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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 30.05.2008
Aktenzeichen: 11 Sch 9/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 1059 Abs. 4
ZPO § 1059 Abs. 2
ZPO § 1060 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

Beschluss

Geschäftszeichen: 11 Sch 9/07

Verkündet am: 30. Mai 2008

In dem Schiedsverfahren

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg durch die Richter

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin, den in H. am .... von Rechtsanwalt .... als Einzelrichter erlassenen Schiedsspruch in dem ICC-Verfahren Nr. ... für vollstreckbar zu erklären, wird abgelehnt. Auf Antrag der Antragsgegnerin wird der Schiedsspruch aufgehoben und das Verfahren an das Schiedsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € ...... festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten darum, ob ein vom ICC International Court of Arbitration am 09.07.2007 gefällter Schiedsspruch (Anl. AS 1 im Verfahren 11 Sch 10/07) für vollstreckbar erklärt werden kann.

Die Antragsgegnerin/Schiedsbeklagte (im Folgenden: Schiedsbeklagte) wendet gegen den Antrag der Antragstellerin/Schiedsklägerin (im Folgenden: Schiedsklägerin), den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, ein, der Schiedsspruch sei aufzuheben.

Sie macht einen Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a) geltend, da die Schiedsklägerin nicht parteifähig gewesen sei und die Schiedsvereinbarung gar nicht habe treffen können. Sie beruft sich auch auf § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b), einen Verstoß gegen den ordre public.

Soweit die Schiedsbeklagte einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruches gestellt hatte (11 Sch 10/07) hat sie diesen Antrag mit Rücksicht auf den Vollstreckbarerklärungsantrag der Schiedsklägerin zurückgenommen

Die Schiedsklägerin hat mit der Schiedsklage die Rückzahlung eines von ihr geleisteten Kaufpreisvorschusses begehrt.

Die Parteien hatten im November 1999 einen Kaufvertrag über die Lieferung und Ausfuhr von mehreren LKW geschlossen, die Ausfuhrgenehmigung war im Oktober 2000 verweigert worden. Das Schiedsgericht hat als Folge der verweigerten Ausfuhrgenehmigung den Vertrag für nichtig erachtet und die Schiedsbeklagte zur Rückzahlung der geleisteten Anzahlung verpflichtet. Im Hinblick auf die bereits im Schiedsverfahren erhobene Einwendung, die Schiedsklägerin sei nicht parteifähig, hat das Schiedsgericht in Übereinstimmung mit den Parteien eine Überprüfung der von der Schiedsklägerin eingereichten Dokumente durch die Deutsche Botschaft in Kampala, Uganda, vornehmen lassen. Die Überprüfung der Botschaft hat ergeben, dass zwar alle von der Schiedsklägerin eingereichten Dokumente im Original des Registrar of Companies vorhanden waren. Die Akte hatte sich aber nicht, wie erwartet, im Archiv befunden, sondern war im Schreibtisch eines Sachbearbeiters eingeschlossen gewesen. Die Botschaft wies im Übrigen darauf hin, dass die Unterschriften der Eigentümer in den verschiedenen Dokumenten erheblich differierten. Wegen der Einzelheiten der Mitteilung der Botschaft wird auf die Anl. AS 9 im Verfahren 11 Sch 10/07 Bezug genommen. Diese, infolge der Überprüfung zu Tage getretenen Unregelmäßigkeiten hat das Schiedsgericht letztlich nicht für entscheidungserheblich gehalten und die Parteifähigkeit der Schiedsklägerin bejaht.

Die Schiedsklägerin ist der Auffassung, das Schiedsgericht habe zu Recht ihre Parteifähigkeit angenommen, ein Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a) ZPO liege nicht vor. Eine Überprüfung der Feststellungen des Schiedsgerichts im Aufhebungsverfahren sei schon deshalb ausgeschlossen, weil das Schiedsgericht in Übereinstimmung mit den Parteien eine Überprüfung der Unterlagen durch die Deutsche Botschaft in Uganda habe vornehmen lassen. Die aus dem Ergebnis gezogenen Schlussfolgerungen seien nicht zu beanstanden.

Das Schiedsgericht habe auch zu Recht die Vernehmung des Zeugen N. abgelehnt, zumal der Zeuge offenbar gar nicht zu ermitteln sei. Die Beweiserhebung sowie die Auseinandersetzung des Schiedsgerichts mit den Beweisanträgen der Schiedsbeklagten seien angemessen und nicht zu beanstanden. Die Rüge, die Schiedsklägerin sei nicht ordnungsgemäß vertreten, sei ebenfalls nicht begründet, wie das Schiedsgericht zu Recht festgestellt habe.

Im Übrigen sei der Aufhebungsantrag schon nach Art. 28 (6) der Schiedsordnung des ICC ausgeschlossen.

Die Schiedsklägerin beantragt,

den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären,

hilfsweise für den Fall der Aufhebung des Schiedsspruchs die Sache an das Schiedsgericht zurückzuverweisen.

Die Schiedsbeklagte beantragt,

den Antrag zurückzuweisen und den Schiedsspruch aufzuheben.

Die Schiedsbeklagte ist der Auffassung, der Schiedsspruch sei aufzuheben. Das Schiedsgericht sei zu Unrecht von der Parteifähigkeit der Schiedsklägerin ausgegangen. Die Schiedsklägerin sei schon nicht wirksam gegründet worden. Auf Basis bestimmter Dokumente werde vom Registrar General das Certificate of Incorporation ausgestellt. Die Schiedsklägerin habe im Schiedsverfahren - unstreitig - als dortige Anlage K 20 die Anlage AS 14 vorgelegt. Diese unterscheide sich wesentlich von der Original-Gründungsurkunde, Anl. AS 15, die unterschiedlich gestaltet und vor allem nicht unterschrieben sei. Auffällig seien des Weiteren die Abweichungen in den Unterschriften der Gesellschafter in den verschiedenen, von der Schiedsklägerin vorgelegten Dokumenten. Es spreche mithin vieles dafür, dass es sich bei der - seitens der Deutschen Botschaft in Kampala im verschlossenen Schreibtisch eines Mitarbeiters des Registrar General vorgefundenen - Akte um eine inoffizielle Akte handele, die nachträglich für das Schiedsverfahren hergestellt worden sei.

Darüber hinaus habe das Schiedsgericht zu Unrecht den Zeugen N. nicht gehört, der für den Umstand benannt worden sei, dass ihm gegenüber von Seiten des Registrar General mitgeteilt worden sei, die Firma P. existiere seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Schiedsbeklagten zu diesem Aspekt wird auf den Schriftsatz der Schiedsbeklagten vom 18.09.2007 (Seiten 12-14) im Verfahren 11 Sch 10/07 Bezug genommen.

Auch sei die Schiedsklägerin im Schiedsverfahren nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Herr A. sei erst am 18.01.2005 als Managing Director der Gesellschaft im Handelsregister, dem Registrar General, eingetragen worden. Die Eintragung sei aufgrund einer Special Resolution vom 05.04.1997 erfolgt, warum die Eintragung erst acht Jahre später vorgenommen wurde, sei nicht begründet worden und lasse darauf schließen, dass die Eintragung im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren stehe. Infolge dessen könne auch Herr B. nicht wirksam bevollmächtigt worden sein.

Der Senat hat am 18. April 2008 mündlich verhandelt. In der Verhandlung hat die Schiedsklägerin zwei Urkunden vorgelegt (Anlagen 1 und 2 des Protokolls der mündlichen Verhandlung), zum einen eine Urkunde des Registrar General vom 10. April 2008 zum anderen ein Schreiben der Deutschen Botschaft in Kampala vom 17. April 2008. Die Urkunde des Registrar General bestätigt, dass die Schiedsklägerin eine seit 1995 existierende Gesellschaft sei. Wegen des weiteren Inhaltes der Urkunde wird auf die Anlage 1 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2008 Bezug genommen.

Kurz vor der mündlichen Verhandlung hatte die Schiedsbeklagte ihrerseits - dem Wortlaut nach über die Rechtsanwälte O. und O. gerichtete - Anfragen an das Handelsregister, Registrar General, und die ugandische Finanzbehörde sowie die Antworten der Behörden vorgelegt (Anl. AG 30 bis 33), wonach die Schiedsklägerin in Uganda nicht registriert sei.

Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 7. Mai 2008 trägt die Schiedsbeklagte vor, die von der Schiedsklägerin vorgelegten Urkunden seien gefälscht. Wie Nachfragen bei den Rechtsanwälten O. und O. ergeben hätten, stammten die von der Schiedsbeklagten vorgelegten Schreiben nicht von den Rechtsanwälten, sie seien zwar auf Geschäftspapier der Kanzlei, aber nicht im Auftrag der Rechtsanwälte geschrieben worden (Anl. ASt 01). Der stellvertretende Behördenleiter des Handelsregisters, H., habe mitgeteilt, das von der Schiedsbeklagten vorgelegte Schreiben stamme nicht vom Handelsregister (Anl. Ast 02), die Finanzverwaltung habe ebenfalls nicht die von der Schiedsbeklagten behaupteten Angaben gemacht (Anl. Ast 06).

Des weiteren trägt die Schiedsklägerin nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals vor, die Registerakte habe sich zur Aufbewahrung im Schreibtisch eines Mitarbeiters befunden, da ihr Bevollmächtigter, der Zeuge B., in Vorbereitung des Schiedsverfahrens Gesellschaftsurkunden beim Handelsregister in Kampala eingesehen gehabt habe und Kopien habe erstellen lassen. Angesichts der zu erwartenden Legalisierungen der Urkunden durch die Deutsche Botschaft habe er den Sachbearbeiter gebeten, die Akte "nicht zu verlegen".

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 26.05.2008 bestreitet die Schiedsbeklagte das Vorbringen der Schiedsklägerin in dem Schriftsatz vom 07. 05. 2008 und behauptet ihrerseits, bei den mit jenem Schriftsatz vorgelegten Schreiben, insbesondere denen der Rechtsanwälte O. und O., handele es sich um Fälschungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Antrag der Schiedsklägerin auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches ist zulässig, aber nicht begründet und daher abzulehnen. Der Schiedsspruch ist infolge des Vorliegens von Aufhebungsgründen nach § 1059 Abs. 2 Ziff. 1 b) ZPO und 1059 Abs. 2 Ziff. 2 b) ZPO aufzuheben. Gemäß § 1059 Abs. 4 ZPO analog ist die Sache an das Schiedsgericht zur weiteren Verhandlung zurückzuverweisen.

Der Senat hat, wie aus der Beschlussformel ersichtlich, abweichend von den in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen, zur Klarstellung die genaue Bezeichnung des Schiedsspruches in die Entscheidung mit aufgenommen.

Der Antrag ist zulässig. Das Oberlandesgericht Hamburg ist gemäß § 1062 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO für die Entscheidung zuständig.

Der Antrag, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, ist abzulehnen, der Schiedsspruch ist vielmehr aufzuheben, da Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO vorliegen, § 1060 Abs. 2 ZPO.

An der Parteifähigkeit der Schiedsklägerin bestehen erhebliche Zweifel, so dass das Schiedsgericht die Parteifähigkeit seiner Entscheidung nicht zugrunde legen durfte. Darüber hinaus hätte in diesem Zusammenhang dem Beweisangebot der Schiedsbeklagten auf Vernehmung des Zeugen N. nachgegangen werden müssen.

Die Schiedsbeklagte ist mit ihren Einwänden gegen die Wirksamkeit des Schiedsspruches nicht ausgeschlossen, da sie entsprechende Rügen bereits im Schiedsverfahren erhoben hatte, § 1040 Abs. 2 ZPO, und auch die Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO eingehalten worden ist, § 1060 Abs. 2 S. 3 ZPO. Nach § 1059 Abs. 3 S. 1 ZPO muss ein Aufhebungsantrag innerhalb von drei Monaten nach Empfang des Schiedsspruchs gestellt werden. Der Schiedsspruch datiert vom 09.07.2007, der Aufhebungsantrag der Schiedsbeklagten ist am 18.09.2007 beim Oberlandesgericht Hamburg eingegangen, mithin rechtzeitig innerhalb der Frist. Auf das konkrete Datum der Zustellung des Schiedsspruches, das nicht vorgetragen worden ist, kommt es, da dieses nach Erlass des Schiedsspruches liegen muss, angesichts des dargestellten zeitlichen Ablaufes nicht an.

Die Rücknahme des Aufhebungsantrages steht dem Begehren der Schiedsbeklagten ebenfalls nicht entgegen. Sie hat damit nur der Tatsache Rechnung getragen, dass der zeitlich früher gestellte Vollstreckbarerklärungsantrag dem isolierten Aufhebungsantrag das Rechtsschutzbedürfnis nimmt (Zöller-Geimer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 1059 Rn. 22; Hanseatisches Oberlandesgericht 11 Sch 6/01 in SchiedsVZ 2003, 284).

Auch Art. 28 Abs. 6 der Schiedsgerichtsordnung hindert die Schiedsbeklagte nicht daran, Einwände gegen die Wirksamkeit des Schiedsspruches geltend zu machen.

Art. 28 Abs. 6 legt zwar fest, dass der Schiedsspruch für die Parteien verbindlich ist und jede Partei sich verpflichtet, von Rechtsmitteln, auf die sie verzichten könne, Abstand zu nehmen. Dieser Verzicht erfasst jedoch bereits seinem Wortlaut nach keine Einwände, deren Vorliegen einen Verstoß gegen den ordre public begründen würde, und kann auch solche Einwände nicht umfassen, die von erheblicher Bedeutung sind, wie z.B. die Frage der Parteifähigkeit einer der beteiligten Parteien.

Soweit die Schiedsbeklagte behauptet, die Schiedsklägerin sei im Jahre 1995 schon nicht wirksam gegründet worden, darüber hinaus bestünden erhebliche Zweifel an ihrer Parteifähigkeit, beruft sie sich auf einen Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Ziff 1. ZPO, denn wenn die Schiedsklägerin nicht wirksam gegründet worden ist, konnte sie im Jahr 1999 keine Schiedsvereinbarung schließen. Das Schiedsgericht hat angesichts der in diesem Zusammenhang aufgetauchten Zweifel im Einverständnis der Parteien eine Überprüfung der von der Schiedsklägerin überreichten Dokumente durch die Deutsche Botschaft in Kampala vornehmen lassen. Diese Überprüfung hat ergeben, dass zwar alle von der Schiedsklägerin eingereichten Dokumente im Original des Registrar of Companies vorhanden waren. Die Botschaft wies aber ausdrücklich darauf hin, dass sich die Akte nicht, wie erwartet, im Archiv befunden hatte, sondern im Schreibtisch eines Sachbearbeiters eingeschlossen gewesen war. Des Weiteren wies die Botschaft darauf hin, dass die Unterschriften der Eigentümer in den verschiedenen Dokumenten erheblich differierten. Trotz dieser zu Tage getretenen Unregelmäßigkeiten und trotz der festgestellten Unterschiede zwischen den in der Akte aufgefundenen Originalen und den von der Schiedsklägerin eingereichten Kopien oder Ausfertigungen, hat das Schiedsgericht die Parteifähigkeit der Schiedsklägerin bejaht, ohne eine weitere Klärung, z.B. durch die angebotene Vernehmung des Zeugen N., herbeizuführen.

Bereits die im Schiedsverfahren von der Schiedsbeklagten herausgestellten Unterschiede in den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen und den im Handelsregister aufgefundenen Dokumenten sowie die Tatsache, dass die Registerunterlagen nicht im Archiv, sondern im Schreibtisch eines Mitarbeiters gefunden worden waren, begründen erhebliche Zweifel daran, dass die Schiedsklägerin tatsächlich parteifähig ist bzw. die Parteifähigkeit ohne weitere Beweisaufnahme festgestellt werden kann. Bereits der Unterschied zwischen der von der Schiedsklägerin vorgelegten Anlage AS 14 und der in der Registerakte vorgefundenen Anlage AS 15, die nicht unterschrieben ist, gibt zu erheblichen Zweifeln in Bezug auf die Wirksamkeit der Gründung der Schiedsklägerin Anlass. Die weitere Tatsache, dass sich die Registerunterlagen im Schreibtisch eines Mitarbeiters befanden, kann nicht damit abgetan werden, dass es auch in deutschen Behörden nicht ausgeschlossen werden könne, dass Akten sich nicht im Archiv, sondern in den Büros und Schreibtischen der Sachbearbeiter befänden, wie das Schiedsgericht ausgeführt hat. Ganz abgesehen davon, dass der Senat anzweifelt, dass sich Akten in Schreibtischen von Mitarbeitern wiederfinden, sofern sie nicht der Geheimhaltung unterliegen, müssen hier die Umstände im Zusammenhang gewürdigt werden, so dass die Unstimmigkeiten zwischen vorgelegten und aufgefundenen Unterlagen aufgrund des Ortes, an dem die Akte aufgefunden wurde, besondere Bedeutung erlangen. Soweit die Schiedsbeklagte das Phänomen des Ortes, an dem die Akte aufgefunden wurde, mit dem gegenüber dem Sachbearbeiter geäußerten Wunsch ihres Vertreters erklärt, man möge die Akte nicht verlegen, ist bereits der Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung problematisch: Obwohl seit der Auskunft der Deutschen Botschaft in Kampala u.a. diese Frage den Streit zwischen den Parteien prägt, liefert die Schiedsbeklagte eine Erklärung erst jetzt, nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat.

Es kommt hinzu, dass im Rahmen des vorliegenden Verfahrens weitere Zweifel an der Parteifähigkeit der Schiedsklägerin aufgetaucht sind. Die Schiedsbeklagte hat vor der mündlichen Verhandlung Unterlagen vorgelegt, wonach die Firma P. in Uganda nicht registriert sein soll (Anl. AS 32), während die Schiedsbeklagte Ihrerseits Unterlagen vorgelegt hat, die zum einen die Existenz ihrer Gesellschaft (Anl. 1 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung) und zum anderen beweisen sollen, dass es sich bei den von der Schiedsbeklagten eingereichten Unterlagen um Fälschungen handelt. Diesem Fälschungsvorwurf ist die Schiedsbeklagte mit Schriftsatz vom 26. 05. 2008 entgegen getreten und behauptet ihrerseits, bei den von der Schiedsklägerin vorgelegten Urkunden und Schreiben handele es sich um Fälschungen. Angesichts dieser sich widersprechenden Dokumente wird nur über eine direkte Anfrage des Schiedsgerichts an das Handelsregister, den Registrar General, zu klären sein, ob die Schiedsklägerin existiert oder nicht. In diesem Zusammenhang kommt auch der unter Beweis gestellten Behauptung der Schiedsbeklagten Bedeutung zu, dem Zeugen N. sei von Seiten des Handelsregisters mitgeteilt worden, die Gesellschaft P. existiere seit dem Jahr 2000 nicht mehr.

Aufgrund der bereits im Schiedsverfahren aufgetauchten und nicht geklärten erheblichen Zweifel an der Parteifähigkeit der Schiedsklägerin und der im vorliegenden Verfahren noch verstärkten Zweifel ist der Schiedsspruch aufzuheben. Allerdings ist, damit die bisher gewonnenen Erkenntnisse verwertet werden können, auf Antrag der Schiedsklägerin eine Zurückverweisung an das Schiedsgericht geboten. Der Senat schließt sich der in der Literatur herrschenden Meinung an, wonach eine entsprechende Anwendung des § 1059 Abs. 4 ZPO auch im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach § 1060 Abs. 1 ZPO befürwortet wird (Münch in MK- ZPO, 3. Aufl. 2008, § 1060 Rn. 27; Musielak-Voit, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 1060 Rn. 15; HK-ZPO-Saenger, 1. Aufl. 2005, § 1060 Rn. 10). Soweit Lachmann (Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. 2008, Rn. 2394) das staatliche Gericht für gehindert hält, im Vollstreckbarerklärungsverfahren die Sache an das Schiedsgericht zurückzuverweisen, da in § 1060 ZPO keine Regelungslücke bestehe, schließt der Senat sich dieser Ansicht nicht an. Der Gesetzesbegründung zum neuen Schiedsverfahrensrecht (BT-Drs. 13/5274, Ss. 60, 61) lässt sich zu dieser Problematik nichts entnehmen. Für eine analoge Anwendung des § 1059 Abs. 4 ZPO im Verfahren nach § 1060 ZPO, d.h. die Möglichkeit der Zurückverweisung, spricht schon die weitere Reichweite des Verfahrens über die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen gegenüber derjenigen des Verfahrens über einen Aufhebungsantrag nach § 1059 Abs.1 ZPO. Wenn schon im Rahmen des Aufhebungsverfahrens gemäß § 1059 Abs. 4 ZPO das staatliche Gericht an das Schiedsgericht zurückverweisen kann, muss Entsprechendes erst Recht im Rahmen des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung nach § 1060 Abs. 1 ZPO möglich sein, zumal Aufhebungsgründe in diesem Verfahren zu berücksichtigen sind. Hinzu kommt, dass selbst bei Stellen eines isolierten Aufhebungsantrages, der als Entscheidung des staatlichen Gerichts eine Aufhebung und Zurückverweisung zur Folge haben könnte, der Antragsteller gezwungen ist, dem Vorrang des Vollstreckbarerklärungsverfahrens Rechnung zu tragen und seinen Antrag für erledigt zu erklären oder zurückzunehmen, wenn ein Antrag nach § 1060 ZPO früher vom obsiegenden Schiedskläger gestellt wurde, wie im vorliegenden Fall geschehen. Dass das Rechtsschutzbedürfnis für einen isolierten Aufhebungsantrag entfällt, kann nicht dazu führen, die dem Gericht in dem Vollstreckbarkeitsverfahren verbleibenden Entscheidungsmöglichkeiten - bei gleicher Interessenlage - zu reduzieren (so im Ergebnis auch Münch in MK-ZPO, a.a.O., § 1060 Rn. 27). In der Rechtsprechungspraxis (OLG München, SchiedsVZ 2005, 308 (310); OLG München, NJW 2007, 2129 (2130)) wird im übrigen im Rahmen von Vollstreckbarerklärungsverfahren nach § 1060 Abs. 1 ZPO ohne nähere Begründung eine Zurückverweisung an die Schiedsgerichte als zulässig erachtet.

Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung liegen vor.

Nach § 1059 Abs. 4 ZPO kann das Gericht in geeigneten Fällen auf Antrag einer Partei unter Aufhebung des Schiedsspruchs die Sache an das Schiedsgericht zurückverweisen. Einen entsprechenden Antrag hat die Schiedsklägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellt. Die Sache ist auch zur Zurückverweisung geeignet. In diesem Zusammenhang ist darauf abzustellen, ob der Streit durch die Fortsetzung des Verfahrens schneller oder effektiver erledigt werden kann (Musielak-Voit, a.a.O., § 1059 Rn. 41). Schneller oder effektiver wird der Rechtsstreit immer dann erledigt, wenn es nicht zwingend erforderlich ist, das gesamte schiedsgerichtliche Verfahren erneut durchzuführen, weil der Fehler nur einen Teilaspekt des Verfahrens betrifft, wie z.B. einen reparablen Verfahrensverstoß, der ohne großen Aufwand behoben werden kann (OLG München, NJW 2007, 2129 (2130); OLG München, SchiedsVZ 2005, 308 (310); OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.08.2007- 4 Sch 2/06; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. AufI. 2008, § 1059 Rn. 19; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. 2008, Rn. 2387 Fn. 2; Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 28. Aufl. 2007, § 1059 Rn. 21; HK-ZPO-Saenger, 1. Aufl. 2005, § 1059 Rn. 42). Eine Sache ist zur Zurückverweisung demnach nicht mehr geeignet, wenn das Schiedsgericht von Rechts wegen gar nicht oder nicht mehr zur Entscheidung berufen ist - wie z.B. bei Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung oder der Überschreitung der Grenzen der Schiedsvereinbarung (vgl. Wolff, SchiedsVZ 2007, 254 (255)) - oder wenn der Aufhebungsgrund das gesamte Verfahren betrifft und daher - wie z.B. bei der fehlerhaften Besetzung des Schiedsgerichts, der nicht ordnungsgemäßen Vertretung der Parteien - das Verfahren wieder von vorn beginnen müsste (Musielak-Voit, a.a.O., 5. Aufl. 2007, § 1059 Rn. 41; Münch in MK- ZPO, a.a.O., § 1059 Rn. 78; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. 2008, Rn. 2387 Fn. 2). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall. Dem Schiedsgericht ist es möglich, die Frage der Parteifähigkeit der Schiedsklägerin durch ergänzende Beweiserhebung und Verwertung der bisherigen Erkenntnisse zu klären und damit den Verfahrensverstoß, der einer Vollstreckbarerklärung im Wege steht, zu beheben. Eine vollständige Wiederholung des gesamten Verfahrens ist nicht notwendig.

Das Verfahren ist an das bisherige Schiedsgericht zurückzuverweisen, die Neubestellung des Schiedsgerichts ist nicht erforderlich. Zwar wird vertreten, dass das Amt des Schiedsrichters gemäß § 1056 Abs.1 ZPO mit dem Erlass des Schiedsspruches geendet habe, so dass auch im Rahmen einer Zurückverweisung die Sache nur durch ein neu zu bestellendes Schiedsgericht entschieden werden könne (OLG Frankfurt/Main Beschluss vom 02.11.2007 - 26 SchH03/07; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 1059 Rn. 20), der Senat schließt sich jedoch der herrschenden Meinung an, wonach gemäß § 1056 Abs. 3 ZPO das Amt des Schiedsrichters erst mit Beendigung des Schiedsverfahrens endet und das Schiedsverfahren eine Maßnahme nach § 1059 Abs. 4 ZPO einschließt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.08.2007 - 4 Sch 2/06; OLG München, NJW 2007, 2129 (2130); Lachmann, a.a.O., Rn. 2391; Musielak-Voit, a.a.O., § 1059 Rn. 42; Schwab/Walter, Kommentar Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. 2005, Kap. 25, Rn. 20; Stein/Jonas-Schlosser, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 1059 Rn. 27; Thomas/Putzo-Reichold, a.a.O., § 1059 Rn. 21; Wolff, SchiedsVZ 2007, 254; Zöller-Geimer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 1059 Rn. 88). Soweit die gegenteilige Auffassung auf § 1056 Abs. 1 ZPO und die Beendigung der schiedsrichterlichen Tätigkeit mit dem Erlass des Schiedsspruches abstellt, wird übersehen, dass in § 1056 Abs. 1 ZPO ausdrücklich auf den endgültigen Schiedsspruch abgestellt wird, ein Schiedsspruch aufgrund Aufhebung und Zurückverweisung aber gerade nicht als endgültiger Schiedsspruch bezeichnet werden kann.

Auch die Materialien des dem 10. Buch der ZPO zugrundeliegenden Modellgesetzes (UNCITRAL-Model Law vom 11.12.1985) stützen die Ansicht, dass an das bisher bestehende Schiedsgericht zurückzuverweisen ist, denn darin wird ausdrücklich auf das weiter fortbestehende Mandat des "alten" Schiedsgerichts verwiesen (UN-Doc. A/CN.9/264, Art. 34. para. 14. "The Court, where appropriate and so requested by a party, would invite the arbitral tribunal, whose continuing mandate is thereby confirmed, to take appropriate measures for eliminating a certain remediable defect which constitutes a ground for setting aside.").

Der von der Schiedsbeklagten erklärte Widerspruch gegen die Zurückverweisung rechtfertigt keine andere Entscheidung. § 1059 Abs. 4 ZPO verlangt schon keinen übereinstimmenden Antrag beider Parteien. Soweit die betroffene Partei, d.h. die Schiedsbeklagte, im Hinblick auf eine Fortsetzung des Verfahrens vor dem bisherigen Schiedsgericht fürchtet, das Verfahren könne ihr gegenüber möglicherweise nicht fair fortgesetzt werden, ist sie auf die ihr nach § 1036 Abs. 2 ZPO zustehenden Rechte zu verweisen. Anhaltspunkte dafür, dass das Schiedsgericht nach einer Zurückverweisung auf Vortrag der Schiedsbeklagten nicht eingehen werde, sind nicht zu erkennen (ähnlich OLG München Beschluss vom 14.08.2007 - 4 Sch 2/06; Zöller-Geimer, .a.a.O., § 1059 Rn. 88; Musielak-Voit, a.a.O., § 1059 Rn. 41; Münch in MK-ZPO, a.a.O., § 1059 Rn. 78, der einen bloßen Widerspruch nicht als Hinderungsgrund ansieht).

Eine Fortsetzung des Verfahrens und Beweiserhebung durch den Senat selbst, wie von der Schiedsklägerin gefordert, kommt angesichts des Verbots der révision au fond nicht in Betracht. Das staatliche Gericht kann sich nicht an die Stelle des Schiedsgerichts setzen und z.B. die Verletzung rechtlichen Gehörs im Schiedsverfahren dadurch heilen, dass es selbst rechtliches Gehör gewährt (Zöller-Geimer, a.a.O., § 1042 Rn. 15). Die Fortsetzung des Verfahrens hat mithin durch das Schiedsgericht selbst zu erfolgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Das Obsiegen der Schiedsklägerin mit dem Hilfsantrag führt nicht zu einer Aufteilung der Kosten. Der entscheidende Streit der Parteien betrifft die Frage, ob der Schiedsspruch aufzuheben ist, die Frage der Zurückverweisung ist nur eine Folgeentscheidung, die auch keine Auswirkung auf den Streitwert hat.

Der Beschluss ist, schon wegen der darin enthaltenen Kostenentscheidung, für vorläufig vollstreckbar zu erklären (Münch in MK-ZPO, a.a.O., § 1060 Rn. 27), zumal § 794 Ziffer 4 a) ZPO auch für stattgegebene Entscheidungen eine entsprechende Erklärung fordert.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO und folgt dem Wert des Schiedsspruches (Zöller-Herget, a.a.O., § 3 Rn. 16 Stichwort: Schiedsrichterliches Verfahren). Als Umrechnungskurs ist ein Wert von 0,63431 € für einen US-Dollar zugrunde gelegt worden.



Ende der Entscheidung

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