe in dem sozialrechtlichen Verfahren durch eine eingehende Untersuchung des Klägers festgestellt, dass dessen behauptetes Krankheitsbild gedanklich in keinem Zusammenhang mit dem Ergebnis der unmittelbar nach dem angeblichen Unfallereignis vorgenommenen ärztlichen Untersuchung zu bringen sei und auch nicht durch den geschilderten Bewegungsablauf hätte herbeigeführt werden können. Der Invaliditätsgrad finde keine Entsprechung in der ausschließlich maßgeblichen sogenannten Gliedertaxe und sei nur durch die Mehrleistung aufgrund der Zusatzvereinbarung begründbar. Der Kläger habe darüber hinaus im Rahmen der Untersuchung nach dem behaupteten Unfallereignis die Frage des behandelnden Arztes nach einem plötzlich, auftretenden Ereignis während der Verrichtung der Arbeit auf das nach seinen Angaben der Schmerz zurückzuführen sei, verneint. Den am Abend aufgetretenen Schmerz habe der Kläger allgemein auf einen im Laufe des Tages mehrfach ausgeübten Bewegungsablauf zurückgeführt, da er ein schweres Türblatt auf den rechten Fuß gestützt und in einer für die Bearbeitung an einer Kettenfräse vorgesehenen Haltung aufgestellt habe. Die Beklagte ist der Auffassung, dass der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger mit dieser Schilderung keinen Unfall im Sinne der AUB 88 dargetan habe. Beide Schilderungen ließen keinen Schluss auf ein Unfallereignis im Sinne eines plötzlich von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses oder auf eine Überbeanspruchung von Muskeln infolge eines kurzzeitig erhöhten Kraftanstrengung zu. Der Arbeitsvorgang sei deshalb nicht als Einwirkung im Sinne des § 1 Abs. 3 AUB 88 anzusehen, weil nach der Darstellung des Klägers hinsichtlich des Bewegungsablaufs eine Eigendynamik des Türblatts bzw. eine Fehlbewegung des Klägers ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Das Überlastungssyndrom könnte ebenso Folge einer langjährigen beruflichen Tätigkeit sein, die allgemein mit einer hohen körperlichen Belastung verbunden gewesen sei, was der Kläger selbst vorgetragen habe. Weiterhin bestehe kein adäquater kausaler Zusammenhang zwischen der konkreten Unfallfolge und der angeblichen Invalidität des Klägers. Da der erstbehandelnde Arzt, der Chirurg ..., als Ursache der leichten Schwellung und der schmerzhaften Einschränkung der Bewegungsfähigkeit im Kniegelenk lediglich ein Überlastungssyndrom der rechten Oberschenkelmuskulatur festgestellt habe, sei ein Ursachenzusammenhang zwischen dem angeblichen Unfallgeschehen und deren Gesundheitsbeeinträchtigung nicht gegeben.

Gegen die Vermutung des Klägers, dass eine unfallbedingte Beeinträchtigung vorliege, spreche auch der Befundbericht des Orthopäden ... vom 16.10.1998, wonach während einer Untersuchung des rechten Kniegelenkes drei Monate nach dem angeblichen Unfallereignis kein medizinisch nachweisbares Bewegungsdefizit im rechten Kniegelenk vorhanden gewesen sei. Das Überlastungssyndrom in der rechten Oberschenkelmuskulatur habe eine dauerhafte Leistungsbeeinträchtigung weder ausgelöst noch verursacht. Alle Funktionsstörungen im Kniegelenk könnten nicht mit dem Reizzustand an der Ansatzstelle der Quadrizepssehne der rechten Patella, also einer Reizstörung außerhalb des Kniegelenks, in Verbindung gebracht werden. Für die Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen ... spreche es, dass ein chronischer Reizzustand im Kniegelenk nicht im ursächlichen Zusammenhang mit einem Reizzustand außerhalb des Kniegelenkes stehen könne. Soweit im Bereich des rechten Kniegelenkes im Februar 1997 eine Bakercyste festgestellt worden sei, was zwischen den Parteien unstreitig ist, sei dies für den Nachweis einer Leistungsminderung des Klägers unerheblich, da diese Feststellung erst nach Ablauf der Frist des § 7 AUB 88 getroffen worden sei.

Der Anspruch des Klägers sei auch deshalb ausgeschlossen, weil der Eintritt einer etwaigen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit innerhalb eines Jahres nach dem Unfallereignis nicht dargelegt und eine hierauf zurückzuführende Invalidität nicht innerhalb von 15 Monaten ärztlich festgestellt worden sei. Der Bericht der Rehabilitationsklinik ... beruhe auf einer Untersuchung, die erst 13 Monate nach dem Unfallereignis erfolgt sei. Er enthalte auch keine Feststellung hinsichtlich des Zeitpunkts des Auftretens der Funktionsstörungen. Eine zeitliche Einordnung des Eintritts der Invalidität sei auch nicht infolge der seitens des Orthopäden ... durchgeführten Untersuchung entbehrlich. Dessen Befundbericht sei vielmehr zu entnehmen, dass sich die durch das angebliche Unfallereignis hervorgerufenen schmerzlichen Bewegungseinschränkungen bereits im März 1996 normalisiert hatten. Der Entlassungsbericht genüge auch deshalb nicht den Anforderungen des § 7 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 2 AUB, da eine Leistungsstörung als Unfallfolge nicht angeführt werde. Er enthalte auch nicht die Feststellung einer dauerhaften Leistungsstörung, da er eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Klägers infolge einer neurologisch-psychiatrischen Vorstellung und einer gleichzeitigen Extension des rechten Kniegelenks in Narkose für möglich halte. Das fachorthopädische Zusammenhangsgutachten des Orthopäden ... wahre nicht die Feststellungsfrist, da diese ärztlichen Feststellungen im wesentlichen auf dem im März 1997 erhobenen Befund einer Baker-Zyste beruhten. Weiterhin tritt die Beklagte nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 29.7.1999 der Berechnung der Höhe der geforderten Leistungen durch den Kläger entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung aufgrund des zwischen den Parteien abgeschlossenen Unfallversicherungsvertrages schon deshalb nicht zu, weil von dem Vorliegen eines versicherten Unfallereignisses weder gemäß § 1 Abs. 3 noch gemäß § 1 Abs. 4 der Vertragsinhalt gewordenen AUB 88 ausgegangen werden kann. Ein versichertes Unfallereignis gemäß § 1 Abs. 3 AUB 88 hätte vorausgesetzt, dass der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erlitten hat. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers kann hiervon nicht ausgegangen werden. Die Darstellung des Klägers, wonach er die Tür auf kurze Balken an einer Kettenfräse gestellt habe, damit die furnierte Gegenseite der Tür geschützt gewesen sei, er den rechten Fuß zu Hilfe genommen habe, um einen Weitertransport des Türblattes an der Kettenfräse zu ermöglichen und hierbei schließlich einen Ruck im rechten Knie verspürt habe und zugleich das Gefühl, dass "oberhalb des rechten Knies etwas gerissen" sei, stellt nicht die ausreichende Darlegung einer solchen, von außen auf seinen Körper wirkenden Beeinträchtigung dar. Hierfür wäre es erforderlich gewesen, dass das "Abstützen" des Türblattes in der Weise auf den Körper des Klägers einwirkte, dass er durch eigene Bewegung eine Kollision seines Körpers mit der Außenwelt verursacht hat (vgl. OLG Frankfurt, VersR 1961, 745; OLG Nürnberg VersR 1962, 773). Da der Kläger die von ihm geschilderte Bewegung plan- und willensgemäß ausgeführt hat und dabei nach seiner Darstellung ungewollt eine Körperschädigung erlitten hat, ist er nicht als Opfer einer Einwirkung von außen anzusehen. Lag eine Eigenbewegung infolge von Kraftanstrengungen vor, die eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte, die auf Anstrengung oder Überanstrengung beruhte, lag gerade keine Einwirkung von außen, sondern ein nicht versicherter innerer Vorgang vor ( vgl. OLG Düsseldorf VersR 1954, 555; OLG München VersR 1957, 144). So sind gewollte Kraftanstrengungen, die zu inneren Schäden geführt haben, wie etwa das Heben einer Mörtelwanne (BGHVersR 1989, 73), ein Wirbelbruch beim Anziehen einer bereits festgestellten Bremse (OLG Hamm VersR 1988, 242), das Stemmen gegen eine kippende Wand (OLG Frankfurt VersR 1991, 213), das Anheben, des Baumstammes (LG Karlsruhe VersR 1988, 242), ein Wirbelbruch beim Heben (LG Frankfurt am Main (Recht und Schaden 1991, 286) und das Halten einer langen Leiter mit Verletzungsfolge (AG Stuttgart VersR 1984, 841) nicht als eine für die Erfüllung des Unfallbegriffs taugliche Einwirkung von außen angesehen worden. Da der Kläger auch nicht dargetan hat, dass die von ihm gehaltene Tür eine Eigendynamik entwickelt hatte, er eine erhöhte Kraftanstrengung deshalb aufzubringen hatte. Um ein Abrutschen der Tür zu vermeiden konnte auch unter diesem Gesichtspunkt eine für den Unfallbegriff im Sinne des § 1 Abs. 3 AUB 88 erforderliche äußere Einwirkung nicht angenommen werden (vgl. auch OLG Köln Recht und Schaden 1997, 349; OLG Schleswig VersR 1970, 1048; vgl. auch BGH VersR 1989, 73; OLG Hamm Recht und Schaden 1996, 330). Vielmehr stellte sich die Schädigung nach der eigenen Darstellung des Klägers als Folge einer geplanten Kraftanstrengung dar, ohne dass der Kläger etwa gezwungen war, aufgrund eines drohenden Abrutschens der von ihm gehaltenen Tür eine größere Kraftanstrengung zu entfalten.

Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers kann auch nicht von dem Vorliegen eines Unfallereignisses gemäß § 1 Abs. 4 AUB 88 ausgegangen werden. Dem Vorbringen des Klägers kann nicht entnommen werden, dass es zu der von ihm behaupteten Gesundheitsbeschädigung dadurch gekommen ist, dass er eine erhöhte Kraftanstrengung bei seinem behaupteten Arbeitseinsatz vornehmen musste, dass an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wurde oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen wurden. Diese Begriffsbestimmung fängt die Fallgruppen auf, in denen eine Eigendynamik des gehobenen oder gehaltenen Gegenstandes nicht gegeben war, es damit an einem Unfallereignis im Sinne des § 1 Abs. 3 AUB 88 fehlte (vgl. auch OLG München VersR 1991, 802; OLG Oldenburg VersR 1995, 694; LG Berlin ZFS 1991; 317; LG Düsseldorf ZFS 1985, 285; LG Köln VersR 1988, 462). Auch wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, dass sowohl wegen der Unhandlichkeit der von ihm zu bearbeitenden Tür wie auch wegen des Gewichtes und den Schwierigkeiten, die Tür im Gleichgewicht zu halten, eine erhöhte Kraftanstrengung im Sinne des § 1 Abs. 4 AUB vorlag, weil der subjektiv an der individuellen körperlichen Konstitution und dem Kräfteverhältnis gemessenen Arbeitseinsatz des Klägers diese Einordnung rechtfertigte, kann gleichwohl nicht von der Erfüllung dieses Unfallbegriffes ausgegangen werden.

Voraussetzung für den diesem erweiterten Unfallbegriff erfüllenden Tatbestand einer erhöhten Kraftanstrengung war es nämlich zusätzlich, dass entweder ein Gelenk verrenkt wurde oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen worden sind. Dass eine Verrenkung des Gelenkes vorlag, hat der Kläger nicht vortragen lassen. Soweit zunächst von ihm angeführt worden ist, dass ein Überlastungssyndrom der rechten Oberschenkelmuskulatur und eine Insertionstendiose vorliege, genügt dies nicht, hierin eine Verrenkung eines Gelenkes zu sehen. Soweit der Kläger hat vortragen lassen, drei Wochen nach dem Ereignis vom 12.12.1995 sei ein blauer Reizerguss im Kniegelenk aufgetreten, der den sicheren Rückschluss auf einen Muskelfaserriss erlaube, ist das Auftreten eines solchen Reizergusses von der Beklagten mit der Begründung in Abrede gestellt worden, ein solcher sei nicht durch radiologische und sonographische Untersuchungen und auch nicht während der insgesamt acht Nachuntersuchungen festgestellt worden. Da auch der Orthopäde ... in seiner Untersuchung vom 21.3.1996 einen Erguss im Kniegelenk nicht feststellen konnte, kann auch nicht mit dieser Begründung die Annahme eines Risses der Muskeln im Kniebereich angenommen werden. Soweit sich der Kläger schließlich darauf bezogen hat, als weitere, von ihm angeführte nachteilige Folge der erhöhten Kraftanstrengung sei eine Baker-Zyste aufgetreten, war dem deshalb nicht nachzugehen, weil diese nach der eigenen Darstellung des Klägers erst mehr als 12 Monate nach der Kraftanstrengung sich ausgebildet hatte. Überdies spricht gegen die Unfallursächlichkeit dieser Zyste das von dem Kläger angeführte fachorthopädische Zusammenhangsgutachten des Arztes ..., wonach die Zyste zwar Ausdruck einer chronischen Entzündung gewesen ist, diese aber wiederum Folge einer strukturellen Schädigung der Sehne des zugehörigen Muskels und einer Arthrose des rechten Kniegelenks war.

Da es danach schon an einem versicherten Unfallereignis fehlt, kann der Senat es offen lassen, ob die weitere Voraussetzung des Versicherungsanspruchs, die Einhaltung der Frist für die ärztliche Feststellung der Invalidität gewahrt ist. Insbesondere bedurfte es danach keines Eingehens auf die Frage, ob die Beklagte sich deshalb nicht auf einen etwaigen Fristablauf hinsichtlich der jetzigen Feststellung berufen konnte, weil sie schon innerhalb der Frist den Anspruch endgültig abgelehnt hatte, der Versicherungsnehmer damit nicht mehr gehalten war, diese formale Voraussetzung seines Versicherungsanspruchs zu wahren (vgl. auch OLG Köln Recht und Schaden 1992, 105; OLG Köln VersR 1995, 907; OLG Schleswig Recht und Schaden 1992, 394; Prölss/Martin/Knappmann "Versicherungsvertragsgesetz", 26. Aufl. § 7 AUB 88 Rn. 14). Aus dem gleichen Grunde kann es offen bleiben, ob eine Einschränkung der Leistung gemäß § 8 AUB 88 vorzunehmen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Bemessung der Beschwer orientiert sich am Ausmaß des Unterliegens des Klägers im Rechtsstreit.

Ende der Entscheidung

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