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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 05.07.2007
Aktenzeichen: 1 Ws 61/07
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 284
Die Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion gemäß § 284 StGB wegen der Vermittlung von privaten Sportwetten an einen in Österreich konzessionierten Buchmacher verbietet sich derzeit aus verfassungs- und europarechtlichen Gründen.
Hanseatisches Oberlandesgericht 1. Strafsenat Beschluss

1 Ws 61/07

1 OBL 51/07 632 KLs 3/07 6500 Js 65/06

In der Strafsache

hier betreffend Eröffnung des Hauptverfahrens

hat der 1. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg am 5. Juli 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schudt den Richter am Oberlandesgericht Stephani den Richter am Landgericht Brauer

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Hamburg vom 20. März 2007 gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 32, vom 9. März 2007, mit dem das Landgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat, wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die den Angeschuldigten insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Den Angeschuldigten wird mit der Anklageschrift vom 1. Februar 2007 zur Last gelegt, in der Zeit zwischen Mai und Oktober 2006 ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder die Einrichtung hierzu bereitgestellt zu haben, indem sie unter der Firmierung Q. ein Ladenlokal in Hamburg betrieben, in welchem sie spätestens seit dem 1. Mai 2006 ohne erforderliche behördliche Erlaubnis und trotz einer Untersagungsverfügung der zuständigen Finanzbehörde einer unbegrenzten Anzahl von Personen die Annahme und Vermittlung von sog. Oddset-Wetten (Sportwetten mit festen Gewinnquoten) an den Anbieter H. GmbH aus Österreich, der über eine gültige Bewilligung der Kärntner Landesregierung zum Abschluss und zur Vermittlung von Sportwetten für den Standort Klagenfurt verfügte, anboten und durchführten. Dabei sollen die Angeschuldigten gemeinschaftlich und gewerbsmäßig gehandelt sowie Provisionen und Gewinnanteile von insgesamt rund 18.000 € erhalten haben.

Mit Beschluss vom 9. März 2007 hat das Landgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Rechtsnorm des § 284 StGB auf die im Anklagesatz beschriebene Vermittlung von Sportwetten derzeit - jedenfalls hinsichtlich des angeklagten Zeitraums (Mai bis Oktober 2006) - nicht ohne Verstoß gegen höherrangiges Recht anwendbar sei. Denn die Strafvorschrift bedürfe für Fälle der vorliegenden Art aus verfassungs- und europarechtlichen Gründen einer einschränkenden Auslegung, die indes ihrerseits nicht mit dem im Strafrecht zu beachtenden Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs.2 GG in Einklang zu bringen sei.

Gegen den Nichteröffnungsbeschluss, der der Staatsanwaltschaft am 16. März 2007 zugestellt worden ist, richtet sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom 20. März 2007. Die Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, dass das strafrechtliche Verbot von privaten gewerblichen Sportwettenanbietern in Hamburg weder gegen Verfassungs- noch gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Die Vorschrift des § 284 StGB sei auch mit dem im Strafrecht zu beachtenden Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs.2 GG in Einklang zu bringen. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil vom 28. März 2006 die Vorschrift des § 284 StGB nicht für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt, sondern sei im Gegenteil von dessen - auch strafrechtlicher - Gültigkeit ausgegangen. Die Veranstaltung eines Glücksspiels ohne Genehmigung sei in Hamburg auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 strafbar. Denn in Hamburg habe man - so wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert - unmittelbar nach diesem Urteil mit der Umsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Fortbestand des staatlichen Wettmonopols begonnen. Dieser für die Strafbarkeit maßgebliche Zeitpunkt - der Beginn der Umsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben - sei klar bestimmbar und für den Betroffenen auch erkennbar.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, den Nichteröffnungsbeschluss aufzuheben und das Hauptverfahren zu eröffnen. Sie führt ergänzend aus, dass im Rahmen des § 284 StGB - wie auch in anderen Fällen strafrechtlicher Verwaltungsakzessorietät - die bloße Genehmigungsfähigkeit der Glücksspielveranstaltung, auf die aus verfassungs- und europarechtlichen Gründen der angefochtene Beschluss abstelle, nicht tatbestandsausschließend oder rechtfertigend wirken könne. Dem Bürger sei es ohne unverhältnismäßige Rechtsbeeinträchtigung zuzumuten, gegebenenfalls unter Inanspruchnahme der zuständigen Gerichte zunächst eine Genehmigung zum Betreiben eines Glücksspiels einzuholen und erst dann den Spielbetrieb aufzunehmen bzw. dies zu unterlassen, solange er keine Genehmigung besitze.

Die Angeschuldigten El. und E. beantragen, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Sie tragen vor, dass die Anwendung von § 284 StGB aufgrund der in der Anklageschrift beschriebenen und konkretisierten Vermittlung von Sportwetten an einen im EU-Ausland konzessionierten Anbieter gegen das Grundgesetz und gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße.

II.

Die gemäß §§ 210 Abs.2, 311 Abs.2 StPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Eine Bestrafung der Angeschuldigten ist aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen (§§ 203, 204 Abs.1 StPO).

Das den Angeschuldigten von der Staatsanwaltschaft vorgeworfene Verhalten ist - jedenfalls im hier maßgeblichen Zeitraum (Mai bis Oktober 2006) - nicht als unerlaubte Veranstaltung von Glücksspielen gemäß § 284 StGB zu bestrafen.

Bei sog. Oddset-Wetten handelt es sich zwar um Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB (BGH NStZ 2003, 372; Tröndle/Fischer, 54. Aufl., § 284 Rn.10). Auch dürften die Angeschuldigten, obwohl sie die Sportwetten im Ergebnis lediglich nach Österreich vermittelt haben, Veranstalter von Glücksspielen im Sinne des § 284 StGB gewesen sein. Dies muss hier jedoch nicht entschieden werden. Ebenso wenig ist es erforderlich, generell zu klären, ob das negative Tatbestandsmerkmal "ohne behördliche Erlaubnis" des § 284 StGB eine innerstaatliche behördliche Erlaubnis am Sitz des Veranstalters - hier Hamburg - verlangt oder die Erlaubnis eines EU-Mitgliedsstaates ausreichen lässt (vgl. dazu Tröndle/Fischer, a.a.O. Rn.15 m.w.Nachw.; Eser/Heinze in Schönke/Schröder, 27. Aufll, § 284 Rn.22c).

Diese Rechtsfragen können hier deshalb unbeantwortet bleiben, weil eine Strafbarkeit für die hier angeklagte Veranstaltung und/oder Vermittlung von Oddset-Wetten in der Zeit von Mai bis Oktober 2006 jedenfalls unter verfassungsrechtlichen (1.) und gemeinschaftsrechtlichen (2.) Gesichtspunkten ausgeschlossen ist.

Darüber hinaus dürften die Angeschuldigten sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden haben, so dass sie auch aus tatsächlichen Gründen einer Straftat nicht hinreichend verdächtig sind.

1.

a.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 28. März 2006 (BVerfGE 115, 276 = NJW 2006, 1261) zum staatlichen Wettmonopol in Bayern ausgeführt, dass ein staatliches Wettmonopol einen Eingriff in das durch Art. 12 Abs.1 GG geschützte Grundrecht der Berufsfreiheit darstelle. Beim Veranstalten und Vermitteln handele es sich nicht um Tätigkeiten, die von vornherein nur der öffentlichen Hand zugänglich und ihr vorbehalten seien.

Ein staatliches Wettmonopol und damit ein Eingriff in Art. 12 Abs.1 GG könnten dann gerechtfertigt sein, wenn sie legitimen Gemeinwohlzwecken, insbesondere der Bekämpfung der Spielsucht und der Begrenzung der Wettleidenschaft dienten; fiskalische Erwägungen stellten hingegen einen solchen Gemeinwohlzweck nicht dar. Für ein mit dem Verfassungsrecht zu vereinbarendes Wettmonopol seien eine gesetzliche Grundlage und eine tatsächliche Ausgestaltung des Wettmonopols erforderlich, die hinreichend gewährleisteten, dass legitime Gemeinwohlzwecke erreicht würden.

Diese Voraussetzungen erfülle das staatliche Wettmonopol in Bayern derzeit nicht. Das in Bayern errichtete staatliche Wettmonopol stelle daher in seiner gegenwärtigen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung einen unverhältnismäßigen und damit verfassungsrechtswidrigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar. Das im Rahmen des staatlichen Wettmonopols eröffnete Sportwettenangebot "ODDSET" sei nicht konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und Bekämpfung der Wettsucht ausgerichtet. Das Staatslotteriegesetz enthalte keine entsprechenden materiellrechtlichen Regelungen und strukturellen Sicherungen, die dies hinreichend gewährleisteten. Die Mängel in der konkreten Ausgestaltung von "ODDSET" stellten nicht nur ein Defizit im Vollzug des einfachen Rechts dar. Vielmehr drücke sich darin ein entsprechendes Regelungsdefizit aus.

Obwohl die gegenwärtige Regelung (Staatslotteriegesetz) in Bezug auf das staatliche Sportwettmonopol mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs.1 GG unvereinbar sei, dürfe sie übergangsweise bis längstens 31. Dezember 2007 angewandt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Gesetzgeber eine gesetzliche Neuregelung zu treffen, die bestimmte - vom Bundesverfassungsgericht im einzelnen aufgeführte - Kriterien zu erfüllen habe.

Die Fortgeltensanordnung während der Übergangszeit knüpfte das Bundesverfassungsgericht an die Maßgabe, dass der Freistaat Bayern unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung seines Monopols andererseits herzustellen habe. In dieser Übergangszeit dürften das gewerbliche Veranstalten von Sportwetten durch private Wettunternehmen und die Vermittlung von privat veranstalteten Wetten weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden.

Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 befasst sich ausdrücklich zwar nur mit der Rechtslage in Bayern. Sie gilt aber entsprechend für die übrigen Bundesländer. Auch in Hamburg genügt das staatliche Wettmonopol in seiner gegenwärtigen gesetzlichen Ausgestaltung durch den unmittelbar als Gesetz geltenden Lotteriestaatsvertrag nicht den Anforderungen des Art. 12 Abs.1 GG (OVG Hamburg, Beschluss vom 01.06.2007 - 1 Bs 107/07).

Welche unmittelbaren Auswirkungen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in ordnungsrechtlicher (vgl. dazu OVG Hamburg a.a.O., OVG Saarlouis NVwZ 2007, 717 m.w.Nachw.), wettbewerbsrechtlicher (vgl. dazu OLG Celle, Urteil v. 01.02.2007 - 13 U 195/06 - zitiert nach "juris") und strafrechtlicher Hinsicht hat, ist streitig.

Zur Strafbarkeit hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 ausgeführt, dass es der Entscheidung der Strafgerichte unterliege, ob in der Übergangszeit eine Strafbarkeit nach § 284 StGB gegeben sei.

Auch in späteren Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht diese Frage unbeantwortet gelassen, da dies für das ordnungsrechtliche Verbot unerheblich sei (Nichtannahmebeschlüsse v. 19.10.2006 - 2 BvR 2023/06 - und v. 04.07.2006 - 1 BvR 138/05 - zitiert nach "juris"). Insoweit bleibt das Bundesverfassungsgericht offensichtlich bei seiner früheren Rechtsprechung (Beschluss v. 27.04.2005 - 1 BvR 223/05 - "Sportwetten", NJW 2006, 429), in der es ausgeführt hat, dass eine Strafbarkeit nach § 284 StGB umso unsicherer prognostiziert werden könne, je mehr die Anwendbarkeit der Strafnorm selbst - z.B. aus europarechtlichen Gründen - zweifelhaft sei. Solche erheblichen Zweifel an der gemeinschaftsrechtlichen Vereinbarkeit des § 284 StGB könnten angesichts der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache "Gambelli" und ihrer Rezeption durch Rechtsprechung und Literatur auch nicht ohne Verstoß gegen das Willkürverbot ausgeschlossen werden.

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 29.11.2006 (wistra 2007, 111) ein Verfahren wegen unerlaubten gewerbsmäßigen Glücksspiels gemäß § 153 StPO eingestellt, weil im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs Bedenken gegen eine Verurteilung bestehen könnten. In dem Antrag auf Einstellung des Verfahrens, auf das der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss ausdrücklich Bezug nimmt, hat der Generalbundesanwalt mehrere Rechtsfragen aufgeworfen, nämlich 1. ob das Strafrecht zur Durchsetzung eines staatlichen Wettmonopols dienen könne, das sowohl gegen deutsches Verfassungsrecht als auch gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoße, 2. welche Auswirkungen die Genehmigung eines Mitgliedsstaates der EU vor dem Hintergrund der Vorgaben des EuGH auf die Strafbarkeit hätten, und 3. sich angesichts der differenzierten rechtlichen Bewertungen mit Blick auf durchaus widersprüchliche Entscheidungen in der Vergangenheit sowohl seitens der Straf- als auch der Verwaltungsgerichte die Frage nach der subjektiven Vorwerfbarkeit eines möglichen objektiven Verhaltens stelle.

Das Oberverwaltungsgericht Hamburg (Beschlüsse v. 01.06.2007 - 1 Bs 107/07 - und 09.03.2007 - 1 Bs 378/06 - zitiert nach "juris") geht davon aus, dass "die Strafjustiz zur Zeit die Vermittlung von Sportwetten an im europäischen Ausland ansässige Wettveranstalter für nicht strafbar hält". Das Oberverwaltungsgericht Saarlouis, NVwZ 2007, 717, und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, Urteil v. 10.07.2006 - 22 BV 05.457 - (zitiert nach "juris") haben ausdrücklich ihre Zweifel an einer derzeitigen Strafbarkeit nach § 284 StGB bekundet.

In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur wird überwiegend angenommen, dass eine Strafbarkeit nach § 284 StGB - jedenfalls bei einer Vermittlung von Sportwetten an einen in einem EU-Mitgliedsstaat zugelassenen Buchmacher - nach der derzeitigen Rechtslage zu verneinen sei (a.A. Tröndle/Fischer, 54. Aufl., § 284 Rn.16a; Groeschke/Hohmann in Münchener Kommentar, § 284 Rn.22). Zur Begründung wird ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs.2 GG (Horn JZ 2006, 789; Widmaier "Strafrechtliche Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 für die Zeit bis zur Neuregelung des Rechts der Sportwetten", Rechtsgutachten vom 05.05.2007 im Auftrag des Verbandes Europäischer Wettunternehmer; vgl. auch OLG Stuttgart NJW 2006, 2422; tendenziell auch: LG Frankfurt NStZ-RR 2007, 202, 203), ein Verstoß gegen Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht (OLG München NJW 2006, 3588; so bereits: LG Hamburg, NStZ-RR 2005, 44; LG Köln, Beschluss v. 14.07.2005 [zitiert nach "juris]; LG Baden-Baden Beschluss v. 02.12.2004 - 2 Qs 157/04 [zitiert nach "juris]; für eine "gemeinschaftskonforme Auslegung" auch: Eser/Heinze in Schönke/ Schröder, 27. Aufl., § 284 Rn.22a), eine Beschränkung des objektiven Tatbestandes des § 284 StGB (Lesch, wistra 2005, 241) und ein unvermeidbarer Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB (OLG Stuttgart NJW 2006, 2422, für sog. Altfälle, also Taten, die vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 begangen wurden) angeführt.

b.

Zu Recht wird eine Strafbarkeit nach der derzeitigen Rechtslage verneint. Die Strafvorschrift des § 284 StGB verstößt zwar nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs.2 GG (aa.). Die Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion verbietet sich jedoch aus verfassungsrechtlichen Gründen, solange es an einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage für das staatliche Wettmonopol fehlt (bb.).

aa.

Die Strafvorschrift des § 284 StGB war vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. März 2006 nicht unbestimmt. Sie ist es auch nicht durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geworden (vgl. Mosbacher, NJW 2006, 3529, 3532). Das Bestimmtheitsgebot verpflichtet den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so genau zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände für den Normadressaten schon aus dem Gesetz selbst zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln und konkretisieren lassen. Nach dem Grundgesetz soll sichergestellt werden, dass jeder vorhersehen kann, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist, damit er sein Tun oder Unterlassen auf die Strafrechtslage eigenverantwortlich einrichten kann und willkürliche staatliche Reaktionen nicht befürchten muss (BVerfG, NJW 2003, 1030). Der Normadressat des § 284 StGB weiß, was strafrechtlich verboten ist und welche Strafe ihm für den Fall eines Verstoßes gegen das Verbot droht. Nach § 284 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt. Nach § 284 StGB braucht der Veranstalter eines öffentlichen Glücksspiels somit eine behördliche Erlaubnis. Hat er eine solche nicht, erfüllt er den strafrechtlichen Tatbestand. Unbestimmte Rechtsbegriffe, wie z.B. "Gewalt" im Sinne des § 240 StGB, enthält die Strafvorschrift des § 284 StGB nicht. Bei der Vorschrift des § 284 StGB handelt es sich auch nicht um einen Blanketttatbestand. Aufgrund des negativen Tatbestandsmerkmals "ohne behördliche Erlaubnis" besteht zwar eine Akzessorietät zum Verwaltungsrecht. Auch dies führt jedoch nicht zur Unbestimmtheit. Die Ausfüllung der Strafvorschrift wird dadurch genauso wenig wie beim Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) oder beim unerlaubten Betreiben von kerntechnischen Anlagen (§ 327 StGB; vgl. dazu BVerfGE 75, 329) unter Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot auf die Exekutive übertragen.

Dass der Normadressat derzeit aufgrund des übergangsweise fortgeltenden Sportwettmonopols des Staates keine "behördliche Erlaubnis" erhalten kann, führt ebenfalls nicht zur Unbestimmtheit der Strafvorschrift. Ob die Versagung der Erlaubnis verfassungsgemäß oder verfassungswidrig ist, ist dabei unerheblich. Daraus kann sich zwar ein entsprechender Anspruch auf Erteilung einer (tatbestandsausschließenden) Erlaubnis ergeben. Dadurch wird eine eindeutige Strafvorschrift jedoch nicht unbestimmt (Mosbacher a.a.O. mit Hinweis auf den vergleichbaren Fall der Straflosigkeit des illegalen Aufenthalts eines Ausländers bei einem Duldungsanspruch [BVerfG, NJW 2003, 488]).

bb.

Es kann unentschieden bleiben, ob die den Angeschuldigten zur Last gelegte Annahme und Vermittlung von Sportwetten an einen in Österreich konzessionierten Buchmacher objektiv strafbar ist. Eine strafrechtliche Sanktion für den hier angeklagten Zeitraum, Mai bis Oktober 2006, verstößt jedenfalls gegen Verfassungsrecht. Eine Bestrafung wäre rechtsstaatswidrig, weil die verfassungsrechtlichen Grundlagen für eine strafrechtliche Sanktion entfallen sind. Derzeit würde ein bloßer Verwaltungsungehorsam bestraft, obwohl die derzeitige verwaltungsrechtliche Rechtsgrundlage, das Staatslotteriegesetz bzw. der Staatsvertrag zum Lotteriewesen (vgl. Art. 5 des Gesetzes zum Staatsvertrag zum Lotteriewesen v. 27.04.2004, HmbGVBl. 2004, S.223), und die tatsächliche Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols vom Bundesverfassungsgericht als grundgesetzwidrig erklärt worden sind.

Das Bundesverfassungsgericht hat zwar bestimmt, dass während der Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, spätestens bis zum 31. Dezember 2007, die bisherige Rechtslage mit der Maßgabe anwendbar bleibe, dass der Staat unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung seines Monopols andererseits herzustellen habe. Die von dem Bundesverfassungsgericht angeordnete Fortgeltung des Staatslotteriegesetzes gilt jedoch ausdrücklich nur für das Ordnungsrecht. Im Hinblick auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist für eine Übergangzeit eine an sich verfassungswidrige Rechtslage hinzunehmen. Dies führt aber nicht dazu, dass diese während der Übergangzeit als verfassungsgemäß anzusehen wäre, sie bleibt vielmehr in ihrer gegenwärtigen gesetzlichen Form verfassungswidrig. Ein Verstoß gegen eine verfassungswidrige, aber übergangsweise hinzunehmende Freiheitsbeschränkung kann nicht als kriminelles Unrecht geahndet werden. Eine solche Fortgeltensanordnung stellt für das Strafrecht keine tragfähige Grundlage dar.

Die Rechtfertigung für die Fortgeltensanordnung liegt darin, den Übergang von der verfassungswidrigen zur verfassungsgemäßen Gesetzeslage zu sichern. Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, während der Übergangszeit die Veranstaltung und Vermittlung von privaten Sportwetten ordnungsrechtlich und wettbewerbsrechtlich zu untersagen. Dieses legitime gesellschaftspolitische Ziel kann eine strafrechtliche Sanktion hingegen nicht rechtfertigen. Für den grundrechtsintensiven Bereich des Strafrechts bleibt im Vordergrund, dass die derzeitige (verwaltungsrechtliche) Gesetzeslage vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist (Widmaier, a.a.O., S.11). Das Staatslotteriegesetz, der Lotteriestaatsvertrag, das staatliche Sportwettmonopol und der Ausschluss privater Wettunternehmen an der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten verstoßen weiterhin gegen das Grundgesetz. Daraus folgt, dass die Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion verfassungsrechtlich solange ausgeschlossen bleibt, bis der Gesetzgeber ein verfassungsgemäßes Gesetz erlassen hat, nach dem entweder das staatliche Sportwettmonopol verfassungsrechtlich gerechtfertigt oder die Veranstaltung von Sportwetten generell - also auch für den Staat - verboten ist.

In strafrechtlicher Hinsicht ist es daher unerheblich, ob die Bundesländer mit der Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Maßnahmen bereits begonnen oder sie sogar bereits vollständig erfüllt haben (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschluss v. 01.06.2007 - 1 Bs 107/07). Eine Bestrafung nach § 284 StGB ist erst dann möglich, wenn der Gesetzgeber - wie vom Bundesverfassungsgericht verlangt - das staatliche Sportwettmonopol auf eine verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage gestellt hat (so auch Widmaier, a.a.O., Seite 13).

Ohne eine solche verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage, die erforderlich ist, um den Eingriff in das Grundrecht des Art. 12 Abs.1 GG zu rechtfertigen, kommt eine Bestrafung nach § 284 StGB nicht in Betracht. Das Strafrecht kann nicht zur Durchsetzung eines staatlichen Wettmonopols herangezogen werden, das gegen Verfassungsrecht verstößt. Der Staat verhält sich willkürlich, wenn er die Erteilung einer Erlaubnis unter Berufung auf ein mit der Verfassung unvereinbares Gesetz (Staatslotteriegesetz bzw. Lotteriestaatsvertrag) versagt und gleichzeitig denjenigen bestraft, der ohne diese behördliche Erlaubnis einen grundrechtlich geschützten Beruf ausübt.

2.

Auch das Gemeinschaftsrecht verbietet es, die den Angeschuldigten vorgeworfenen Taten strafrechtlich zu ahnden.

Nach der Anklageschrift sollen die Angeschuldigten Sportwetten angenommen und an einen in Österreich konzessionierten Buchmacher vermittelt haben. Insoweit stehen einer Verurteilung aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Grundlage (Staatslotteriegesetz bzw. Lotteriestaatsvertrag) auch die Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr nach Art. 43, 49 EGV entgegen.

a.

Der Europäische Gerichtshof hatte sich bereits mehrfach mit der Frage zu beschäftigen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein strafbewehrtes staatliches Wettmonopol mit den Grundfreiheiten des EG-Vertrages vereinbar ist (Urteil vom 06.03.2007 - "Placanica", NJW 2007, 1515; Urteil v. 06.11.2003 - "Gambelli", NJW 2004, 139; Urteil v. 21.10.1999, C-67/98, - "Zenatti", zitiert nach "juris").

Für das Strafrecht seien zwar grundsätzlich die Mitgliedsstaaten zuständig, jedoch setze das Gemeinschaftsrecht dieser Zuständigkeit Schranken. Das Strafrecht dürfe nämlich nicht die durch das Gemeinschaftsrecht garantierten Grundfreiheiten beschränken. Ein Mitgliedsstaat dürfe keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt oder vereitelt habe (Urteil v. 06.03.2007 - Placanica, NJW 2007, 1515, 1519 m.w.Nachw.).

Das Staatslotteriegesetz und der Lotteriestaatsvertrag, die die Vermittlung und Veranstaltung von Lotterien und Wetten ausschließlich dem Staat vorbehalten, sodass eine gewerbliche Veranstaltung von Wetten auch durch private ausländische Wettunternehmen sowie die Vermittlung von Wetten, die nicht von den jeweiligen Bundesländern veranstaltet werden, ausgeschlossen sind, stellen eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs gemäß Art. 43 und 49 EGV dar.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können derartige Beschränkungen der Grundfreiheiten aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Dazu zählten unter anderem der Verbraucherschutz und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen. Die durch die jeweilige nationale Regelung auferlegten Beschränkungen der Art. 43 und 49 EGV müssten tatsächlich geeignet sein, die Verwirklichung des von dem fraglichen Mitgliedsstaat geltend gemachten Ziels oder der von ihm geltend gemachten Ziele zu gewährleisten. Die Beschränkungen dürften nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels oder dieser Ziele erforderlich sei. Dabei sei es Sache der nationalen Gerichte, zu ermitteln und zu prüfen, ob die jeweilige nationale Regelung angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten tatsächlich den Zielen Rechnung trage, die sie rechtfertigen könnten, und ob die mit ihr auferlegten Beschränkungen nicht außer Verhältnis zu diesen Zielen stünden.

Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 ist davon auszugehen, dass das Staatslotteriegesetz nicht nur mit Art. 12 Abs.1 GG unvereinbar ist, sondern auch gegen Art. 43 und 49 EGV verstößt. Denn die durch das Staatslotteriegesetz erfolgte Beschränkung der Dienst- und Niederlassungsfreiheit ist weder aus zwingenden Gründen der Allgemeinheit gerechtfertigt noch geeignet, die Verwirklichung der mit ihm verfolgten Ziele zu gewährleisten (so auch OLG München, NJW 2006, 3588).

Auch in europarechtlicher Hinsicht fehlen strukturelle Vorgaben, die dafür sorgen, dass fiskalische Interessen hinter den anerkannten Zielen der aktiven Suchtbekämpfung und Begrenzung der Wettleidenschaft zurücktreten. Die Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts laufen insoweit parallel zu den vom Europäischen Gerichtshof zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben. Nach dessen Rechsprechung ist die Unterbindung der Vermittlung in andere Mitgliedsstaaten mit dem Gemeinschaftsrecht nur dann vereinbar, wenn ein Staatsmonopol wirklich dem Ziel dient, die Gelegenheit zum Spiel zu vermindern. Die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts entsprechen damit den Vorgaben des Grundgesetzes (BVerfG, Urteil vom 28.03.2006, NJW 2006, 1261, 1267).

Daraus folgt, dass das Staatslotteriegesetz und der in Hamburg unmittelbar als Gesetz geltende Lotteriestaatsvertrag auch in europarechtlicher Hinsicht keine tragfähige Grundlage sind, um das staatliche Wettmonopol zu rechtfertigen. Ob auch insoweit eine Fortgeltung während einer Übergangszeit in Betracht kommt, ist hier unerheblich. Denn eine solche Fortgeltung vermag zwar eine ordnungsrechtliche Reaktion zu rechtfertigen, nicht jedoch eine strafrechtliche Sanktion. Eine strafrechtliche Sanktion darf aufgrund einer mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbaren Vorschrift wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem nationalen Recht nicht verhängt werden (OLG München, NJW 2006, 3588, das unter Hinweis auf die Rechtssache "Sagulo" [EuGHE 1977, 1495] von einer "Neutralisierung des Straftatbestandes" spricht).

Somit stehen auch Art. 43 und 49 EGV der Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion wegen einer Sportwettenvermittlung oder -veranstaltung, die "ohne behördliche Erlaubnis" durchgeführt worden ist, entgegen, wenn der "Täter" sich diese Erlaubnis nicht beschaffen konnte, weil der betreffende Mitgliedsstaat es unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt hatte, sie ihm zu erteilen (vgl. EuGH, NJW 2007, 1515 - Placanica).

3.

Bis zu einer gesetzlichen verfassungsgemäßen Neuregelung des Sportwettmonopols ist nach der Auffassung des Senats die Verhängung einer strafrechtlichen Sanktion nach § 284 StGB zwar ausgeschlossen. Daraus folgt jedoch - wie bereits das Landgericht überzeugend dargelegt hat - nicht, dass das Verfahren ausgesetzt und gemäß Art. 100 Abs.1 GG zur konkreten Normenkontrolle dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen ist. Nach der Auffassung des Senats ist die Strafvorschrift des § 284 StGB nicht verfassungswidrig. Derzeit ist allein eine strafrechtliche Ahndung des hier in Frage stehenden Verhaltens ausgeschlossen. Im übrigen hat das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung über die strafrechtliche Anwendbarkeit der Norm auf unerlaubte Sportwetten während der Übergangszeit ausdrücklich den Strafgerichten überantwortet.

4.

Die Eröffnung des Hauptverfahrens wäre zudem auch deshalb abzulehnen, weil die Angeschuldigten sich aus tatsächlichen Gründen einer Straftat nicht hinreichend verdächtig gemacht haben (zur Zulässigkeit einer solchen Hilfserwägung: Meyer-Goßner, 49. Aufl., § 204 Rn.4). Die Angeschuldigten haben sich zwar bisher nicht eingelassen, es ist aufgrund der Gesamtumstände jedoch davon auszugehen, dass sie sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum nach § 17 StGB befunden haben:

Der Senat verkennt nicht, dass die Angeschuldigte El. vom Bezirksamt Eimsbüttel und von der Finanzbehörde auf die Strafbarkeit ihres Verhaltens hingewiesen wurde. Auch wurde ihr Antrag, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung vom 10. April 2006 wiederherzustellen, durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 29. Juni 2006 abgelehnt. Dennoch durften die Angeschuldigten aufgrund der umstrittenen Rechtsfragen und der kontroversen Rechtsprechung, insbesondere zur Bedeutung einer von einem EU-Mitgliedstaat erteilten behördlichen Erlaubnis, erhebliche Zweifel an der Strafbarkeit ihres Verhaltens haben. Dass die Angeschuldigten Kenntnis von diesen umstrittenen Rechtsfragen hatten, ergibt sich bereits daraus, dass die Angeschuldigte El. mit Schreiben vom 23. März 2006 auf die spätere Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 1054/01; Urteil vom 28. März 2006) hinwies.

Trotz dieser Kenntnis der Angeschuldigten von der umstrittenen Rechtslage ist davon auszugehen, dass sie nicht mit bedingtem Unrechtsbewusstsein (vgl. dazu Tröndle/Fischer § 17 Rn.9c) handelten, sondern sich vielmehr in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befanden. Die Angeschuldigten wurden nämlich rechtlich beraten. Einen Anlass, an der Richtigkeit des Rechtsrates zu zweifeln, hatten sie nicht.

Die Angeschuldigte El. wurde von der Kanzlei R., S. D. & W. beraten. Diese Kanzlei vertrat bereits mit Schreiben vom 31. März 2006 (Bl.19 ff, SB IV) die Auffassung, dass auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 eine private gewerbliche Vermittlung von Sportwetten an einen im EU-Ausland zugelassenen Wettunternehmer zulässig sei. Die Kanzlei legte sodann im Auftrag der Angeschuldigten El. gegen den Ablehnungsbescheid und die Ordnungsverfügung der Finanzbehörde vom 10. April 2006 Widerspruch ein. Auch im anschließenden verwaltungsrechtlichen Eilverfahren wurde die Angeschuldigte El. von ihren Anwälten vertreten (Bl. 2 ff, SB III).

Die Angeschuldigte hatte sich an eine sachkundige Person gewandt, die eine ausreichende Gewähr für eine objektive, sorgfältige, pflichtgemäße und verantwortungsbewusste Auskunftserteilung bot (vgl. dazu Tröndle/Fischer, 54. Aufl., § 17 Rn.9c). Es ist - auch im Hinblick auf die Rechtsgutachten ihrer Anwälte vom 26. Mai 2006 (SB 2, Tb. 33) und vom 5. Mai 2007 (Widmaier "Strafrechtliche Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 für die Zeit bis zur Neuregelung des Rechts der Sportwetten") - davon auszugehen, dass die Angeschuldigte und damit mittelbar auch die Angeschuldigten E. und B. von der Kanzlei R., S. D. & W. die fundierte Auskunft erhalten hatten, dass ihr Verhalten nicht strafbar sei.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs.1 und 2 StPO.

Ende der Entscheidung

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