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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 25.06.2004
Aktenzeichen: WpÜG 5/03 (1)
Rechtsgebiete: WpÜG


Vorschriften:

WpÜG § 29
WpÜG § 30
WpÜG § 35
Der gemeinsame Wille von Aktionären, ein Unternehmen in Fortführung eines bereits vorhandenen Konzepts zu sanieren, kann nicht ohne weiteres als "acting in concert" im Sinne von § 30 II WpÜG angesehen werden. Dies gilt auch dann, wenn die Aktionäre personelle Alternativen für einen Wechsel des Alleinvorstands anstreben.
OBERLANDESGERICHT Frankfurt am Main BESCHLUSS

WpÜG 5/03 WpÜG 6/03 WpÜG 8/03

Verkündet am 25.06.2004

In dem Beschwerdeverfahren nach dem WpÜG

hat der Wertpapiererwerbs- und Übernahmesenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerden der Beschwerdeführer zu 1) und 2) vom 25.06.2003 und des Beschwerdeführers zu 3) vom 04.07.2003 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19.05.2004

beschlossen:

Tenor:

Es wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für ein Pflichtangebot der Beschwerdeführer zu 1) ­ 3) nicht vorgelegen haben. Im übrigen werden die Beschwerden der Beschwerdeführer zu 1) bis 3) zurück gewiesen.

Die Gerichtskosten fallen der A zur Last; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert: Bis zur Verbindung der Verfahren der drei Beschwerdeführer jeweils 1.000.000 € pro Verfahren, danach 3.000.000 €.

Gründe:

I.

Es geht um die Ablehnung einer Befreiung von der Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots durch die A (im Folgenden nur A genannt). Der Beschwerdeführer zu 2) ist Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zu 1). Diese wiederum ist Aktionärin der B AG, einem Internetdienstleistungsunternehmen. Der Beschwerdeführer zu 3) war ebenfalls Aktionär der B AG.

Im Herbst 2002 ließ der Firmengründer und Alleinvorstand der B AG C zur Abwendung einer alsbald befürchteten Insolvenz durch Vermittlung des Beschwerdeführers zu 2) und unter dessen Mitwirkung von der D E ein Restrukturierungskonzept erarbeiten. In einem auf dieser Basis erarbeiteten Strategiepapier des Vorstands der B AG war auch eine Zusammenarbeit mit der F AG vorgesehen. Die F AG ist ein Dienstleister im Markt für digitale Medien. Der Beschwerdeführer zu 3) ist zugleich Mehrheitsaktionär und Vorstandsvorsitzender dieses Unternehmens. Seit Sommer 2002 verhandelten die B AG und die F AG über eine Zusammenarbeit.

Die G AG als mittelbare Hauptaktionärin (im Ergebnis ca. 60 % der Aktien von B) unterstützte die Sanierungslösung. Dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Prof. Dr. H teilte sie in einem Schreiben vom 22.11.02 u. a. mit, dass sie bereit sei, Anteile zum Zwecke der Sanierung an einen oder mehrere Käufer abzugeben. Ende Nov. 2002 traf Herr C als Alleinvorstand mit der G AG und der I AG als einer wesentlichen Gläubigerin verschiedene in einem Term Sheet zusammengefasste Vereinbarungen. Dabei verpflichtete sich die G AG u.a. 8.100.428 Stückaktien der B AG (rd. 40,27% am Kapital von B) an den Alleinvorstand oder einen oder mehrere von ihm zu benennende Dritte für jeweils einen Euro pro Paket abzugeben. Das Sanierungskonzept war auch Gegenstand einer Ad-hoc-Mitteilung.

Parallel zu den Sanierungsbemühungen von Herrn C ging die Kritik des Aufsichtsrats an dessen Amtsführung hinsichtlich des Erwerbs der J-Gruppe Ende des Jahres 2002 ihrem Höhepunkt entgegen. Der Vorwurf lautete, dass Herr C die J-Gruppe viel zu teuer erworben und die Vermögensinteressen der B AG dadurch geschädigt ha- be. Der Aufsichtsrat gab Ende Nov. 2002 einer Rechtsanwaltskanzlei den Auftrag, diesen Vorgang rechtlich zu prüfen. Am 30.11.2002 legte Prof. Dr. H nach seinen Angaben aus persönlichen Gründen den Aufsichtsratsvorsitz nieder. Am 18./20.12.2002 wurde Herr C als Alleinvorstand abberufen und stattdessen Prof. Dr. H Alleinvorstand. Die B AG hat in der Folgezeit wegen des J-Geschäfts gegen Herrn C eine Schadensersatzklage angestrengt, die noch läuft.

Am 21.12.2002 machte Herr C gegenüber der G AG von seinem Benennungsrecht Gebrauch und benannte den Beschwerdeführer zu 2) bzw. dessen GmbH für das eine Aktienpaket und den Beschwerdeführer zu 3) für das andere. Am 23.12.2003 haben die G AG und die G K GmbH dann von ihren gehaltenen 60% der Aktien zwei Pakete Inhaberstückaktien der B AG, die jeweils zirka 20,14 % der Stimmrechte darstellten, an die Beschwerdeführer zu 2) und 3) zu einem Preis von je 1 pro Paket übertragen. Herr C hielt damals selbst 17,7 % der Aktien der B AG, die allerdings verpfändet waren. Die Beschwerdeführer zu 2) und 3) wussten, wer der jeweils andere Käufer war.

Bereits am 30.12.2002 äußerte sich der Beschwerdeführer zu 2) in einer Pressemitteilung über sein Engagement bei B. Er hob unter anderem die Notwendigkeit einer kurzfristig anzusetzenden außerordentlichen Hauptversammlung hervor, da er durch den abrupten Vorstandswechsel das beschlossene Restrukturierungskonzept gefährdet sah. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung sollten auch Fragen zum Management erörtert werden, wozu er sich der Unterstützung von Mitaktionären vergewissert habe.

Am 03.01.2003 forderte Herr C die Aufsichtsratsmitglieder schriftlich zum Rücktritt auf und bat am 09.01.2003 den Vorstand schriftlich um die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung zum Zweck "durch entsprechende Personalentscheidungen über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats die Voraussetzungen für eine Neubestellung des Vorstands zu schaffen, um damit die Sanierungsfähigkeit der Gesellschaft sicher zu stellen." Am selben Tag war in der Zeitschrift "..." zu lesen, dass sich der interviewte Beschwerdeführer zu 2) eine außerordentliche Hauptver- sammlung und einen Vorstandswechsel bzw. einen verstärkten Vorstand wünsche. Auch andere Zeitungsberichte haben dieses Thema aufgegriffen.

Am 17.01.2003 teilte Prof. Dr. H den Beschwerdeführern schriftlich mit, das Land O1 sei nicht bereit, durch Stundung der Gewerbesteuer einen Beitrag zur Sanierung der B AG zu leisten. Die Erwerber müssten konkrete Verpflichtungen zum Zwecke der Sanierung übernehmen. Ebenfalls am 17.01.2003 versuchte der Aufsichtsratsvorsitzende und frühere Rechtsanwalt von Herrn C, Dr. L, mit diesem wegen außergerichtlicher und außeröffentlicher Streitbeilegung in Kontakt zu treten. In der Folge wurde auch eine Rahmenvereinbarung mit Dr. L vorbereitet, die diesem Beteiligungsrechte an der B ermöglichen sollte. Diese Erklärung wurde jedoch nicht unterzeichnet.

Am 19.01.2003 veranlasste Herr C die Vorstellung von Herrn N M als möglichem neuen Vorstand der B AG bei Dr. L. Am Tag darauf fand ein Gespräch zwischen dem Beschwerdeführer zu 2) und Prof. Dr. H statt, in dem der Beschwerdeführer zu 2) einen Lebenslauf von N M übergab. An diesem Tag kam es auch zu einem Treffen der Beschwerdeführer zu 2) und 3) in O2.

Am 22.01.2003 fand ein Gespräch bei der A statt, an dem Herr C, der Beschwerdeführer zu 3) und Rechtsanwalt Dr. P teilnahmen. Herr C trug dabei u. a. vor, dass er durch die Abberufung gehindert sei, das Restrukturierungskonzept weiter zu verfolgen. Der neue Vorstand sei nicht in der Lage neue Umsätze zu generieren.

Mit Schreiben vom 23.01.2003 beantragte Rechtsanwalt Dr. P für alle Beschwerdeführer und für Herrn C bei der A die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Pflichtangebots gemäß § 37 I WpÜG i. V. m. § 8 ff WpÜG-AV. Als Kontrollerlangungszeitpunkt ist später der 19./20.01.2003 genannt worden. Eine Kontrollerlangung zu diesem Zeitpunkt ist bei der Besprechung bei der A am 22.01.2003 nicht erwähnt worden, wie Rechtsanwalt Dr. P später erklärte, sei dies aus taktischen Gründen geschehen.

Mit Schreiben vom 21.02.2003 wies die A die Antragsteller darauf hin, dass sie den Antrag für unzulässig halte, da er nicht innerhalb der Frist des § 8 WpÜG-AV gestellt worden sei. Die Antragsteller hätten die Kontrolle bereits am 23.12.2002 und nicht erst am 20.01.2003 erlangt. Ferner sei das Vorliegen der Voraussetzungen des § 9 I Nr. 3 WpÜG-AV zweifelhaft. Weder sei ein Sanierungsfall glaubhaft belegt worden, noch habe man konkrete Sanierungsbeiträge der Antragsteller beziffert. Am 06.03.2003 fand eine weitere Besprechung bei der A statt, an der Rechtsanwalt Dr. P, der Beschwerdeführer zu 2) und Frau Q als Vertreterin der F AG teilnahmen. Dabei erläuterte Frau Q die Ansicht, dass allein die Kooperation mit der F AG den Fortbestand von B sichern könne.

Am 07.03.2003 berief der Aufsichtsrat N M zum neuen Vorstand, der das Amt am 15.04.2003 übernahm, nachdem Prof. Dr. H sein Amt am 14.04.2003 beendet hatte. Mit Schreiben vom 07.04.2003 teilte Rechtsanwalt Dr. P der A mit, er lege sein Mandat mit sofortiger Wirkung nieder. Am 30.04.2003 legten die Mitglieder des bisherigen Aufsichtsrats ihre Mandate nieder. Am 08.05.2003 bestellte das Amtsgericht Charlottenburg die drei Mitglieder des Aufsichtsrats neu, darunter die Beschwerdeführer zu 2) und 3). Am 09.05.2003 wurde der Beschwerdeführer zu 2) zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats gewählt.

Durch Bescheide der A sind letztlich sämtliche Anträge als unzulässig zurückgewiesen worden und zwar hinsichtlich der Beschwerdeführer zu 1) und 2) durch die Bescheide vom 16.04.2003 und hinsichtlich des Beschwerdeführers zu 3) durch den Bescheid vom 23.04.2003. Die A ist dabei u. a. davon ausgegangen, dass der Kontrollerwerb länger als sieben Tage zurückliege. Überdies habe die B AG schon zum Zeitpunkt der Kontrollerlangung keinen Sanierungsfall mehr dargestellt.

Gegen diese Bescheide sind alle Beschwerdeführer, nicht aber Herr C vorgegangen. Die Widersprüche der Beschwerdeführer zu 1) und 2) sind durch die Widerspruchsbescheide des Widerspruchsauschusses vom 28.05.2003 und der Widerspruch des Beschwerdeführers zu 3) durch den Widerspruchsbescheid vom 05.06.2003 zurückgewiesen worden. In Abweichung von der Ausgangsentscheidung wurde nunmehr jedoch die Sanierungsbedürftigkeit der Zielgesellschaft nach Vorlage eines aktualisierten Sanierungskonzepts der Unternehmensberatung D sowie eines Auszugs aus dem Lagebericht zum Jahresabschluss bejaht. Die Beschwerdeführer zu 1 ), 2) und 3) haben hiergegen Beschwerde eingelegt ­ eingegangen am 26.06.2003 bzw. am 04.07.2003 - und später jeweils Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz im Hinblick auf die am 26.08.2003 stattfindende Hauptversammlung der B AG gestellt. Der Senat hat die Anträge der Beschwerdeführer auf einstweiligen Rechtsschutz durch seine beiden Beschlüsse vom 25.08.2003 zurückgewiesen (ZIP 2003, 1977 ff = Der Konzern 2003, 836 ff = AG 2004, 36 ff).

Im Laufe der Zeit sind von den Beschwerdeführern zu 2) und 3) Aktien an Dritte übertragen worden. Der Beschwerdeführer zu 3) besitzt keine Aktien mehr, auch seine Ehefrau nicht. Herr C besitzt noch 17,7 % der Aktien, G 20 %, die R GmbH 5%. Herr M bzw. dessen Firma S GmbH, deren Alleingesellschafter Herr M ist, 6,2 %. Sowohl die Beschwerdeführerin zu 2 ) als auch der Beschwerdeführer zu 3) haben der S GmbH jeweils aus ihrem Besitz 5 % der Aktien für jeweils 1 übertragen. Herr C verfolgt seine unternehmerischen Interessen mittlerweile in einer anderen Gesellschaft. Der Beschwerdeführer zu 3) hält inzwischen die Umsetzung des Sanierungskonzepts der D ... nicht mehr für realisierbar. Zwischen den Beschwerdeführern zu 2) und 3) gibt es unterschiedliche Vorstellungen über die vom Vorstand der B AG zu verfolgende langfristige Ausrichtung der Gesellschaft.

Alle Beschwerdeführer bringen vor, der Antrag vom 23.01.03 bei der A sei nur auf deren Anraten gestellt worden. Insgesamt habe eine große Unsicherheit bestanden, welche Umstände ein Pflichtangebot auslösen könnten. Die A habe aus zusammengetragenen Begebenheiten nur ein Konstrukt erstellt, das schlicht unrichtig sei. Tatsächlich habe nur ein Parallelerwerb und kein Kontrollerwerb im Sinne von § 30 II WpÜG stattgefunden. Vor dem Treffen vom 20.01.2003 habe es untereinander und mit Herrn C keine Abstimmung gegeben. Zu dem Treffen am 20.01.2003 habe sich der Beschwerdeführer zu 2) kurzfristig mit dem Beschwerdeführer zu 3) telefonisch verabredet. Rechtsanwalt Dr. P, dessen Rechtsrat eingeholt worden sei, habe die Situation so bewertet, dass möglicherweise durch dieses Gespräch eine Kontrollerlangung herbeigeführt worden sei. Daraufhin habe man den Kontakt mit der A gesucht. Die Beschwerdeführer rügen, die A habe einen nicht unwesentlichen Anteil an den zwischenzeitlich entstandenen Unsicherheiten, da in den Besprechungen im Januar und März 2003 keine eindeutigen Aussagen zur Frage des abgestimmten Verhaltens geliefert worden seien. Die enge Interpretation des Ausnahmetatbestands in § 30 II S. 1 Hs. 2 WpÜG lasse sich auch nicht mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vereinbaren.

Der Beschwerdeführer zu 2) hebt hervor, dass er nie von einer Verhaltensabstimmung ausgegangen sei. Rechtsanwalt Dr. P habe ihm aber erklärt, er werde sonst "allein im Regen stehen". Auch im Zusammenhang mit seiner Presserklärung vom 30.12.2002 sei es nicht zu einer Absprache mit Herrn C hinsichtlich dessen späteren Schreiben vom 03.01.2003 und vom 09.01.2003 gekommen. Der Beschwerdeführer zu 2) vertritt darüber hinaus die Ansicht, dass ihm in jedem Falle die Bietereigenschaft vollständig fehle, weil es insoweit keine gesetzlichen Zurechnungstatbestände gebe.

Der Beschwerdeführer zu 3) betont, dass er sich hinsichtlich der Antragstellung an den juristischen Rat und die Empfehlung der A gehalten habe. Er trägt weiter vor, der Verkauf des Aktienpakets an die Beschwerdeführerin zu 1) habe nicht seine ungeteilte Zustimmung gefunden, zumal die Beschwerdeführer zu 1) und 2) über kein für B benötigtes neues Produkt verfügt hätten. Er habe sich zunächst auch nicht mit dem Beschwerdeführer zu 2) besprochen, sondern versucht, mit Prof. Dr. H Kontakt wegen der Zusammenarbeit mit der F AG aufzunehmen. Prof. Dr. H sei jedoch trotz der Krise in den Urlaub gefahren und nicht auf Gesprächsangebote eingegangen. Für die B AG sei die Kooperation mit der F AG wesentlich gewesen, da dadurch die Umsatzmöglichkeiten der Gesellschaft gesteigert werden sollten.

Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, dass sie sich auch nicht in Widerspruch zu ihrem ursprünglichen Rechtsschutzziel setzten, wenn sie einem abgestimmten Verhalten nunmehr widersprächen. Bei dem Begriff des "abgestimmten Verhaltens" handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Es könne von den Beschwerdeführern nicht verlangt werden, dass sie in der praktischen Anwendung dieser Be- grifflichkeit fehlerfrei ihr Handeln analysierten und daraufhin juristische Feinheiten zu einem positiven oder negativen Ergebnis subsumierten. Da nicht auszuschließen sei, dass das Gericht zu einem anderen Ergebnis komme als sie selber, müssten sie auch am ursprünglichen Befreiungsantrag festhalten.

Die Beschwerdeführer vertreten insoweit die Ansicht, dass in diesem Fall der Befreiungsantrag begründet sei. Falls man von einer Kontrollerlangung ausgehen wolle, so stünde diese jedenfalls im Zusammenhang mit einer Sanierung. Im Rahmen von Sanierungsbemühungen könne es nicht allein auf Beiträge finanzieller Art ankommen. Gleichwertig sei das Einbringen von Wissen, Innovationen und neuen Produkten.

Die Beschwerdeführer rügen weiter, dass die A auf den gemeinsamen Befreiungsantrag nicht getrennte Bescheide habe erlassen dürfen.

Die Beschwerdeführer zu 1) und 2) beantragen, den jeweils gegen sie ergangenen Widerspruchsbescheid der A vom 28.05.2003 und den jeweils gegen sie ergangenen Bescheid vom 16.04.2003 aufzuheben sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen für ein Pflichtangebot der Beschwerdeführer nicht vorliegen hilfsweise: die A zu verpflichten, ihre Befreiungsanträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beschwerdeführer zu 3) beantragt, den gegen ihn ergangenen Widerspruchsbescheid der A vom 05.06.2003 und den gegen ihn ergangenen Bescheid der A vom 23.04.2003 aufzuheben sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen für ein Pflichtangebot der Beschwerdeführer nicht vorliegen hilfsweise: die A zu verpflichten, seinen Befreiungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die A beantragt,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Die A ist der Ansicht, alle vier Antragsteller des Ausgangsverfahrens seien als Bieter anzusehen. Es sei erforderlich, dass sich jeder einzelne Bieter von den Pflichten der §§ 35 ff WpÜG befreien lasse. Die Anträge seien zwar auf den gleichen Befreiungstatbestand gestützt worden, jedoch seien unterschiedliche Sanierungsbeiträge reklamiert worden, woraus sich unterschiedliche Entscheidungen hätten ergeben können.

Ihrer Überzeugung nach hätten die Beschwerdeführer bereits seit mehr als sieben Tagen vor der Antragstellung über rund 57,97 % der Stimmrechte an der B AG verfügt und die Kontrolle nach § 29 II WpÜG ausgeübt, indem sie sich in Bezug auf die Zielgesellschaft mit den anderen Antragstellern des Befreiungsverfahrens, wenn nicht auf Grund einer Vereinbarung, so doch in sonstiger Weise im Sinne von § 30 II WpÜG abgestimmt hätten.

Anhaltspunkte für eine Abstimmung in sonstiger Weise ergäben sich sowohl aus der Vorgeschichte als auch aus der Entwicklung dieses Verfahrens. Die Geschehensabläufe belegten in der Zusammenschau eine Abstimmung zwischen den Beschwerdeführern und Herrn C, jedenfalls im Weg des informellen Einverständnisses und zwar bis hin zur Neubesetzung des Vorstand mit einem wunschgemäßen Kandidaten.

Bei lebensnaher Auslegung müsse davon ausgegangen werden, dass Herr C sich Gesellschafter seines Vertrauens ausgesucht habe, bei denen er davon ausgehen konnte, dass sie seinen früheren Kurs mittragen und mit den von ihnen erworbenen Stimmrechten darauf hinwirken Prof. Dr. H, den neuen Vorstand, wieder abzusetzen. Zugleich liege es nahe, dass sich der Beschwerdeführer zu 2) mit dem Beschwerdeführern zu 3) und Herrn C abgestimmt habe. Die Angaben des Beschwerdeführers 3), er habe im Dezember 2002 keine Kenntnisse von Interna der B AG gehabt, sei angesichts des von Herrn C vermittelten Erwerbes eines 20%igen Aktienpaketes lebensfremd.

Für eine Abstimmung im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Kaufvertrags spreche, dass der Beschwerdeführer zu 2) sich in seiner Pressemitteilung vom 30.12.2002 in einer zu dem Engagement bei B geäußert und seiner Überzeugung Ausdruck verliehen habe, dass es eines Wechsels im Vorstand der B AG bedürfe. In die gleiche Richtung wiesen auch die Schreiben von Herrn C vom 03.01. und 09.01.2003. Es liege auch nahe, dass die Beschwerdeführer Prof. Dr. H, der eine entgegengesetzte Position hinsichtlich der Gesamtausrichtung der B AG verfolgt habe, aus der Vorstandsposition verdrängen wollten. Denn Prof. Dr. H habe aus der Vorstandsposition heraus gut Zusammenarbeit mit Partnern betreiben können, die von den Beschwerdeführern und von Herrn C nicht erwünscht gewesen seien. Schließlich ließen auch die Vorgänge um die Vereinbarungen mit Dr. L den Schluss zu, dass im Vorfeld über längere Zeit eine Abstimmung stattgefunden hätte, da es für die Vorbereitung solcher Unterlagen einer gewissen Zeit bedürfe. Es sei davon auszugehen, dass diese im Vorfeld zwischen den betroffenen Personen abgestimmt worden seien und sich in den Unterlagen die zuvor gefassten Absichten der Antragsteller widerspiegelten.

Außerdem seien alle Antragsteller des Befreiungsverfahrens vor dem 20.01.2003 auf der Suche nach einem neuen Vorstand für B gewesen. So falle auf, dass Herr C und der Beschwerdeführer zu 3) zugegen gewesen seien, als sich Herr M bei Dr. L in O2 als möglicher Vorstand vorgestellt habe, während der Beschwerdeführer zu 2) "zufällig" taggleich bei Prof. Dr. H den Boden für Herrn M bereitet habe. Hinzu komme das gemeinsame Essen am Abend des 20.01.2003 in O2 mit dem Beschwerdeführer zu 3). Zu beachten sei auch, dass das Vorbringen der Beschwerdeführern zu 2) und 3) zu den Vorgängen am 19./20. 01. 2003 widersprüchlich gewesen sei. Während der Beschwerdeführer zu 3) angegeben habe, sich am Abend des 20.01.2003 mit dem Beschwerdeführer 2) auf Einzel- heiten des weiteren Vorgehens verständigt zu haben, habe dies der Beschwerdeführer zu 2) zunächst bestritten.

Die Beschwerdeführer hätten aufgrund der Stimmrechtszurechung die Kontrolle über die Zielgesellschaft am 23.12.2002 erreicht. Die Kontrollerreichung sei auch schon vor Erlangung der sachenrechtlichen Eigentümerposition möglich. Die Stellung des Befreiungsantrags sei verspätet erfolgt, da der Antrag nicht innerhalb der Frist von sieben Kalendertagen nach dem Zeitpunkt gestellt worden sei, zu dem die Beschwerdeführer jeweils Kenntnis davon gehabt hätten oder den Umständen nach hätten haben müssen, dass sie die Kontrolle erlangt haben (§ 8 S. 2 WpÜG-AV). Eine etwaige nachträgliche Unterschreitung der Kontrollschwelle wirke sich auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht aus.

Der Senat hat die Verfahren zunächst zur gemeinsamen Beweisaufnahme und alsdann insgesamt verbunden. Er hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Herrn C als Zeugen und die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten ausführlich erörtert. Weitere Beweisanträge sind nicht gestellt worden. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen, sowie die Verwaltungsakten der A verwiesen, in die die Beschwerdeführer Einsicht hatten.

II.

Die Beschwerden der Beschwerdeführer 1) ­ 3) sind form- und fristgerecht (§§ 48, 51 WpÜG) eingelegt worden. Sie sind auch ansonsten zulässig, insbesondere fehlt ihnen nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

Das Rechtsschutzbegehren der Beschwerdeführer ist mehrgliedrig. Soweit sie mit ihrer Rechtsansicht durchdringen, dass ihnen die Stimmrechte der jeweils anderen Beschwerdeführer und von Herrn C nicht zuzurechnen sind, können zwar ihre Befreiungsanträge keinen Erfolg mehr haben mit der Folge, dass sich deren Zurückweisung in den angegriffenen Bescheiden im Ergebnis - allerdings nicht in der Begründung - als zutreffend erweist. Für das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis entscheidend ist hier aber der Zusammenhang zwischen dem Aufhebungsantrag und dem Hilfsantrag auf Neubescheidung, denn auf andere Weise können die Beschwerdeführer bei einer anderen Beurteilung der Zurechnungstatbestände des § 30 WpÜG gegen die Ablehnung ihres Befreiungsantrags nach § 37 WpÜG i. V. m. § 8 WpÜG-AV keinen Rechtsschutz im Sinne ihres Hilfsantrags erlangen.

Die Verbindung der Verfahren beruht auf § 58 II WpÜG in Verbindung mit §§ 60, 61 ZPO. Der Senat ist dabei von einer einfachen Streitgenossenschaft ausgegangen.

Die Beschwerdeführer haben auch in der Sache im wesentlichen Erfolg. Die Beschwerdeführer 1) bis 3) waren nicht durch die der Antragstellung vom 23.01.2003 zu Grunde liegenden Kontakte zur Abgabe eines Pflichtangebotes verpflichtet. Folglich ging der Befreiungsantrag vom 23.01.2003 ins Leere und hätte von der A aus diesem Grund zurück gewiesen werden müssen. Da die A aber an ihrer ursprünglichen Einschätzung festhält und davon ausgeht, dass die Beschwerdeführer bereits vorher in pflichtangebotsauslösender Weise die Kontrolle über die B AG erworben haben, war auch dem Feststellungsantrag der Beschwerdeführer im Verhältnis zur A zu entsprechen.

§ 35 WpÜG verpflichtet denjenigen, der die Kontrolle über eine Zielgesellschaft erlangt, die Kontrollerreichung unter Angabe der Höhe seines Stimmrechtsanteils unverzüglich, spätestens innerhalb von sieben Kalendertagen zu veröffentlichen (Abs. 1 ) und innerhalb von vier Wochen nach dieser Veröffentlichung der A eine Angebotsunterlage zu übermitteln und ein Übernahmeangebot zu veröffentlichen (Abs. 2 ). Die Frist für die Veröffentlichung der Kontrollerreichung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Bieter Kenntnis von der Kontrollerreichung hat oder den Umständen nach haben muss. Unter Kontrolle versteht das WpÜG das Halten von mindestens 30% der Stimmrechte an der Zielgesellschaft (§ 29 II WpÜG). Dabei kann sowohl der rechtsgeschäftliche börsliche als auch der außerbörsliche Erwerb von stimmberechtigten Aktien, der Erwerb solcher Aktien im Erbgang und /oder die Zurechnung von Stimmrechten nach § 30 WpÜG grundsätzlich die Verpflichtungen nach § 35 WpÜG auslösen (kritisch hierzu: Letzel, Das Pflichtangebot nach dem WpÜG, BKR 2002, 293 ff, 294; Liebscher, Die Zurechnungstatbestände des WpHG und WpÜG, ZIP 2002, 1005 ff, 1006, 1008; vgl. auch Loritz/ Wagner, Das Zwangsübernahmeangebot der EG-Takeover- Richtlinie aus verfassungsrechtlicher Sicht; WM 1991, 709 ff). Nach § 30 II WpÜG kann es bei Vorliegen der notwendigen Abstimmung auch zu einer wechselseitigen Zurechnung zu Lasten aller an der Abstimmung beteiligten Personen kommen. Bieter im Sinne von §§ 30, 35 WpÜG ist, wer auf Grund der Abstimmung die Kontrolle über die (Ziel-) Gesellschaft erlangt hat (Pentz, Acting in Concert ­ Ausgewählte Einzelprobleme, ZIP 2003, 1478 ff, 1480). Verstößt der Bieter gegen seine Pflichten aus § 35 WpÜG, folgt daraus ein Anspruch der Aktionäre der Zielgesellschaft auf Zinszahlung (§ 38 WpÜG) und ein Rechtsverlust aus den Aktien gemäß § 59 WpÜG für die Zeit in denen die Veröffentlichungs- und Angebotspflichten nicht erfüllt worden sind. Außerdem ist dieses Fehlverhalten mit einer Geldbuße nach § 60 WpÜG bedroht.

Vorliegend geht es in erster Linie darum, ob den Antragstellern die Stimmrechte jeweils wechselseitig kraft Zusammenwirkens zugerechnet werden können (§ 30 II WpÜG). Die A ist davon ausgegangen, dass die Stimmrechte der Beschwerdeführer und von Herrn C wechselseitig allen Antragstellern gem. § 30 II WpÜG infolge einer nicht nur auf einen Einzelfall beschränkten Abstimmung in sonstiger Weise zuzurechnen sind und dass der Befreiungsantrag verspätet gestellt worden ist. Dem kann sich der Senat nicht anschließen.

Nach § 30 II WpÜG werden dem Bieter Stimmrechte eines Dritten aus Aktien der Zielgesellschaft in voller Höhe zugerechnet, mit dem der Bieter oder sein Tochterunternehmen sein Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft auf Grund einer Vereinbarung oder in sonstiger Weise abstimmt; ausgenommen sind Vereinbarungen über die Ausübung von Stimmrechten in Einzelfällen. Sofern der Zurechnungstatbestand erfüllt ist, werden die Stimmrechte hinsichtlich der Feststellung eines Kontrollerwerbs im Sinne von § 29 II WpÜG so behandelt, als ob sie von demjenigen, dessen Stimmrechtsanteil zu bestimmen ist, selbst gehalten werden. Wenn die Antragsteller durch ihr Verhalten die Voraussetzungen der Zurechnungsnorm erfüllt hätten, bedeutete dies für sämtliche Antragsteller unbeschadet der damit noch nicht beantworteten Frage der Bietereigenschaft des Beschwerdeführers zu 2) grundsätzlich einen Stimmrechtsanteil von rund 57,97%. Mit der Regelung des § 30 WpÜG knüpft das Gesetz für die Beurteilung der Kontrollinhaberschaft nicht an die formelle Rechtsinhaberschaft, sondern an die tatsächliche Stimmrechtsherrschaft an (KK-WpÜG/ von Bülow, § 30 Rn 4; Schwark/ Noack, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 WpÜG Rn 1). Schutzziel der Abschnitte 4 und 5 des WpÜG, in dem auch diese Vorschrift steht, ist es, außenstehenden Aktionären einer Zielgesellschaft den Austritt aus der Gesellschaft im Hinblick auf einen bevorstehenden oder bereits erfolgten Kontrollerwerb zu ermöglichen (KK-WpÜG/ von Bülow, § 30 Rn 7).

In der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 30 II WpÜG heißt es, dass von der Vorschrift auch Verhaltensweisen erfasst werden, die international unter dem Begriff des "acting in concert" zusammen gefasst werden. Dieser Hinweis schafft indessen mehr Unklarheit als Hilfestellung bei der Auslegung, denn es gibt keinen international einheitlich verstandenen Begriff des "acting in concert" (KK-WpÜG/ v. Bülow, § 30 Rn 106 ; Caspar, Acting in Concert ­ Grundlagen eines neuen kapitalmarktrechtlichen Zurechnungstatbestandes, ZIP 2003, 1469 ff, 1470; Pentz, a.a.O.; Weiler/Meyer, "Abgestimmtes Verhalten" gemäß § 30 WpÜG, NZG 2003, 909 ff; vgl. City Code Sect. C, Definitions, NOTES ON ACTING IN CONCERT, abgedruckt bei Hirte, WpÜG, S. 375 ff, 412 ff; vgl. auch Haarmann/ Riemer/ Schüppen, Öffentliche Übernahmeangebote, § 30 Rn 5 ff). Auch die Bezugnahme auf § 2 V WpüG in der Gesetzesbegründung zu § 30 II WpÜG bringt keinen Erkenntnisgewinn (Liebscher, a.a.O. S. 1007). Es finden sich in der Literatur bereits etliche Stimmen, die die Unsicherheit signalisieren, ob ein bestimmtes Verhalten schon ein Pflichtangebot auslöst oder nicht (vgl. Liebscher, a.a.O. S. 1008, Thaeter/ Brands, Öffentliche Übernahmen (2003), Rn 597 ff; vgl. auch zur Unsicherheit des potentiellen Bieters über den Ausgang des Befreiungsverfahrens, Bernau, Die Befreiung vom Pflichtangebot nach § 37 WpÜG, WM 2004, 809 ff, 818). Um angesichts der gravierenden Rechtsfolgen bei einem Eingreifen der Norm die Gefahr uferloser oder zufälliger Zurechnungen einzudämmen, bedarf es der Herausarbeitung ergänzender Kriterien (vgl. auch Marwardt, Diskussionsbericht zu den Referaten "Acting in Concert" von Casper und Pentz, a.a.O.). Die Norm versucht, das materielle Einflusspotential des Bieters zu erfassen. Erforderlich ist, dass der Dritte sein Stimmverhalten mit dem Bieter abstimmt und dadurch die Macht des Bieters stärkt. Der Dritte muss mit dem Bieter bewusst mit dem Ziel zu- sammenarbeiten, die Mitgliedschaftsrechte koordiniert und kontinuierlich auszuüben. Wie die gesetzliche Ausnahme für Absprachen hinsichtlich der Ausübung der Stimmrechte in Einzelfällen zeigt, ist auch Nachhaltigkeit der Einflussnahmen erforderlich (Liebscher, a.a.O., S. 1008; KK-WpÜG/ von Bülow, § 30 Rn 108; Schwark/ Noack, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 WpÜG Rn 11). Das WpÜG will den deutschen Kapitalmarkt stärken und funktionsfähig erhalten und die Transparenz gewährleisten (vgl. BegrRegE, BT-Drucks. 14/7034, S. 27 ff). Dieses Ziel würde bei einer besonders engen Auslegung hinsichtlich etwaiger Gesellschafterkontakte verfehlt, da sich hier die Gefahr der Verstrickung in die nicht unbeachtlichen Folgen der Angebotspflicht eher lähmend auswirken könnte.

Abreden, die eine Angebotspflicht auslösen können, finden sich beispielsweise in Pool-Vereinbarungen zur Ausübung mitgliedschaftsrechtlicher Verwaltungsrechte unabhängig davon, ob sich die Mitglieder auf ein gemeinsames Abstimmungsverhalten verständigen oder ob sie einem Mitglied die Stimmführerschaft überlassen (vgl. Schwark/ Noack, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 30 WpÜG Rn 11 und 19). Vorliegend finden sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die Antragsteller ihr Stimmverhalten jeweils mit Bindungswirkung abstimmen wollten. Es ist auch nicht ersichtlich, dass einem von ihnen die Stimmführerschaft überlassen werden sollte. Es spricht insbesondere nichts für die Annahme, dass eine der drei handelnden natürlichen Personen ­ die Beschwerdeführer zu 2) und 3) und der Zeuge C ­ irgendeine Priorität haben sollten. Der Beschwerdeführer zu 2) hat sich zwar durch seine Presseerklärung hervor getan, das besagt aber nicht und wurde auch von der A nicht so gesehen, dass er anders als der Beschwerdeführer zu 3) oder der Zeuge C die Richtung bestimmen sollte. Auch dem Zeugen C kam eine solche Priorität nicht zu. Für ihn wurde in der Folgezeit weder die Rückkehr in Leitungsfunktionen angestrebt, noch wurde von seiner Inanspruchnahme auf Schadensersatz im Zusammenhang mit der J- Übernahme abgesehen.

Der Senat teilt nicht die Einschätzung der A, dass die Antragsteller bereits vor der Antragstellung sich in sonstiger Weise im Sinne von § 30 II WpÜG abgestimmt haben. Dabei ist der A zuzugeben, dass die von ihr angeführten Rahmenbedingungen durchaus geeignet sein können, Schlussfolgerungen in Richtung von Absprachen an- zustellen. Verdachtsmomente in Richtung von Absprachen reichen indessen nicht aus. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat zu der Überzeugung gekommen, dass relevante Absprachen hier nicht bestanden haben.

Der Zeuge C hat glaubwürdig und nachvollziehbar die Verdichtung seiner Belastung geschildert und zwar durch seine Sanierungsbemühungen einerseits, die in dem von ihm ausgehandelten Term Sheet zur Sanierung der B AG mit der Hauptaktionärin und einer weiteren Gläubigern endeten und durch die Aufsichtsratssitzungen andererseits, die seiner Abberufung vorausgingen. Der Zeuge C hat ausgeführt, er sei kurze Zeit nach der Verhandlung des Term Sheets wegen der J- Geschichte fristlos entlassen worden. Von da an habe er keine Möglichkeit mehr gehabt, die Sanierung eigenständig voran zu treiben. Es habe dann auch alles schnell gehen müssen, damit ihm Prof. Dr. H nicht habe zuvor kommen können. Dieser habe die Aktien einem anderen Investor zuführen wollen. Prof. Dr. H habe sich in den Vorstand "gehievt", ohne hinreichende Kenntnisse vom Internet zu haben. Der Zeuge C schilderte weiter, er habe für die Zukunft von B das Schlimmste befürchtet und sich entschlossen, ermutigt aus dem Umfeld der Hauptaktionärin, auf sein Benennungsrecht aus dem Term Sheet zurückzugreifen. Er habe die Beschwerdeführer zu 2) und 3) gefragt, ob sie die Aktienpakete übernehmen würden. Absprachen seien dabei nicht erfolgt. Wenn die Beschwerdeführer die Aktienübernahme abgelehnt hätten, hätte er andere Personen suchen müssen. Bei der Benennung der Beschwerdeführer sei es ihm um das Wohl des von ihm gegründeten Unternehmens gegangen. Er habe die Anteile Personen zukommen lassen wollen, die in der Lage gewesen seien, positiv für die B AG zu wirken. Die Beschwerdeführer zu 2) und 3) hätten nichts miteinander zu tun gehabt. Bis zum 24.12.2002 hätte ausschließlich die technische Abwicklung des Aktiengeschäfts im Vordergrund gestanden. Die Aufforderung, eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen, habe er aus eigenem Antrieb verfasst. Sein erklärtes Ziel sei die Neubesetzung des Aufsichtsrats gewesen.

Nach der Überzeugung des Senats war die Zeit bis Weihnachten gekennzeichnet durch einen hohes Maß an Aufgeregtheit und Konfusion. Oberstes Ziel war hier, nicht auch noch die von der Hauptaktionärin in Aussicht gestellten Aktienpakete an Prof. Dr. H zu verlieren, der ebenfalls an den Aktien interessiert war und wohl eher die Ü- bernahme durch ein anderes Unternehmen bevorzugt hätte. Mit dem Beschwerdeführer zu 2) und dem Beschwerdeführer zu 3) hat der Zeuge C Personen ins Boot geholt, die er kannte und im Zusammenhang mit der B AG erlebt hat. Gleichzeitig waren dies aber Unternehmerpersönlichkeiten mit eigenen Vorstellungen, wie dies auch sowohl in der mündlichen Verhandlung im Eilverfahren als auch in der mündlichen Verhandlung in der Hauptsache zum Ausdruck gekommen ist. Der Senat nimmt den Beschwerdeführern und dem Zeugen C ab, dass der Aktienerwerb für die Beschwerdeführer nicht mit einer Verhaltensabsprache verknüpft gewesen ist. Die Beschwerdeführerin zu 1) hat über den Beschwerdeführer zu 2) die Aktien erworben, weil der Beschwerdeführer zu 2) die Aktien angeboten bekommen hat. In gleicher Weise hat sich auch der Beschwerdeführer zu 3) verhalten. Der Zeuge C konnte die Aktien nicht selbst erwerben, denn dies hätte bei ihm sicher die Angebotspflicht ausgelöst. Die Bekanntschaft des Zeugen C mit den Beschwerdeführern zu 2) und 3) hätte eine Absprache über die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten zwar erleichtern können. Es kann aber nicht unterstellt werden, dass der Zeuge C die Benennung der Beschwerdeführer von einer solchen Bedingung abhängig gemacht hat und die Beschwerdeführer dies akzeptiert haben. Der Zeuge C war schon aus zeitlichen Gründen und im Hinblick auf die gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe schwerlich in der Position, ein Junktim zwischen einer ihn stützenden Absprache hinsichtlich der Mitgliedschaftsrechte und der Benennung für den Paketerwerb zu knüpfen. Gegen eine konzertante Verständigung spricht auch, dass der Zeuge C zwar zunächst in der Presseerklärung des Beschwerdeführers zu 2) vom 30.12.2002 als Sanierer favorisiert worden, keiner der Beteiligten aber nach dem 23.12.2002 wirklich auf den Zeugen C zurück gekommen ist. Auch an der Verfolgung der Schadensersatzansprüche der B AG gegenüber dem Zeugen C hat sich nichts geändert. Ein irgendwie greifbarer Inhalt etwaiger Absprachen lässt sich nicht festmachen. Der Senat wertet die Presserklärung deswegen als einen Versuch, die Medienaufmerksamkeit positiv auf die B AG und den Beschwerdeführer zu 2) zu lenken und der Konfusion entgegen zu wirken, die die Ablösung des Firmengründers ausgelöst hatte.

Für die Beschwerdeführer war der schlichte Aktienerwerb ohne eine Absprache hinsichtlich der Geltendmachung der Mitgliedschaftsrechte folgenlos, denn ein lediglich tatsächliches gleichgerichtetes Verhalten löst keine Angebotspflicht aus (KK-WpÜG/ von Bülow, § 30 Rn 108, 112, 121, 122). Sie eröffnete lediglich Einflussmöglichkeiten auf die B AG. Auf letzteres kam es offensichtlich dem Beschwerdeführer zu 2) entscheidend an, wie die auf seine Person hinzielenden Presseveröffentlichungen zeigen, während der Beteiligte zu 3) damit sein schon länger eingefädeltes Projekt der Zusammenarbeit von B AG und F AG flankieren konnte. In dem Befreiungsantrag vom 23.01.2003 und der ergänzenden Begründung vom 06.02.2003 haben die Antragsteller diese unterschiedlichen Beiträge, Interessensphären und Motive der Beschwerdeführer zu 2) und 3) auch deutlich gemacht. So ist für den Beschwerdeführer zu 2) ausgeführt worden, er habe seine langjährige Berufs- und Führungserfahrung als Medienmanager in den Geschäftsfeldern von B sowie seine Kontakte nutzbar machen wollen. Für den Beschwerdeführer zu 3) ist auf die Chancen in der Kombination der Medien DVD (F AG) und Internet (B AG) hingewiesen worden und auf den Umstand, dass die Sitzung des Aufsichtsrats der F AG hinsichtlich der beabsichtigten Kapitalverflechtung mit der B AG, die am 19.12.2002 stattgefunden hat, bereits am 09.12.2002 einberufen worden ist.

Nach der gelungenen Übertragung der Aktienpakete stand bis zum 20.01.2003 die allseitige Neuorientierung in der nunmehr entstandenen Situation im Vordergrund. In diese Richtung zeigen sowohl die letztlich nicht beachteten Forderungen des Zeugen C vom 03.01.03 nach dem Rücktritt des Aufsichtsrats und vom 09.01.2003 auf Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung. Der Senat nimmt dem Beschwerdeführer zu 3) ab, dass er zunächst die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. H gesucht und erst durch dessen fehlende Präsens und Gesprächsbereitschaft bis hin zu dem für unzutreffend gehaltenen Brief vom 17.01.2003 zusammen mit dem Beschwerdeführer zu 2) am 20.01.2003 die Problemlösung in einer Vorstandsauswechselung gesehen hat. Tatsächlich ist jedenfalls der Kooperationsvertrag zwischen der B AG und der F AG auch noch zustande gekommen. Die von der G AG eröffnete Chance des praktisch kostenlosen Erwerbs der beiden Aktienpakete der sich in einer Krisensituation befindlichen B AG hat offensichtlich zwei Unternehmerpersönlichkeiten zusammen gebracht, die im Rahmen des vorhandenen Sanierungskonzepts jeweils für sich eine Chance gesehen haben. Dabei war das vor der Auswechslung des Vorstands zwischen den Hauptgläubigern bzw. mit der Hauptaktionärin verabschiedete Sanierungskonzept zunächst eng mit der Person des fristlos entlassenen Zeugen C verknüpft, wie sich auch daran zeigt, dass ohne ihn auch die Unternehmensberatung zurückhaltend war und zunächst nichts mehr unternahm. Der Vorschlag, eine Neubesetzung vorzunehmen, um das Unternehmen auf dem vorgezeichneten Sanierungskurs zu halten, lag damit schon in der Luft. Auch der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende Dr. L hatte am 19.01.2003 solche Überlegungen angestellt, und die Abberufung des Vorstands und den Rücktritt des Aufsichtsrats angeboten, was aber nicht verwirklicht worden ist. Wenn sich in dieser Lage die Beschwerdeführer dann am 20.01.2003 aufgrund der Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Sanierungsbemühungen des neuen Vorstands kurzfristig zusammengefunden und verständigt haben, auf einen Austausch desselben hinzuwirken, kann darin keine Abstimmung gesehen werden, die über den Einzelfall hinausgeht. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Bestellung und Abberufung des Vorstands durch den Aufsichtsrat geschieht (§ 84 AktG), so dass sich letztlich eine Abberufung des Vorstands durch Aktionäre nur in mehreren Schritten über die Veränderung der Zusammensetzung des Aufsichtsrats vollziehen könnte. Bei der vorliegenden besonderen Ausgangslage ist die Frage der Singularität aber vom Ergebnis her zu beurteilen, zumal zwischen den Antragstellern konkrete inhaltliche Absprachen nicht vorlagen, wie die weitere wechselseitige Auseinanderentwicklung der Einschätzung, welche Schritte unternommen werden sollen und welche nicht, auch zeigt. Der zunächst vorhanden gewesene gemeinsame Wille der Antragsteller, das Unternehmen in Fortführung des bereits bestehenden Konzepts zu sanieren, lässt diese Frage in keinem anderen Licht erscheinen.

Die Stellung des Befreiungsantrages mit Schreiben vom 23.01.2003 durch die vier Antragsteller hatte keine weitergehende Indizwirkung. Das WpÜG war erst am 01.01.2002 in Kraft getreten und damit noch relativ neu. Es bestanden zum damaligen Zeitpunkt noch keinerlei Erfahrungen über die Zurechnung von Drittstimmrechten und der Handhabung der Rechtsfigur des "acting in concert." Der Antragstellung war am 20.01.2003 eine Beratung mit der A vorausgegangen. Dass der dann gestellte Antrag wegen Verspätung zurück gewiesen worden war, ohne dass es zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit etwaigen Befreiungstatbeständen gekommen ist, hat in der Folgezeit zunächst den Schwerpunkt der Betrachtung verschoben. Zwar kann von Antragstellern verlangt werden, dass sie darlegen, dass Absprachen oder konzertante Verhaltensweisen nicht früher als von ihnen vorgebracht, erfolgt sind. Darauf hat der Senat auch bei seiner Entscheidung über die beantragten einstweiligen Anordnungen hingewiesen. Das entbindet aber weder die A noch nachfolgend das Gericht von der Prüfung, ob einem Befreiungsantrag überhaupt ein pflichtangebotauslösendes Verhalten vorausgegangen ist (§ 55 WpÜG, § 24 VwVfG).

Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer zu 2) keine Bietereigenschaft haben kann, wie er meint, kommt es vorliegend nicht mehr an.

Dahingestellt bleiben kann auch, ob die Ansicht der A, die erforderlichen Sanierungsbeiträge der Beschwerdeführer hätten nicht festgestellt werden können, zutrifft oder nicht. Noack (Schwark/ Noack, Kapitalmarktrechts-Kommentar, § 37 WpÜG Rn 13) vertritt bei einer Kontrollverschiebung innerhalb einer bereits kontrollierten Gesellschaft die Auffassung, dass die Befreiungstatbestände weit auszulegen seien und grundsätzlich von einem Pflichtangebot abzusehen sei. Auffällig im Hinblick auf die Beurteilung der Sanierungsbeiträge ist vorliegend jedenfalls, dass die frühere mittelbare Mehrheitsaktionärin sich von zwei Dritteln ihrer Aktien zugunsten der Beschwerdeführer zu 2) und 3) praktisch zum Nulltarif getrennt hat, um für die Zielgesellschaft eine Sanierung zu erreichen.

Wegen Fehlens der Voraussetzungen für ein Pflichtangebot hat der Feststellungsantrag Erfolg. Nach § 56 II S. 2 WpÜG spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Verfügung der Bundesanstalt unzulässig oder unbegründet gewesen ist, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Bei einer Verpflichtungsbeschwerde, wie hier, ist die Hauptsache erledigt, wenn der Beschwerdeführer sein Rechtsschutzziel nicht mehr erreichen kann und die Klage deshalb unzulässig oder unbegründet ist (KK-WpÜG/ von Bülow, § 56 Rn 11). Um eine Hauptsacheerledigung handelt es sich hier aber nicht, denn aufgrund der Verneinung der Angebotspflicht hat der Anspruch auf Befreiung nach § 37 WpÜG von vornherein nicht bestanden.

Nach Auffassung des BVerwG (NJW 2003, 2767 ff = DVBL 2004, 59 ff) liegt in der Befugnis, eine nachgesuchte Genehmigung zu erteilen oder zu versagen, zugleich die Grundlage für die Feststellung, ob der Genehmigungstatbestand gegeben ist oder nicht. Ob dies für einen Befreiungsantrag nach § 37 WpÜG auch in dieser Allgemeinheit gelten kann, kann offen bleiben. Es geht vorliegend nicht um das Problem, ob die A generell die Möglichkeit hat, Negativatteste oder Unbedenklichkeitsbescheinigungen im Zusammenhang mit Pflichtangeboten und Befreiungsanträgen auszustellen. Streitgegenstand bei einer Verpflichtungsklage ist die subjektive Rechtsverletzung des Klägers durch die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts sowie der Anspruch auf dessen Erlass bzw. auf Vornahme eines Verwaltungsakts nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 V S. 2 VwGO; Kopp/ Schenke, VwGO, § 90 Rn 9). Um die positive Bescheidung des Befreiungsantrags geht es hier aber nicht mehr. Das Problem liegt hier in dem Umstand, dass die Beschwerdeführer ihren Befreiungsantrag nicht zurücknehmen konnten, weil die A an ihrer Rechtsauffassung festgehalten hat, dass ein acting in concert vorliege. Wegen der möglichen anderweitigen Sanktionsmöglichkeiten der A entspricht es vorliegend der Prozessökonomie die Beschwerdeführer nicht darauf zu verweisen, dass sie gegen etwaiges von einer Angebotspflicht ausgehendes Verwaltungshandeln der A gegebenenfalls Rechtsschutz in Anspruch nehmen könnten. Deshalb war dem Feststellungsantrag zu entsprechen.

Das WpÜG enthält keine eigenen Vorschriften, wer die Kosten des WpÜG Beschwerdeverfahrens nach §§ 48 ff zu tragen hat. Der Senat trifft deshalb die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen, wobei er auf die Gedanken aus den anerkannten Kostengrundsätzen in den §§ 13 a FGG, 91 ff ZPO und §§ 154 ff VwGO zurückgreift. Bei der Kostenentscheidung hat der Senat hier berücksichtigt, dass die A mit ihrer Rechtsansicht in der Hauptsache nicht durchgedrungen ist. Deswegen hat er ihr die Gerichtskosten auferlegt. Der Senat hat andererseits aber auch berücksichtigt, dass die Beschwerdeführer das Verwaltungsverfahren selbst eingeleitet und erst im Beschwerdeverfahren ihre Anträge umgestellt haben. Dass die Beschwerdeführer vor der Stellung des Befreiungsantrags bei der A von derselben Rat eingeholt haben, führt nicht zu einer Überbürdung der außergerichtlichen Kosten.

Ende der Entscheidung

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