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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 10.12.2004
Aktenzeichen: 1 Ws 216/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 111b Abs. 2
StPO § 111b Abs. 5
StPO § 111d
StPO § 111e Abs. 1
StGB § 73 Abs. 1
StGB § 73 Abs. 3
StGB § 73a
Der Verfall oder Arrest beim Drittbeteiligten ( § 73 Abs. 3 StGB) ist in einem Verschiebungsfall (BGHSt 45, 235, 246f) auch dann möglich, wenn sich der Taterlös im Verlauf der für die Verschiebung typischerweise notwendigen Rechtsgeschäfte mit legalen Vermögensbestandteilen vermischt und erst nach einer solchen Vermischung an den Dritten weitergeleitet wird.

Für die Verfallsentscheidung gemäß § 73 Abs. 3 StGB kommt es nicht darauf an, Feststellungen zu Quoten von "Legalvermögen" und "bemakeltem Vermögen" zu treffen. Entscheidend ist vielmehr der Nachweis eines Bereicherungszusammenhangs zwischen der Tat, den daraus erlangten Erlösen und dem vom Dritten in diesem Zusammenhang erlangten Geldern.


Hans. OLG Hamburg 1. Strafsenat

Aktenzeichen: 1 Ws 216/04

Beschluss vom 10. Dezember 2004

Tatbestand:

Dem Angeklagten F. wird mit der Anklageschrift vom 26. März 2004 unter anderem zur Last gelegt, in der Zeit von September 2000 bis zum 31. Januar 2001 einen gemeinschaftlichen Betrug in einem besonders schweren Fall (§§ 263 Abs.1 und Abs. 3 Nr. 2, 25 Abs. 2 StGB) begangen zu haben indem er im bewussten und gewollten Zusammenwirken aufgrund eines gemeinsamen Tatplans mit weiteren Angeklagten im Rahmen der Verhandlungen über den Verkauf der von der DSF AG an der I. AG gehaltenen Aktien an die in Großbritannien ansässige Firma E plc. die Verantwortlichen der Käuferin sowie deren Berater über die tatsächliche Umsatzentwicklung der I AG dadurch täuschte, dass er zahlreiche fingierte Verträge bzw. Aufträge als reale Geschäfte darstellte und auf diese Weise den Eindruck erweckte, die Firma I. habe durch diese Geschäfte Umsätze in Höhe von insgesamt 11.283.930,00 DM (netto) erwirtschaftet.

Die Käuferin soll daraufhin für den zunächst erworbenen 75%- Anteil der I. AG einen um mindestens 46,7 Mio. € überhöhten Kaufpreis gezahlt haben.

Der Kaufpreis wurde Anfang 2001 teilweise in bar und durch eine Aktienübertragung beglichen.

Der Baranteil des Kaufpreises und Erlöse aus dem Verkauf der erhaltenen E- Aktien flossen zunächst auf Konten der DSF GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer der Angeklagte F. war. Die DSF AG beschloss auf ihrer Hauptversammlung am 21. Juni 2001 - mit 99,4% der vom Angeklagten auf dieser Versammlung gehaltenen Stimmanteile - aufgrund der Erlöse aus dem Unternehmensverkauf die Ausschüttung einer Sonderdividende in Höhe von 233 Mio. Schweizer Franken (SFR). Von dieser Sonderdividende erhielt die Nebenbeteiligte AFH GmbH - alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist der Angeklagte - entsprechend der Anzahl der in ihrem Besitz befindlichen Aktien höchstwahrscheinlich einen Betrag von 52.547.000 €. Zur Überzeugung der Staatsanwaltschaft handelte es sich bei dieser Dividendenzahlung zum überwiegenden Teil um die Weiterleitung des betrügerisch erlangten Kaufpreises an eine vom Angeklagten gegründete und beherrschte Firma. Sie hatte deshalb beim Landgericht zunächst beantragt, diesen Betrag zur Sicherung eines Verfalls oder als Rückgewinnungshilfe zu arretieren.

Das Landgericht H hatte am 1. September 2004 gegen die Nebenbeteiligte AFH GmbH gemäß §§ 111b Abs. 2 und 5, 111d, 111e Abs. 1 StPO einen dinglichen Arrest zur Sicherung eines möglichen Verfalls sowie zur Sicherung möglicher Ansprüche Geschädigter in Höhe von 21.525.000,- € angeordnet. Den darüber hinausgehenden Antrag der Staatsanwaltschaft Hamburg, den dinglichen Arrest auf weitere 31.021.000,- € zu erstrecken, hatte das Landgericht mit dem Hinweis darauf, dass die Dividende nicht vollständig, sondern nur anteilig aus Taterlösen gezahlt worden sei, abgelehnt.

Mit der daraufhin eingelegten Beschwerde vom 24. September 2004 hat die Staatsanwaltschaft ihren ursprünglichen Arrestantrag zusätzlich begründet. Insbesondere legte sie sichergestellte Unterlagen aus den verschiedenen beteiligten Unternehmen vor, aus denen die Verbindung zwischen den Erlösen aus dem Unternehmenskauf und der Auszahlung der Dividende nachvollzogen werden konnte. Sie beantragt erneut die Anordnung eines dinglichen Arrestes in Höhe von 52.546.000,- €.

Mit der vom Verfahrensbevollmächtigten der Nebenbeteiligten eingelegten Beschwerde vom 18. Oktober 2004 begehrt die Nebenbeteiligte - in Kenntnis der von der Staatsanwaltschaft in ihrer Beschwerdeschrift neu vorgetragenen Argumente - die Aufhebung des Arrestbeschlusses insgesamt. Sie ist der Auffassung, dass ein Verfall im Hauptsacheverfahren nicht angeordnet werden könne, da die Dividendenzahlung an die Nebenbeteiligte nicht aus dem Taterlös, sondern aus noch bei der DSF AG vorhandenen legalen Geldern gezahlt worden sei. Dabei geht die Nebenbeteiligte davon aus, dass sich über das - aus den Taterlösen der DSF AG zugeflossene Geld - der legale Vermögensbestand der AG "gelegt" habe. Der aus der Straftat stammende "bemakelte" Betrag befinde sich wie ein "Bodensatz" auf den Konten der AG. Da das sich über diesem Bodensatz befindliche legale Geldvermögen ausgereicht habe, um die Sonderdividende an die Nebenbeteiligte zu zahlen, der Bodensatz dafür also nicht habe angegriffen werden müssen, bestehe zwischen der Tat und dem zur Nebenbeteiligten übertragenen Geldern kein für den Verfall erforderlicher Bereicherungszusammenhang mehr.

Das Landgericht H. hat mit seinem Beschluss vom 15. November 2004 der Beschwerde der Nebenbeteiligten nicht abgeholfen und arretierte nunmehr aufgrund der Beschwerde der Staatsanwaltschaft einen Betrag von 52.500.000,- €. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Beschwerde hinsichtlich der nicht arretierten 46.000,-€ daraufhin zurückgenommen.

Die Beschwerde der Nebenbeteiligten blieb erfolglos.

Gründe:

....

Die gemäß § 304 Abs. 2 StPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Landgericht hat zu Recht einen dinglichen Arrest in Höhe von 52.500.000,- € gegen die Nebenbeteiligte angeordnet, denn es sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass in Höhe dieses Betrages die Voraussetzungen der Rückgewinnungshilfe oder des Verfalls vorliegen und dass sich die Verfallsanordnung gemäß § 73 Abs. 3 StGB in dieser Höhe gegen die Nebenbeteiligte AFH GmbH richten wird.

Der Angeklagte A. F. ist der in der Anklageschrift vom 26. März 2004 genannten Straftaten, insbesondere des gemeinschaftlichen Betruges in einem besonders schweren Fall zum Nachteil der Firma E. plc. (§§ 263 Abs.1 und Abs. 3 Nr. 2, 25 Abs. 2 StGB) weiterhin dringend verdächtig. Der Senat hat den dringenden Tatverdacht zuletzt in seiner Entscheidung über die Haftbeschwerde des Angeklagten F. vom 29. September 2004 bestätigt. Das Landgericht H. hat den dringenden Tatverdacht erneut ausführlich in der Haftfortdauerentscheidung vom 2. November 2004 begründet. Auf diese Entscheidungen nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Die Anordnung eines Verfallsbetrages in Höhe von 52.500.000 € wird sich nach jetziger - noch vorläufiger Beurteilung - gegen die Nebenbeteiligte AFH GmbH richten, denn der Angeklagte A. F. hat für die AFH GmbH gehandelt, die dadurch mindestens 52.500.000,- € erlangt hat (§ 73 Abs. 3 StGB).

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Transfer von Teilen der Taterlöse als Verschiebungsfall und nicht als Erfüllungsfall (BGHSt 45, 235, 246f) einzuordnen ist, so dass im Hauptsacheverfahren gemäß § 73 Abs. 3 StGB der Verfall oder der Verfall von Wertersatz bei der Nebenbeteiligten angeordnet werden kann.

Nach der Rechtsprechung des BGH liegt ein Verschiebungsfall dann vor, wenn der Angeklagte primär im eigenen Interesse Tatvorteile durch ein bemakeltes Rechtsgeschäft dem Dritten zukommen lässt, um sie so dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen oder um die Tat zu verschleiern (BGH a.a.O. S. 246.). Ein Erfüllungsfall liegt demgegenüber nur dann vor, wenn einem Dritten Tatvorteile aufgrund einer Forderung zugewendet werden, deren Entstehung und Inhalt in keinerlei Zusammenhang mit der Tat steht. Nur durch die Zäsurwirkung einer solchen unbemakelten Forderung kann die Verfallsanordnung gegen einen Dritten ausgeschlossen werden (BGH a.a.O. S. 247).

Aus den sichergestellten Unterlagen, die die Staatsanwaltschaft ihrer Beschwerdebegründung beigefügt hat, hat der Senat (bei noch vorläufiger Würdigung) entnommen, dass Teile der Taterlöse über mehrere vom Angeklagten beherrschte Zwischenstationen im ausschließlichen Interesse des Angeklagten zur Nebenbeteiligten verschoben wurden. Dabei lässt sich zwischen der Betrugstat, der der Angeklagte weiterhin dringend verdächtig ist, dem Betrugserlös und der Übertragung der Gelder über verschiedene Zwischenstationen ein so enger tatsächlicher Zusammenhang feststellen, dass die Zäsurwirkung eines nicht mit der Betrugstat in Zusammenhang stehenden Rechtsgeschäfts gerade nicht eingreift.

Im Einzelnen gilt dazu folgendes:

Zunächst floss, nachdem der Kaufvertrag mit E. am 30. Januar 2001 vollzogen worden war, die vereinbarte Barpreiskomponente von 409.400.00,-DM auf ein Konto der DSF GmbH. Alleiniger Geschäftsführer dieser Firma war der Angeklagte F. Bereits am 1. Februar 2001 wurden weitere 91.844.504,73 DM auf ein anderes Konto der DSF GmbH überwiesen. Auch hierbei handelt es sich um aus der Betrugstat Erlangtes, denn dieser Betrag stammte aus dem Verkauf eines Teils der im Rahmen des Kaufvertrages erhaltenen E- Aktien. Damit hatte die DSF GmbH kurz nach der Abwicklung des Kaufvertrages mit Energis bereits 256.282.245,76 € aus diesem Kaufvertrag vereinnahmt.

Auf der Hauptversammlung der DSF AG vom 21. Juni 2001, deren Verwaltungsratspräsident und Mehrheitsaktionär wiederum der Angeklagte war, wurde unter dem Tagesordnungspunkt 7 die Ausschüttung einer Sonderdividende in Höhe von insgesamt 233 Mio. Schweizer Franken (SFR) beschlossen. Dieser Beschluss wurde mit den vom Angeklagten in dieser Versammlung gehaltenen 99,4 % der Aktienstimmen gefasst. Er diente zur Überzeugung des Senats jedenfalls auch dazu, Teile des Taterlöses in scheinbar legaler Weise weiter zu transferieren.

Diese Zielrichtung lässt sich nämlich durch den weiteren Geldfluss belegen:

Um die Dividende auszahlen zu können, wurde von dem bei der DSF GmbH seit Februar 2001 verwahrten Taterlös zunächst am 23. Juli 2001 ein Teilbetrag von 46.738.618,80 SFR (31.751.542,-€) an die DSF AG überwiesen. Exakt dieser Betrag findet sich sodann in einer Aufstellung der DSF AG zur Abwicklung der ersten Tranche der Dividendenauszahlung als einzige Einnahme für diese Dividendenabwicklung. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Teil der Dividende mit anderen, nicht aus der ursprünglichen Betrugstat stammenden Erlösen bedient werden konnte, sind angesichts dieser eindeutigen Aufstellung der DSF AG fern liegend.

Unmittelbar im Anschluss an diese Transaktion erfolgte sodann am 26. Juli 2001 zur Bedienung des Dividendenanspruchs die Überweisung von 14.059.665,10 SFR (9.159.390,94 €) von der DSF AG an die Nebenbeteiligte AFH GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Angeklagte ist. Dass diese Überweisung, anders als die nur im Entwurf vorliegende Anweisung über 15.786.515,81 SFR, auch tatsächlich ausgeführt wurde, ergibt sich aus den sichergestellten und bei der Akte befindlichen Kontounterlagen.

Auch die zweite Tranche der Sonderdividende konnte nur ausgezahlt werden, weil wiederum zuvor die Konten der DSF AG zeitgerecht aus dem noch bei der DSF GmbH befindlichen Taterlös gespeist worden waren.

Am 7. November 2001 waren weitere 64.829.250, 29 SFR (42.234.039,20 €) von der DSF GmbH an die DSF AG überwiesen worden. Dabei trägt der vom Angeklagten und von W. unterzeichnete Überweisungsauftrag vom 5. November 2001 den ausdrücklichen Zusatz: "Verwendung: Dividendenzahlung, Für dividendenberechtigte Aktien". Noch am 7. November 2001 erhielt die Nebenbeteiligte direkt von der DSF GmbH eine Überweisung von 19.100.210,-€, was ihrem Dividendenanteil an der 2. Tranche von 28.119.330,20 SFR entspricht.

Zu Recht ist der dingliche Arrest nicht nur in Höhe der beiden aus den Unterlagen exakt belegbaren Beträge, sondern in einer Höhe von 52,5 Mio. € vom Landgericht erlassen, denn diesen Betrag hat die Nebenbeteiligte aus der Tat erlangt.

Die Nebenbeteiligte hat selbst in ihrer Bilanz zum 31. Januar 2001 einen Mittelzufluss aus der Sonderdividende in Höhe von 52.546.000,- € ausgewiesen. Zum Zeitpunkt dieses Bilanzberichtes war allerdings die schweizerische Verrechnungssteuer noch nicht zurückerstattet worden. Der Bericht der Wirtschaftsprüfer H. und Partner vom 5. Dezember 2003, der vom Angeklagte selbst im Rahmen des laufenden Ermittlungsverfahrens in Auftrag gegeben worden war, bestätigt dann den Zugang von 52.500.000,- € als Dividendenzahlung und stellt auch klar, dass im Jahre 2002 die schweizerische Verrechnungssteuer zurückerstattet worden ist. Diese Dividendenzahlung ist auch in dieser Höhe plausibel, denn aus einer aufgefundenen handschriftlichen Notiz lässt sich die Anzahl der Namensaktien (2.340.295) und der Inhaberaktien (205.285), die im Besitz der Nebenbeteiligten waren, entnehmen. Hieraus errechnet sich, wie die Staatsanwaltschaft in ihrem ursprünglichen Arrestantrag vom 30. Juni 2004 dargelegt hat, eine Dividendenzahlung in Höhe von 50.779.731,60 €. Da dieser Betrag dem von den Wirtschaftsprüfern in der offiziellen Bilanz ausgewiesenen Betrag nahezu entspricht, hat der Senat keinen Zweifel, dass der im Bericht vom 5. Dezember 2003 aufgeführte Betrag und nicht nur die durch Unterlagen belegten beträge von 9.159.390,94 €und 19.100.210,-€ auch tatsächlich der Nebenbeteiligten zugeflossen ist.

Angesichts der auf den Seiten 5 und 6 dieses Beschlusses dargestellten und belegten Geldtransaktionen kommt es, anders als es der Vertreter der Nebenbeteiligten andeutet, nicht darauf an, ob es gelingt, dieselben Geldzahlungen über eine Kette von Zwischenschritten hinweg bis zu ihren Endpunkt zu verfolgen (als "Murmeltheorie" bezeichnet). Für wirtschaftsstrafrechtliche Großverfahren, wozu auch das vorliegende Verfahren gehört, ist es typisch, dass von den Tätern ein komplexer, schwer zu durchschauender Geldkreislauf in Gang gesetzt wird, um den Tatumfang und den Verbleib der Tatbeute zu verschleiern ( so auch: BGHSt 45, 235, 246). Sinn und Zweck der Prüfung der Zahlungsflüsse ist es einzig, im Wege einer Gesamtschau festzustellen, ob zwischen dem ursprünglichen Taterlös und dem bei dem Dritten im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB zu sichernden Betrag der vom BGH (BGHSt 45, 235, 244) geforderte Bereicherungszusammenhang - wie oben dargestellt - besteht, oder ob durch nicht bemakelte Forderungen eine Zäsurwirkung zugunsten des Dritten eingetreten ist, was vorliegend gerade nicht der Fall ist.

Auch der Einwand des Beschwerdeführers, es müsse berücksichtigt werden, dass sich möglicherweise legale und bemakelte Vermögensteile vermischt hätten, mit der Folge, dass nur aus dem legalen Vermögensbestand weiter verfügt worden sei (als "Bodensatztheorie" bezeichnet), greift nicht durch.

Es bestehen angesichts der obigen Ausführungen, die gerade die zweckgebundenen Überweisungen von der DSF GmbH an die DSF AG belegen, schon keine nachprüfbaren Anhaltspunkte für das von der Nebenbeteiligten behauptete Legalvermögen. Darauf kommt es aber auch nicht an, denn nach der Rechtsprechung des BGH bedarf es einer Unterscheidung nach legalem und illegalem Vermögen nicht. Der Vergleich zu § 261 StGB, den der Beschwerdeführer zur Entwicklung seiner "Bodensatztheorie" heranzieht, ist unzutreffend. Beim Vergleich des § 73 Abs. 3 StGB mit § 261 StGB übersieht der Beschwerdeführer, dass das Merkmal des "Herrührens" in § 261 Abs. 1 StGB Teil eines Straftatbestandes ist und innerhalb des Tatbestandes Einfluss auf den Schuldumfang hat. Eine möglicherweise nach Quoten oder anderweitig vorzunehmende Unterscheidung zwischen Legalvermögen und Taterlös mag deshalb dort erforderlich sein.

Die Verfallsanordnung ist demgegenüber aber gerade keine Strafe, die unter Berücksichtigung des Schuldgrundsatzes zu finden ist (BVerfG NJW 2004, 2073; BGHSt 47, 369, 373). Ein Vergleich der Verfallsregeln mit den auf den ersten Blick durchaus vergleichbaren Regelungen in einigen Straftatbeständen scheidet deshalb aus (BGHSt 47, 235, 237 mit ausdrücklichen Hinweis auf die Nichtvergleichbarkeit des § 73 Abs. 3 StGB mit § 261 StGB). Feststellungen zu vorhandenem Legalvermögen sind deshalb nicht erforderlich. Vielmehr kommt es entscheidend auf die Betrachtung der Zusammenhänge zwischen der Tat und den dem Dritten zugewendeten Vorteil, wie oben anhand der Zahlungsflüsse dargestellt, an.

Das Landgericht hat deshalb in seinem Neufassungsbeschluss vom 15. November 2004 zutreffend auch nicht mehr auf die noch im angefochtenen Beschluss vom 1. September 2004 berücksichtigte Quote eines möglichen Legalvermögens bei der DSF AG abgestellt.

Es begegnet keinen Bedenken, dass der Arrestbetrag den bisher von der Kammer und auch dem Senat angenommenen Mindestschaden von rund 46,7 Mio. € übersteigt. Denn in allen bisherigen Entscheidungen ist hervorgehoben worden, dass es sich bei diesem Betrag um einen Mindestschaden handelt, der sich unter Berücksichtigung der weiteren Erkenntnisse, die in der Hauptverhandlung gewonnen werden können, noch deutlich erhöhen kann. Das Landgericht hat dazu in seiner letzten Haftfortdauerentscheidung betreffend die Angeklagten F. und R. vom 2. November 2004 angedeutet, dass auch ein wesentlich größerer Teil des Kaufpreises durch die Umsatzmanipulationen bemakelt sein könnte, so dass sich der Schaden entsprechend erhöhen und den hier festgelegten Arrestbetrag deutlich übersteigen würde. Dieser Einschätzung schließt sich der Senat an, weist aber darauf hin, dass die Ermittlung des endgültigen Schadens nicht mit der Anwendung des Bruttoprinzips vermengt werden darf. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHSt 47, 260, 269) ist zunächst in einem ersten Schritt der aus der Tat erlangte Vorteil, dem spiegelbildlich der Schaden entspricht, festzustellen. Hierbei finden die Grundsätze des Bruttoprinzips keine Berücksichtigung. Erst hinsichtlich des so festgestellten Vorteils kommt sodann bei der Bestimmung der Höhe des Verfalls das Bruttoprinzip zur Anwendung, so dass Aufwendungen, die zur Erlangung gerade dieses Vorteils eingesetzt wurden, nicht in Abzug zu bringen sind (BGH a.a.O. S. 269).

Der dingliche Arrest ist nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, auf die der Senat Bezug nimmt, zur Zeit vorrangig als Rückgewinnungshilfe gemäß § 111b Abs. 5 StPO erlassen worden, da das (mutmaßlich) geschädigte Unternehmen E. gegen die Nebenbeteiligte Schadensersatzansprüche geltend macht, die den staatlichen Anspruch auf Wertersatzverfall ausschließen ( § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB). Soweit im Rahmen möglicher Vergleichsvereinbarungen zwischen der Geschädigten und der Nebenbeteiligten erlangte Gelder nicht an die Geschädigte abgeführt werden müssen, beruht der Arrest auch auf § 111b Abs. 2 StPO.

Es besteht auch ein Arrestgrund. Der dingliche Arrest ist zur Vorbereitung des Wertersatzverfalls bzw. zur Sicherung der Ansprüche der Geschädigten erforderlich, da sonst zu befürchten ist, dass die spätere Vollstreckung des aus der Verfallsanordnung erwachsenen Zahlungsanspruchs der Freien und Hansestadt Hamburg bzw. der Ansprüche der Geschädigten vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnten ( § 111 d Abs. 2 StPO i.V.m. § 917 ZPO).

Der Angeklagte hat, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, erhebliche Geldbeträge - auch solche von Konten der Nebenbeteiligten - in das Ausland transferiert, um sie dem Zugriff der Geschädigten und der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen.

Besonders deutlich wird das Sicherungsbedürfnis durch die erst vor kurzem aufgedeckten Fluchtpläne des Angeklagten. Der Angeklagte hat im Rahmen seiner Fluchtplanung ausdrücklich darauf abgestellt, dass er sogar den Verfall einer Sicherheit in Höhe 2,5 Mio. € in Kauf nehmen werde, sich jedoch gleichwohl dem Verfahren entziehen wolle. Diese Einstellung zeigt, dass auch weiterhin damit gerechnet werden muss, dass der Angeklagte alles unternehmen wird, um Vermögensteile dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden und der Gläubiger zu entziehen, um so die Möglichkeit zu haben, sich eine neue Existenz im Ausland aufbauen zu können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.



Ende der Entscheidung

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