Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 15.12.2004
Aktenzeichen: 9 U 56/03
Rechtsgebiete: HWiG, VerbrKrG


Vorschriften:

HWiG § 1 I
VerbrKrG § 9 III
1. Unterschreibt ein Darlehensnehmer den ihm von der Bank zugesandten Darlehensvertrag mehr als sieben Monate später, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine ggf. bei Anbahnung des Vertragsverhältnisses einmal bestehende Überrumpelungssituation bis zum Zeitpunkt der Unterzeichnung fortgewirkt hat.

2. Der Darlehensnehmer kann sich grundsätzlich nicht auf den Einwendungsdurchgriff des § 9 III VerbrKrG berufen, wenn zur Sicherung des Kredites eine Grundschuld eingetragen wird und der Kredit ansonsten zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite übliche Bedingungen gewährt wurde. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Grundschuld nachrangig war und nur einen Teil des Kredites sicherte.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 56/03

Verkündet am 15.12.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 6. Mai 2003 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Darlehensgeschäfts, das er bei der Beklagten einging, um sich an einem geschlossenen Immobilienfonds (X Y GmbH & Co. Z KG = XYZ) zu beteiligen.

Der Kläger entschloss sich 1993 - nach mehreren Gesprächen mit dem Vermittler A B, die auf Vermittlung eines Freundes des Klägers - C D - in seiner Privatwohnung stattfanden - zu einer Beteiligung an der XYZ und unterschrieb am 27.12.93 eine entsprechende Beitrittserklärung nebst Treuhandvertrag (Bl. 78 Anlagenband) zu einem Beteiligungsbetrag von 60.000,- DM zuzüglich 3.000,- DM Bearbeitungsgebühr. In dieser Erklärung bestätigte der Kläger den Erhalt des Gesellschaftsvertrages sowie zweier Prospektteile. Wiederum durch Vermittlung des Herrn B bot die Beklagte dem Kläger zur Finanzierung der Fondsbeteiligung die Gewährung zweier Festkredite über 50.000,- DM und 20.000,- DM an und übersandte einen entsprechenden Vertragsentwurf mit Datum 28.12.93. Die Beklagte zahlte die Darlehensvaluta - weil der Kläger im Jahre 1993 noch Steuervorteile wahrnehmen wollte - teilweise schon am 30.12.93 an den Treuhänder der XYZ aus. Die weitere Vermittlung übernahm in der Nachfolge des Herrn B der Vermittler E F. Am 4.8.94 unterschrieb der Kläger den ihm von der Beklagten zugesandten Kreditvertrag (Bl. 83 f. AB). Als Sicherheit trat er eine - neu abgeschlossene - Lebensversicherung über 70.000,- DM sowie die Aus- und Rückzahlungsansprüche aus dem Immobilienfonds an die Beklagte ab und verpfändete ein sogenanntes "Zuwachskonto G... Fond ". Ferner wurde am 19.8.94 zugunsten der Beklagten eine nachrangige Grundschuld über 30.000,- DM auf dem Hausgrundstück des Klägers in O1 bestellt (Bl. 91 ff. AB). Die restliche Darlehensvaluta zahlte die Beklagte im Dezember 1994 direkt an die XYZ aus.

In der Folgezeit zahlte der Kläger die im Kreditvertrag vereinbarten Zinsen und auf den ... Fonds. Insgesamt zahlte er bis 2001 27.672,77 € (54.123,23 DM), nämlich an Kreditzinsen 15.660,91 € (30.628,91 DM) und auf den ...-Fonds 6.960,- DM sowie auf die Lebensversicherung 16.534,32 DM.

Die XYZ meldete 1995 Konkurs an. Mit Zahlungen aus der Konkursmasse kann der Kläger nicht rechnen.

Mit Anwaltsschreiben vom 15.9.00 (Bl. 101 AB) und 21.5.01 (Bl. 106 AB) machte der Kläger gegenüber der Beklagten im Rahmen des Einwendungsdurchgriffs nach § 9 VerbrKrG Schadenersatzansprüche gegen die XYZ wegen falscher Angaben bei den Vertragsschlüssen geltend und verweigerte weitere Zahlungen auf die Kredite.

Mit Schreiben vom 2.11.00 (Bl. 103 AB) kündigte der Kläger gegenüber dem Konkursverwalter der XYZ vorsorglich fristlos seinen Beitritt zur Fondsbeteiligung aus wichtigem Grund.

Mit Anwaltsschreiben vom 11.1.02 (Bl. 109 AB) erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf nach dem HWiG.

Mit Schreiben vom 26.6.02 (Bl. 112 AB) kündigte die Beklagte das Kreditverhältnis wegen Zahlungsverzugs und forderte den Kläger zur Zahlung von 17.170,04 € auf. Gleichzeitig kündigte sie die zu ihren Gunsten bestelle Buchgrundschuld.

Mit der Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung der gezahlten Kreditzinsen (Antrag zu 1.) sowie die Rückabtretung bzw. Freigabe oder Löschung der vereinbarten Sicherheiten (Anträge zu 3 - 5.). Weiterhin verlangt er die Feststellung, dass der Beklagten aus dem Kreditvertrag keine Forderungen mehr zustehen (Antrag zu 2.), sowie die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldbestellungsurkunde (Antrag zu 6.).

Der Kläger hat vorgetragen:

Es liege ein "verbundenes Haustürgeschäft" vor. Das Darlehensgeschäft sei nach § 3 HWiG rückabzuwickeln. Eine Haustürsituation habe vorgelegen. Die Beklagte müsse sich diese auch zurechnen lassen, weil sie davon gewusst habe. Der Kläger habe den Vermittler B nicht zu sich bestellt. Eine ordnungsgemäße Belehrung nach § 2 HWiG sei nicht erfolgt, weil ein unzulässiger Zusatz nach § 7 VerbrKrG vorhanden sei. Eine Saldierung der Rückzahlungsansprüche des Klägers mit der Darlehensvaluta komme nicht in Betracht, da die Valuta nicht an den Kläger ausgezahlt worden sei - die Beklagte müsse sich an den Zuwendungsempfänger halten.

Zudem sei der Kreditvertrag nach § 134 BGB nichtig, weil der Abschluss des Treuhandvertrages bzw. der Gesellschaftsbeitritt gegen das RBerG verstoße.

Überdies sei das gesamte Vertragswerk nach § 138 BGB nichtig, weil das Anlagemodell, das in Form eines "modifizierten Schneeballsystems" funktioniert habe, von vornherein auf Irreführung angelegt gewesen sei.

Darüber hinaus hafte die Beklagte aus c.i.c. auf Schadenersatz, was dazu führe, dass der Kläger so zu stellen sei, als sei der Kreditvertrag nicht zustande gekommen. So habe die Beklagte aufgrund der folgenden Umstände eine besondere Gefahrenlage für den Kreditnehmer geschaffen bzw. einen Wissensvorsprung gehabt oder ihre Rolle als Kreditgeberin überschritten:

Sie habe sämtliche Vorverhandlungen einem Strukturvertrieb überlassen.

Sie habe von dem horrenden Kapitalbeschaffungsrisiko gewusst.

Ausschüttungen waren auf die bei ihr geführten Kreditkonten zu zahlen.

Diese Ausschüttungen waren bankfinanziert und hätten mangels entsprechendem Gewinn gar nicht ausgezahlt werden dürfen.

Mit der Bestellung der genannten Sicherheiten habe die Beklagte Verbraucherrechte unterlaufen.

Die Beklagte habe versteckte Innenprovisionen mitfinanziert.

Die Beklagte habe nicht über die besonderen Nachteile und Risiken des vorliegenden "Lebensversicherungskredites" aufgeklärt.

Die Beklagte habe 5 % Kreditvermittlungsprovision gezahlt und im Disagio "versteckt".

Die Falschberatung der Vermittler müsse sich die Beklagten nach § 278 BGB zurechnen lassen. Diese hätten das Totalverlustrisiko ebenso wie die genannten Nachteile des "Lebensversicherungskredits" verschwiegen. Ein Prospektteil II sei nicht ausgehändigt worden, ebenso wenig anhand des Prospektes auf das Totalverlustrisiko hingewiesen worden.

Darüber hinaus könne sich der Kläger auch auf den Einwendungsdurchgriff nach § 9 VerbrKrG berufen. Die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft könnten nicht unmittelbar angewendet werden, denn der Kläger habe nur Ansprüche gegen den Treuhandkommanditisten, nicht gegen die Gesellschaft, weil der Kläger niemals "richtiger" Gesellschafter geworden sei.

Wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Einer der Ausnahmetatbestände, in denen eine Aufklärungspflicht der Bank bestehe, liege nicht vor. Weil der Kläger den ihm mit Übersendung der Vertragsunterlagen angebotenen Termin nicht wahrgenommen habe, habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass kein Beratungsbedarf bestand. Die Beklagte sei in keiner Weise in das XYZ-Vertriebssystem eingebunden gewesen und habe sich darauf beschränkt, einige Anleger zu finanzieren. Dem Kläger sei vor der Beitrittserklärung der Prospektteil II ausgehändigt worden, in dem auf das Risiko des Totalverlustes hingewiesen wird. Die Beklagte habe keine Kreditvermittlungsprovisionen gezahlt, auch nicht versteckt im Disagio.

Von irgendwelchen Innenprovisionen sei der Beklagten nichts bekannt gewesen. Eine etwaige Pflichtverletzung bzw. Falschberatung der Vermittler, die bestritten werde, sei ihr nicht zuzurechnen.

Der Einwendungsdurchgriff nach § 9 VerbrKrG scheitere, weil ein Ausgleichsanspruch gegen die XYZ wegen deren unstreitiger Vermögenslosigkeit nicht bestehe.

Eine Haustürsituation habe nicht vorgelegen, weil der Kläger den Vermittler B selbst in seine Wohnung bestellt habe. Auch habe die Beklagte nicht gewusst, dass das Geschäft im sogenannten "Haustürvertrieb" zustande gekommen sei. Zudem sei der Widerruf verfristet gewesen, weil die erteilte Belehrung - jedenfalls nach damaliger Gesetzeslage - ausgereicht habe.

Das Landgericht hat Beweis über die behauptete Haustürsituation bei Unterzeichnung des Treuhandvertrages erhoben durch Vernehmung der Zeugen C D und A B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Vernehmungsprotokolle vom 3.2.03 (Bl. 130 d.A.) und 11.4.03 (Bl. 151 d.A.) verwiesen.

Mit Urteil vom 6.5.03 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien seien wirksam und der Kläger zur Zahlung verpflichtet. Eine Nichtigkeit nach § 134 oder § 138 BGB liege nicht vor. Eine Verletzung von Hinweis- und Aufklärungspflichten könne nicht angenommen werden, da der Beklagte zu einem Wissensvorsprung im Einzelnen nicht vorgetragen habe. Ein Einwendungsdurchgriff scheitere jedenfalls an dem fehlenden Ausgleichsanspruch des Klägers gegenüber der vermögenslosen Fondsgesellschaft. Ein Haustürgeschäft liege - wie die Beweisaufnahme ergeben habe - nicht vor.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung des Klägers.

Der Kläger trägt - teilweise unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags - vor:

Dem Urteil fehle ein ordnungsgemäßer Tatbestand, weshalb es aufzuheben und an das Landgericht zurückzuverweisen sei. Zudem entspreche auch die Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen. Schließlich habe das Landgericht auch seine Hinweispflichten verletzt und weitere Verfahrensfehler begangen.

Das Landgericht habe das Vorliegen einer Haustürsituation trotz der durchgeführten Beweisaufnahme verkannt. Die Beklagte müsse sich das Haustürgeschäft auch zurechnen lassen.

Die bestellte Grundschuld führe nicht zu einem Ausschluss des § 9 VerbrKrG, denn dies würde einen Verstoß gegen die EU-Haustürgeschäfterichtlinie darstellen.

Im Rahmen der durchzuführenden Rückabwicklung könne die Beklagte lediglich von der Fondsgesellschaft bzw. dem Treuhänder Rückzahlung des Kreditbetrages verlangen.

Die Rückabwicklung werde nicht durch die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft ausgeschlossen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den erstinstanzlichen Klageanträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor:

Eine Haustürsituation - insbesondere eine Überrumpelung - habe nicht vorgelegen, das habe die Beweisaufnahme gezeigt. Darüber hinaus müsse sich die Beklagte die Haustürsituation nicht zurechnen lassen.

Weil es um einen Realkredit gehe, könne sich der Kläger auch nicht auf den Einwendungsdurchgriff nach § 9 VerbrKrG berufen. Selbst wenn man dies aber zuließe, würde dies lediglich dazu führen, dass der Kläger die Rückzahlung des Darlehens insoweit verweigern könne, als ihm ein Abfindungsanspruch gegen die XYZ zustehe. Einen solchen Anspruch habe der Kläger vorliegend aber nicht.

II.

Die nach den Vorschriften der reformierten ZPO zu beurteilende Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht wendet sich der Kläger mit der Berufung allerdings gegen den nicht hinreichenden Tatbestand und die unzureichende Begründung des angefochtenen Urteils. Eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 538 ZPO allein aus diesen formellen Gründen kam allerdings nicht in Betracht. Gleiches gilt insoweit für den Vorwurf, das Landgericht habe seine Hinweispflicht verletzt. Der Senat hat jedoch gemäß § 529 I Ziffer 1 ZPO wegen der Mangelhaftigkeit des angefochtenen Urteils eine erneute Feststellung der entscheidungserheblichen Feststellung durchgeführt und von einer Bezugnahme nach § 540 I ZPO abgesehen.

Der Sache nach hat das Landgericht die Klage im Ergebnis jedoch zu Recht abgewiesen.

A. Die Anträge auf Rückzahlung der Darlehensraten, Freigabe und Löschung der Sicherheiten sowie auf Feststellung, dass der Beklagten aus dem Kreditvertrag keine Rechte mehr zustehen, sind unbegründet. Weder ist der Darlehensvertrag vom 4.8.94 unwirksam (dazu unter 1.), noch kann sich der Kläger auf einen Einwendungsdurchgriff (dazu unter 2.) oder auf eigene Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte (dazu unter 3.) berufen.

1. Für eine Unwirksamkeit des Darlehensvertrages aus §§ 134, 138 BGB hat der Kläger nichts Relevantes vorgetragen. Er greift diesen Einwand in der Berufung auch nicht mehr auf.

Der Kläger konnte den Darlehensvertrag auch nicht wirksam nach dem HWiG widerrufen. Zwar ist der Widerruf mit Schreiben vom 11.1.02 nicht verfristet, weil die Widerrufsbelehrung zum Vertrag vom 4.8.94 gemäß § 2 I 3 HWiG nicht ordnungsgemäß ist, denn sie enthält unzulässige andere Erklärungen nach dem VerbrKrG. Es kann jedoch nicht vom Vorliegen einer Haustürsituation ausgegangen werden. Nach den - insoweit unstreitigen - Darlegungen der Parteien hat die Beklagte dem Kläger durch die Vermittlung des Herrn B - und nach dessen Zeugenaussage vor dem Landgericht - unter Mitwirkung der Firma H den Darlehensvertragsentwurf mit Datum 28.12.93 zugesandt. Unterschrieben hat der Kläger diesen Vertrag mehr als sieben Monate später am 4.8.94, und zwar offensichtlich nicht in seiner Wohnung, die in O1 liegt, sondern in O2. Bei dieser Sachlage kann man nicht davon ausgehen, dass die nach § 1 I HWiG erforderliche Überrumpelungssituation, die durch die Besuche des Herrn B in der Wohnung des Klägers in 1993 ausgelöst worden sein soll, noch bis in den August 1994 fortgewirkt hat, als sich der Kläger dazu entschloss, den Vertrag zu unterschreiben (vgl. auch: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.10.03, Az.: 9 U 121/01 = OLGR 2004, 41; Urteil vom 6.10.04, Az.: 9 U 47/04). Vortrag dazu, warum die Überrumpelungssituation ausnahmsweise fortgewirkt haben soll, hat der darlegungspflichtige Kläger nicht gehalten.

Selbst wenn man jedoch zugunsten des Klägers unterstellt, dass es sich um eine Haustürgeschäft im Sinne von § 1 I HWiG gehandelt hat, hat dies nicht ohne weiteres zur Folge, dass die Beklagte sich das Zustandekommen des Vertrages in einer Haustürsituation auch zurechnen lassen muss. Hierfür ist vielmehr auf die zu § 123 BGB entwickelten Grundsätze abzustellen (z.B. BGH BKR 2003, 108; BGH BKR 2003, 747 - mit weiteren Nachweisen).

Bei dem Vermittler B handelt es sich unstreitig nicht um einen Mitarbeiter, Angestellten, Beauftragten oder eine Vertrauensperson der Beklagten im Sinne von § 123 I BGB. Sein Handeln - und damit das Herbeiführen einer Haustürsituation bei Anbahnung des Darlehensvertrages - kann der Beklagten daher nach § 123 II BGB nur zugerechnet werden, wenn sie sein Verhalten kannte oder kennen musste. Anhaltspunkte hierfür sind nicht ersichtlich. Die vom BGH in seinen Entscheidung vom 14.6.04 (II ZR 395/01 und 385/02) aufgestellten besonderen Anforderungen an die Erkundigungspflicht der Bank, die einem Vermittler ihre Vertragsformulare überlassen hat, greifen schon deshalb nicht ein, weil der Kläger den Darlehensvertrag eben nicht an seinem Wohnort unterschrieben hat.

2. Auf den Einwendungsdurchgriff nach § 9 III VerbrKrG kann sich der Kläger ebenfalls nicht berufen. Bei dem Darlehensvertrag vom 4.8.94 handelt es sich nämlich um einen Realkreditvertrag gemäß § 3 II Nr. 2 VerbrKrG, für den die Vorschrift des § 9 III VerbrKrG nicht gilt. Zur Sicherung des Kredits hat der Kläger - wie im Darlehensvertrag unter Ziffer 3.4 vorgesehen - im August 1994 eine Grundschuld auf seinem Hausgrundstück in O1 bestellt. Der Umstand, dass die Grundschuld nachrangig war und nur einen Teil des Kredits sicherte, steht der Annahme eines Realkredits nicht entgegen. Bei einem Zinssatz von 6,2 % liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kredit nicht zu den für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredit üblichen Bedingungen gewährt wurde. Die vom BGH in seinen Entscheidungen vom 14.6.04 (II ZR 407/02 und 393/02) aufgestellte Rückausnahme, dass die Anwendbarkeit des § 9 VerbrKrG nicht ausgeschlossen ist, wenn der Kredit zwar durch ein Grundpfandrecht abgesichert ist, dieses Grundpfandrecht aber schon bestellt war, als der Anleger dem Fonds beitragt, liegt nicht vor. Der Kläger ist dem Fonds schon im Dezember 1993 beigetreten. Auf eine etwaige Unwirksamkeit dieses Beitritts kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

Auch eine teleologische Reduktion des gesetzlichen Anwendungsverbots in § 3 II BGB ist nicht möglich, weil es sich insoweit um eine bewusste und abschließende, von der Rechtsprechung zu respektierende Regelung handelt (BGH vom 12.11.02 - XI ZR 25/00 - BKR 2003, 112; BGH vom 23.9.03 - XI ZR 135/02 - BKR 2003, 893, 895). Eine Vorlage dieser Frage an den EuGH oder ein Aussetzen des Verfahrens bis zur Entscheidung über die entsprechende Vorlage des LG Bochum vom 29.7.03 (BKR 2003, 710) ist nicht angezeigt (so auch BGH vom 16.9.03 - XI ZR 447/02 - BKR 2003, 898).

3. Dem Kläger stehen auch keine Schadensersatzansprüche aus culpa in contrahendo (c.i.c.) zu, die er den Ansprüchen der Bank nach § 242 BGB entgegenhalten könnte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine finanzierende Bank nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen (BGH NJW 2000, 3558; BGH NJW-RR 2000, 1576 - beide mit weiteren Nachweisen). Die Verwendung des Kredits ist allein Sache des Kreditnehmers. Ihm allein obliegt es, sich über die damit verbundenen speziellen Gefahren zu informieren und die Entscheidung darüber, ob er sie eingehen will, eigenverantwortlich zu treffen. Das mit der Verwendung des Darlehens verbundene Risiko hat der Darlehensnehmer grundsätzlich allein zu tragen. Bei finanzierten Kapitalanlagen darf die darlehensgebende Bank deshalb regelmäßig davon ausgehen, dass der Kreditnehmer Konzeption und Wirtschaftlichkeit der geplanten Anlage hinreichend geprüft hat, gegebenenfalls unter Einschaltung besonderer Fachberater. Dies gilt auch und in besonderem Maß bei geschäftsunerfahrenen Kunden (OLG Stuttgart WM 2000, 292). Nur ausnahmsweise und in besonderen Fallgruppen kommt eine Aufklärungs- und Beratungspflicht der Bank in Betracht. Dem Vortrag des Klägers lassen sich indes keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer der von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Ausnahmefälle - Überschreiten der Kreditgeberrolle, Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes, Bestehen einer Interessenkollision oder Vorliegen eines konkreten Wissensvorsprunges - entnehmen.

Der Kläger sieht die Schaffung einer besonderen Gefahrenlage darin, dass die Beklagte sämtliche Vorverhandlungen einem Strukturvertrieb überlassen hat, der seine Kunden unzulässigen Vertriebsmethoden ausgesetzt hat. Dies reicht schon deshalb nicht aus, weil nicht nachvollziehbar ist, inwieweit gerade dieser Umstand überhaupt zu einem Schaden auf Seiten des Klägers geführt hat. Ein auf etwa unzulässige Vertriebesmethoden kausal zurückgehender Schaden wäre nur dann gegeben, wenn der Kläger sich ausschließlich aufgrund dieser Methoden auf das Geschäft eingelassen hat. Das trägt er so aber nicht vor.

Eine besondere Gefahrenlage ist auch nicht dadurch hervorgerufen worden, dass nach den Forderungen der Beklagten die Fondsausschüttungen auf die bei ihr geführten Kreditkonten zu zahlen waren und sie sich weitere Sicherheiten versprechen ließ. Eine Verlagerungen des eigenen wirtschaftlichen Wagnisses der Bank auf den Anleger - wie es der Ausnahmetatbestand voraussetzt - ist darin noch nicht zu sehen.

Soweit der Kläger behauptet, die Beklagt habe von versteckten Innenprovisionen gewusst und diese mitfinanziert, vermag dies eine Haftung der Bank unter dem Gesichtspunkt des Wissensvorsprungs nicht zu rechtfertigen (Edelmann MDR 2000, 1172, 1175 - mit weiteren Nachweisen). Auch ein Hinausgehen über die Kreditgeberrolle lässt sich damit nicht begründen. Gleiches gilt für die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe 5 % Kreditvermittlungsprovision gezahlt und "im Disagio versteckt".

Der Einwand des Klägers, die Beklagte habe - wohl aus anderen Anlagegeschäften - gewusst, dass die Ausschüttungen des Fonds bankfinanziert waren und mangels entsprechendem Gewinn gar nicht hätten ausgezahlt werden dürfen, kann eine Haftung der Beklagten ebenfalls nicht begründen. Für einen Wissensvorsprung der Beklagten wäre dies nur relevant, wenn die Beklagte hieraus darauf hätte schließen können, dass der Fonds bzw. seine Initiatoren vor der Insolvenz stehen (Edelmann MDR 2000, 1171, 1176 - mit weiteren Nachweisen). Hierzu trägt der Kläger indes nichts Konkretes vor.

Soweit der Kläger weiter einwendet, die Beklagte hätte über die besonderen Nachteile und Risiken des vorliegenden "Lebensversicherungskredites" aufklären müssen, greift dies ebenfalls nicht durch. Unabhängig davon, welchem Ausnahmetatbestand eine solche Aufklärungspflichtverletzung zuzuordnen wäre, war das Verhalten der Beklagten schon nicht pflichtwidrig. Zwar bewirkt die Kombination eines Kreditvertrages mit einer solchen Lebensversicherung eine langfristige Bindung des Kreditnehmers und macht insbesondere in den ersten Jahren eine vorzeitige Beendigung nur unter sehr ungünstigen Bedingungen möglich. Da eine Tilgung des Darlehens erst am Laufzeitende vorgesehen ist, muss zudem der volle Kreditbetrag über die gesamt Laufzeit verzinst werden. Der Kläger wollte die Versicherung indes zur Finanzierung bzw. Sicherung einer langfristigen und auf die Erzielung steuerlicher Vorteile angelegten Kapitalanlage verwenden. Hierfür bot die Kombination mit einer Kapitallebensversicherung dem üblichen Ratenkredit gegenüber sogar besondere Vorteile. Der Kläger war so zusätzlich an den von der Versicherung erwirtschafteten Überschüssen beteiligt und konnte die Versicherungsprämie zusätzlich steuerlich geltend machen. Die Möglichkeit, diese Anlage bereits nach kurzer Zeit wieder veräußern zu können, spielte für den Kläger erkennbar keine Rolle.

Dahinstehen kann, ob sich ein Wissensvorsprung der Beklagten aus dem Prospektteil II ergeben konnte. Selbst wenn man annehmen wollte, dass sich aus diesem Prospektteil besondere Risiken ergeben, insbesondere das Totalverlustrisiko, als auch, dass der Prospektteil dem Kläger nicht vorlag, so konnte die Beklagte nicht erkennen, dass ihr damit weiterreichende Informationen vorlagen als dem Kläger. Der Kläger war nämlich in der Beitrittserklärung ausdrücklich auf beide Prospektteile hingewiesen worden und hatte bestätigt, diese erhalten zu haben. Die Beklagte durfte davon ausgehen dass diese Erklärung zutraf. Darüber hinaus wäre diese, den Anlagevermittlern anzulastende Fehlinformation der Beklagten wegen der sogenannten "Trennungstheorie" gar nicht zuzurechnen, weil die Vermittler insoweit nicht als ihre Erfüllungsgehilfen aufgetreten sind (BGH WM 1992, 603; Hanau in Münchner Kommentar zum BGB, 3. Auflage, § 278, Rn 17 f.; v. Heymann NJW 1999, 1577, 1584; Streit ZIP 1999, 477, 478 f.; Stüsser NJW 1999, 1586, 1587; Früh ZIP 1999, 701, 704; Bruchner WM 1999, 825, 834).

Der Einwand des Klägers schließlich, die Beklagte habe von dem "horrenden Kapitalbeschaffungsrisiko" des Fonds gewusst, ist viel zu pauschal, als dass sich hierauf ein Wissensvorsprung der Beklagten und die Kausalität für den auf Seiten des Klägers eingetretenen Schaden begründen ließe.

B. Die Vollstreckungsgegenklage nach §§ 767, 794 I Nr. 5 ZPO, mit der der Kläger sich gegen die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldbestellungsurkunde wendet, ist nicht wegen eines Verstoßes gegen das RBerG unwirksam, denn der Kläger hat die Grundschuld - und damit auch die Unterwerfungserklärung - persönlich vor dem Notar eingeräumt bzw. abgegeben. Weitere Einwendungen stehen dem Kläger - wie unter A. dargestellt - nicht zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2, 108 ZPO.

Der Senat hat nach § 543 II ZPO die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück