Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 30.01.2002
Aktenzeichen: 7 U 65/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 197
BGB § 201
BGB § 225
BGB § 284 II a. F.
BGB § 285
BGB § 286 I
ZPO § 92 II
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO a.F. § 546 II
Darf ein Schuldner nicht mehr davon ausgehen, der Gläubiger werde sich an einen von ihm vor Eintritt der Verjährung erklärten Verzicht auf die Verjährungseinrede halten, muss er nach einer Überlegungsfrist von einem Monat nach Fortfall des Vertrauenstatbestandes die Forderung gerichtlich geltend machen.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit ...

hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main - 7. Zivilsenat - durch die Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.1.2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 22.2.2001 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, Zug um Zug gegen Herausgabe des von dem Grundbuchamt des Amtsgerichts Lahnstein aufgrund der von dem Kläger vor dem Notar Dr. Gerhard Ma., Wiesbaden, am 3.10.1985, UR-Nr. 128/85, zugunsten des Klägers auf dessen im Grundbuch des Amtsgerichts Lahnstein von Miehlen, Band 47, Blatt 1797 bestellten Eigentümergrundschuld in Höhe von 100.000,-DM verzinslich zu 15 % Zinsen jährlich ab 1.11.1985 erteilten Grundschuldbrief und Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung der von dem Kläger am 3.10.1985 vor dem Notar Gerhard Ma., Wiesbaden , UR-Nr. .../85, zugunsten des Beklagten erteilten Abtretungserklärung der vorbezeichneten Grundschuld an den Beklagten 39.164,96 Euro (=76.600,-DM) nebst 4 % Zinsen aus 4601,63 Euro (=9.000,-DM) seit dem 1.1.1994 sowie aus 7.720,51 Euro (=15.100,-DM) seit dem 1.1.1995 sowie aus 7.209,22 Euro (=14.100,-DM) seit dem 1.1.1996 und 5,5 % Zinsen aus 19.531,35 Euro (=38.200,-DM) für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2001 sowie 10 % Zinsen aus 4.908,4 Euro(= 9.600,-DM) seit 1.1.1997, aus weiteren 4.908,4 Euro seit 1.1.1998, aus weiteren 4.908,4 Euro seit dem 1.1.1999 und aus weiteren 4.908,4 Euro seit dem 1.1.2000 zu zahlen.

Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger ist mit 19.531,35 Euro (38.200,-DM) beschwert.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat auch ­ mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruchs ­ Erfolg.

Dem Beklagten steht gegenüber dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung der Mietrückstände auch für die Jahre 1993 bis 1995 in Höhe von insgesamt weiteren 38.200,-DM zu.

Zwar waren die Mietforderungen des Beklagten - jenen Zeitraum betreffend - bei Erhebung der Widerklage im Jahr 2000 bereits verjährt, da Mietzinsen gemäß § 197 BGB in vier Jahren verjähren und die Verjährung gemäß § 201 BGB am Ende des Jahres, in welchem die Ansprüche entstanden sind, zu laufen beginnt.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist ein vor Eintritt der Verjährung erklärter Verzicht auf die Verjährungseinrede gemäß § 225 BGB unwirksam, so dass der Beklagte sich nicht auf die seitens des Klägers am 11.12.1997 ­ also vor Eintritt der Verjährung ­ abgegebene Erklärung, dass er hinsichtlich der Mietrückstände ab 1993 auf den Einwand der Verjährung verzichte, berufen kann.

Eine derartige Verzichtserklärung entfaltet jedoch einen Vertrauenstatbestand mit der Folge, dass eine dennoch erhobene Verjährungseinrede treuewidrig (§ 242 BGB) ist, solange der Gläubiger davon ausgehen durfte, der Schuldner fühle sich an den Verzicht gebunden (vgl. BGH NJW 1991,975). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Der Beklagte hat rechtzeitig innerhalb der ihm zuzubilligenden Überlegungsfrist Widerklage erhoben, nachdem für ihn erkennbar war, dass der Beklagte sich an den Verzicht auf die Verjährungseinrede nicht mehr gebunden fühlte. Die Überlegungsfrist innerhalb derer der Gläubiger die Forderung nach erkennbarem Fortfall des Vertrauenstatbestandes gerichtlich geltend machen muss, ist in der Regel mit einem Monat zu bemessen (BGH a.a.O.).

Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 23.8.2000 ­ dem Beklagten am 30.8.2000 zugegangen ­ sich auf die Verjährung der Mietrückstände berufen hat, hat der Beklagte bereits mit am 26.9.2000 bei Gericht eingegangenem ­ dem Kläger am 28.9.2000 zugestellten -Schriftsatz Widerklage erhoben, so dass die Monatsfrist gewahrt ist. Der Beklagte hatte weder aufgrund des vorprozessualen Schreibens vom 29.2.2000 noch aufgrund der Klageschrift Anlass zu der Annahme, der Kläger fühle sich an den Verjährungsverzicht nicht mehr gebunden. In jenem Schreiben als auch in der Klageschrift hat der Kläger zwar die Hersaugabe der Grundschuld mit der Behauptung begehrt, der Sicherungszweck der Grundschuld sei entfallen bzw. gar nicht eingetreten, womit er konkludent auch die spätere Vereinbarung eines anderen Sicherungszweckes der Grundschuld ­ nämlich für rückständige Mieten - in Abrede gestellt hat. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht nur sachliche Einwendungen gegen die gesicherten Forderungen erheben, sondern sich auch auf Verjährung berufen werde, konnte er hieraus jedenfalls nicht entnehmen.

Danach steht dem Beklagten auch ein Anspruch auf Zahlung der Mietrückstände aus dem Zeitraum 1993 bis 1995 zu.

Für die Zeit bis zum 1.1.2001 sowie ab 1.1.2001 kann der Beklagte Verzugszinsen wegen der Mietrückstände aus den Jahren 1993 bis 1995 nur in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4 % gemäß §§ 284 II a. F., 285, 286 I BGB begehren. Ein weitergehender Zinsanspruch ­ allerdings nur in Höhe von 9,5 statt 10 % - steht dem Beklagten nur für das Jahr 2001 zu, da die vorgelegte Bescheinigung der D. B. vom 16.1.2002 sich nur auf dieses Jahr bezieht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 II ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Wert der Beschwer war gemäß § 546 II a.F. ZPO festzusetzen.



Ende der Entscheidung

Zurück