Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 22.05.2007
Aktenzeichen: 9 U 125/06
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 197
BGB § 199
EGBGB Art. 229
Die für den Beginn der Verjährung nach § 199 Abs. 1 erforderliche Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände hat der Gläubiger regelmäßig schon dann, wenn er die Tatsache kennt, die die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage ausmachen. Rückforderungsansprüche von Anlegern aus dem kreditfinanzierten Erwerb von Immobilien oder Immobilienfondsanteilen zu Steuersparzwecken beruhen indes auf einer so unübersichtlichen und verwickelten Rechtslage, dass der Lauf der Verjährungsfrist hierfür erst mit einer Beratung über die rechtliche Bedeutung dieser Tatsachen in Gang gesetzt wird.
Gründe:

... weist der Senat darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Berufung ist zwar zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache indes keine Aussicht auf Erfolg. Sie hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 II ZPO).

Die Kläger verlangen Rückerstattung von Leistungen, die sie auf ein Darlehen erbracht haben, mit dem sie den Erwerb einer Eigentumswohnung zu Steuersparzwecken finanzierten.

Nach einem vorangegangenen Hausbesuch des Vermittlers A boten die Kläger der B GmbH mit notarieller Erklärung vom 14.8.1991 den Abschluss eines Treuhandvertrags mit umfassender Vollmacht an. Nachdem diese das Angebot angenommen hatte, schloss sie für die Kläger am 15.10.1991 einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung in O1.

Bereits am 14.10.1991 unterzeichneten die Kläger persönlich in ihrer Wohnung einen mit einer Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensantrag über 160.000,- DM an die Beklagte, den diese am 12.11.1991 annahm. Das Darlehen war u.a. durch eine Grundschuld und zwei Lebensversicherungen abgesichert, sollte annuitätisch getilgt werden und war auf fünf Jahre mit anfänglich effektiv 11,06% zu verzinsen. Ebenfalls am 14.10.1991 unterzeichneten die Kläger eine weitere, gesonderte Widerrufsbelehrung, die die Beklagte mit Datum 4.9.1991 vorbereitet hatte.

Nachdem die Kläger ihre Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag zunächst erfüllt und hierauf 35.880,- € gezahlt hatten, widerriefen sie den Darlehensvertrag mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 14.9.2001 unter Hinweis auf das Haustürwiderrufsgesetz. Mit der vorliegenden, am 21.3.2006 erhobenen Klage verlangen sie neben einer negativen Feststellung den gezahlten Betrag (dies hilfsweise Zug um Zug gegen Auflassung der Wohnung) und die zur Sicherheit abgetretenen Lebensversicherungen zurück.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger.

Diese kann nach Auffassung des Senats unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben.

1. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Leistungsansprüche der Kläger verjährt sind.

Dabei kann dahinstehen, ob der Anspruch der Kläger nach altem Recht der 30-jährigen Regelverjährung (§ 195 BGB a.F.) oder der 4-jährigen Ausnahmeverjährung für regelmäßig wiederkehrende Leistungen (§ 197 BGB a.F.) unterlag; die letztgenannte Vorschrift fand Anwendung auch für Rückforderungsansprüche, die auf Bereicherung oder Schadensersatz gestützt wurden (BGH, Urteil vom 10.7.1986 - BGHZ 98, 174, 186). Auch wenn man zu Gunsten der Kläger davon ausgeht, dass ihr Anspruch bei Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zum 1.1.2002 noch nicht verjährt war, so begann zu diesem Zeitpunkt die neue, dreijährige Verjährungsfrist (Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB). Auch wenn in solchen Überleitungsfällen der Fristbeginn unter Einbeziehung der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 23.1.2007, XI ZR 44/06), fällt er auf den 1.1.2002, wenn der Gläubiger zu diesem Zeitpunkt bereits Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hatten. Hierfür genügt regelmäßig die Kenntnis der Tatsachen die die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage erfüllen. Es kommt darauf an, ob der Betroffene diese Kenntnis soweit besitzt, dass er eine Klage - zumindest in der Form der Feststellungsklage - erheben kann, ihm die Klageeinreichung also zumutbar ist (BGH NJW 1999, 2041, 2042; Palandt aaO. § 199 Rn. 26). Nur bei besonders unübersichtlicher und verwickelter Rechtslage (wie sie der Senat in den Fällen des kreditfinanzierten Immobilienerwerbs zu Steuersparzwecken bislang durchweg angenommen hat) kann die Verjährung ohne anwaltliche Beratung nicht beginnen (BGH NJW 1999, 2041).

Vorliegend ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass eine Kenntnis der Kläger zum 1.1.2002 vorlag. Sie waren bereits zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung im September 2001 anwaltlich beraten und wussten - wie der Wortlaut ihres Widerrufsschreibens ausweist - um die Möglichkeit einer Rückabwicklung des Darlehensvertrags der Bank gegenüber - sowohl unter dem Gesichtspunkt des Haustürwiderrufs als auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes aus der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten.

Dass die Rechtsprechung in der Folgezeit weitere Lösungsansätze entwickelt hat, insbesondere der BGH mit Urteil vom 16. Mai 2006 (XI ZR 6/04) seine Rechtsprechung zum Bestehen von Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank in diesen Fällen um eine Kenntnisvermutung bei institutionalisiertem Zusammenwirken von Bank und Vermittler ergänzt hat, ändert an der Verjährung nichts.

Hat der Lauf der Verjährungsfrist einmal begonnen, weil der Gläubiger die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt und er über deren (derzeit aktuelle) rechtliche Bedeutung hinreichend in Kenntnis gesetzt ist, so führt weder der Umstand, dass die derzeitige Rechtsprechung eine Anspruchsdurchsetzung nicht als erfolgversprechend erscheinen lässt noch eine nachträgliche Änderung der Rechtsprechung zu einer Hemmung oder zu einem Neubeginn dieser Frist.

Etwas anderes ergibt sich auch aus den von den Klägern mit der Berufung zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte nicht. Insbesondere die der Entscheidung des BGH vom 23.1.2007 zu Grunde liegende Entscheidung des OLG Zweibrücken geht nicht etwa davon aus, dass der Verjährungsbeginn hinausgeschoben gewesen wäre, weil dem Gläubiger eine BGH-Entscheidung aus dem Jahr 2004 noch nicht bekannt war. Vielmehr kam es aufgrund dieser BGH-Entscheidung auf eine Tatsache an, die dem Gläubiger erst im Jahr 1993 bekannt geworden war. Deswegen hat das OLG einen Beginn der Verjährung zum Schluss des Jahres, in dem diese Tatsache dem Gläubiger bekannt wurde (d. h. zum 31.12.2003), und nicht zum Schluss des Jahres, in dem die BGH-Entscheidung ergangen war (d. h. zum 31.12.2004), angenommen. Dies hat der BGH in seiner Entscheidung vom 23.1.2007 bestätigt.

Im vorliegenden Fall führte die Entscheidung des BGH über das institutionalisierte Zusammenwirken vom 16.5.2006 nicht dazu, dass es für die Rückabwicklung des Darlehensvertrags auf neue, bislang unerhebliche Tatsachen ankommen würde und diese den Klägern nicht bereits zum 1.1.2002 bekannt gewesen wären.

2. Selbst wenn man hier anderer Auffassung sein wollte, steht den Klägern ein Anspruch auf Rückabwicklung des Darlehensvertrags genauso wenig zu, wie sie Feststellung der Unwirksamkeit des Darlehensvertrags verlangen können.

a) Den Klägern steht ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu. Der Darlehensvertrag mit der Beklagten ist wirksam zustande gekommen. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Treuhänderin die Kläger wegen der Unwirksamkeit der ihr erteilten Vollmacht nach § 134 BGB i.V.m. Art 1 § 1 RBerG nicht wirksam vertreten konnte, weil die Kläger den Darlehensvertrag mit der Beklagten persönlich unterzeichnet haben.

b) Ein Anspruch aus § 3 HWiG a.F., der auf den vorliegenden Fall noch Anwendung findet, steht den Klägern ebenfalls nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob die Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrags in einer Haustürsituation i.S.d. § 1 HWiG gehandelt haben oder ob die lange Dauer der davor laufenden Verhandlungen eine Überrumpelungssituation ausschloss (was auch dann der Fall sein kann, wenn die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung in ihrer Wohnung im Beisein des Vermittler abgegeben haben). Dahinstehen kann auch, ob die den Klägern erteilte Belehrung wirksam war und die Widerrufsfrist des § 3 HWiG in Gang gesetzt hat, so dass diese bei Erklärung des Widerrufs im Jahr 2001 bereits abgelaufen war.

Selbst wenn man all dies zugunsten der Kläger als wahr unterstellt, ist Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz nach § 3 HWiG die Pflicht beider Vertragsparteien zur Rückgewähr des aus dem Vertrag Erlangten. Zwar könnten die Kläger damit Rückzahlung der auf das Darlehen erbrachten Raten verlangen, wobei ihr Vortrag zu diesem Zahlungsanspruch nach der neueren Rechtsprechung des BGH, der nunmehr eine Berücksichtigung erzielter Steuervorteile verlangt (BGH Urteil vom 24.4.2007 - XI ZR 17/06), unschlüssig ist. Davon, dass das Finanzamt die ersparten Steuern nachberechnen wird, ist in Anbetracht der tatsächlichen Praxis der Finanzverwaltungen und der zumindest teilweise eingetretenen Festsetzungsverjährung ohne konkrete Darlegung durch die Kläger nicht auszugehen.

Dem Zahlungsanspruch der Kläger kann die Beklagte nach § 242 BGB (dolo-facit-Einrede) aber einen eigenen Anspruch auf Rückzahlung dessen entgegenhalten, was die Kläger aus dem Darlehensvertrag erlangt haben, d.h. der Darlehensvaluta, die marktüblich zu verzinsen sind.

Die Kläger haben diese Darlehensvaluta selbst dann erhalten, wenn sie unmittelbar an die Verkäuferin ausbezahlt wurden. Der Empfang des Darlehens i.S.d. § 3 Abs. 1 HWiG ist nicht anders zu verstehen als in § 607 BGB. Nach beiden Vorschriften gilt ein Darlehen als empfangen, wenn der Kreditgeber es vereinbarungsgemäß an einen Dritten ausgezahlt hat (BGH, Urteil vom 12.12.2002 - XI ZR 47/01; BGH, Urteil vom 16.5.2006 - XI ZR 400/03; BGH Urteil vom 7.12.2006 - XI ZR 341/05).

Eine andere Form der Vertragsrückabwicklung ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt des verbundenen Geschäfts (§ 9 VerbrKrG), bei dem der Darlehensvertrag und der Kaufvertrag als Einheit zu betrachten sind, so dass die Kläger so zu stellen wären, als hätten sie aus dem Gesamtgeschäft nicht das Darlehen, sondern nur die Immobilie erlangt und wären damit auch nur zu deren Rückübereignung verpflichtet.

Zum einen sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, der Realkreditvertrag und das finanzierte Grundstücksgeschäft grundsätzlich nicht als zu einer Einheit verbundene Geschäfte anzusehen, weil auch geschäftlich und rechtlich unerfahrenen Käufern klar ist, dass es sich bei Kauf und Darlehen um zwei getrennte Geschäfte handelt. Der Widerruf des Realkreditvertrags berührt die Wirksamkeit des Kaufvertrages über einen Grundstücksanteil daher grundsätzlich nicht (BGH Urteile vom 12.11.2002 -XI ZR 25/00-; 15.7.2003 -XI ZR 162/00-; 21.7.2003 -II ZR 387/02-; 16.9.2003 -XI ZR 447/02-; 23.9.2003 -XI ZR 135/02-).

Zum anderen hat der Gesetzgeber diese Beurteilung seit dem 1.1.1991 in das Verbraucherkreditgesetz (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG) übernommen und ihn mit der - auf den vorliegenden Fall noch nicht anwendbaren - Neufassung des § 358 Abs. 3 Satz 3 BGB sogar noch verstärkt. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ist die Anwendung des § 9 VerbrKrG und damit die Annahme eines verbundenen Geschäfts ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen dieser Bereichsausnahme vor, weil der den Klägern gewährte Kredit von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht und zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt wird.

Mit einem Jahreszins von anfänglich effektiv 11,06% überschreitet der Kredit den Rahmen der in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Streubreitengrenze nicht in erheblichem Maß (BGH Urteil vom 18.3.2003 -XI ZR 422/01-). Unerheblich ist, ob das Darlehen dabei vollständig oder auch nur überwiegend durch den Verkehrswert der belasteten Immobilie gesichert ist, da eine bloße Teilabsicherung (die die Kläger mit der sittenwidrigen Überteuerung vortragen) den Tatbestand dieser Norm bereits erfüllt (BGH Urteil vom 15.7.2003 -XI ZR 162/00-).

Eine Ausdehnung des verbundenen Geschäfts auf andere Fallgestaltungen ist nicht geboten. Sie ist weder nach nationalem Recht noch aufgrund dessen europarechtlicher Auslegung angezeigt. National handelt es sich um eine bewusste, abschließende Regelung des Gesetzgebers, die von der Rechtsprechung zu respektieren ist (BGH Urteile vom 23.9.2003 -XI ZR 135/02- und 12.11.2002 -XI ZR 25/00-). Hieran ändern die rechtlichen Rahmenbedingungen des Europarechts nichts (BGH Urteil vom 16.9.2003 -XI ZR 447/02-). Mit den beiden Entscheidungen vom 25.10.2005 ("Schulte" -C 350/03- und "Crailsheimer Volksbank e.G." -C 229/04-) hat der EuGH ausdrücklich anerkannt, dass die Ausgestaltung der Rechtsfolgen eines Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz dem nationalen Recht überlassen sind, und die Haustürwiderrufsrichtlinie nationalen Vorschriften nicht entgegensteht, die die Rechtsfolgen des Widerrufs eines Darlehensvertrags auch im Rahmen von Kapitalanlagemodellen, bei denen das Darlehen ohne den Erwerb der Immobilie nicht gewährt worden wäre, auf die Rückabwicklung des Darlehensvertrages beschränken. Insbesondere verbietet es die Haustürwiderrufsrichtlinie nach den genannten Entscheidungen nicht, dass der von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machende Verbraucher die Darlehensvaluta an den Darlehensgeber sofort und mit marktüblichen Zinsen zurückzahlen muss, obwohl das Darlehen nach dem für die Kapitalanlage entwickelten Konzept ausschließlich zur Finanzierung des Erwerbs der Immobilie dient und unmittelbar an den Verkäufer ausbezahlt wird.

c) Ein Anspruch steht den Klägern auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes aus Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c., § 280 BGB n.F.) zu. Die Beklagte hat keine ihr als Nebenpflicht aus dem Darlehensvertrag obliegenden Aufklärungs- und Hinweispflichten verletzt.

(1) Eine solche Pflichtverletzung ergibt sich nicht aus dem Fehlen einer wirksamen Belehrung über das Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz. Auch hier kann dabei ohne nähere Klärung zugunsten der Kläger unterstellt werden, dass die ihnen erteilte Belehrung den Formanforderungen des HWiG nicht genügte.

Zum einen ist ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterteilung einer Widerrufsbelehrung mangels Kausalität zwischen unterlassener Widerrufsbelehrung und dem Schaden in Gestalt der Realisierung von Anlagerisiken ausgeschlossen, wenn der Verbraucher - wie hier - vor Abschluss des Darlehensvertrages bereits an den Kaufvertrag gebunden ist. Dann hätte es der Verbraucher auch bei Belehrung über sein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages nicht vermeiden können, sich den Anlagerisiken auszusetzen (BGH Urteil vom 16.05.2006 - XI ZR 6/04; BGH Urteil vom 26.09.2006 - XI ZR 358/04). Zum anderen hat die Klägerin die hierfür erforderlichen Voraussetzungen - insbesondere Verschulden der Beklagten und Schadensursächlichkeit des Belehrungsverstoßes (BGH Urteil vom 19.9.2006 - XI ZR 204/04) - nicht ansatzweise dargetan.

(2) Die Beklagte hat auch keine ihr obliegende Pflicht verletzt, als sie die Kläger nicht auf die mit der Verwendung des Darlehens, d.h. dem Erwerb der Immobilie verbundenen Risiken, aufklärte.

Allein im Rahmen der Kreditgewährung war die Darlehensgeberin nicht gehalten, die Kläger über Risiken aus der Verwendung des Kredits zum Erwerb der Eigentumswohnung aufzuklären. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine finanzierende Bank nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen (BGH NJW 2000, 3558; BGH NJW-RR 2000, 1576, beide m. w. Nw.). Das Verwendungsrisiko trägt grundsätzlich der Anleger selbst, dem es obliegt, sich über die damit verbundenen speziellen Gefahren zu informieren und die Entscheidung hierüber eigenverantwortlich zu treffen. Insbesondere bei finanzierten Kapitalanlagen darf die finanzierende Bank regelmäßig davon ausgehen, dass der Kreditnehmer Konzeption und Wirtschaftlichkeit der geplanten Anlage, ggf. unter Einschaltung besonderer Fachberater, hinreichend geprüft hat. Dies gilt auch bei geschäftsunerfahrenen Kunden (OLG Stuttgart WM 2000, 292).

Eine Aufklärungs- und Warnpflicht der Bank kann nur in eng begrenzten Ausnahmefällen angenommen werden, so zum Beispiel, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen, zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl gegenüber dem Bauträger als auch gegenüber dem einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann.

Eine solche Fallgestaltung haben die Kläger nicht vorgetragen.

Insbesondere lag ein Wissensvorsprung der Beklagten weder bezüglich als arglistige Täuschung anzusehender Falschangaben des Vermittlers noch bezüglich des Werts der Wohnung vor.

Der erkennende Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BGH, der eine Aufklärungspflicht der Bank sowohl dann annimmt, wenn der Anleger durch den Vermittler über wesentliche Umstände des Anlagemodells arglistig getäuscht wurde, als auch dann, wenn der Kaufpreis des Objekts sittenwidrig überteuert war (Urteile vom 16.5.2006 - XI ZR 6/04 - und vom 17.10.2006 - XI ZR 205/05).

Erforderlich dazu ist zunächst substantiierter Vortrag zur arglistigen Täuschung bzw. zum Wert der Immobilie im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses. Dargelegt werden müssen dabei entweder konkrete, dem Beweis zugängliche unrichtige Angaben des Vermittlers über das Anlageobjekt (BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04; BGH, Urteil vom 19.9.2006 - XI ZR 204/04) oder dem Beweis zugänglicher Angaben zu den wertbildenden Faktoren der erworbenen Wohnung (BGH, Urteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01; BGH Urteil vom 13.3.2007 - XI ZR 159/05).

Hieran bestehen vorliegend Bedenken, weil es sich bei den von den Klägern vorgetragenen Angaben des Vermittlers durchweg um erkennbar marktschreierische Anpreisungen handelt, die eine Prognose für die Zukunft betreffen und ersichtlich werbenden Charakter besitzen (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - XI ZR 341/05; BGH Urteil vom 13.3.2007 - XI ZR 159/05), so dass hierin eine arglistige Täuschung nicht gesehen werden kann. Für den Vortrag der sittenwidrigen Überteuerung fehlt es an jeder Substantiierung, für die nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich ein privates Wertgutachten oder zumindest vergleichbare Darlegungen erforderlich sind.

Letztlich kann die Frage hinreichender Substantiierung dieser objektiven Voraussetzungen indes dahinstehen. Zu einer besonderen Aufklärungspflicht führen diese nur im Fall einer Kenntnis der Bank von der Täuschung bzw. Überteuerung.

Konkrete, dem Beweis zugängliche Behauptungen zur Kenntnis der Beklagten haben die Kläger nicht aufgestellt. Soweit sie erstinstanzlich vorgetragen und durch Vernehmung des Vorstands der Beklagten unter Beweis gestellt haben, dass eine nahezu 100%-ige Überteuerung der Appartements bankbekannt gewesen sei, handelt es sich um eine ohne jede tatsächliche Grundlage aufgestellte Behauptung ins Blaue hinein; die Durchführung der angebotenen Beweisaufnahme wäre damit eine bloße, im Zivilprozess unzulässige Ausforschung.

Auch im Wege einer tatsächlichen Vermutung kann auf die Kenntnis der Beklagten nicht geschlossen werden.

Eine solche Vermutung hat die Rechtsprechung bei der sittenwidrigen Überteuerung auf Seiten des am Rechtsgeschäft unmittelbar beteiligten Geschäftspartners bejaht. Dies kann zu Lasten der das Geschäft finanzierenden Bank nicht übernommen werden. Die Bank muss sich - anders als der Geschäftspartner selbst - über die Rentabilität des Geschäfts keine Gedanken machen, braucht keinen Vergleich des Werts von Leistung und Gegenleistung anzustellen. Wenn sie sich darauf beschränkt, den beantragten Kredit nach Prüfung der Bonitätsvoraussetzungen zu gewähren, begeht sie keine Pflichtverletzung. Eine solche kommt nur in Betracht, wenn sie trotz positiver Kenntnis von der sittenwidrigen Überteuerung von einem Hinweis an den Darlehensnehmer absieht. Wollte man zu Lasten der finanzierenden Bank das Vorliegen der subjektiven Wuchervoraussetzungen tatsächlich vermuten, würde dies dazu führen, dass die Bank in jedem Fall die beabsichtigte Mittelverwendung prüfen müsste und das Risiko einer Übervorteilung des Darlehensnehmers durch den Vertragspartner des finanzierten Geschäfts trüge. Eine solche Risikoverteilung kommt außerhalb des verbundenen Geschäfts nach § 9 VerbrKrG nicht in Betracht.

Auf die Kenntnis der Bank kann auch nicht aufgrund eines institutionalisierten Zusammenwirkens zwischen Bank und Vermittler geschlossen werden. Mit Urteil vom 16.5.2006 (XI ZR 6/04) hat der BGH - um den Bedenken des EuGH an seiner Rechtsprechung Rechnung zu tragen - seine Rechtsprechung zur Haftung der Bank erweitert. In Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Vertreiber eines finanzierten Objekts können sich Anleger nunmehr unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler über das Anlageobjekt berufen. Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Vermittler nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.

Unabhängig von den übrigen Voraussetzungen hat der Senat zumindest keine Anhaltspunkte dafür, dass die Unrichtigkeit der Angaben des Vermittlers oder die sittenwidrige Überteuerung des Appartements nach den Umständen des Falles evident war und sich damit quasi aufdrängt, dass die Bank sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen hat. Hierzu fehlt jeder Vortrag der Kläger. Hiervon kann insbesondere auch beim Wert des Objekts nicht ausgegangen werden. Wesentliches Sicherungsmittel des Darlehens war ein Grundpfandrecht an der Immobilie. Wäre die Bank selbst von einem weit unterhalb des Kaufpreises liegenden Wert ausgegangen, so hätte sie im eigenen Interesse nur ein geringeres Darlehen gegeben oder weitere Sicherheiten verlangt.

Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen. Sie werden darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung Gerichtsgebühren in Höhe von 1.912,- € (Ermäßigung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen von 4,0 auf 2,0 gemäß Nr. 1222 KV) erspart werden können.

Ende der Entscheidung

Zurück