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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 31.05.2006
Aktenzeichen: 9 U 63/05
Rechtsgebiete: BGB, HWiG


Vorschriften:

BGB pVV
BGB c.i.c.
HWiG § 1
1. Kausal auf der Nichtausübung des Widerrufsrechts nach HWiG hinsichtlich eines zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung eingegangenen Darlehensvertrages können nur solche Risiken beruhen, die der Verbraucher erst nach Abschluss des Darlehensvertrages eingegangen ist (im Einklang mit BGH vom 16.5.2006, Az. XI ZR 6/04).

2. Das Fortwirken einer Überrumpelungssituation im Sinne von § 1 HwiG kann nicht angenommen werden, wenn zwischen dem Besuch in der Privatwohnung und der Vertragserklärung ein Zeitraum von mehr als zwei Monaten liegt.

3. Soweit der BGH mit Urteil vom 16.5.06, XI ZR 6/04 seine Rechtsprechung zum Bestehen eigener Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank dahin ergänzt hat, dass Anleger sich im Falle eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank berufen können, setzt dies eine arglistige Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben über das Anlageobjekt voraus.


Gründe:

Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Darlehensvertrags, den er zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung abgeschlossen hat.

Am 25.5.1999 unterschrieb der Kläger einen von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorbereiteten Darlehensantrag über 200.000,- zu einem effektiven Jahreszins von 5,46% (Bl. 214). Das Darlehen sollte der Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung in O1 als Kapitalanlage dienen und durch eine Grundschuld abgesichert werden. Eine Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz enthielt der Antrag nicht. Das Angebot zum Erwerb der Wohnung gab der Kläger am 4.6. 1999 ab (Bl. 372), es wurde von der Verkäuferin am 9.6.1999 angenommen (Bl. 393). Ebenfalls unter dem 9.6.1999 sagte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger die Darlehensgewährung zu (Bl. 398).

In der Folgezeit leistete der Kläger die vereinbarten Darlehensraten in Höhe von insgesamt 26.898,10 €, musste Hausgeld zahlen und hatte Mieteinnahmen.

Mit Schreiben vom 5.12.2003 widerrief der Kläger den Darlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz. Mit der vorliegenden Klage verlangt er Rückzahlung der geleisteten Darlehensraten und des gezahlten Hausgelds abzüglich der eingenommenen Mieten sowie Freistellung von den Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag.

Der Kläger hat behauptet, Kauf- und Darlehensvertrag beruhten auf Verhandlungen, die er mit einem Vertreter der Vermittlungsgesellschaft in der Wohnung seines Schwagers geführt habe (Beweis: Zeuge Z1). Das von ihm gezahlte Hausgeld belaufe sich auf 17.995,00 €, die vereinnahmten Mieten auf 20.000,- €.

Mit Urteil vom 15.3.2005, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses ihm am 21.3.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.4.2005 bei Gericht eingegangene und - nach Verlängerung der Frist bis zum 23.6.2005 - am 22.6.2005 begründete Berufung des Klägers.

Der Kläger hat zunächst seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft und ist nach der Verkündung der beiden Urteile des EuGH vom 25.10.2005 nunmehr der Auffassung, ein Anspruch stehe ihm aus § 3 HTWG zu. Er hält an seinen erstinstanzlichen Anträgen fest.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat Beweis erhoben über die behauptete Haustürsituation durch Vernehmung des Zeugen Z1. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 26.4.2006 (Bl. 469 f.) Bezug genommen.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache indes keinen Erfolg. Der Kläger kann weder Rückzahlung der auf das Darlehen erbrachten Leistungen noch "Freistellung von allen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag" verlangen.

Ein dahingehender Anspruch steht ihm aus § 3 HTWG nicht zu. Für diese Anspruchsgrundlage kann dahinstehen, ob der Darlehensvertrag auf Verhandlungen in einer Haustürsituation i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 HTWG beruht und ob der Vertrag eine unzureichende Belehrung enthielt, so dass die Widerrufsfrist bislang nicht abgelaufen ist. Auch wenn man dies zugunsten des Klägers als wahr unterstellt, folgt daraus kein Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte.

Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz ist die Pflicht beider Vertragsparteien zur Rückgewähr des aus dem Vertrag Erlangten. Zwar könnte der Kläger damit Rückzahlung der auf das Darlehen erbrachten Raten verlangen, diesem eigenen Zahlungsanspruch stünde indes ein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehensvaluta zuzüglich marktüblicher Verzinsung entgegen. Diesen eigenen Rückzahlungsanspruch kann die Beklagte dem Zahlungsanspruch des Klägers entgegen halten (dolo-facit-Einrede).

Eine andere Form der Vertragsrückabwicklung ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt des verbundenen Geschäfts (§ 9 VerbrKrG). Danach wären der Darlehensvertrag und der Kaufvertrag als Einheit zu betrachten, so dass der Kläger so zu stellen wäre, als hätte er aus dem Gesamtgeschäft nicht das Darlehen, sondern nur die Wohnung erlangt und wäre damit auch nur zu deren Rückübereignung verpflichtet. § 9 VerbrKrG kann auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden. Grundsätzlich liegen beim Erwerb von Grundeigentum die tatsächlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 VerbrKrG schon deswegen nicht vor, weil auch geschäftlich und rechtlich unerfahrenen Käufern klar ist, dass es sich bei Kauf und Darlehen um zwei getrennte Geschäfte handelt. Dafür spricht im vorliegenden Fall auch der ausdrücklich in den Kaufvertrag aufgenommene Hinweis, dass der Käufer sich um die Finanzierung gesondert kümmern muss. Zudem steht einer Anwendung von § 9 VerbrKrG bei Immobiliarkrediten § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG entgegen. Danach findet § 9 VerbrKrG keine Anwendung auf Kreditverträge, nach denen der Kredit von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht und zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt wird. Diese Bereichsausnahme gilt für Realkredite ausnahmslos (BGH Urteil vom 15.7.2003 -XI ZR 162/00-), soweit die neuere Rechtsprechung Ausnahmen zulässt, betreffen diese allein Kredite zur Finanzierung der Beteiligung an einem Immobilienfonds, nicht aber Kredite zum Erwerb des Grundeigentums selbst (BGH Urteil vom 21.3.2005 -II ZR 411/02-).

Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG liegen vor: Mit einem anfänglichen Jahreszins von 5,35% (effektiv 5,46%) und zehnjähriger Festschreibung hält sich der dem Kläger gewährte Kredit im Rahmen der in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Streubreitengrenze (BGH Urteil vom 18.3.2003 -XI ZR 422/01-). Unerheblich ist entgegen der Ansicht des Klägers auch, ob das Darlehen vollständig oder auch nur überwiegend durch den Verkehrswert der belasteten Immobilie gesichert ist, da eine bloße Teilabsicherung den Tatbestand dieser Norm bereits erfüllt (BGH Urteil vom 15.7.2003 -XI ZR 162/00-).

Eine teleologische Reduktion des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ist weder nach nationalem Recht noch aufgrund dessen europarechtlicher Auslegung angezeigt. National handelt es sich um eine bewusste, abschließende Regelung des Gesetzgebers, die von der Rechtsprechung zu respektieren ist (BGH Urteile vom 23.9.2003 -XI ZR 135/02- und 12.11.2002 -XI ZR 25/00-). Hieran ändern die rechtlichen Rahmenbedingungen des Europarechts nichts (BGH Urteil vom 16.9.2003 -XI ZR 447/02-). Mit den beiden Entscheidungen vom 25.10.2005 ("Schulte" -C 350/03- und "Crailsheimer Volksbank e.G." -C 229/04-) hat der EuGH ausdrücklich anerkannt, dass die Ausgestaltung der Rechtsfolgen eines Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz dem nationalen Recht überlassen sind die Haustürwiderrufsrichtlinie nationalen Vorschriften nicht entgegen steht, die die Rechtsfolgen des Widerrufs eines Darlehensvertrags auch im Rahmen von Kapitalanlagemodellen, bei denen das Darlehen ohne den Erwerb der Immobilie nicht gewährt worden wäre, auf die Rückabwicklung des Darlehensvertrages beschränken. Insbesondere verbietet es die Haustürwiderrufsrichtlinie nach den genannten Entscheidungen nicht, dass der von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machende Verbraucher die Darlehensvaluta an den Darlehensgeber sofort und mit marktüblichen Zinsen zurückzahlen muss, obwohl das Darlehen nach dem für die Kapitalanlage entwickelten Konzept ausschließlich zur Finanzierung des Erwerbs der Immobilie dient und unmittelbar an den Verkäufer ausbezahlt wird, dass die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta verlangt wird.

Soweit der EuGH aus Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie einen Anspruch des Verbrauchers auf Ersatz der mit dem Erwerbsvertrag verbundenen Risiken, in den Fällen herleitet, in denen die Übernahme dieser Risiken bei ordnungsgemäßer Belehrung über sein Widerrufsrecht hätte vermeiden können, liegen die Voraussetzungen dieser Ausnahme im vorliegenden Fall nicht vor. Kausal auf der Nichtausübung des Widerrufsrechts können nur solche Risiken beruhen, die der Verbraucher erst nach Abschluss des Darlehensvertrags eingegangen ist. War der Kaufvertrag schon vor Abschluss des Darlehensvertrages zustande gekommen, so hätte er auch durch ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht nicht mehr beseitigt werden können (BGH Urteil vom 16.5.2006 -XI ZR 6/04-). Im vorliegenden Fall kann dahin stehen, ob der Kläger bei ordnungsgemäßer Belehrung über das Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages die Übernahme der mit dem Kaufvertrag verbundenen Risiken noch hätte vermeiden können. Selbst wenn man dies zu Gunsten des Klägers annimmt, fehlt es an der weiter erforderlichen Voraussetzung, dass nämlich der Abschluss des Darlehensvertrages überhaupt als Haustürgeschäft widerruflich war.

Dies ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht der Fall. Insoweit folgt der Senat den Bekundungen, die der Zeuge Z1 in seiner Vernehmung am 26.4.2006 gemacht hat. In seiner Wohnung haben sich der Kläger und der als Vermittler tätig gewordene Onkel des Klägers (der Vater des Zeugen) getroffen und erste Verhandlungen über den kreditfinanzierten Immobilienerwerb geführt. Dahinstehen kann, ob solche Verhandlungen mit Verwandten überhaupt in den Schutzbereich des § 1 HTWG fallen (zur Unanwendbarkeit des Haustürwiderrufsrecht in diesen Fällen BGH NJW 1993, 1593 und BGH NJW 1996, 3414). Auch wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, dass das Verwandtschaftsverhältnis dem Widerrufsrecht nicht entgegensteht, weil die Bank sich jede objektiv gegebene Überrumpelungssituation zurechnen lassen muss (BGH Urteil vom 12.12.2005 -II ZR 327/04- in Umsetzung des EuGH-Urteils vom 25.10.2005 Rs C-229/04 "Crailsheimer Volksbank"), beruht der Abschluss des Darlehensvertrages nicht auf diesen Verhandlungen in einer Privatwohnung. Dies kann nur angenommen werden, wenn die Haustürsituation - wenn auch nur unter anderem - entscheidender Beweggrund für die spätere Abgabe der Vertragserklärung war. Auf diese Ursächlichkeit kann im Wege einer tatsächlichen Vermutung geschlossen werden, wenn Verhandlungen und Vertragserklärung in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen. Diesen hat die Rechtsprechung auf wenige Tage beschränkt. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand zwischen dem Wohnungsbesuch und dem Vertragsschluss bedarf die Kausalität zwischen beidem konkreter Darlegung, an die umso höhere Anforderungen zu stellen sind, je weiter die Zeitpunkte auseinander liegen. Solcher Vortrag fehlt auf Seiten des Klägers, wäre indes erforderlich gewesen, weil die Verhandlungen in der Wohnung vor dem 5.3.1999 stattfanden, der Darlehensantrag aber erst am 25.5.1999 gestellt wurde. Dass die Verhandlungen vor dem 5.3.1999 stattgefunden haben müssen, folgt zunächst aus dem Schreiben an den Vermittler, das auf den 5.3.1999 datiert ist und dem zu entnehmen ist, dass es zumindest bereits einen ersten Kontakt zum Kläger gegeben haben muss. Auch der Zeuge Z1, der zunächst bemüht war, den Zeitpunkt des Gesprächs in seiner Wohnung möglichst weit nach hinten zu legen, ohne sich dabei festlegen zu müssen, hat auf konkreten Vorhalt einen Zeitpunkt vor dem 5.3.1999 eingeräumt. Ohne besonderen Vortrag des Klägers ist nicht ersichtlich, wie die aus Erstgespräch in der Wohnung des Zeugen erwachsene Beeinträchtigung seiner Entschließungsfreiheit bis zum 25.5.1999 fortgedauert haben soll. Auch wenn dem Vortrag der Parteien entnommen werden kann, dass dem Erstgespräch weitere Gespräche im Büro des Vermittlers folgten, bleibt offen, wann diese stattfanden und ob damit die ursprüngliche Überrumpelung perpetuiert wurde.

Ein verbundenes Geschäft, aus dem der Kläger das Recht herleiten könnte, gegen Rückgabe der Wohnung Rückzahlung der erbrachten Darlehensleistungen zu verlangen, kann auch aus § 242 BGB nicht angenommen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, sind der Realkreditvertrag und das finanzierte Grundstücksgeschäft grundsätzlich nicht als zu einer Einheit verbundene Geschäfte anzusehen. Der Widerruf des Realkreditvertrags berührt die Wirksamkeit des Kaufvertrages (hier) über eine Eigentumswohnung daher grundsätzlich nicht (BGH Urteile vom 12.11.2002 -XI ZR 25/00-; 15.7.2003 -XI ZR 162/00-; 21.7.2003 -II ZR 387/02-; 16.9.2003 -XI ZR 447/02-; 23.9.2003 -XI ZR 135/02-). Ist die Annahme eines verbundenen Geschäfts nach § 9 VerbrKrG gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausgeschlossen, kommt jedenfalls im Anwendungsbereich des § 1 VerbrKrG ein Rückgriff auf die von der Rechtsprechung zum Abzahlungsgesetz aus § 242 BGB hergeleiteten Grundsätze über das verbundene Geschäft grundsätzlich nicht in Betracht (BGH Urteil vom 27.1.2004 -XI ZR 37/03-).

Ein Anspruch steht dem Kläger auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes aus Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c. [§ 280 BGB n.F.], PFV, § 826 BGB) zu. Die Darlehensgeberin hat keine ihr als Nebenpflicht aus dem Darlehensvertrag obliegenden Aufklärungs- und Hinweispflichten verletzt.

Die Darlehensgeberin war nicht gehalten, die Kläger über Risiken aus der Verwendung des Kredits zum Erwerb der Eigentumswohnung aufzuklären. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine finanzierende Bank nicht verpflichtet, einen Darlehensnehmer über die Gefahren und Risiken der Verwendung eines Darlehens aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen (BGH NJW 2000, 3558; BGH NJW-RR 2000, 1576, beide m. w. Nw.). Das Verwendungsrisiko trägt grundsätzlich der Anleger selbst, dem es obliegt, sich über die damit verbundenen speziellen Gefahren zu informieren und die Entscheidung hierüber eigenverantwortlich zu treffen. Insbesondere bei finanzierten Kapitalanlagen darf die finanzierende Bank regelmäßig davon ausgehen, dass der Kreditnehmer Konzeption und Wirtschaftlichkeit der geplanten Anlage, ggf. unter Einschaltung besonderer Fachberater, hinreichend geprüft hat. Dies gilt auch bei geschäftsunerfahrenen Kunden (OLG Stuttgart WM 2000, 292).

Eine Aufklärungs- und Warnpflicht der Bank kann nur in eng begrenzten Ausnahmefällen angenommen werden, so zum Beispiel, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen, zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl gegenüber dem Bauträger als auch gegenüber dem einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann.

Eine solche Fallgestaltung liegt hier nicht vor.

Sie ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Beklagte als Darlehensgeberin arbeitsteilig mit dem Vertrieb und der Verkäuferin zusammengearbeitet hätte. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers ist unsubstantiiert. Er lässt nicht erkennen, inwieweit die Beklagte im konkreten Fall über ihre Rolle als bloße Kreditgeberin hinausgegangen sein soll.

Einen Schadensersatzanspruch kann der Kläger auch aus der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht herleiten. Soweit dieser mit seinem Urteil vom 16.5.2006 -XI ZR 6/04- seine Rechtsprechung zum Bestehen eigener Aufklärungspflichten der kreditgebenden Bank bei finanzierten Kapitalanlagemodellen dahin ergänzt hat, dass Anleger sich im Fall eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank berufen können, setzt dies eine arglistige Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt voraus. Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer, Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- und Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen. Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die danach objektiv erforderliche arglistige Täuschung lassen sich dem Tatsachenvortrag des Klägers nicht entnehmen. Insoweit bietet auch der Schriftsatz vom 17.5.2006 keinen Anlass, die bereits geschlossene mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO).

Die Kosten des Rechtsmittels hat der Kläger zu tragen, da es ohne Erfolg geblieben ist (§ 97 I ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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