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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 14.06.2006
Aktenzeichen: 7 U 81/05
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG § 16
Auf die Gesundheitsfragen im Versicherungsantrag sind nicht nur Krankheiten oder Beschwerden von erheblichem Gewicht anzugeben, sondern auch solche Gesundheitsbeeinträchtigungen, die sich nicht bereits als Gesundheitsschaden oder Krankheit darstellen sondern um als Störungen oder Beschwerden zu bezeichnen sind (hier: disseminierte Marklagerläsionen), eine Wertung wird dem Befragten nicht abverlangt.
Gründe:

Die Klägerin, bei welcher Prof. Dr. A im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthaltes im Januar 2003 die Diagnose "Multiple Sklerose" stellte, macht gegenüber der Beklagten Ansprüche aus einer sog. Dread Desease bzw. CIP-Versicherung geltend.

Bei Antragstellung am 11.5.2002 hatte die Klägerin die Frage Nr. 3, in welcher nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden u.a. des Gehirns, des Rückenmarks und der Nerven innerhalb der letzten 10 Jahre gefragt wird, ebenso wie die Frage Nr. 5 nach ärztlichen Beratungen, Untersuchungen in den letzten 5 Jahren bejaht. Verneint hatte die Klägerin hingegen die Frage Nr. 4 nach derzeit bestehenden Krankheiten, Beschwerden oder Gesundheitsstörungen. Unter der Rubrik "Zusätzliche Gesundheitsinformationen" - die auszufüllen ist, wenn eine der vorangehenden Gesundheitsfragen bejaht wird - gab die Klägerin an : Blinddarmdurchbruch 1997, Venenstripping 2000, Kondylone 2002.

Unstreitig hatte die Klägerin 1989 unter einer ca. vierwöchigen Episode des Sehens von Doppelbildern gelitten. Zur Abklärung wurde eine magnetresonanztomografische Aufnahme (MRT) erstellt; weitere MRT-Kotrollen erfolgten 1990, 1993 und 1997.

Im Jahre 2000 hatte die Klägerin des weiteren einen Hörsturz erlitten.

Mit Schreiben vom 17.11.2003 teilte die Klägerin der Beklagten die seitens Prof. Dr. A gestellte Diagnose mit und beantragte entsprechende Versicherungsleistungen. Die Beklagte erklärte daraufhin mit Schreiben vom 28.1.2004 den Rücktritt vom Versicherungsvertrag mit der Begründung, die Klägerin habe wesentliche Umstände, aus denen sich der Anfangsverdacht einer beginnenden Multiplen Sklerose ergebe, verschwiegen. Zugleich erklärte sie die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Versicherungssumme (210.000,- Euro) geltend. Des weiteren begehrt sie (hilfsweise) die Feststellung, dass sowohl der erklärte Rücktritt als auch die Anfechtung des Versicherungsvertrages unwirksam seien.

Durch Urteil vom 17.3.2005 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe den Versicherungsvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten. Die Klägerin habe jeweils die ihr 1993 und 1997 genannte Diagnose einer Viruserkrankung ebenso wie den im Jahr 2000 erlittenen Hörsturz angeben müssen. Auch wenn es sich um eine leichte Viruserkrankung gehandelt habe sollte, sei diese anzugeben gewesen, da bereits Marklagerläsionen vorgelegen hätten. Dass die Klägerin arglistig gehandelt habe, zeige sich darin, dass sie weit zurückliegende und völlig ausgeheilte Krankheiten, nicht aber die neurologische Erkrankung angegeben habe.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Sie hält daran fest, bei Antragstellung alle ihr bekannten Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß angegeben zu haben. Dies gelte insbesondere in Hinblick auf die Angabe ihres Hausarztes Dr. B, der über ihren Gesundheitszustand umfassend informiert gewesen sei und bei welchem die Beklagte - trotz ihrer gegenteiligen Behauptung, für sie habe gar kein Anlass zur Nachfrage bestanden - auch tatsächlich nachgefragt habe.

Des weiteren verweist sie darauf, dass die vierwöchige Episode des Sehens von Doppelbildern außerhalb des erfragten Zeitraumes gelegen habe und ihr als Diagnose - ebenso wie bei den späteren Kontrolluntersuchungen - "Viruserkrankung" mitgeteilt worden sei. Auch Dr. C sei in seinem Bericht vom 16.11.1989 davon ausgegangen, dass Kriterien eines entzündlichen disseminierten ZNS-Geschehens nicht vorlägen. Bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung habe die letzte Untersuchung bereits länger als fünf Jahre zurück gelegen. Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass es sich um eine chronische Erkrankung handele, sei dies nicht nachvollziehbar angesichts dessen, dass im Abstand von mehreren Jahren lediglich Nach- und Folgeuntersuchungen vorgenommen worden seien, ohne dass neue oder zusätzliche Symptome in der Zwischenzeit aufgetreten seien. Im übrigen verweist die Klägerin darauf, dass sie unter keinerlei wahrnehmbaren Symptomen gelitten habe und deshalb auch nicht behandelt worden sei.

Dass nachträglich - nach dem heutigen Stand der Wissenschaft - die damalige Viruserkrankung als Multiple Sklerose hätte diagnostiziert werden können, sei unerheblich. Die definitive Diagnose einer Multiplen Sklerose sei erst im Januar 2003 gestellt worden.

Das Landgericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen einer Arglistanfechtung bejaht. Im übrigen sei es nachvollziehbar, dass eine über mehrere Jahre ohne Symptome und Behandlung gebliebene Erkrankung - zumal ihr gegenüber als bloße Viruserkrankung bezeichnet - in Vergessenheit gerate.

Die Klägerin beantragt,

das am 17.3.2005 verkündete Urteil des Landgerichts Darmstadt aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 210.000,- Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 28.1.2004 zu zahlen;

hilfsweise:

festzustellen, dass der von der Beklagten erklärte Rücktritt vom Versicherungsvertrag und die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung unwirksam sind und das Versicherungsverhältnis der Klägerin bei der Beklagten unverändert fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Sie sei zum Rücktritt bzw. zur Anfechtung des Versicherungsvertrages berechtigt gewesen, da die Klägerin die unstreitig vorbestehenden neurologischen Erkrankungen im erfragten Zeitraum nicht angegeben habe. Einen nachvollziehbaren Grund, warum sie die Erkrankungen bzw. Untersuchungen verschwiegen habe, habe die Klägerin nicht darzulegen vermocht. Dass der Klägerin die für eine Multiple Sklerose typischen Befunde (disseminierte Marklagerläsionen) nicht mitgeteilt worden seien, bestreite sie. Letztlich komme es hierauf aber nicht an, da dem Antragsteller bei Beantwortung der Gesundheitsfragen keine medizinische Bewertung abverlangt werde.

Eine Nachfrage bei dem Hausarzt Dr. B habe jedenfalls aufgrund des Anzeigeverhaltens der Klägerin, die gerade die Behandler ihrer neurologischen Erkrankung verschwiegen habe, nicht nahe gelegen. Die tatsächlich dennoch erfolgte Nachfrage bei Dr. B habe auch keine Umstände ergeben, die auf eine neurologische Erkrankung hindeuteten (Beweis : Ärztlicher Bericht vom 26.7.2002).

Dr. B habe auch keine Kenntnis von der neurologischen Erkrankung bzw. den insoweit durchgeführten MRT-Untersuchungen gehabt (Beweis :Zeuge Dr. B).

Das Landgericht habe zu recht aus den vorliegenden Indizien auf ein arglistiges Verschweigen der neurologischen Erkrankung geschlossen. Gleiches gelte hinsichtlich des nicht angegebenen Hörsturzes; warum auch dieser nicht angegeben worden sei, habe die Klägerin in keiner Weise dargetan.

Vorsorglich sei zu bestreiten, dass die festgestellten Marklagerläsionen im Zeitraum von 1990 bis 1997 keinerlei Symptome verursacht hätten. Dies sei bei der Intensität der Nervenschädigungen nicht anzunehmen.

Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 24.5.2006 persönlich angehört. Auf die Sitzungsniederschrift vom 24.5.2006 (Bl. 244 d.A.) wird Bezug genommen.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Leistungsanspruch aus der Dread Desease - Versicherung zu, da die Beklagte den Versicherungsvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten hat. Die Klägerin hat - zumindest bedingt vorsätzlich - ihre vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt, indem sie das Vorhandensein des kontrollbedürftigen neurologischen Befundes nach durchgemachter Virusinfektion mit Doppelbildsehen verschwiegen hat.

Nach § 16 I VVG ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, bei Schließung des Versicherungsvertrages alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der zu versichernden Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Erheblich sind die Gefahrumstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag abzuschließen, Einfluss auszuüben. Umstände, nach denen der Versicherer im Antragsformular ausdrücklich und schriftlich fragt, gelten im Zweifel als erheblich.

Im Antragsformular wird unter Teil 2, Ziffer 3 nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden u.a. des Gehirns, des Rückenmarks oder der Nerven in den letzten zehn Jahren sowie in Ziffer 5 nach Untersuchungen, Beratungen oder Behandlungen in den letzten fünf Jahren gefragt. Des weiteren wird in Ziffer 4 nach derzeit bestehenden Krankheiten, Beschwerden, Gesundheitsstörungen, körperlichen oder geistigen Schäden oder Folgen von früheren Erkrankungen gefragt.

Im Versicherungsantrag vom 11.5.2002 hat die Klägerin zwar die Frage Ziffer 3 nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden innerhalb der letzten 10 Jahre ebenso wie die Frage Ziffer 5 nach Untersuchungen in den letzten 5 Jahren bejaht, aber unter der Rubrik "Zusätzliche Gesundheitsinformationen" nur unwesentliche, bereits ausgeheilte Erkrankungen (Blinddarmdurchbruch, Venenstripping, Kondylone) angegeben und im übrigen die weitere Frage Ziffer 4 nach derzeit bestehenden Krankheiten, Beschwerden oder Gesundheitsstörungen verneint. Insofern liegt eine Falschbeantwortung der Gesundheitsfragen vor, da die Klägerin die bestehende Gesundheitsstörung eines kontrollbedürftigen Befundes - nämlich das Vorhandensein von Entzündungsherden in den Nervenbahnen - verschwiegen hat.

Zwar ist davon auszugehen, dass der Klägerin erst Anfang 2003 bekannt geworden ist, dass sie an einer Multiplen Sklerose leidet und die im Jahre 1989 aufgetretene Episode des Doppelbildsehens ein erstes Anzeichen dieser Erkrankung darstellte. Aufgrund der weit gefassten Fragestellung im Versicherungsantrag, waren jedoch nicht nur Krankheiten oder Schäden von erheblichem Gewicht anzugeben, sondern auch solche Gesundheitsbeeinträchtigungen, die sich nicht bereits als Schaden oder Krankheit darstellen, sondern nur als Störungen oder Beschwerden zu bezeichnen sind. Eine Wertung wird dem Befragten insoweit nicht abverlangt, vielmehr ist jede Gesundheitsstörung, die nicht offenkundig belanglos ist oder alsbald vergeht, anzugeben (vgl. BGH VersR 1994, 711). Unabhängig davon, dass die ursprünglichen Beschwerden (Doppelbildsehen) außerhalb des erfragten 10-Jahreszeitraumes lagen und auch die letzte MRT-Kontrolle nach dem nicht näher präzisierten Vortrag der Klägerin außerhalb des 5-Jahreszeitraumes lag, hätte die Klägerin daher angeben müssen, dass bei ihr eine kontrollbedürftige Gesundheitsstörung der Nerven bzw. des Gehirns vorlag. Wie die Klägerin anlässlich ihrer Anhörung vor dem Senat einräumen musste, wurden ihr die Ergebnisse der jeweils in den Jahren 1989 bis 1997 durchgeführten MRT-Untersuchungen dahingehend erläutert, dass - wohl als Folge einer 1989 durchgemachten Virusinfektion - in den Nervenbahnen Entzündungsherde sichtbar seien, die - wie man ihr bedeutete - auch dauerhaft bestehen bleiben würden. Insofern war ihr bekannt, dass eine kontrollbedürftige Gesundheitsstörung der Nerven bzw. des Gehirns vorlag. Dass diese akut keine Beschwerden verursachte, ist ebenso wie der Umstand, dass keine Behandlung erfolgte, unerheblich. Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass ihr als Ursache des Doppelbildsehens eine Viruserkrankung genannt worden sei und hieraus ableiten will, dass keine anzeigepflichtige Gesundheitsstörung vorgelegen habe, verkennt sie, dass es sich gerade nicht um einen harmlosen, alsbald (folgenlos) vergehenden viralen Infekt - wie er bei jedermann ab und an auftritt - gehandelt hat. Bereits die ursprünglich über einen Zeitraum von vier Wochen aufgetretenen Symptome des Doppelbildsehens wiesen ebenso wie die anschließend im MRT nachweisbaren Entzündungsherde der Nervenbahnen darauf hin, dass es sich gerade nicht um eine Bagatellerkrankung, sondern eine ernsthafte Gesundheitsstörung handelte.

Danach hätte die Klägerin sowohl die Frage Ziffer 3 als auch Ziffer 4 bejahen und unter der Rubrik "zusätzliche Gesundheitsinformationen" die festgestellten, kontrollbedürftigen Entzündungsherde in den Nervenbahnen angeben müssen. Darauf, dass sie etwa den in Folge der Doppelbildepisode festgestellten neurologischen Befund bei Antragstellung vergessen gehabt habe, kann die Klägerin sich nicht berufen. Dass trotz verstärkten Nachdenkens ein tatsächliches Vergessen bei dem Versicherungsnehmer vorgelegen hat, muss dieser hinreichend plausibel darlegen (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 8.9.5 2004, Az.: 5 U 25/04-2). Hieran fehlt es vorliegend. Es handelt sich um eine relativ schwerwiegende Gesundheitsstörung. Dass sie diese vergessen haben könnte, sich aber andererseits genau an andere Erkrankungen - wie. z.B. Blinddarmdurchbruch 1997 / Venenstripping 2000 - erinnern konnte, ist auszuschließen, was auch durch den Umstand belegt wird, dass die Klägerin anlässlich ihrer Anhörung ohne weiteres in der Lage war, Angaben zu den durchgeführten Untersuchungen und den ihr hierbei mitgeteilten Befunden zu machen.

Dass die insoweit verschwiegene Gesundheitsstörung gefahrerheblich ist, liegt auf der Hand. Die Beklagte hätte bei Kenntnis derselben den Versicherungsantrag nicht oder zumindest nur unter Ausschluss insbesondere einer Erkrankung an Multipler Sklerose angenommen. Dass jene chronisch entzündlichen Veränderungen jedenfalls im Nachhinein als erste Anzeichen einer beginnenden Multiplen Sklerose zu deuten waren, stellt auch die Klägerin nicht in Frage.

Eine Anzeigepflichtverletzung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil - wie die Klägerin zunächst behauptet hat - der von ihr im Antragsformular angegebene Dr. B die Beklagte umfassend über ihren Gesundheitszustand informiert hat. Über eine neurologische Erkrankung/Störung hat Dr. B ausweislich seines Berichts die Beklagte gerade nicht unterrichtet.

Danach liegt objektiv der Tatbestand einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vor. In subjektiver Hinsicht trifft die Klägerin der Vorwurf der Arglist.

Arglist setzt nicht zwingend ein geradezu gezielt auf planmäßige Täuschung abgestelltes Verhalten voraus, vielmehr genügt bereits die objektiv gewichtige Verletzung einer Aufklärungspflicht, bei der subjektiv eine Täuschungswirkung ggf. auch nur billigend in Kauf genommen werden muss (bedingter Vorsatz). Der Versicherungsnehmer muss in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass der Versicherer bei Kenntnis des wahren Sachverhalts den Antrag möglicherweise gar nicht oder nur zu anderen Bedingungen angenommen hätte (Römer, VVG-Komm., 2. Aufl., § 22 Rz. 3), wobei der Nachweis der Arglist dem Versicherer obliegt und in der Regel nur durch Indizien zu führen ist. Wichtigste Indizien sind hierbei Art, Schwere und Zweckrichtung der Falschangaben (vgl. Römer, VVG-Komm., 2. Aufl., § 22 Rz. 6).

Indem die Klägerin die Frage nach derzeit bestehenden Gesundheitsstörungen verneint und hinsichtlich der von ihr bejahten Fragen nach früheren Erkrankungen und Behandlungen etc. nur angegeben hat "Blinddarmbruch / Venenstripping / Kondylone", hat sie den Eindruck erweckt, vollständig gesund zu sein und in der Vergangenheit nur an harmlosen, ausgeheilten Erkrankungen gelitten zu haben. Auf der Grundlage dieser Angaben bestand für die Beklagte keinerlei Anlass zu einer weiteren Prüfung der Gesundheitsfragen. Insofern konnte die Klägerin - zumal sie den behandelnden Neurologen Dr. C verschwiegen hatte - davon ausgehen, dass die Beklagte bei ihrem Hausarzt nicht nachfragen würde. Aus der dennoch - zudem ergebnislos - durchgeführten Anfrage bei Dr. B, kann die Klägerin daher nichts herleiten.

Dass die verschwiegene Gesundheitsstörung - nämlich der kontrollbedürftige neurologische Befund - für die Beurteilung des zu übernehmenden Risikos besondere Bedeutung hatte, musste auch der Klägerin als medizinischer Laie bewusst sein. Die Klägerin hatte eine länger andauernde Episode von Doppelbildsehen durchgemacht, was bereits für sich betrachtet eine schwerwiegende Beeinträchtigung darstellt, die zudem mit nachweisbaren, dauerhaften Folgen, nämlich Entzündungsherden in den Nervenbahnen verbunden waren. Auch wenn zunächst keine Diagnose gestellt werden konnte, musste ihr sehr wohl bewusst sein, dass es sich um eine ernsthafte gesundheitliche Störung handelte. Ärztlicherseits waren ihr aufwendige Kontrolluntersuchungen - nämlich kontrastmittelunterstützte magnetresonanztomografische Aufnahmen - angeraten worden. Angesichts dessen erscheint der Hinweis der Klägerin, es habe sich nur um eine leichte Viruserkrankung gehandelt, als bloßer Versuch einer Verharmlosung ihres Krankheitsbildes. Insofern ist davon auszugehen, dass die Klägerin bewusst den ihr bekannten neurologischen Befund verschwiegen hat, da sie damit rechnete, anderenfalls werde die Beklagte den Versicherungsantrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen.

Danach liegen die Voraussetzungen der Arglistanfechtung vor mit der Folge, dass der Versicherungsvertrag von Anfang an als nichtig anzusehen ist, so dass sich sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag als unbegründet erweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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