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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 29.03.2007
Aktenzeichen: 7 U 65/05
Rechtsgebiete: AVBSP 85, BZRG


Vorschriften:

AVBSP 85 § 5 Nr. 4
BZRG § 51 Abs. 1
1. Eine die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung eines versicherten Einbruchs indizierende strafrechtliche Verurteilung des Versicherungsnehmers hat bei Tilgungsreife nach § 51 Abs. 1BZRG unberücksichtigt zu bleiben. Maßgeblich ist Tilgungsreife im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Deckungsprozess, nicht im Zeitpunkt der Anzeige des Versicherungsfalls beim Versicherer.

2. Zweitwohnung i. S. des § 5 Nr. 4 AVBSP 85 ist eine Wohnung, die nicht den Lebensmittelpunkt des Versicherungsnehmers bildet, sondern nur gelegentlich genutzt wird. Sie ist jedenfalls dann nicht bewohnt i. S. von § 5 Nr. 4 AVBSP 85, wenn sich über mehrere Tage niemand in der Wohnung aufhält und dort übernachtet.


Gründe:

I.

Der Kläger macht bedingungsgemäße Leistungen aus einer Schmuckversicherung geltend mit der Behauptung, in der Zeit zwischen dem .... und ...08.1993 seien bei einem Einbruch in seine damalige ... Wohnung zwei Safes, in denen sich bei der Beklagten versicherte Wertsachen Schmuckstücke, Schreibgerät und eine Uhr befunden hätten, mitsamt Inhalt entwendet worden. In den Versicherungsvertrag sind die AVB Schmuck und Pelze 1985 einbezogen, wegen deren Wortlauts auf Bl. 14-16 d.A. Bezug genommen wird. Der Kläger meldete den behaupteten Einbruch am ....08.1993 der Polizei in O1. In der polizeilichen Tatortaufnahme (Bl. 212-215 d.A., Übersetzung Bl. 216-223 d.A.) ist vermerkt, dass ein rückwärtiges Fenster der im ersten Stock gelegenen Wohnung eingeschlagen und ein Zugang zu dem Fenster für den oder die Täter durch ein Aufeinanderstapeln von hinter dem Haus vorhandenen Gartenmöbeln möglich gewesen sei.

Im Frühjahr 1994 leitete die Staatsanwaltschaft Hannover (34 Js 23480/94) gegen den Kläger, seine damalige Lebensgefährtin und zwei weitere Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen mehrfachen, teils versuchten, Versicherungsbetrugs ein, das zunächst in eine Anklageschrift vom 19.10.1997 mündete, in der als 24. Fall auch der behauptete Einbruch in O1 aufgeführt ist (Bl. 245-304 d.A.). Nach Eröffnung des Hauptverfahrens mit Beschluss vom 14.10.1998 wurde das Strafverfahren letztlich am 02.02.2004 wegen überlanger Verfahrensdauer nach § 153 StPO eingestellt. Der Kläger war durch Urteil des Amtsgerichts München vom 19.07.1989 wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Wegen Urkundenfälschung und Betruges und unter Einbeziehung dieser Verurteilung verhängte das Amtsgericht München am 27.11.1989 eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten. Aufgrund dieses Urteils befand sich der Kläger am 05.02.1990 bereits als Freigänger im Strafvollzug (Bl. 165-170 Bd. XII der Ermittlungsakte 34 Js 23480/94 der StA Hannover).

Die Beklagte hatte ihre Leistungsentscheidung bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens zurückgestellt. Mit Schreiben vom 08.04.2004 lehnte sie Versicherungsleistungen mit der Begründung ab, der Kläger habe ein versichertes Schadensereignis nicht nachgewiesen.

Der Kläger hat behauptet, dass er am ...8.1993 mit seiner damaligen Lebensgefährtin von O1 nach Deutschland gefahren sei. Vor der Abreise habe er alle bei der Beklagten versicherten Wertsachen mit Ausnahme einer Armbanduhr, die er getragen habe, in den Safes verwahrt, die sich in einem Schrank befunden hätten. Bei seiner Rückkehr am ...08.1993 gegen 19.00 Uhr habe er festgestellt, dass verschlossene Schränke aufgebrochen und die Safes aus der Verankerung gerissen und entwendet worden seien. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm die in der Rechtsprechung entwickelten Beweiserleichterungen in der Diebstahlsversicherung zugute kämen. Zeugen für das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung und für die Verwahrung des Schmucks in den Safes stünden ihm nicht zur Verfügung. Er hat eingeräumt, dass gegen ihn zahlreiche Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, hat aber geltend gemacht, dass diese Verfahren mit Ausnahme der beiden oben genannten eingestellt worden seien, weshalb sich eine erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des Versicherungsfalls daraus nicht herleiten lasse.

Der Kläger hat beantragt.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 31.955,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.04.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den behaupteten Einbruch, Besitz und Eigentum des Klägers an den angeblich entwendeten Gegenständen, deren Einlagerung in den Safes und deren behaupteten Wert bestritten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass dem Kläger keine Beweiserleichterungen zukämen, weil sich aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hannover und zahlreichen weiteren gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren eine erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des Einbruchs und die Unredlichkeit des Klägers ergäben. Schließlich hat sich die Beklagte zum Beweis dafür, dass die Vorwürfe in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hannover zuträfen, auf den polizeilichen Schlussbericht und das Zeugnis der staatsanwaltschaftlichen Dezernentin bezogen.

Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat ohne Anhörung des im ersten Verhandlungstermin anwesenden Klägers die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger den Versicherungsfall nicht nachgewiesen habe. Dem Kläger komme weder die erste Beweiserleichterung in der Diebstahlsversicherung noch die Redlichkeitsvermutung zugute. Aus der Gesamtschau aller Umstände, insbesondere dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hannover, ergebe sich eine auffällige Häufung des Verdachts betrügerischer Handlungen. Die Unschuld des Klägers stehe angesichts einer Einstellung nach § 153 StPO nicht fest. Wegen der Erwägungen des Landgerichts im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

II.

Gegen dieses am 24.03.2005 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 08.04.2005 eingelegten und am 24.05.2005 begründeten Berufung, mit der er Verfahrensfehler sowie fehlerhafte Tatsachenfeststellungen rügt. Der Kläger meint, dass das Landgericht ihn hätte darauf hinweisen müssen, dass es die Voraussetzungen seiner Vernehmung als Partei zu dem Besitz an den und dem Wert der als entwendet behaupteten Schmuckstücke verneine. Wäre ein solcher Hinweis erteilt worden, so hätte er hierfür ergänzend Beweis angeboten, was der Kläger nun nachholt. Weiter macht der Kläger geltend, dass das Landgericht zu Unrecht angenommen habe, ihm kämen keine Beweiserleichterungen zugute. Der bloße Verdacht einer Straftat begründe noch keine erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung und beseitige die Redlichkeitsvermutung noch nicht. Die erfolgten strafrechtlichen Verurteilungen seien im Bundeszentralregister getilgt bzw. seit Jahren tilgungsreif und hätten daher außer Betracht zu bleiben. Auf einen im zweitinstanzlichen Termin gegebenen Hinweis hin, dass angesichts der vom Kläger abgegebenen Erklärung über seine damaligen Wohnverhältnisse der Versicherungsschutz nach § 5 Nr. 4 der AVB ausgeschlossen sein könnte, vertritt der Kläger die Auffassung, dass eine Zweitwohnung zwar nur dann bewohnt i.S. der Klausel sei, wenn der Versicherungsnehmer beabsichtige, sich dort über mehrere Wochen aufzuhalten, dass dann aber eine Abwesenheit von wenigen Tagen nicht dazu führe, dass die Wohnung nicht als bewohnt gelte.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 31.955,74 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.04.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, insbesondere die Versagung von Beweiserleichterungen. Zur Auslegung des § 5 Nr. 4 der AVB vertritt sie die Auffassung, dass die Frage des Bewohnt-Seins einer Zweitwohnung nicht anhand der Willensrichtung des Versicherungsnehmers zu beantworten sei.

Wegen des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird im Übrigen Bezug genommen auf die klägerischen Schriftsätze vom 19.05.2005 (Bl. 166-177 d.A.), 05.04.2006 (Bl. 229-230 d.A.) und "19.05.2005", per Fax eingegangen am 08.03.2007, im Original am 14.03.2007 (Bl. 363-366 d.A.) sowie die Schriftsätze der Beklagten vom 29.04.2005 (Bl. 151-152 d.A.), 14.09.2005 (Bl. 199-202 d.A.), 06.04.2006 (Bl. 235-237 d.A.), 17.05.2006 (Bl. 239-240 d.A.) und 08.03.2007 (Bl. 353-358 d.A.), die diesen Schriftsätzen beigefügten Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 08.02.2007 (Bl. 318-324 d.A.).

Mit Beschluss vom 22.11.2006 hat der Senat den Rechtsstreit gemäß § 526 Abs. 1 ZPO dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Im Termin vom 08.02.2007 sind Kläger informatorisch gehört und der Zeuge Z1 gemäß Beschluss vom 27.11.2006 (Bl. 308 d.A.) vernommen worden. Wegen der vom Kläger abgegebenen Erklärungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Hannover 34 Js 23480/94 hat vorgelegen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf ihren Inhalt wird Bezug genommen.

III.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zwar durfte die Klage nicht mit der vom Landgericht gegebenen Begründung abgewiesen werden, doch erweist sich die Klageabweisung aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend.

Unzutreffend ist die Annahme des Landgerichts, dass der Kläger den Vollbeweis des Versicherungsfalls erbringen müsse. Die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung eines Einbruchs kann sich nur aus unstreitigen oder bewiesenen Indizien ergeben. Straftaten, derer der Versicherungsnehmer verdächtigt worden ist, müssen zu einer rechtskräftigen Verurteilung geführt haben oder anderweitig vom Versicherer bewiesen werden. Verfahrenseinstellungen nach §§ 153 ff. StPO, die lediglich hinreichenden Tatverdacht voraussetzen, reichen nicht aus (BGH VersR 1997, 53, 54 und VersR 1996, 575). Deshalb begründet das umfangreiche, bei der Staatsanwaltschaft Hannover geführte Strafverfahren ebenso wenig eine erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung eines Einbruchs wie die anderen von der Beklagten angeführten Ermittlungsverfahren, die nicht zu einer Verurteilung des Klägers geführt haben. Für ihre Behauptung, dass der Kläger die von der Staatsanwaltschaft Hannover angeklagten Taten begangen habe, hat die Beklagte keinen geeigneten Beweis angeboten. Der polizeiliche Ermittlungsbericht, den die Beklagte urkundsbeweislich verwertet wissen möchte, enthält lediglich Erklärungen der ermittelnden Beamten. Diese haben ebenso wenig wie die als Zeugin benannte Staatsanwältin Anfang August 1993 in O1 eigene Wahrnehmungen gemacht. Die Verurteilungen des Klägers aus dem Jahr 1989 waren jedenfalls zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 14.02.2005 tilgungsreif. Nach § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG beträgt die Tilgungsfrist bei einer Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr, sofern diese nicht wegen eines Sexualdelikts erfolgt ist, 15 Jahre. Das Urteil des Amtsgerichts München vom 27.11.1989 muss vor Februar 1990 rechtskräftig geworden sein, weil sich der Kläger bereits Anfang Februar 1990 im Strafvollzug befunden hat. Mithin muss Tilgungsreife vor Februar 2005 eingetreten sein. Nach § 51 Abs. 1 BZRG dürfen eine getilgte oder tilgungsreife Verurteilung und die zugrunde liegende Tat dem Verurteilten im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten werden. Nach Sinn und Zweck dieser der Resozialisierung dienenden Norm sind getilgte oder tilgungsreife Verurteilungen als nicht existent zu behandeln. Deshalb kann bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Vortäuschung des Versicherungsfalls nicht darauf abgestellt werden, dass im Zeitpunkt der Anzeige des behaupteten Versicherungsfalls bei dem Versicherer die Eintragung im Register noch nicht zu tilgen war. Maßgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil im Deckungsprozess ergeht (so im Ergebnis auch OLG Köln VersR 2002, 478 f. und - für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers im Deckungsprozess - BGH VersR 1998, 488 f. Rn 14 im juris-Ausdruck). Mithin kommen dem Kläger die Beweiserleichterungen in der Diebstahlsversicherung zugute, weshalb er, nachdem Einbruchsspuren in Gestalt eines eingeschlagenen Fensters unstreitig vorlagen, persönlich anzuhören war.

Aus den Angaben des Klägers bei dieser Anhörung ergibt sich, dass für einen Einbruch, wie er behauptet wird, kein Versicherungsschutz bestehen würde. Daher kann dahingestellt bleiben, ob eine bedingungsgemäße Entwendung der fraglichen Wertgegenstände überhaupt stattgefunden hat. Nach § 5 Nr. 4 der AVB besteht für Sachen in Zweitwohnungen Versicherungsschutz gemäß § 5 Nr. 1 d) und § 6 der AVB nur, solange die Zweitwohnung bewohnt ist. Der Kläger hat erklärt, dass er sich seinerzeit etwa 30% der Zeit des Jahres in der ... Wohnung aufgehalten und ansonsten eine Wohnung in O2 unterhalten habe. Er sei mit seiner damaligen Lebensgefährtin vom ... bis ... 08.1993 zu geschäftlichen Besprechungen zu seinem Bruder nach O3 gefahren. Nach diesen Angaben handelte es sich bei der damaligen ... Wohnung des Klägers um eine Zweitwohnung i.S. von § 5 Nr. 4 der AVB und war diese Zweitwohnung vom .... bis ... 08.2003 nicht bewohnt i.S. der genannten Klausel.

Eine Auslegung vom Horizont eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse, der die AVB verständig würdigt, aufmerksam durchsieht und ihren erkennbaren Sinnzusammenhang berücksichtigt (vgl. zu diesem Auslegungsmaßstab BGHZ 123, 83 ff. Rn 14 im juris-Ausdruck; BGH VersR 2002, 1503 f. Rn 10 im juris-Ausdruck; BGHZ 152, 262 ff. Rn 17 im juris-Ausdruck; BGHZ 153, 182 ff. Rn 19 im juris-Ausdruck), ergibt, dass unter einer Zweitwohnung eine Wohnung zu verstehen ist, die der Versicherungsnehmer zwar unterhält, die aber nicht seinen Lebensmittelpunkt bildet, sondern nur gelegentlich genutzt wird, und dass diese Zweitwohnung jedenfalls dann nicht bewohnt ist, wenn sich über mehrere Tage niemand in dieser Wohnung aufhält und dort übernachtet.

Bei der Lektüre der AVB wird ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer zunächst deren § 4 entnehmen, dass Versicherungsschutz notwendig einen ständigen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland voraussetzt, dass die Beklagte jedoch bei Vorliegen dieser Voraussetzung Versicherungsschutz grundsätzlich weltweit gewähren will. Bereits aus der Überschrift des § 5 der AVB "Umfang des Versicherungsschutzes" erschließt sich ihm sodann, dass der Versicherer den geographisch unbegrenzten Versicherungsschutz im Übrigen nur in einem näher definierten Umfang zusagt. Dabei wird aus § 5 Nr. 1 a) und b) der AVB für den Versicherungsnehmer erkennbar, dass Versicherungsschutz regelmäßig nur bei bestimmten Formen unmittelbaren Gewahrsams an den versicherten Sachen besteht, und zwar bei solchen, bei denen die Gefahr insbesondere eines Abhandenkommens gemindert ist. Dass der Versicherer regelmäßig nur bei einer räumlichen Nähe einer der in § 5 Nr. 1 der AVB eingangs genannten Personen zu den versicherten Sachen Deckungsschutz zusagen will, erschließt sich einem verständigen Versicherungsnehmer weiter aus § 5 Nr. 1 c) der AVB. Danach besteht während des Zurücklassens versicherter Gegenstände in einem PKW bei Fahrtunterbrechungen Versicherungsschutz nur bei (sicherer) Verwahrung in einem abgeschlossenen und auch im Falle des Aufbruchs der Fahrgastzelle nicht ohne weiteres zugänglichen Kofferraum, jedoch auch dies nur in engen zeitlichen Grenzen, d.h., nur bei eher kurzfristigem Zurücklassen der versicherten Sachen.

Angesichts des ihm erkennbaren Regelungsinhalts des § 4 der AVB - notwendiger Hauptwohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland, Versicherungsschutz weltweit wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer eine Zweitwohnung in § 5 Nr. 4 der AVB als eine Wohnung begreifen, die er zwar irgendwo unterhält, die aber nicht seinen Lebensmittelpunkt bildet, sondern nur gelegentlich genutzt wird; wie dies im Übrigen dem im Zweifel maßgeblichen allgemeinen Sprachgebrauch (vgl. BGH VersR 1988, 714 Rn 10 im juris-Ausdruck) entspricht. Dem Gesamtzusammenhang der Klausel wird dieser Versicherungsnehmer entnehmen, dass eine Zweitwohnung nicht bereits dann als bewohnt gilt, wenn sie überhaupt unterhalten wird. Denn bei verständiger Würdigung erschließt sich ihm, dass ansonsten die Aufnahme des Erfordernisses des Bewohnt-Seins der Zweitwohnung in die Klausel überflüssig wäre. Weil für ihn bereits deutlich wurde, dass der Versicherer den Versicherungsschutz weitgehend von einer räumlichen Nähe der eingangs des § 5 Nr. 1 genannten Personen zu den versicherten Sachen abhängig machen will, wird ein verständiger Versicherungsnehmer zu dem Schluss gelangen, dass eine Zweitwohnung jedenfalls dann nicht als bewohnt gelten kann, wenn sich über mehrere Tage niemand in dieser Wohnung aufhält und dort übernachtet. Es entspricht darüber hinaus auch dem allgemeinen Sprachgebrauch, eine für mehrere Tage verlassene Wohnung als nicht bewohnt zu bezeichnen.

Hingegen wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer den § 5 Nr. 4 der AVB nicht in dem vom Kläger vertretenen Sinne verstehen. Zum einen ergeben sich für ihn aus den AVB keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass seine Zweitwohnung dann noch nicht als bewohnt gelten könnte, wenn er sich zwar dort aufhält und dort nächtigt, er aber nur einen Aufenthalt von wenigen Tagen, etwa über das Wochenende, beabsichtigt. Zum anderen liefe die vom Kläger vertretene Auslegung der Klausel darauf hinaus, dass Versicherungsschutz in der Zweitwohnung erst dann, wenn der Versicherungsnehmer nahezu eine temporäre Verlegung seines Hauptwohnsitzes vornähme, und nur unter dieser Voraussetzung auch dann bestünde, wenn der Versicherungsnehmer die Zweitwohnung für einige Tage verlassen würde. Jedoch ist einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer durchaus bewusst, dass Zweitwohnungen auch im Ausland, z.B. in Urlaubsgebieten, unterhalten werden. Er wird daher angesichts des wünschenswert klaren § 4 der AVB schwerlich auf den Gedanken kommen, dass er u.a. dann Versicherungsschutz für eine im Ausland belegene Zweiwohnung genießen könnte, wenn er seinen Lebensmittelpunkt für einige Zeit dorthin verlegt und von dort für wenige Tage an seine Wohnung in der Bundesrepublik Deutschland zurückkehrt.

Da seine Berufung keinen Erfolg hat, hat der Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen, insbesondere der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Bedeutung des Begriffs der bewohnten Zweitwohnung in § 5 Nr. 4 der AVB ergibt sich unschwer aus dem Klauselwerk und dem allgemeinen Sprachgebrauch, weshalb Klärungsbedarf nicht besteht.

Ende der Entscheidung

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