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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 27.05.2003
Aktenzeichen: WpÜG 1/03
Rechtsgebiete: WpÜG, VwVfG


Vorschriften:

WpÜG § 4
WpÜG § 35
WpÜG § 37
WpÜG § 48
VwVfG § 13
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur Beteiligung eines einzelnen Aktionärs am Verfahren des Bieters auf Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots (§§ 37, 35 WpÜG) zu verpflichten, kommt nicht in Betracht, weil es nicht hinreichend wahrscheinlich ist, dass ein Aktionär einen Rechtsanspruch auf Beteiligung an diesem Verfahren hat.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main Beschluss

WpÜG 1/03

Entscheidung vom 27.05.2003

In dem einstweiligen Anordnungsverfahren

hat der Wertpapiererwerbs- und Übernahmesenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf den Antrag der Antragstellerin vom 21.05.2003

- eingegangen am 22.05.2003 -

am 27.05.2003 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Wert: 50.000.-€

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Bundesanstalt , weil sie von der Bundesanstalt an einem Verfahren beteiligt werden will, das die S. Gruppe (im folgenden Bieterin genannt) im Zuge des Erwerbs von 72 % der Stammaktien der PS. mit dem Ziel der Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots bei der Bundesanstalt angestrengt hat. Die Antragstellerin hält insgesamt 7.812.069 Vorzugsaktien der PS., was einem Anteil von 8,03 % der Vorzugsaktien der PS. entspricht. Sie bringt vor, dass für sie die Möglichkeit des Verkaufs ihrer 8,03%igen Beteiligung an die S.-Gruppe entfallen würde, wenn dem Befreiungsantrag stattgegeben würde.

Die Bundesanstalt hat den Antrag der Antragstellerin auf Hinzuziehung zum Befreiungsverfahren mit Bescheid vom 29.04.2003 abgelehnt. Der Widerspruch der Antragstellerin vom 05.05.2005 ist von der Bundesanstalt durch Widerspruchsbescheid vom 19.05.2003 zurückgewiesen worden.

Die Antragstellerin trägt vor, sofern die Bundesanstalt die Bieterin von der Abgabe eines Pflichtangebots befreien würde, würde die Möglichkeit der Antragstellerin entfallen, ihre Aktien im Rahmen eines Pflichtangebots der Bieterin zu veräußern, wodurch ihr ein erheblicher Schaden entstünde, denn der Befreiungsantrag der Bieterin sei nicht begründet. Die Antragstellerin bringt weiter vor, sie habe einen Anspruch auf Hinzuziehung zu dem Befreiungsverfahren nach § 13 Abs. 2 S. 2 VwVfG. § 37 l WpÜG sei insofern auch drittschützend. Dies ergebe sich auch aus einer verfassungskonformen Auslegung dieser Vorschrift. Jedenfalls habe sie aber einen Anspruch auf Verfahrenshinzuziehung gem. §13 Abs. 2 S. 1 VwVfG.

Die Antragstellerin beantragt,

die Antragsgegnerin im Weg der einstweiligen Anordnung zu verppflichten, die Antragstelleri vorläufig bis zur Entscheidung über eine Beschwerde gegen die Ablehnung der Hinzuziehung durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. April 2003 in Form des Widerspruchsbescheids vom 19.Mai 2003,

zum Verfahren der S. Gruppe zur Befreiung (i) von der Verpflichtung nach §§ 35 Abs. 1 S. 1 i. V. m. 10 Abs. 3 S. 1 und 2 WpÜG eine Pflichtveröffentlichung vorzunehmen und (ii) von der Verpflichtung gem. §§ 35 Abs. 2 S. 1, 14 Abs. 2 S. 1 WpÜG der Antragsgegnerin eine Angebotsunterlage zu übermitteln und zu veröffentlichen, hinzuzuziehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Antragstellerin wird auf die Antragsschrift und deren Anlagen (B. 1 -113 d. A.) verwiesen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zwar zulässig, hat aber keinen Erfolg, weswegen auch eine Anhörung der Bundesanstalt... entbehrlich war.

Im einzelnen gilt Folgendes:

I. Zulässigkeit des Antrags

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist für die Entscheidung über die beantragte einstweilige Anordnung zuständig.

Der vorgelegte Widerspruchsbescheid der Bundesanstalt... vom 19.05.2003 ist eine Verfügung, gegen die gem. § 48 WpÜG die Beschwerde zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main zulässig ist. Die Antragstellerin hat vorgebracht, dass sie gegen den Widerspruchsbescheid Beschwerde einlegen will. Die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 51 WpÜG) ist noch nicht abgelaufen, so dass der Bescheid noch nicht bestandskräftig ist. Die das Beschwerdeverfahren regelnden Vorschriften des WpÜG (§§ 48-58 WpÜG) sehen einschließlich der in § 58 WpÜG in Bezug genommenen näher angeführten Vorschriften der Zivilprozessordnung den begehrten Erlass der einstweiligen Anordnung nicht vor.

In § 49 WpÜG ist lediglich geregelt, dass die Beschwerde gegen die Entscheidung der Bundesanstalt zum Oberlandesgericht aufschiebende Wirkung hat, soweit es um den Widerruf einer Befreiung nach § 10 Abs.1 Satz 3 oder § 37 Abs. 1 WpÜG, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung der Bundesanstalt geht oder eine Nichtberücksichtigung der Stimmrechtsanteile nach § 36 WpÜG widerrufen wird. Sofern die Bundesanstalt in diesen Fällen die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat, wird der einstweilige Rechtsschutz durch § 50 WpÜG ergänzt, indem das Beschwerdegericht die aufschiebende Wirkung unter bestimmten Bedingungen ganz oder teilweise wieder herstellen kann. Das Fehlen weiterer Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Verfügungen der Bundesanstalt im WpÜG liegt in der Intention des Gesetzgebers begründet, worauf später noch einzugehen sein wird. Festzuhalten ist hier lediglich, dass es sich vorliegend um eine Beschwerde handelt, für die nach den Vorschriften des WpÜG kein einstweiliger Rechtsschutz eröffnet ist.

Indessen ist aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes anerkannt, dass auch dann, wenn eine Verfahrensordnung keine Eilmaßnahme vorsieht, eine solche dann zuzulassen ist, wenn ein dringendes Bedürfnis für ein unverzügliches Einschreiten besteht, welches ein Abwarten bis zur endgültigen Entscheidung nicht gestattet, weil diese zu spät kommen, die Interessen nicht mehr genügend wahren würde und eine Endentscheidung im Sinne der zunächst vorläufigen Maßregel wahrscheinlich ist (Keidel/ Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl. 2003, § 19 FGG Rn 30). Ebendies sind auch die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO, der von der Antragstellerin für ihr Rechtsschutzbegehren herangezogen worden ist. Der vorläufige Rechtsschutz des § 123 VwGO ist dem vorläufigen Rechtsschutz der ZPO im wesentlichen ähnlich. Da die VwGO nur das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten regelt und das WpÜG wegen mancher Verfahrenvorgänge auf Vorschriften der Zivilprozessordnung verweist, ist es jedoch fraglich, ob die Verwaltungsgerichtsordnung hier entsprechend anwendbar ist. Der Senat lässt diese Frage hier dahin stehen, da -unabhängig von der Verfahrensordnung- von der Möglichkeit einer Eilentscheidung auszugehen ist.

II. Begründetheit des Antrags

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch nicht begründet, weil eine Endentscheidung im Sinne des einstweiligen Rechtsschutzantrags nicht hinreichend wahrscheinlich ist.

Das WpÜG gibt der Antragstellerin selbst keinen Anspruch auf Beteiligung in dem Befreiungsverfahren des Bieters vor der Bundesanstalt Folglich kann sich ein Beteiligungsanspruch der Antragstellerin nur nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz richten, das nach § 1 VwVfG u. a. für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt. Von diesem Anwendungsbereich ist die Bundesanstalt nicht ausgenommen (§ 2 VwVfG). Einen solchen Beteiligungsanspruch der Antragstellerin vermag der Senat nach seiner derzeitigen Prüfung der Rechtslage nicht zu erkennen. Zu den "geborenen" Beteiligten im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1 - 3 VwVfG gehört die Antragstellerin nicht. Dies bringt sie auch nicht vor. Sie begehrt vielmehr nach § 13 Abs. 2 VwVfG einen Beteiligtenstatus im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG.

Ein solcher Fall der notwendigen Hinzuziehung liegt jedoch nicht vor. Nach § 13 Abs. 2 S. 2 VwVfG hat die Behörde einen Dritten auf Antrag hinzuzuziehen, wenn der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für den Dritten hat. Eine rechtsgestaltende Wirkung hat die Entscheidung der Bundesanstalt indessen nicht, denn die Antragstellerin bleibt Aktionärin von PS. auch dann, wenn die Bundesanstalt... dem Befreiungsantrag stattgeben sollte. Die Antragstellerin meint, dass sie einen gesetzlichen Anspruch nach § 35 WpÜG habe, in den durch eine für die Bieterin positive Entscheidung eingegriffen würde. Sie leitet ein subjektives Recht aus dem Umstand her, dass nach § 37 Abs.1 i.V. m. § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG die Bundesanstalt nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen der Inhaber der Aktien über den Befreiungsantrag zu entscheiden hat sowie aus der Verzinsungsregelung des § 38 WpÜG.

Dieser Argumentation vermag der Senat derzeit nicht zu folgen, da sie der Intention des Gesetzgebers zuwiderläuft. Ziel des Gesetzes war es, Rahmenbedingungen bei Unternehmensübernahmen und anderen öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren in Deutschland zu schaffen, die den Anforderungen der Globalisierung und der Finanzmärkte angemessen Rechnung tragen und hierdurch den Wirtschaftsstandort und Finanzplatz Deutschland auch im internationalen Wettbewerb weiter stärken (Pötsch, Das neue Übernahmerecht, S. 16). Das WpÜG ist geschaffen worden, weil die Selbstregulierung in Deutschland nicht im gleichen Umfang zu einer Kapitalmarktusance geworden ist, wie in anderen Ländern (BT-Drucksache 14/7034, S. 1, 27).

Nach § 37 WpÜG kann eine Person, die die Kontrolle über eine Zielgesellschaft erlangt hat und deshalb nach § 35 WpÜG zur unverzüglichen Veröffentlichung des Kontrollerwerbs und zur Abgabe eines Angebots an alle Aktionäre gehalten wäre, unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung von dieser Verpflichtung erwirken. § 37 WpÜG dient dabei dem angemessenen Ausgleich zwischen den mit der rigiden Verpflichtung nach § 35 WpÜG zur Abgabe eines Pflichtangebots verfolgten Schutzanliegen und den sonst berührten legitimen Interessen des Bieters (KK-WpÜG/ Versteegen (2003), § 37 Rn 14). Wenn also die Bundesanstalt... bei Befreiungsverfügungen die Interessen der Aktionäre beachten muss, so folgt daraus für den einzelnen Aktionär noch kein einklagbares subjektives Recht auf Nichtbefreiung. Der Bieter hat zwar einen Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung der Bundesanstalt... Dieses Recht kann er gegebenenfalls im behördlichen Widerspruchsverfahren bzw. vordem Oberlandesgericht i m Beschwerdeverfahren durchsetzen. Diesem Recht des Bieters im Verwaltungsverfahren vorder Bundesanstalt.... korrespondiert aber kein subjektives Individualrecht der Antragstellerin. Eine ausdrückliche Ausformulierung eines Individualschutzes findet sich im WpÜG nicht, ein solches Verfahren würde auch der Struktur und der Intention des WpüG zuwider laufen. Die Bundesanstalt.... hat bei einer Entscheidung nach § 37 WpÜG zwar die Interessen der Inhaber der Aktien zu berücksichtigen. Daraus folgt aber noch kein Individualschutz, vielmehr sind die Aktionäre in ihrer Gesamtheit geschützt. Mit Recht hat die Bundesanstalt... in ihrem Widerspruchsbescheid darauf hingewiesen, dass auf die Einzelinteressen individueller Anleger bei dieser öffentlich-rechtlichen Regelung keine Rücksicht genommen werden könne, denn diese verfolgten bei einem Kontrollwechsel gegebenenfalls sehr unterschiedliche Zielrichtungen, abhängig von der jeweiligen Anlagestrategie, der Einschätzung von Entwicklungschancen oder ihrer Beteiligungshöhe.

Aus der Verzinsungspflicht des § 38 WpÜG lässt sich ein Individualrecht, das auf Beteiligung im Verwaltungsverfahren des Bieters gerichtet ist, ebenfalls nicht herleiten. § 38 WpÜG sanktioniert Verstöße gegen die Pflichten nach § 35 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 und die in § 15 Abs. 1 Nr. 1 - 3 geregelten Tatbestände mit einer Zinszahlungspflicht auf die Gegenleistung. Befreit die Bundesanstalt ... z. B. von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots nach § 37 WpÜG, so entfallen die Verpflichtungen nach § 35 WpÜG und damit auch die Verzinsungspflicht. Streitig ist bereits, ob die Verzinsungspflicht erst mit negativer Bescheidung des jeweiligen Antrags entsteht (bejahend: Geibel/Süßmann, WpüG, § 38 Rn 2; verneinend: KK- WpÜG/ Kremer/ Oesterhaus, § 38 Rn1, 22). Folgt man der ersten Ansicht, so wäre bis zum Abschluss des Befreiungsverfahrens noch kein Anspruch vorhanden, in den die Bundesanstalt für mit einer Befreiungsentscheidung eingreifen könnte.

Folgt man der zweiten Ansicht, würde durch eine Befreiungsentscheidung der Bundesanstalt.... der Verzinsungsanspruch des Aktionärs entfallen. Die Streitfrage braucht hier nicht entschieden zu werden, denn entscheidend ist, dass die Verzinsungspflicht eine Sanktionsmaßnahme gegen den Bieter ist, die der Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen wirksam Nachdruck verleihen soll (vgl. Pötzsch, Das neue Übernahmerecht, S. 51). Diese Sanktionsmaßnahme ist aber keinesfalls als Anspruch des Aktionärs gegenüber der Bundesanstalt.... ausgekleidet, die Befreiung nicht zu erteilen.

Diese Schlussfolgerung wird auch sowohl in teleologischer Hinsicht durch weitere Regelungen des WpÜG als auch in historischer Hinsicht durch die Entstehungsgeschichte des WpÜG gestützt.

§ 4 II WpÜG stellt ausdrücklich fest, dass die Bundesanstalt die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Zutreffend hat die Bundesanstalt... deshalb ausgeführt, dass sich ihre Tätigkeit auf den Schutz der Funktionsfähigkeit der Wertpapiermärkte fokussiert, die durch das Vertrauen des Publikums in eine ordnungsgemäße Abwicklung von öffentlichen Aufgaben sichergestellt wird.

Während das WpÜG die Beteiligtenstellung für das Verfahren vor dem Beschwerdegericht nur schlicht dahingehend regelt, dass an dem Beschwerdeverfahren der Beschwerdeführer und das Bt. beteiligt sind (§ 52 WpÜG), lautete der Regierungsentwurf zum WpÜG (damals § 53) noch dahingehend, dass neben dem Beschwerdeführer und dem Bt. (jetzt: Bundesanstalt ) auch die Personen und Personenvereinigungen beteiligt seien, die vom Bt. hinzugezogen worden seien. In der Begründung zum Regierungsentwurf heißt es weiter dazu, dass damit die Beteiligung derjenigen Personen und Personenvereinigungen geregelt sei, die das Bt. hinzugezogen habe, weil ihre rechtlichen Interessen berührt worden seien. Der Begriff der Hinzuziehung verweise auf § 13 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG. Eine allein wirtschaftliche Betroffenheit durch das Übernahmeverfahren sei hingegen nicht ausreichend für eine Beteiligung. Durch die Beteiligung der Personen und Personenvereinigungen, die vom Bt. hinzugezogen worden seien, solle sichergestellt werden, dass im Verwaltungsverfahren wie im Beschwerdeverfahren die gleichen Beteiligten erfasst seien (BT-Drucksache 14/7034, S. 66). Dieser Entwurf ist aber nicht Gesetz geworden. Der Finanzausschuss hat zu seinem Abänderungsvorschlag, der dem heutigen § 52 WpÜG entspricht, ausgeführt, die Neufassung der Vorschrift berücksichtige, dass in dem Verfahren vor dem Bt. ausschließlich der Adressat einer Verfügung beteiligt sei, bzw. derjenige, der geltend mache, einen Anspruch auf den Erlass einer Verfügung zu haben. Dementsprechend erfolge auch keine Hinzuziehung von Personen und Personenvereinigungen durch das Bt. (BT-Drucksache 14/7477, S. 52).

Ein besonderes Gewicht bei der Beurteilung dessen, was der Gesetzgeber durch das WpÜG an einklagbaren Individualrechten schaffen wollte, hat die Streichung des § 42 WpÜG-RegE. § 42 WpÜG-RegE sah eine Schadensersatzpflicht für den Missbrauch des Widerspruchs- oder Beschwerderechts vor, wenn sich Widerspruch oder Beschwerde von Anfang an als ungerechtfertigt herausstellen sollten. An Missbrauchsbeispielen nannte der Entwurf dabei insbesondere das Erwirken der Untersagung des Angebots durch vorsätzlich oder grob fahrlässig vorgetragene falsche Angaben, die Stellung eines Überprüfungsantrags mit dem Ziel, das Angebotsverfahren zu behindern oder Konkurrenten zu schädigen oder die Einlegung von Widerspruch bzw. Beschwerde in der Absicht, diese später gegen Geld oder andere Vorteile zurückzunehmen. Dieser Entwurf ist im Bundesrat kritisiert worden, u. a. weil unklar sei, wer anspruchsberechtigt sei. Daraufhin ist diese Missbrauchsklausel fallen gelassen worden, weil sie keinen praktischen Anwendungsbereich habe, da Dritte durch Verfügungen des Bt.s nicht in ihren Rechten verletzt sein und demzufolge keinen Widerspruch oder Beschwerde einlegen können, der als missbräuchlich zu qualifizieren wäre (Pötzsch, Das neue Übernahmerecht, S. 265,266).

Hieran wird deutlich, dass der Gesetzgeber den Drittschutz jedenfalls hi nsicht-lich des Verwaltungs- und des Beschwerdeverfahrens ausschließen wollte (vgl. hierzu auch KK-WpÜG/ Pohlmann, § 48 Rn 64-66 m.w.N; Geibei/Süßmann, WpÜG, § 4 Rn 12 u. 13). Ein solcher Ausschluss vom Verwaltungsverfahren ist aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit allerdings nur möglich (Art. 19 IV, 20 GG), soweit die Verwaltungsentscheidung nicht unmittelbar in verfassungsrechtlich abgesicherte Positionen des Dritten eingreift. Ein Anspruch auf Verfahrensbeteiligung setzt voraus, dass eine Grundrechtsposition des Dritten durch die Entscheidung unmittelbar betroffen wird. Für den gerichtlichen Rechtsschutz muss insoweit eine einklagbare Rechtsposition bestehen (Stelkens/ Bonk/ Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Auf. 2001, § 13 Rn 39). Dies ist hier aber nicht der Fall. Anteilseigner bzw. Aktionäre sind durch eine Befreiungsentscheidung der Bundesanstalt... zwar möglicherweise in ihren wirtschaftlichen Interessen und Informationsrechten beeinträchtigt. Art. 14 l GG ist jedoch nicht verletzt. Schutzgut des Art. 14 GG ist das Eigentum und nicht das Vermögen. Als Anteilseigentum unterfällt die Aktie zwar dem Schutz des Art. 14 l GG. Dieses Eigentum wird jedoch nicht verletzt, da eine Befreiungsentscheidung weder das mit der Aktie verbundene Stimmrecht noch das Eigentum betrifft. Nach einer Befreiungsentscheidung ist dem einzelnen Aktionär nur nicht die mit dem Pflichtangebot verbundene zusätzliche Möglichkeit eröffnet, die Aktie an den Bieter außerhalb der Börse zu verkaufen. Dieses Vermögensinteresse wird durch Art. 14 l GG nicht geschützt. Etwaige Konflikte bei der Übernahme sind gesellschaftsrechtlich und nicht über das WpÜG zu lösen (so im Ergebnis auch KK-WpÜG/ Giesberts, § 4 Rn 80).

Ob eine rechtswidrige Befreiungsverfügung es Aktionären ermöglicht, Ansprüche vor den Zivilgerichten durchsetzen, wie Steinmeyer/ Hager dies als Alternative erwägen (Steinmeyer/ Hager, WpÜG, § 4 Rn 14), kann hier dahinstehen (vgl. zum denkbaren Nebeneinander von verwaltungs-bußgeldrechtlichen und bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten auch Pötzsch, Das neue Übernahmerecht, S. 51).

Eine Hinzuziehung zum Verfahren vor der Bundesanstalt... kann die Antragstellerin auch nicht nach § 13 Abs. 2 S. 1 VwVfG erwirken. Nach dieser Vorschrift kann die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Der Behörde steht für die Hinzuziehung ein Ermessensspielraum zu. Angesichts der vorstehend dargelegten gesetzgeberischen Intention lässt sich ein Ermessenfehlgebrauch durch die Ablehnung der Hinzuziehung nicht feststellen. Dies gilt auch, wenn man berücksichtigt, dass die Antragstellerin 8,03 % der Aktien hält. Das Gesetz hat für solche Fälle keine Sonderrechte vorgesehen. Es besteht auch hier kein Anlass, die Antragstellerin besser zu stellen als die übrigen Aktionäre. Die Verkehrsfähigkeit der Aktien der Antragstellerin entfällt im Falle einer Befreiungsentscheidung der Bundesanstalt .... nicht. Die Antragstellerin hat dann nur nicht die Möglichkeit, ihre Aktien im Rahmen eines Pflichtangebots an die Übernehmerin zu veräußern. Dieses ist im Rahmen der Befreiungstatbestände des § 9 AngebotsVO hinzunehmen. Die Bundesanstalt ist zuständig für die Überwachung der Regelungen des WpÜG. Mit den sich oft lange hinziehenden aktienrechtlichen Spruchstellenverfahren und der Rechte der Aktionäre nach §§ 304 ff AktG ist diese Kontrolltätigkeit nicht vergleichbar. Ein rasches Verfahren ließe sich bei einem Individualschutz für den einzelnen Aktionär nicht sicherstellen. Dies widerspräche wiederum dem Beschleunigungsprinzip (§§ 3 IV, 41 II WpÜG). Ein Anlass, für Aktionäre mit einer höheren Beteiligungsquote eine Ausnahme zu machen, besteht nicht, abgesehen davon, dass auch dann eine Vielzahl von divergierenden Interessen das Verfahren verzögern könnte.

Da die Antragstellerin mit ihrem Antrag keinen Erfolg hatte, waren ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (§§ 91, 97 ZPO analog).

Einer vorherigen Anhörung der Bundesanstalt... bedurfte es nicht, da diese durch den Ausgang der Entscheidung nicht benachteiligt ist. Von einer mündlichen Verhandlung hat der Senat abgesehen, da diese durch das WpÜG für ein Eilverfahren nicht vorgeschrieben ist, die Hauptsache auch trotz der Eilentscheidung betrieben werden kann, die Eilentscheidung den Senat im Hauptsacheverfahren nicht bindet und es sich bei diesem einstweiligen Anordnungsverfahren auch nur um Rechtsfragen gehandelt hat.

Die Wertfestsetzung berücksichtigt das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin und den Umstand, dass die erstrebte Beteiligung am Verwaltungsverfahren noch nichts darüber aussagt, ob die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren Erfolg haben würde.

Ende der Entscheidung

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