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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 12.02.2007
Aktenzeichen: WpÜG 1/06
Rechtsgebiete: WpHG, WpÜG


Vorschriften:

WpHG § 37 o
WpHG § 37 t
WpHG § 37 u
WpÜG § 43
1. Der Abschlussprüfer hat auf Verlangen der BaFin im Enforcementverfahren seine Arbeitspapiere hinsichtlich einer bestimmten Problemstellung vorzulegen.

2. Eine Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs widerspricht im Regelfall dem Beschleunigungsgebot des Enforcementverfahrens.


Gründe:

I

Die Antragstellerin erstrebt mit ihrem Antrag die Herstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen einen im Rahmen einer zweiten Enforcement-Stufe ergangenen Bescheids der BaFin.

Die Antragstellerin ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Sie war von der A AG, O1 beauftragt, deren Jahresabschluss zum 31.12.2004 als gesetzlicher Abschlussprüfer zu prüfen.

Im Jahr 2005 hat die ... Prüfstelle ... e. V., O1, nachstehend nur noch als Prüfstelle bezeichnet, eine Stichprobenprüfung dieses Jahresabschlusses gem. § 342 b Abs. 2 HGB angeordnet und durchgeführt. Die Prüfstelle hat den Jahresabschluss in zwei Punkten beanstandet. Zum einen hat sie gerügt, dass wegen einer Patronatserklärung für eine Tochtergesellschaft keine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet worden ist. Außerdem hat die Prüfstelle einen Hinweis dahingehend gegeben, dass die A AG verpflichtet gewesen sei, im Hinblick auf ihr Eigenkapital und angesichts der bilanziellen Überschuldung dieser Tochtergesellschaft sowie der bestehenden Pensionsverpflichtungen der beiden Tochtergesellschaften, einen Konzernabschluss aufzustellen.

Mit diesem Prüfungsergebnis war die A AG nicht einverstanden. Daraufhin hat die BaFin nach entsprechender Unterrichtung ein Prüfungsverfahren nach § 37 o WpHG eingeleitet.

Im Zusammenhang mit diesem Prüfungsverfahren hat die BaFin der Antragstellerin mit Bescheid vom 23.10.2006 die Erteilung von Auskünften und die Vorlage von Unterlagen aufgegeben, wobei es in diesem Verfahren nur noch um die Anordnung geht, die Arbeitspapiere vorzulegen.

Die Antragstellerin meint, für die Anordnung der BaFin, "Auszüge zu dem oben genannten Sachverhalt" vorzulegen, fehle es an der gesetzlichen Grundlage. Eine entsprechende Anordnungsbefugnis ergebe sich aus § 37 o Abs. 4 S. 1 WpHG nicht. Das Prüfungsverfahren erstrecke sich ausschließlich auf den Abschluss der A AG, nicht auf ihre Tätigkeit als Abschlussprüferin. Ein Abschlussprüfer habe der BaFin nur solche Informationen zur Verfügung zu stellen, die diese benötige, um den zu prüfenden Abschluss beurteilen zu können und nicht die Tätigkeit des Abschlussprüfers. § 37 o Abs. 4 Satz 1 WpHG ermögliche der BaFin nur die Einholung von Auskünften des Abschlussprüfers, die diesem im Rahmen der Abschlussprüfung bekannt geworden sind. Die Rechtswidrigkeit der getroffenen Anordnung sei offensichtlich. Nach der Regelung in § 50 Abs. 3 Ziff. 2 WpÜG genügten ernstliche Zweifel um dem Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zum Erfolg zu verhelfen.

In Erwiderung auf die BaFin führt die Antragstellerin ergänzend aus, es bestehe kein Streit darüber, ob die BaFin das Recht haben könne, die Vorlage von Arbeitspapieren zu fordern, die für die Prüfung relevante "Tatsachen" enthielten und/oder dokumentierten. Die Antragstellerin bringt hierzu weiter vor, mit der herrschenden Meinung in der Fachliteratur gehe sie aber davon aus, dass die BaFin die Vorlage der Arbeitspapiere eines Abschlussprüfers nur unter der Voraussetzung verlangen darf, dass die Arbeitspapiere "Tatsachen" enthalten. Es sei nicht ersichtlich, dass es irgendwelche Gründe für den Gesetzgeber gegeben haben könnte, der BaFin einen Zugriff auf die Arbeitspapiere auch insoweit zu ermöglichen, als die Arbeitspapiere über bestimmte "Tatsachen" hinaus lediglich die prüfende, beurteilende und wertende Tätigkeit des Abschlussprüfers dokumentieren. Die BaFin habe nicht dargetan, dass sie irgendwelche Arbeitspapiere benötige, um die Prüfung bei der A AG durchführen zu können. Insbesondere sei der BaFin nicht die Darlegung gelungen, dass es sich nicht um eine "Fishing Expedition" handele, also um eine Maßnahme, die nicht auf die Gewinnung einer bestimmten Tatsachen-Information abziele, sondern auf eine wahllose Ausforschung hinauslaufe. Die Antragserwiderung der BaFin bestätige, dass die BaFin selbst keine Vorstellung davon habe, welche bestimmten Tatsachen sie aus den Arbeitspapieren der Antragstellerin ermitteln wolle. Am Merkmal der Erforderlichkeit fehle es auch dann, wenn es für Prüfungszwecke ausreichend sei, dass die BaFin einschlägige "Auskünfte" erhalte. Die Antragstellerin führt hierzu aus, sie habe der BaFin am 18.12.2006 umfangreiche Auskünfte erteilt und sämtliche Fragen beantwortet. Es sei nicht ersichtlich, dass darüber hinaus noch die Vorlage von Unterlagen erforderlich sei.

Die BaFin kenne auch die gesamte Korrespondenz, die zwischen der Prüfstelle und der A AG geführt worden sei und in die sie als Abschlussprüferin ihr gesamtes Sachwissen eingebracht habe. Ihre Arbeitspapiere enthielten keine weitergehende relevante Tatsacheninformation.

Die Antragstellerin beantragt, anzuordnen,

dass der von der Antragstellerin mit Schreiben vom 09. November 2006 eingelegte Widerspruch gegen den Bescheid der BaFin vom 23.10.2006 insoweit aufschiebende Wirkung habe als die BaFin gem. Ziff. 2 dieses Bescheids die Vorlage von Auszügen aus den Arbeitspapieren angeordnet hat.

Die BaFin beantragt, den Antrag abzulehnen.

Die BaFin hält die Vorlage der Arbeitspapiere zur Prüfung der Richtigkeit des Jahresabschlusses in Bezug auf die Frage für erforderlich, ob für die A AG hätten Rückstellungen wegen der Patronatserklärung gebildet werden müssen. Sie geht davon aus, dass die Arbeitspapiere prüfungsrelevante Angaben bezüglich der Frage enthalten, ob aufgrund der am 30.07.1997 abgegebenen Patronatserklärung "Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten" hätten gebildet werden müssen. Sie erwartet aus den Arbeitspapieren Informationen zu der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der A AG, die ihr Prüfergebnis beeinflussen können. Die Arbeitspapiere ermöglichten es ihr daher, den der Prüfung der Rechnungslegung im konkreten Einzelfall zugrunde liegenden Sachverhalt schnell, effizient und umfassend aufzuklären. Die Arbeitspapiere des Abschlussprüfers gestatteten eine verlässliche Aussage dahingehend, wie sich die Situation zum damaligen Zeitpunkt dargestellt habe. Hierauf komme es insbesondere auch bei der Frage an, wie wahrscheinlich eine Inanspruchnahme aufgrund der Patronatserklärung gewesen sei, denn maßgeblich für die Frage der Notwendigkeit der Rückstellungsbildung seien der Kenntnisstand und die Einschätzung zum Zeitpunkt der Bilanzierung. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass der Zugriff auf die Arbeitspapiere des Abschlussprüfers ihr die Möglichkeit eröffne, gegebenenfalls von dem geprüften Unternehmen erteilte Auskünfte und vorgelegte Unterlagen auf ihre inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit hin zu überprüfen.

Die BaFin hält die angeordnete Vorlage auch für verhältnismäßig, da die Antragstellerin dadurch nicht unzumutbar belastet werde. Der mit der Befolgung des Ersuchens verbundene Aufwand liege im Rahmen des Üblichen. Einen Eingriff in grundgesetzlich geschützte Positionen der Antragstellerin vermöge sie nicht zu erkennen. Die Beschränkung der Auskunftspflicht des Abschlussprüfers auf die im Rahmen seiner Abschlussprüfung bekannt gewordenen Tatsachen enge die Vorlagepflicht nicht ein. Der Gesetzgeber habe begrifflich zwischen der Verpflichtung zur Auskunft und der Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen unterschieden. Angesichts der ablehnenden Rechtsprechung zur Ausdehnung des Auskunftsverweigerungsrechts auf die Vorlage von Unterlagen hätte der Gesetzgeber Anlass gehabt, die Einschränkung des § 37 o Abs. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz WpHG auch auf die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen auszudehnen. Dies habe er aber nicht getan, obwohl dies beispielsweise in § 10 Abs. 2 Satz 4 zweiter Halbsatz Bundesseuchengesetz in der Fassung vom 01.01.2000 geschehen sei.

Die BaFin behauptet weiter, die Antragstellerin habe bei einem Gespräch am 18.12.2006 zunächst verbindlich zugesagt, die geforderten Unterlagen bis Anfang 2007 zu übersenden. Mit Schreiben vom 22.12.2006 habe sie dann aber mitgeteilt, dass sie den vorliegenden Fall nutzen wolle, um eine generelle gerichtliche Klärung der Frage herbeizuführen, ob Abschlussprüfer zu der Herausgabe der von ihnen angefertigten Arbeitspapiere verpflichtet sind. Es sei daher bereits fraglich, ob die Antragstellerin des nachgesuchten Rechtsschutzes bedürfe. Die Antragstellerin bestreitet, zugesagt zu haben, die Unterlagen zu übersenden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen verwiesen.

II

Der Antrag ist zulässig.

Nach § 37 t Abs. 2 WpHG hat der von der Antragstellerin eingelegte Widerspruch keine aufschiebende Wirkung. Mit dieser Regelung weicht das Gesetz vom dem allgemeinen Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen bei belastenden Verwaltungsakten (vgl. hierzu Eyermann/ Schmidt, § 80 VwGO, Rn 32) ab. Der Gesetzgeber hat sich bei dem neu in das WpHG eingefügten Enforcementverfahren bewusst für eine Vorleistungspflicht der Unternehmen bzw. der an der Fertigung des überprüften Jahresabschlusses Beteiligten entschieden, da nur so der Gesetzeszweck einer zeitnahen, effektiven und beschleunigten Überprüfung der Rechnungslegung börsennotierter Unternehmen erreicht werden kann (vgl. BT- Drucksache 15/3421, S. 20/21). Da die BaFin es gegenüber der Antragstellerin ausdrücklich abgelehnt hat, von der ihr eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, im Verwaltungsverfahren zumindest zeitlich befristet, etwa bis zur Entscheidung über den Widerspruch, auf eine Durchsetzung der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit zu verzichten (vgl. Eyermann/ Schmidt, § 80 Rn 66), ist bereits jetzt ein Rechtsschutzinteresse für einen Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 37 u Abs. 2 WpHG, 50 Abs. 3 und 4 WpÜG gegeben (Haarmann/ Schüppen/ Schweitzer, § 50 WpÜG Rn. 24).

Ob die Antragstellerin bei der Besprechung am 18.12.2006 zugesagt hat, die Arbeitspapiere vorzulegen, wie die BaFin behauptet, die Antragstellerin aber bestreitet, ist für das Rechtsschutzbedürfnis unerheblich, denn der Antragstellerin müsste zugestanden werden, dass sie ihre Position im laufenden Verfahren überdenken und revidieren kann.

Der somit zulässige Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist jedoch in der Sache nicht begründet.

Da im vorliegenden Verfahren die §§ 43 ff WpÜG entsprechend anwendbar sind (§ 37 u Abs. 2 WpHG), kann im Weg des einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes die Herstellung einer aufschiebenden Wirkung in entsprechender Anwendung der gesetzlichen Vorgaben des WpüG für das gerichtliche Verfahren nur erfolgen, wenn eine der Voraussetzungen des § 50 Abs. 3 WpÜG gegeben ist. Da - wie oben dargelegt - die angegriffene Anordnung der BaFin ohne eine Sofortvollzugsanordnung der BaFin kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, ist ein Anwendungsfall des § 50 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG nicht gegeben. Die Herstellung der aufschiebenden Wirkung hängt danach davon ab, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung bestehen (§ 50 Abs. 3 Nr. 2 WpÜG) oder die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte (§ 50 Abs. Nr. 3 WpÜG) zur Folge hat. Beides ist hier nicht der Fall.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht vermag der Senat in diesem summarischen Verfahren jedenfalls soweit sie hier nur noch zur Überprüfung gestellt ist, nicht zu erkennen. Die Antragstellerin war die verantwortliche Wirtschaftsprüferin bei der Feststellung des beanstandeten Jahresabschlusses. Gem. § 37 o Abs. 4 WpHG ist die Antragstellerin der BaFin gegenüber auskunftspflichtig. Sie hat nach dieser Vorschrift auf Verlangen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, soweit dies zur Prüfung erforderlich ist. Soweit die Antragstellerin vorbringt, sie habe bereits alle Auskünfte gegeben, spricht dies nicht gegen die Erforderlichkeit der Vorlage. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die BaFin die Vorlage der Arbeitspapiere ohne Not angefordert hat. Insbesondere kann entgegen der Rüge der Antragstellerin von einer "Fishing Expediton" oder einer Ausforschung "ins Blaue hinein" nicht die Rede sein, da die Vorlagepflicht in Ziff. 2 des Bescheids vom 23.10.2006 sich konkret nur auf den Problembereich der Bildung einer Rückstellung für die bestehenden Pensionsverpflichtungen einer Tochtergesellschaft aufgrund der Patronatserklärung bezieht und die BaFin diesen Punkt einer Überprüfung unterziehen darf.

Ein Wirtschaftsprüfer hat bei einer Prüfung grundsätzlich Arbeitspapiere anzufertigen. Die Arbeitspapiere eines Abschlussprüfers sollen nach ihrem Zweck zusammen mit dem Prüfbericht alle erforderlichen Informationen hinsichtlich des Prüfergebnisses und der einzelnen Prüfungsfeststellungen enthalten. Sie sind so anzulegen, dass sich ein Prüfer, der nicht mit der Prüfung befasst war, in angemessener Zeit ein Bild über die Abwicklung der Prüfung machen kann, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass ordnungsgemäße Arbeitspapiere auch dann vorliegen können, wenn ein Verständnis für Detailaspekte der Abschlussprüfung erst durch eine Erörterung der Arbeitspapiere mit deren Ersteller erlangt werden kann. (Ziff. 9 und 10 des IDW PS 460). Die Arbeitspapiere enthalten auch die Überlegungen des Abschlussprüfers zu allen wichtigen Sachverhalten, denen Ermessensentscheidungen zugrunde liegen, sowie die hierzu vom Abschlussprüfer gezogenen Schlussfolgerungen (Ziff. 13 IDW PS 460). Damit sind die Arbeitspapiere des Abschlussprüfers von der Anlage her für jeden außenstehenden Prüfer eine Möglichkeit, verhältnismäßig rasch bei kritischen Bilanzpunkten zu einer Beurteilung zu kommen.

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Arbeitspapiere internen Zwecken dienen und nicht zur Weitergabe bestimmt sind. Die Arbeitspapiere dokumentieren im Übrigen das prüferische Können und Wissen des Wirtschaftsprüfers, das den Schutz des Art. 12 GG genießt (WP Handbuch 2006, A Rn 538). Im Zusammenhang mit der durch § 37 o Abs. 4 WpHG normierten Auskunftspflicht vermag dies aber die Zurückhaltung der Arbeitspapiere zu speziellen Fragestellungen nicht zu rechtfertigen, denn prüferisches Können und Wissen wird auch bei einer Befragung im Rahmen der Auskunftsverpflichtung deutlich. Im Übrigen sind Einsichtsnahmen in die Arbeitspapiere der beruflichen Praxis im Rahmen von Qualitätskontrollen auch keineswegs fremd (vgl. WP Handbuch 2006, R Rn 782). Dass sich die Auskunftspflicht der Abschlussprüfer nur auf Tatsachen beschränkt, die ihnen im Rahmen der Abschlussprüfung bekannt geworden sind (§ 370 Abs. 4 Satz 1 HS 2 WpHG), führt ebenfalls nicht zu weiteren Einschränkungen, denn die Arbeitspapiere, um die es hier geht, sind die Dokumentation der Abschlussprüfung. Bereits im Vorfeld der Gesetzesberatung haben sich die Wirtschaftsprüferkammer und das Institut der Wirtschaftsprüfer dafür eingesetzt, dass die Vorlage der Arbeitspapiere ausgenommen werden soll (Stellungnahme der Wirtschaftsprüferkammer vom 19.01.2004 zum Entwurf eines Bilanzkontrollgesetzes, sowie die Stellungnahmen der Wirtschaftsprüferkammer vom 21.04.2004 zum Regierungsentwurf eines Bilanzkontrollgesetzes; Stellungnahme des IDW vom 19.01.2004 zum Referentenentwurf). Dies ist jedoch nicht geschehen. Dies legt die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber die Vorlage der Arbeitspapiere nicht von der Vorlagepflicht ausnehmen wollte.

Der Senat vertritt mit der BaFin die Auffassung, dass die Arbeitspapiere soweit sie für die Prüfung eines speziellen möglichen Fehlers in der Rechnungslegung relevant sind, grundsätzlich von der Vorlagepflicht erfasst werden. Der Umstand, dass durch die Arbeitspapiere auch die Tätigkeit des Abschlussprüfers allgemein dokumentiert ist, ist nicht geeignet, die Arbeitspapiere generell von der Vorlagepflicht auszunehmen. Dies scheint auch die Antragstellerin nicht (mehr) vertreten zu wollen, indem sie darauf abhebt, dass vorliegend das Erfordernis einer Vorlage nicht dargetan sei. Ob die Vorlagepflicht, etwa durch Schwärzungen, eingeschränkt werden könnte, wenn die Arbeitspapiere Angaben enthalten, die dem Abschlussprüfer nicht im Rahmen der Abschlussprüfung bekannt geworden sind (vgl. hierzu Hönsch in Assmann/Uwe H. Schneider [Hrsg], WPHG, 2006, § 37o Rn 41, 42; Kämpfer, Enforcementverfahren und Abschlussprüfer, BB 2005, 13 ff, 15) kann dahinstehen, denn solche Umstände hat die Antragstellerin weder konkret vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Soweit Gelhausen / Hönsch (Das neue Enforcement-Verfahren für Jahres- und Konzernabschlüsse, AG 2005, 511 ff, 523) die Auffassung vertreten, dass Arbeitspapiere nur ausnahmsweise von der Vorlagepflicht erfasst werden, soweit sich aus ihnen Tatsachen ergeben, die dem Abschlussprüfer während der Prüfung bekannt geworden sind, widerspricht dies der Ansicht des Senats nicht durchgreifend. Der Senat geht lediglich von einem anderen Regel-Ausnahmeverhältnis aus, was dadurch begründet ist, dass die hier in Rede stehenden Arbeitspapiere zur Dokumentation der Abschlussprüfung angelegt sind und nicht davon auszugehen ist, dass der Abschlussprüfer die Mehrheit seiner Informationen nicht im Rahmen der Abschlussprüfung erworben hat.

Die Frage der konkreten Erforderlichkeit der Vorlage der Arbeitspapiere kann nicht ohne Rücksicht auf den Sinn und Zweck des Enforcementverfahrens bestimmt werden. Der Gesetzgeber hat sich zur Verabschiedung eines Bilanzkontrollgesetzes veranlasst gesehen, das die Enforcement-Vorschriften im WpHG und HGB enthält, auf die es in diesem Verfahren ankommt. Anlass war das Bemühen, angesichts von Unternehmensskandalen das Vertrauen der Anleger in die Richtigkeit von Unternehmensabschlüssen und damit in den Kapitalmarkt wiederherzustellen und nachhaltig zu stärken (Drucksache BT 15/4055, S. 1; Drucksache BR 325/04, S. 1; Drucksache BT 15/3421, S. 11; Hommelhoff, / Mattheus, BB-Gesetzgebungsreport: Verlässliche Rechnungslegung - Enforcement nach dem geplanten Bilanzkontrollgesetz, BB 2004, 93 ff). Die Arbeitspapiere sind eine wichtige Ergänzung des Prüfberichts (Bräutigam/ Heyer, Das Prüfverfahren durch die Prüfstelle für Rechnungslegung, AG 2006, 188 ff, 193).

Eine unbillige Härte für die Antragstellerin liegt im Sofortvollzug ebenfalls nicht. Eine solche wäre anzunehmen, wenn sie durch die Vorlage schwerwiegende Nachteile hätte, die nicht oder nur schwer reparabel wären (vgl. Haarmann/ Schüppen/ Schweizer, § 50 WpÜG, Rn 23). Solche schwerwiegende Nachteile aus dem Sofortvollzug hat die Antragstellerin nicht dargetan. Aus der Pflicht zur Berufsverschwiegenheit folgen sie nicht, denn diese ist durch die gesetzliche Auskunfts- und Vorlagepflicht durchbrochen. Der Grundsatz, dass niemand gehalten ist, sich selbst zu belasten, auf den u. a. die Wirtschaftsprüferkammer im Gesetzgebungsverfahren abgestellt hat, gibt für den vorliegenden Fall nichts her. Die Antragstellerin hat ihre Weigerung nicht auf diesen Grundsatz gestützt und auch nicht vorgetragen, dass die Prüfstelle ihr gegenüber Beanstandungen nach § 342 b Abs. 8 HGB hinsichtlich ihrer Prüfungstätigkeit vorgebracht habe.

Da das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache - wie dargelegt - allenfalls als offen bezeichnet werden kann, hat der Senat einerseits die Folgen abzuwägen, die eintreten würden, wenn die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet würde, die Antragstellerin aber in der Hauptsache obsiegen würde sowie andererseits die Nachteile, die entstünden, wenn die aufschiebende Wirkung hergestellt würde, die Antragstellerin im Ergebnis aber unterliegen würde. Auch diese Folgenabwägung kann nicht zu der von der Antragstellerin beantragten Anordnung führen.

Das Enforcementverfahren muss im Interesse der Beteiligten und des Marktes rasch abgewickelt werden. Gerade deshalb hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat. Dass die Interessen der Antragstellerin hier die öffentlichen Interessen an der zügigen Verfahrensabwicklung überwiegen, ist weder dargetan noch ersichtlich.

Die Wertfestsetzung ist nach Einschätzung der Bedeutung des Verfahrens für die Antragstellerin nach freiem Ermessen erfolgt (§§ 37 u WpHG, 48 WpÜG, 50 Abs. 1 Nr. 3 GKG, 3 ZPO).

Ende der Entscheidung

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