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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 28.06.2002
Aktenzeichen: 12 UF 102/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1361
BGB § 1577 II
Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit sind weiterhin nach § 1577 Abs. 2 BGB zu beurteilen, wobei das Ergebnis nicht ungünstiger als bei Anwendung der Differenzmethode sein darf, die uneingeschränkt gilt, sobald die ausgeübte Tätigkeit zumutbar geworden ist.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 UF 102/01

Verkündet am: 28. Juni 2002

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Familiensenat, durch die Richter Schultz, Künkel, Huusmann im schriftlichen Verfahren nach dem Sachstand vom 17. Juni 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 19.6.2001 abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vom 1.7.2002 bis 31.12.2002 monatlich im voraus 1204,60 EUR, vom 1.1.2003 bis 30.4.2003 monatlich 1.084 EUR und ab 1.5.2003 monatlich 1.041 EUR Trennungsunterhalt zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I. Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt ab Mai 2000. Die Klägerin, die die am 1995 geborene Tochter J. betreut, für die der Beklagte monatlich 850 DM Unterhalt (985 DM Unterhalt abzüglich 135 DM Kindergeldausgleich) zahlt, hat monatlich 5.500 DM Trennungsunterhalt eingeklagt. Das Familiengericht hat ihr monatlich 4.603 DM bzw. ab 1.4.01 monatlich 4.149 DM zugesprochen. Mit der Berufung möchte der Beklagte eine Herabsetzung des Unterhalts erreichen. Für die Zeit ab 1.10.01 hat er die Berufung erweitert und will nur noch monatlich 1.080 DM zahlen, weil er ab 1.9.01 eine Einkommensreduzierung um monatlich 5.000 DM brutto auf nur noch 13.000 DM brutto zuzüglich 1.583,05 DM Sachbezug für die Stellung eines repräsentativen Firmenfahrzeugs der Oberklasse habe hinnehmen müssen. Die Klägerin erkennt die Notwendigkeit der Kürzung seines Geschäftsführergehalts nicht an und hält den vom Familiengericht titulierten Betrag weiterhin für angemessen. Ab 1.11.01 habe sie dem Beklagten anheim gestellt, nur noch monatlich 3.843,66 DM zu zahlen, weil sie ab 1.9.01 eine Erwerbstätigkeit als Schulsekretärin aufgenommen habe. Sie arbeite wöchentlich 19,5 Stunden verteilt auf 5 Arbeitstage. Ausweislich der Abrechnung für Dezember 2001 hat die Klägerin im Durchschnitt monatlich 1.796,60 DM verdient. Weihnachtsgeld erhält sie erst im Jahr 2002. Ihr Einkommen hat die Klägerin um monatlich 120 DM Fahrgeld und 60 DM Betreuungskosten bereinigt. Dem ist der Beklagte nicht entgegengetreten. In den Terminen vom 15.5.01 und 17.5.02 haben die Parteien erklärt, welche Zahlungen der Beklagte während des streitigen Zeitraums geleistet hat.

Die Parteien haben das schriftliche Verfahren vereinbart. Schriftsätze konnten bis zum 17.6.02 eingereicht werden.

II. Die Berufung des Beklagten ist teilweise begründet.

1. Für die Zeit vom 1.5.00 bis zum 31.8.01 steht der Klägerin der vereinbarte Unterhalt von monatlich 3.400 DM zu. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, die es einer Partei nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestattet hätte, sich von der Vereinbarung zu lösen, ist bis dahin nicht eingetreten. Das gilt auch für die Änderung der Steuerklasse zum 1.1.01 von Klasse III in I und die Änderungen, die mit dem Firmenwechsel zum 1.4.01 verbunden waren.

a) Im Termin vom 15.5.01 hat der Beklagte erklärt, die Parteien hätten sich für die Trennungszeit auf monatlich 3.400 DM Ehegattenunterhalt und 800 DM Kindesunterhalt geeinigt gehabt. Die Klägerin hatte das bestätigt, meinte aber, diese Verpflichtung habe nur gelten sollen, bis eine ordnungsgemäße Unterhaltsberechnung möglich sei. Außerdem habe sich der Beklagte nicht an die Vereinbarung gehalten und Unterhalt in wechselnder Höhe gezahlt. Für die Vereinbarung eines Berechnungsvorbehalts hat die Klägerin keinen Beweis angetreten. Seine abweichenden Zahlungen hat der Beklagte im Termin vom 15.5.01 erläutert. Auch wenn die Kürzungen im Ergebnis unberechtigt waren, weil gegen Unterhalt nicht einseitig aufgerechnet werden darf (§ 394 BGB in Verbindung mit § 850b ZPO), hat er die grundsätzliche Einigung auf einen Unterhalt von 3.400 DM monatlich nicht in Frage gestellt. An dieser Vereinbarung müssen sich die Parteien bis zum Eintritt einer wesentlichen Änderung festhalten lassen. Bis zum 31.8.01 ist keine wesentliche Änderung eingetreten.

b) Der Beklagte war Geschäftsführer der Werbefilmfirma , die sich in der Insolvenz befindet. Zum 1.4.2001 gründete er mit einer Partnerin die

Firma................. Beide Partner sind Gesellschaftergeschäftsführer. Seinen Anteil von 25.000 DM an der Stammeinlage finanzierte der Beklagte über ein Darlehen seiner Mutter, das er mit monatlich 300 DM abzahlt. Der Senat erkennt dieses Darlehen als berücksichtigungsfähige Belastung an, weil es sich um eine Aufwendung zur Erzielung von Einkommen handelt. Wegen der unterhaltsrechtlichen Beteiligung der Klägerin an der Stammeinlage rechnen künftige Gewinnanteile zum unterhaltsrelevanten Einkommen. Allerdings macht die Firma derzeit noch keine Gewinne, wie der Beklagte durch Vorlage von betriebswirtschaftlichen Auswertungen und einer Bescheinigung seines Steuerberaters vom 25.3.02 plausibel dargelegt hat. Danach sei es unumgänglich gewesen, die gesamten Gehälter zu kürzen. Die Kürzung der Geschäftsführergehälter um 5.000 DM zum 1.9.01 habe aus wirtschaftlichen Gründen unbedingt vorgenommen werden müssen. Für das Geschäftsjahr 2002 sei keine Besserung der Ertragslage zu sehen. Per Ende Februar 2002 betrage der aufgelaufene Verlust 59.266,32 EUR. Der Senat hat keinen Anlass, diesen Angaben zu misstrauen. Viele Medien klagen über den Rückgang der Werbeeinnahmen. Außerdem dürfte dem Beklagten bewusst sein, dass ein unrichtiger Prozessvortrag ein strafbarer Prozessbetrug wäre.

c) Ab 1.4.01 hatte der Beklagte ein Bruttoeinkommen von 18.000 DM, davor 21.000 DM. Unter Berücksichtigung eines Unterhaltsfreibetrags von 26.892 DM und eines Sachbezugs von 1.593,05 DM für den Firmenwagen zahlte der Beklagte im April 2001 6.564,08 DM Lohnsteuer und 361,02 DM Solidaritätszuschlag. Er erhielt 11.074,90 DM ausgezahlt. Den unterhaltsrechtlich angemessenen geldwerten Vorteil für die private PKW-Nutzung schätzt der Senat mit dem Beklagten auf monatlich 700 DM, die dem Auszahlungsbetrag hinzuzurechnen sind. Hierbei geht der Senat davon aus, dass sich der Beklagte privat ein nicht ganz so aufwendiges Fahrzeug halten würde, als er es aus Repräsentationsgründen in der Firma benutzt. Der unterhaltsrelevante Nutzungsvorteil ist nicht identisch mit dem steuerlichen Gehaltsanteil (1 % des Anschaffungspreises zuzüglich Fahrtkostenpauschale) und wird durch die mit ihm verbundene Steuermehrbelastung nicht erschöpft (OLG München, FamRZ 1999, 1350; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl. 2000, Rn. 717). Das OLG München (a.a.O.) schätzte den geldwerten Vorteil der Überlassung eines Firmenfahrzeugs auf monatlich 300 DM. Das OLG Hamm (FamRZ 1999, 513) setzte für einen Geländewagen 500 DM an. Der Senat hat daher keine Bedenken, die vom Beklagten zugestandenen 700 DM zu übernehmen.

d) In seiner Aufstellung auf Seite 3 der Berufungsbegründung (101) listet der Beklagte monatliche Abzüge von 4.629 DM auf. Hiervon erkennt der Senat in weitgehender Übereinstimmung mit der Klägerin 3.306 DM an, nämlich: als angemessene Altersvorsorge die Lebensversicherungen bei der WWK mit 684 DM; die Beiträge für Krankenversicherung (630 DM) und Pflegeversicherung (78 DM); die Aufwendungen für die Tochter (Kindesunterhalt vor dem Abzug von Kindergeld 985 DM - die Parteien hatten sich im Termin vom 10.10.00 auf einen Zahlbetrag von 850 DM geeinigt (32); Krankenversicherung für Julia 192 DM zuzüglich 16 DM anteiliger Selbstbehalt; Unfallversicherung 31 DM); 590 DM Darlehenstilgung bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein; Steuerberaterkosten 100 DM. Die Beiträge für die Familienhaftpflicht von monatlich 11 DM gehören zu den Aufwendungen der allgemeinen Lebenshaltung, die nicht vorweg absetzbar sind. Nicht berücksichtigt hat der Senat auch die Aufwendungen für die vermietete Eigentumswohnung in Norderstedt, die der Beklagte mit 800 DM Unterschuss und 512 DM Beitrag für die Lebensversicherung Deutscher Herold angibt.

e) Der Beklagte besitzt außer der Eigentumswohnung in Norderstedt das 100 Jahre alte Objekt in Hamburg mit 29 Mietwohnungen. Außerdem sind jährlich 8.400 DM Kapitaleinkünfte angefallen. Der Beklagte hat hierzu vorgetragen: Die Kapitaleinkünfte seien nicht zum Lebensunterhalt verbraucht worden, sondern auf ein Konto geflossen, von dem Reparaturen, Sielanschluss und ähnliche Aufwendungen für das im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehende Haus in Lemsahl getätigt worden seien. Das Objekt L. sei immer sehr sanierungsbedürftig gewesen. Nach Verrechnung mit den Verlusten der Wohnung Norderstedt habe der Gewinn aus Vermietung und Verpachtung jährlich etwa 16.000 DM betragen. Dieses Geld sei regelmäßig reinvestiert worden. Im Jahr 2000 sind allerdings steuerlich Verluste aus Vermietung und Verpachtung von 14.789 DM anerkannt worden, die mit dazu beigetragen haben, dass gemäß Bescheid vom 11.1.02 eine Steuererstattung von 10.584,91 DM erfolgte. Der Sparbrief sei inzwischen fällig; mit dem Geld hätten die Belastungen für das Haus H. getilgt werden sollen. Weil sich die Klägerin weigert, der Auszahlung zuzustimmen, führen die Parteien hierüber anderweitig einen Prozess.

Die Klägerin ist dem Vortrag des Beklagten zu der Behandlung des Kapital- und Immobilienvermögens nicht entgegengetreten. Angesichts der Höhe des Erwerbseinkommens geht der Senat wie das Familiengericht davon aus, dass der Bereich der Vermögensbildung keinen Einfluss auf das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen gehabt hat, zumal nicht ersichtlich ist, dass die Vermögensbildung auf Kosten eines besonderen Konsumverzichts betrieben wurde. Es ist daher geboten, den Bereich insgesamt von der Bemessung des Trennungsunterhalts auszuklammern. Es ist jedenfalls nicht angängig, wie es der Beklagte will, isoliert die mit Verlusten verbundene Investition in Norderstedt heraus zugreifen und die kompensierenden Einkünfte aus dem Objekt L. unberücksichtigt zu lassen. Dann kommen allerdings auch die aus steuerlich relevanten Abschreibungen und Verlusten aus Vermietung und Verpachtung erzielten Steuervorteile dem Unterhaltsberechtigten nicht zugute (so zuletzt OLG Koblenz, Urt. v. 17.10.01, EzFamR aktuell 2002, 150, 151). Dieser Steuervorteil beträgt nach dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2000 4.929,66 DM, wenn die Steuerquote von 33 % auf den anerkannten Verlust von 14.789 DM bezogen wird. Auf andere Bereiche entfällt dann ein Erstattungsbetrag von (10.584,91 4.929,66 DM =) 5.655,25 DM. Wird dieser Betrag auf das Jahr 2002, in dem der Erstattungsbetrag geflossen ist, umgelegt, stehen im Jahr 2002 monatlich zusätzlich 471,27 DM für Unterhaltszwecke zur Verfügung. Ob auch für die Veranlagungszeiträume ab 2001 Steuererstattungen, in ähnlicher Größenordnung anfallen, ist nicht vorhersehbar, zumal der Beklagte den Höchstbetrag von 27.000 DM für den Sonderausgabenabzug von Ehegattenunterhalt bereits durch Eintragung von Freibeträgen auf der Lohnsteuerkarte ausgeschöpft hat. Der Senat hat daher den Unterhalt für die Zeit ab Januar 2003 ohne einen Steuererstattungsbetrag berechnet.

f) Der Beklagte ist nach dem Auszug der Klägerin in dem gemeinsamen Haus in Lemsahl wohnen geblieben und trägt die monatlichen Lasten an Zinsen und Tilgung von 1.572 DM. Weitere vom Familiengericht nicht berücksichtigte Aufwendungen entstehen dem Beklagten in Höhe von 193,94 DM monatlich für Grundsteuer, Feuerkasse und Schornsteinfeger. Als Differenz zum vom Familiengericht angesetzten Mietwert von 1.900 DM akzeptiert der Beklagte einen Wohnvorteil von 134 DM. Die Klägerin behauptet, das in guter Wohnlage liegende Haus mit einer Wohnfläche von 200 qm könne für 2.500 DM vermietet werden. Das hält der Senat durchaus für möglich. Solange es aber um Trennungsunterhalt geht, muss nach gefestigter Rechtsprechung das "tote Kapital", das durch den Auszug des anderen Ehegatten entstanden ist, bei der Unterhaltsberechnung unberücksichtigt bleiben. Ein Wohnvorteil kann daher nur in Höhe des Mietwerts für eine angemessene kleinere Wohnung berücksichtigt werden (BGH, FamRZ 2000, 950 mit Anm. Graba). Auch angesichts der guten Einkommensverhältnisse des Beklagten erscheint der vom Beklagten akzeptierte Mietaufwand von 1.900 DM nicht unangemessen. Es ist daher als Nutzungsvorteil nur der vom Beklagten anerkannte Betrag von 134 DM zu berücksichtigen.

Mit Schriftsatz vom 26.11.01 hat die Klägerin vorgetragen, dass die Lebensgefährtin des Beklagten das im Eigentum der Parteien stehende Objekt mit nutzt. Es kann unterstellt werden, dass die Dame erst im November 2001 in das Haus eingezogen ist; denn einen früheren Einzug hätte die Klägerin gewiss angezeigt. Auch wenn der Beklagte von seiner Lebensgefährtin keine Miete verlangt, ist ihm eine solche doch zuzurechnen, weil seine Lebensgefährtin durch Mitarbeit im Haushalt geldwerte Leistungen als Entgelt für das unentgeltliche Wohnen erbringen dürfte. Durch die Mitnutzung der Wohnung verbleibt auch kein totes Kapital mehr, so dass es gerechtfertigt ist, dem Beklagten ab November 2001 einen weiteren Wohnvorteil von 600 DM, insgesamt also 734 DM zuzurechnen.

2. Vom 1.9.01 ab haben sich die unterhaltsrechtlichen Verhältnisse nicht nur durch die Einkommenskürzung beim Beklagten, sondern auch durch die Aufnahme einer Berufstätigkeit seitens der Klägerin geändert. Solange die Tochter der Parteien noch nicht das 8. Lebensjahr vollendet hat, dürfte sich die Klägerin voll der Betreuung des Kindes widmen (BGH, FamRZ 1992, 1045, 1046; 1995, 291). Einkünfte aus unzumutbarer Arbeit werden - auch schon für den Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB - nach den Grundsätzen behandelt, die die Rechtsprechung zu § 1577 II BGB herausgearbeitet hat (vgl. BGH, FamRZ 1983,146). Danach bleiben Einkünfte aus unzumutbarer Arbeit anrechnungsfrei, soweit sie den vollen Unterhalt nicht übersteigen (§ 1577 II S. 1 BGB). Der "volle Unterhalt" ist der Gesamtbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen zuzüglich des trennungsbedingten Mehrbedarfs. Der konkret darzulegende trennungsbedingte Mehrbedarf ist vorab vom Einkommen aus unzumutbarer Arbeit abzuziehen (OLG Hamburg - Senat, FamRZ 1992, 1308). Hat der Berechtigte aus geschuldetem Unterhalt und den Einkünften aus zumutbarer Arbeit zuzüglich der Einkünfte aus unzumutbarer Arbeit mehr als den vollen Unterhalt, ist der Mehrbetrag nach Billigkeit auf den geschuldeten Unterhalt anzurechnen (§ 1577 II S. 2 BGB). Diese Grundsätze sind gesetzlich vorgegeben. An ihnen hat der BGH in seinen Entscheidungen zur Neubewertung der Hausfrauentätigkeit und Zurückdrängung der Anrechnungsmethode nichts geändert. Nach dem Urteil des BGH vom 5.9.01 (FamRZ 2001, 1687) gilt der Surrogatgedanke - Berufstätigkeit als Surrogat für Hausfrauentätigkeit und Kinderbetreuung - auch für Fälle, in denen zunächst eine unzumutbare und damit nach bisherigen Maßstäben nicht prägende Tätigkeit ausgeübt wurde, die später zumutbar geworden ist. Anders als bisher sind die Einkünfte aus der jetzt zumutbaren Tätigkeit nach der für den Unterhaltsgläubiger günstigeren Differenz- oder Additionsmethode und nicht mehr nach der Anrechnungsmethode zu berücksichtigen. Nur einen solchen Fall hatte der BGH zu entscheiden. Dass der BGH seine gefestigte Rechtsprechung zur Berücksichtigung unzumutbarer Einkünfte aufgeben und - entgegen dem Gesetzeswortlaut - das nach Billigkeit anzurechnende Einkommen in eine Differenzrechnung einstellen will, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen (so ausdrücklich auch Borth in seiner Anm. zu OLG Karlsruhe in FamRB 2002, 133).

Allerdings muss bei der Anwendung des § 1577 II BGB darauf geachtet werden, dass der Unterhaltsberechtigte, der unzumutbare Arbeit leistet, nicht schlechter gestellt wird als derjenige, dessen Tätigkeit zumutbar geworden ist und der in den Genuss der Differenzmethode kommt. Rechnerisch wird ein gleiches Ergebnis wie mit der Differenzmethode erzielt, wenn im Rahmen des § 1577 II S. 2 BGB nur das hälftige Einkommen auf den nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhalt angerechnet wird (vgl. Born, Forum Familienrecht 2001, 183, 186). Wurde zuvor Einkommen wegen eines trennungsbedingten Mehrbedarfs anrechnungsfrei gelassen, steht sich der Unterhaltsberechtigte sogar besser, weil die Berücksichtigung der beiderseitigen Einkünfte nach dem strikten Halbteilungsgrundsatz, also nach der Differenzmethode, keinen Raum für die Berücksichtigung von trennungsbedingtem Mehrbedarf lässt (BGH, FamRZ 1984, 358; 772, 774). Es ginge jedoch zu weit, die Hälfte des Einkommens anrechnungsfrei zu lassen und den Rest nach der Differenzmethode zu berück sichtigen (so aber wohl das OLG Köln, FamRZ 2002, 463).

Der Klägerin ist trennungsbedingter Mehrbedarf entstanden. Sie hat, nachdem sie zunächst bei ihren Eltern gewohnt hat, Anfang April 2002 eine Wohnung für 855 EUR monatlich angemietet. Einen Teil der Wohnkosten kann sie aus dem Kindesunterhalt bestreiten. Von den 985 DM Unterhalt dienen etwa 25 - 30 % zur Bestreitung der durch das Kind ausgelösten zusätzlichen Wohnkosten.

Es bleibt ein Betrag, der den Anteil übersteigt, der rechnerisch auf die Klägerin entfiel, als sie noch in dem gemeinsamen Haus wohnte, auch wenn zu den bereits genannten Aufwendungen von 1.766 DM noch die verbrauchsabhängigen Aufwendungen traten, wie sie ein Mieter an Heiz- und Betriebskosten zu tragen hat. Der Senat schätzt den trennungsbedingten Mehrbedarf auch ohne nähere Darlegung durch die Klägerin auf mindestens monatlich 100 EUR, die ab April 2002 vorweg anrechnungsfrei zu bleiben haben. Nach Vollendung des 8. Lebensjahrs der Tochter dürfte der Klägerin eine Halbtagstätigkeit, wie sie sie jetzt ausübt, zuzumuten sein. Der Unterhalt ist daher für die Zeit ab Mai 2003 insgesamt nach der Differenzmethode und dann ohne zusätzlichen trennungsbedingten Mehrbedarf zu berechnen. Sollte die Ehe vor diesem Zeitpunkt rechtskräftig geschieden werden, gehen die Berechnungen allerdings ins Leere, weil Trennungsunterhalt mit der Rechtskraft der Scheidung endet. Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht identisch.

3. Im Einzelnen ergibt sich folgende

Unterhaltsberechnung:

a) Für den Zeitraum vom 1.5.00 bis 31.12.00 erkennt der Beklagte eine Unterhaltsverpflichtung von monatlich 3.520,69 DM an und geht damit über die vereinbarten 3.400 DM hinaus. Da das Gericht einer Partei nichts zusprechen darf, was sie nicht beantragt hat (§ 308 I ZPO), ist von diesem Betrag auszugehen. Da der Beklagte von Mai bis September 2000 jeweils 3.200 DM gezahlt hat, ergibt sich für diese fünf Monate ein Rückstand von 1.603,45 DM. Im Oktober wurden 2.700 DM gezahlt; es blieb ein Rückstand von 820,69 DM. In den Monaten November und Dezember 2000 hatte der Beklagte den vereinbarten Unterhalt von 3.400 DM gezahlt. Da er aber 3.520,69 DM zugesteht, sind 241,38 DM nachzuzahlen. Der Gesamtrückstand beträgt also 2.665,52 DM.

b) Für die Zeit vom 1.1.01 bis 31.8.01 sind die vereinbarten 3.400 DM zu entrichten. Soweit der Beklagte für die Monate 1/01 bis 3/01 nur einen Unterhaltsanspruch von 2.444,44 DM errechnet, kann dies nicht nachvollzogen werden, weil Gehaltsabrechnung für diese Monate nicht vorliegen. Eingereicht worden ist eine Gehaltsabrechnung für April 2001, als der Beklagte 3.000 DM brutto weniger verdiente. Eine Kontrollrechnung für diesen Monat ergibt einen Unterhaltsbedarf von rund 3.400 DM, so dass auch für den davor liegenden Zeitraum nicht von einer erheblichen Abweichung von dem vereinbarten Unterhalt ausgegangen werden kann.

Unter Berücksichtigung eines geldwerten Vorteils für die PKW-Nutzung von 700 DM ergibt sich ein Nettoeinkommen von 11.775 DM, das wie dargelegt zunächst um die Abzüge von 3.306 DM und ab 1.4.01 um weitere Abzüge von 120,33 DM für den BfA-Beitrag und von 300 DM als Tilgungsrate für das sog. Existenzgründerdarlehen der Mutter zu bereinigen ist. Es bleiben 8.048,67 DM. Als 3/7-Quote ergeben sich 3.449,43 DM. Hierbei ist der Wohnvorteil von 134 DM noch nicht einmal berücksichtigt. Eine Herabsetzung unter 3.400 DM kann also ab 4/01 nicht erfolgen und ist auch für die Monate davor nicht plausibel.

Gezahlt hat der Beklagte: im Monat 1/01 3.100 DM, Restbetrag also 300 DM; im Monat 2/01 2.000 DM, Rest 1.400 DM; im Monat 3/01 2.500 DM, Rest 900 DM. Es fehlen also für diese drei Monate 2.600 DM. Für den Monat 4/01 hat der Beklagte nur 1.100 DM Unterhalt gezahlt, u.a. habe er zweimal 580 DM Reisekosten für vergebliche Fahrten nach Forsbach zu Umgangsterminen abgezogen. Hierzu war er nicht berechtigt. Die Rechtsprechung gesteht zwar einem Umgangsberechtigten wegen vergeblich aufgewendeter Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts einen Schadensersatzanspruch zu (BGH, Urt. v. 19.6.2002), doch darf gegen Unterhalt grundsätzlich nicht mit Gegenansprüchen aufgerechnet werden. Der Beklagte hat daher 2.300 DM nachzuzahlen.

In den Monaten 5/01 und 6/01 fehlten jeweils 1.300 DM, während der Beklagte für die Monate 7/01 und 8/01 - wohl aufgrund des angefochtenen Urteils - jeweils 4.150 DM gezahlt hat. Da die Zahlungen erkennbar zur Abwendung der Zwangvollstreckung geleistet wurden, kann die Überzahlung von 1.500 DM zur Verrechnung gestellt werden. Der Beklagte hat daher für den Zeitraum 4/01 bis 8/01 3.400 DM und damit für die Zeit von Mai 2000 bis August 2001 insgesamt 8.666,52 DM nachzuzahlen.

c) Ab 9/01 hat der Beklagte, wie er in dem Schriftsatz vom 28.11.01 (122) zutreffend dargelegt hat, nach Zurechnung des geldwerten Vorteils für den PKW ein Nettoeinkommen von 9.335,30 DM. Hiervon gehen wie in der Zeit davor Abzüge von 3.726,33 DM ab. Von dem verbleibenden Betrag (5.608,97 DM) ist der nach den ehelichen Lebensverhältnissen angemessene Unterhalt entsprechend dem Halbteilungsteilungsgrundsatz, aber unter Zubilligung eines Erwerbstätigenbonus von 1/7 nach einer Quote von 3/7 zu bemessen; denn die Klägerin hätte auch bei Fortsetzung der Ehe die nach der Überzeugung des Senats unvermeidbare Einkommensminderung mittragen müssen (vgl. BGH, FamRZ 1992, 1045; 1993, 1304). Das ergibt einen Unterhaltsbetrag von 2.403,84 DM. Unter Hinzurechnung des halben Wohnvorteils von 67 DM (134 : 2) ergibt sich ein Unterhaltsbedarf von aufgerundet 2.471 DM. Dem stehen eigene Einkünfte der Klägerin von (7.186,42 DM : 4=) 1.796,60 DM monatlich gegenüber. Nach Abzug von 120 DM Fahrgeld und 60 DM Betreuungskosten bleiben 1.616,60 DM. Da auch die Klägerin Anspruch auf einen Erwerbstätigenbonus von 1/7 hat, bleiben aufgerundet 1.386 DM. Da trennungsbedingter Mehrbedarf erst ab April 2002 angefallen ist und Betreuungskosten bereits berücksichtigt sind, stellt sich für den Betrag von 1.386 DM nach § 1577 II S. 2 BGB die Frage, inwieweit eine Anrechnung auf den Unterhaltsbedarf zu erfolgen hat. Üblicherweise rechnet der Senat nur die Hälfte der Einkünfte aus unzumutbarer Arbeit auf den vollen Unterhalt an. Das entspricht regelmäßig der Billigkeit. Hieran ist auch im Fall der Parteien festzuhalten. Der errechnete Bedarfsbetrag von 2.471 DM ist daher um 693 DM zu kürzen. Es bleiben 1.778 DM, die der Klägerin für die Monate 9/01 und 10/01 zustehen würden. Der Beklagte hat indessen für den Monat September 2001 eine Unter haltspflicht von DM 2.882,41 DM zugestanden und erst ab 1.10.2001 eine Reduzierung des Unterhalts auf dann allerdings 1.080 DM beantragt.

Gezahlt hat der Beklagte im September 2001 3.850 DM. Es liegt also eine Überzahlung von 967,59 DM vor. Ab Oktober 2001 sind teils durch einvernehmliche rückwirkende Verrechnung monatlich 3.843,66 DM gezahlt worden. Da im Oktober nur 1.778 DM geschuldet waren, liegt eine Überzahlung von 2.065,66 DM vor.

Ab November 2001 sind dem Beklagten weitere Wohnvorteile von 600 DM zuzurechnen. Der Unterhaltsbedarf der Klägerin erhöht sich daher um 300 DM auf 2.078 DM (2.771 - 693). Da 3.843,66 DM gezahlt worden sind, liegt für die Monate 11/01 und 12/01 eine Überzahlung von jeweils 1.765,66 DM vor. Im Zeitraum von 9/01 bis 12/01 sind daher 6.564,57 DM zuviel gezahlt worden.

d) Für das Jahr 2002 schätzt der Senat das durchschnittliche Nettoeinkommen der Klägerin unter Berücksichtigung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie der Gehaltsanhebungen im öffentlichen Dienst auf rund 1.880 DM, so dass der Klägerin nach Abzug von Fahrgeld und Betreuungskosten rund 1.700 DM und nach Abzug des Erwerbstätigenbonus 1.457 DM verbleiben.

Auf Seiten des Beklagten ist im Jahr 2002 durch Umlage der nicht auf den Verlusten aus Vermietung und Verpachtung beruhenden Steuererstattung von einem um 471,27 DM erhöhten Einkommen auszugehen. Wegen des auf 154 EUR (= 301,20 DM) erhöhten Kindergelds entspricht der Zahlbetrag von 850 DM Kindesunterhalt einem Bruttobetrag von rund 1.000 DM. Werden die Hälfte des Steuererstattungsbetrages dem errechneten Bedarf von 2.771 DM hinzugerechnet, die Hälfte des erhöhten Kindergelds und die Hälfte des Einkommens der Klägerin abgezogen, ergibt sich ein geschuldeter Unterhaltsbetrag von 2.270 DM. Dieser Betrag gilt bis einschließlich März 2002. Da für diese Monate jeweils 3.843,66 DM gezahlt worden sind, ergibt sich eine Überzahlung von (1.573,66 x 3 =) 4.720,98 DM. Nach Verrechnung der bis dahin erfolgten Überzahlungen von 11.285,55 DM mit dem nachzuzahlenden Betrag von 8.665,52 DM ergibt sich bereits ein Überschuss zugunsten des Beklagten von 2.620,03 DM. Rückständiger Unterhalt ist daher nicht zu titulieren. Der Senat kann aber, weil ein entsprechender Antrag fehlt, auch keine Rückzahlung anordnen,

e) Wie dargelegt ist der Klägerin ab April 2002 wegen erhöhter Wohnkosten ein trennungsbedingter Mehrbedarf von monatlich 200 DM zuzugestehen. Von ihrem Nettoeinkommen haben daher gemäß § 1577 II S. 1 BGB 200 DM anrechnungsfrei zu bleiben. Nach Berücksichtigung des Erwerbstätigenbonus von 1/7 bleiben 1.285,71 DM.

Auf den Unterhaltsbedarf von 2.999 DM (2.771 + 235,64 7,50 DM) sind gemäß § 1577 II S. 2 BGB 643 DM anzurechnen. Geschuldet werden daher 2.356 DM = 1.204,60 EUR. Nach den Angaben der Parteien im Termin vom 17.5.02 (179) zahlt der Beklagte ab April 2002 1.965,40 EUR. Bis zum 17.6.02, dem Tag, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, haben die Parteien keine Änderung im Zahlungsverhalten angezeigt. Eine Tenorierung des laufenden Unterhalts hat daher erst ab 1.7.02 zu erfolgen.

f) Ab Januar 2003 ist der Unterhalt ohne einen Steuererstattungsbetrag zu berechnen. Der Unterhaltsbedarf der Klägerin beträgt daher 2.763,50 DM. Nach Abzug von 643 DM Einkommen ergibt sich ein Unterhaltsbetrag von gerundet 1.084 EUR (2.120,50 DM). Ab Mai 2003 ist der Klägerin eine Halbtagstätigkeit zuzumuten. Der Unterhalt ist nach der Additionsmethode wie folgt zu berechnen:

Von dem Einkommen des Beklagten von 9.335,30 gehen die um 15 DM Kindesunterhalt erhöhten Abzüge von 3.741,33 DM ab. In die Unterhaltsberechnung sind 6/7 der Differenz (5.593,97 DM) einzustellen: gerundet 4.795 DM. Zu addieren sind der volle Wohnvorteil von 734 DM und 6/7 des von der Klägerin erzielten Einkommens von 1.700 DM, also 1.457 DM. Die Summe von 6.986 DM ist hälftig zu teilen und ergibt einen beiderseitigen Unterhaltsbedarf von 3.493 DM. Da die Klägerin selbst 1.457 DM hat, muss sie 2.036 DM Unterhalt erhalten. Das entspricht einem Betrag von 1.041 EUR.

4. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 I, 97 I, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die maßgeblichen Rechtsfragen bereits durch den BGH geklärt sind.

Ende der Entscheidung

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