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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 19.02.2003
Aktenzeichen: 13 U 21/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GmbHG, EGZPO


Vorschriften:

BGB § 138 Abs. 1
BGB § 141
BGB § 166 Abs. 1
BGB § 177 Abs. 1
BGB § 181
BGB § 182 Abs. 2
BGB § 273
BGB § 320
BGB § 322
BGB § 433
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 286
ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 2 n. F.
ZPO § 592 S. 1
ZPO § 595 Abs. 2
ZPO § 597 Abs. 2
ZPO § 599 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 4
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 S. 1
ZPO § 711 S. 2
GmbHG § 35 Abs. 2 S. 2
GmbHG § 15 Abs. 3
EGZPO § 26 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES VORBEHALTSURTEIL IM URKUNDSVERFAHEN

13 U 21/02

Verkündet am: 19. Februar 2003

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 13. Zivilsenat, durch die Richter nach der am 29. Januar 2003 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 30.4.2002 (AZ: 403 O 137/01) unter Zurückweisung der Berufung im übrigen wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 843.631,60 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung des zur Zeit von der P. Ventures Ltd. gehaltenen 10%igen Geschäftsanteils im Nennwert von DM 10.000,- an der R. Mobilfunk GmbH (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg zu HRB 60181) durch die Klägerin an den Beklagten.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten im Urkundenprozess auf Zahlung des restlichen Kaufpreises von DM 1.650.000,- bzw. € 843.631,60 für den Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile der R. Mobilfunk GmbH (R.) in Anspruch.

Die R., deren alleinige Geschäftsführerin Frau K. war, ist Inhaberin einer Lizenz zum Errichten und zum Betreiben von Bündelfunknetzen sowie zur Erbringung von Bündelfunkdiensten des Lizenztyps A für die Region Hamburg. Sie betrieb unter dieser Lizenz im Großraum Hamburg ein analoges Bündelfunknetz.

Nach § 5 des Gesellschaftsvertrages der R. von 1993 (Anl. K 1) ist die Verfügung über Geschäftsanteile nur mit Zustimmung der Gesellschaft zulässig und im Falle eines beabsichtigten Verkaufs eines Geschäftsanteils sind die übrigen Gesellschafter vorkaufsberechtigt.

Die Klägerin ist ein in Berlin ansässiges Telekommunikationsunternehmen, das sich u. a. mit der Telekommunikation über Funk- bzw. Bündelfunksysteme befasst. Ihre Geschäftsführer waren ebenfalls Frau K. sowie Herr R.. Die Klägerin hielt 90 % des Stammkapitals (Geschäftsanteile von DM 50.000,-, DM 33.000,- und DM 6.700,-) an der R.. Das restliche Stammkapital von 10 % (Geschäftsanteil von DM 10.000,-) hielt die in Schottland, Glasgow, ansässige P. Ventures Ltd. (P.).

Der damalige Geschäftsführer M. und die Gesellschafter der P. verkauften im Juli 1998 sämtliche Geschäftsanteile der P. an die Do. Telecom plc (Do.). F. D. wurde - ein - "Direktor" der P.. Gleichzeitig war er für die Do. tätig.

Zwischen F. D. und Herrn R. fanden - zwischen den Parteien im einzelnen streitige - Gespräche über den Geschäftsanteil der P. an der R. statt. Unstreitig ist jedenfalls folgendes:

F. D. fragte im Hinblick auf § 5 des Gesellschaftsvertrages mit Fax der Do. vom 12.1.2000 (Anl. B 20) bei Herrn R. an, ob die Klägerin damit einverstanden sei, dass der von ihr (der Do.) indirekt gehaltene 10%ige Geschäftsanteil der P. an der R. innerhalb der Do.gruppe auf die Do. Holding BV "umgehängt" werde.

Herr R. führte in einem Fax vom 28.7.2000 (Anl. B 21) aus:

"It would help me to purchase from you the 10% share of R. which you are holding in your Company (P. Ventures). The proposed amount for this share is 10.000,- DM. If possible I would like to pack this matter into the same notory appointment which is upcoming for the "old" Telesystem GmbH."

Herr D. reagierte auf dieses Fax nicht.

Während dieser Zeit verhandelten die Parteien bereits über den Erwerb der Anteile der R. durch den Beklagten. Dieser, ein auf dem Gebiet der Telekommunikation spezialisierter Kaufmann, wollte nur sämtliche Gesellschaftsanteile der R. erwerben und nicht nur den 90%igen Geschäftsanteil der Klägerin. Da die Klägerin nicht Inhaberin des weiteren 10 % Geschäftsanteils war, sprachen sie zunächst darüber, dass sie den Anteil der P. an der R. für den Beklagten in stiller Treuhand erwirbt. Mit Schreiben vom 28.8.2000 (Anl. B 5) teilte die Klägerin dem Beklagten dann mit, sie werde in der Lage sein, die Anteile der P. voraussichtlich bereits in den nächsten Tagen übernehmen zu können.

Mit notariellem Vertrag vom 4.9.2000 (Anl. K 4) veräußerte die P. an die Klägerin den 10%igen Geschäftsanteil an der R. für DM 10.000,- und trat diesen gleichzeitig an die Klägerin ab. Herr R. und Frau K., beide von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit, vertraten die Klägerin. Frau K. stimmte zudem als alleinige und auch insoweit von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführerin der R. für diese der Übertragung zu. Herr R. trat gleichzeitig als Vertreter für P. auf unter Vorlage einer - von den Beschränkungen des § 181 BGB befreienden - Vollmacht vom 19.10.1997 von C. M. (Anl. K 3), dem früheren Direktor der P.. Diese Vollmacht ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin nahm die Abtretung an.

Mit notariellem Anteilskauf- und Übertragungsvertrag vom 6.10.2000 (Anl. K 1) verkaufte die Klägerin, vertreten durch Herrn R. und Frau K., die wiederum gleichzeitig als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der R. auftrat, sämtliche Geschäftsanteile im Gesamt-Nennwert von DM 100.000,- an der R. an den Beklagten und trat diese an ihn ab, der de Abtretung annahm. Von dem Kaufpreis von insgesamt DM 1,9 Mio. sollten DM 250.000,- bei Abschluss des Vertrages bezahlt werden, was auch geschah, sowie drei Raten von jeweils DM 550.000,- am 1.3., 1.6. und 1.9.2001. Diese drei Raten, die der Beklagte unstreitig nicht gezahlt hat, sind Gegenstand dieses Verfahrens.

In § 3 ("Gewährleistungen") des Vertrages gab die Klägerin ein selbständiges verschuldenunabhängiges Garantieversprechen u. a. darüber ab (Abs. 5), dass sie rechtlich und wirtschaftlich unbeschränkte Eigentümerin der Geschäftsanteile der R. sei und diese frei von Belastungen und von anderen zugunsten Dritter bestellten Rechten seien. In § 4 sind als Rechtsfolgen für unzutreffende Garantieaussagen nur Schadensersatzansprüche vorgesehen, Rücktritt und Wandlung wurden ausgeschlossen.

Die P. vertrat mit Schreiben an die Klägerin und deren Geschäftsführern R. und K. vom 27.11.2000 (Anl. zur Anl. B 15) die Ansicht, die Abtretung ihrer 10%igen Beteiligung an der R. an die Klägerin vom 4.9.2000 sei mangels Erteilung einer Vollmacht durch C. M. an Herrn R., zumindest aber wegen Vollmachtsmissbrauchs unwirksam. Sie forderte die Klägerin auf, diese Unwirksamkeit und ihre (P.s) weiterhin bestehende Gesellschafterstellung anzuerkennen. Ferner forderte die P. die Klägerin unter Fristsetzung auf, eine strafbewehrte Verpflichtungs- und Unterlassungserklärung (Anl. B 30) abzugeben. Mit Schreiben vom 11.12.2000 (Anl. B 15) verlangte die P. unter Beifügung des Abmahnschreibens an die Klägerin vom 27.11.2000 von dem Beklagten, ihre Stellung als Gesellschafterin der R. zu bestätigen und keine Verfügung über ihren Geschäftsanteil zu treffen.

Die Parteien kamen diesen Forderungen nicht nach.

Unter dem 8.1.2001 (Anl. B 17) reichte die P. gegen die R., die Klägerin und den Beklagten beim Landgericht Hamburg Klage u. a. auf Feststellung ein, dass die Übertragung ihrer Geschäftsanteile an der R. an die Klägerin vom 4.9.2000 und die Übertragung der Geschäftsanteile der R. durch die Klägerin an den Beklagten vom 6.10.2000 unwirksam sei (AZ: 403 O 3/01).

Mit Schriftsätzen vom 6. und 7.9.2001 erklärten P. und die Klägerin den Rechtsstreit 403 O 3/01 in der Hauptsache für erledigt (Anl. B 24 und B25 = K 7). Sie trugen insoweit vor, sie hätten sich dahingehend geeinigt, dass die P. ihre Einwendungen gegen die Vollmacht von Herrn M. von Oktober 1997 und somit gegen die Wirksamkeit des Kauf- und Übertragungsvertrags vom 4.9.2000 nicht mehr aufrechterhalte, sie (P.) vorsorglich diesen Vertrag genehmigt habe und sie (P. und Klägerin) für den Geschäftsanteil eine Vergütung von DM 25.000,- vereinbart hätten. Diese vom Beklagten bestrittene und für P. von ihrem Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt Dr. D. K., als Vertreter unterzeichnete Vereinbarung ohne Datum (Anl. zu Anl. K 8) wurde in dem Verfahren 403 O 3/01 als Anlage eingereicht. Die P. reichte dort ferner eine - vom Beklagten ebenfalls bestrittene - "Confirmation of authorization" vom 28.11.2001 von F. D. ein (Anl. zu Anl. K7 = Anl. zu Anl. B19), die lautet:

"This ist to confirm that I, in my capacity of Director of P. Ventures Limited, authorized L. B. D. Rechtsanwälte, in particular the attorney at law Dr. D. K., to agree on behalf of P. Ventures Limited to the "agreement" of 10. September 2001 between P. Ventures Limited and the B. E. GmbH regarding the settlement of the dispute on the effectiveness of the transfer of shares of R. Mobilfunk GmbH (District Court Hamburg, reference no. 403 O 3/01). Meanwhile I am no longer Director oft P. Ventures Limited"

Die R. schloss sich den Erledigungserklärungen von P. und der Klägerin nicht an (Anl. B 26).

Der Beklagte erklärte mit Schreiben vom 24.9.2001 (Anl. K 2 = Anl. B 27) gegen die etwaige restliche Kaufpreisforderung der Klägerin die Aufrechnung mit einem erstrangigen Teil seiner Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin wegen Verletzung der Garantiezusage, von Aufklärungspflichten sowie wegen Verzuges. Infolge der Pflichtverletzungen der Klägerin habe er das Geschäft der R. nicht ausbauen können. Es sein kein Investor bereit, in die R. zu investieren, und Beteiligungszusagen seien zurückgezogen worden. Seine weitergehenden Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin, Frau K. und Herrn R. machte er mit Klage vom 29.11.2001 rechtshängig. In dem dortigen Verfahren, AZ: 403 O 170/01, vernahm das Landgericht am 18.6.2002 die Zeugen M. und R. zur Echtheit und Reichweite der Vollmacht vom 19.10.1997 (Protokoll Anl. K 10).

In der ersten Instanz hat sich der Beklagte auf die Aufrechnung und auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrages berufen. Die Klägerin habe ihm den Geschäftsanteil der P. an der R. nicht übertragen, R. habe ohne Vollmacht von M. gehandelt, jedenfalls aber die Vollmacht missbraucht.

Das Landgericht Hamburg, Kammer 3 für Handelssachen, hat durch das dem Beklagten am 3.5.2002 zugestellte Vorbehaltsurteil im Urkundsverfahren vom 30.4.2002, auf das zur näheren Sachdarstellung ebenso wie auf die erstinstanzlichen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen wird, den Beklagten verurteilt, an die Klägerin € 843.631,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz zu zahlen, und zwar aus € 281.210,53 seit dem 2.5.2001, aus weiteren € 281.210,53 seit dem 2.6.2001 sowie aus weiteren € 281.210,53 seit dem 2.9.2001. Ferner hat es dem Beklagten die Ausübung seiner Rechte für das Nachverfahren vorbehalten.

Der Beklagte trägt vor, seine Einrede des § 320 BGB bzw. § 273 BGB greife durch. Die Klägerin habe die von ihm bestrittene Vollmacht von M. nicht bewiesen. Sie habe die Vollmacht weder in der ersten Instanz vorgelegt noch habe sie de Echtheit der Vollmacht durch Urkunden belegt. Die im Verfahren 403 O 170/01 durchgeführte Vernehmung des Zeugen M. sei im Urkundenprozess nicht verwertbar. Der Zeuge habe die Vollmachterteilung auch nicht bestätigt.

Das Landgericht habe seinen Vortrag zur Beschränkung einer Vollmacht von M. nicht gewürdigt. Eine etwaige Vollmacht sei nur für den Verkauf der Anteile der P. an der R. an Herrn R. erteilt worden, nicht aber für einen Verkauf an die Klägerin. Herr R. habe auch gewusst, dass er zur Veräußerung an die Klägerin nicht berechtigt sei (Anl. B 21) und die neue Anteilseignerin der P., die Do., eigene Pläne mit den Geschäftsanteilen der R. gehabt habe (Anl. B 20). Der Vertrag vom 4.9.2000 sei deshalb wegen Mißbrauchs der Vollmacht und kollusiven Zusammenwirkens unwirksam.

Die P. habe den Vertrag vom 4.9.2000 nicht genehmigt. Die Genehmigung sei mit der Feststellungsklage in der Sache 403 O 3/01 endgültig verweigert worden. Die Prozessvollmacht ermächtige den Prozessbevollmächtigten der P. nicht zur Genehmigung. Zudem bestreite er weiterhin die Existenz und das Zustandekommen des "agreements" zwischen der P. und der Klägerin und der Vollmachtsbestätigung (Confirmation of authorization) durch D. sowie dessen Unterzeichnung und Alleinvertretungsbefugnis für P. (Schriftsatz vom 26.11.2002, S. 9, Bl. 172 i. V. m. Anl. BK 5 S. 2 ff. und Schriftsatz vom 4.4.2002, S. 3, Bl. 78).

Er beantragt,

das Vorbehaltsurteil im Urkundsverfahren des Landgerichts Hamburg vom 30.4.2002 (AZ: 403 O 137/01) aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise, als im Urkundsverfahren unstatthaft abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der Beklagte habe die Echtheit der in erster Instanz durchaus vorgelegten Vollmacht nicht substantiiert bestritten, so dass sie die Echtheit nicht beweisen müsse. Der Zeuge M. habe in der Sache 403 O 170/01 die Unterschrift als von ihm stammend anerkannt. Die Echtheit der Urkunde ergebe sich auch aus einem Schriftvergleich der Unterschriften von C. M. in fünf Urkunden (Abschriften in Anl. K 13 - der Beklagte bestreitet die Echtheit dieser Unterschriften).

Aus den Anlagen B 20 und B 21 könne nicht entnommen werden, Herr R. habe gewusst, zur Anteilsübertragung nicht bevollmächtigt gewesen zu sein. Seinerzeit sei es ausschließlich um die Frage des Kaufpreises gegangen, nicht aber um eine Vollmacht zum Verkauf.

Der Vertrag vom 4.9.2000 sei jedenfalls von der P. genehmigt worden.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die Parteienschriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist nur zum Teil begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten gem. § 433 BGB einen Anspruch auf Zahlung von € 843.631,60 (Ziff. 1), allerdings gem. §§ 320, 322 BGB nur Zug um Zug gegen Abtretung des 10%igen Geschäftsanteils der P. an der R. (Ziff. 2). Dem Beklagten bleibt die Ausübung seiner weitergehenden Rechte (Aufrechnung) im Nachverfahren vorbehalten (3.).

1. Schlüssige und durch Urkunden belegte Klage

Die Klage ist schlüssig und die Klägerin hat alle anspruchsbegründenden Tatsachen durch Urkunden i. S. d. § 592 S. 1 ZPO belegt. Sie hat die Kauf- und Übertragungsverträge zwischen ihr und der P. vom 4.9.2000 sowie zwischen ihr und dem Beklagten vom 6.10.2000 als Anlagen K 1 und K 4 eingereicht. Diese Ablichtungen reichen. Da der Beklagte nicht die Vorlage der Originale verlangt und sich rügelos zum Inhalt der Ablichtungen erklärt, kann davon ausgegangen werden, dass die Existenz der Originale und die Übereinstimmungen der Ablichtungen mit ihnen von ihm nicht bestritten wird (ebenso OLG Köln ZIP 1982, 1424, 1426). Überdies hat der Beklagte die Verträge als solche nicht bestritten.

2. Einwendungen des Beklagten

Die Einwendung des Beklagten ist begründet. Das gilt zwar nicht für die Aufrechnung (a.), auf die sich der Beklagte in erster Instanz berufen hat, aber für die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (b.).

a. Aufrechnung

Ob ein etwaiger Zahlungsanspruch der Klägerin durch Aufrechnung erloschen ist, hat der Senat nicht zu prüfen (§§ 520 Abs. 3 Nr. 2, 528 ZPO). Der Beklagte hat die Entscheidung des Landgerichts, der Beklagte habe seine Einwendungen nicht urkundlich belegt, hinsichtlich der in erster Instanz eingewendeten vorprozessualen Aufrechnung nicht angegriffen. Er begründet seine Berufung gerade nicht mit einer liquiden Aufrechnung, sondern nur mit der Einrede des § 320 bzw. § 273 BGB. Im übrigen hat er die Aufrechnungsforderung nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln bewiesen.

b. Einrede des nicht erfüllten Vertrages

Dem Restzahlungsanspruch der Klägerin steht jedoch die von dem Beklagten erhobene Einrede des nicht erfüllten Vertrages gem. § 320 BGB entgegen.

Die Klägerin, die die Beweislast für die Erfüllung trägt (Palandt-Heinrichs, 57. Aufl., § 320 BGB Rn. 14), hat nicht bewiesen, dass sie den Anteilskauf- und Übertragungsvertrag vom 6.10.2000 (Anl. K 1) erfüllt, der Beklagte also sämtliche Geschäftsanteile an der R. erworben hat. Sie hat keinen Beweis dafür erbracht, dass sie zuvor durch den Kauf- und Abtretungsvertrag vom 4.9.2000 Inhaberin des 10%igen Geschäftsanteils der P. an der R. geworden war.

Das gilt sowohl für den Fall, dass eine Vollmacht der P. bzw. deren damaligen Geschäftsführer C. M. für den damaligen Geschäftsführer der Klägerin, Helmut R., zum Verkauf und zur Abtretung des Geschäftsanteils der P. an der R. nicht bewiesen ist als auch für den Fall, dass von einer Vollmacht auszugehen ist. Im erstgenannten Fall ist eine Genehmigung des Vertrages nicht bewiesen (aa.) und im zweiten Fall wäre der Vertrag vom 4.9.2000 nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig (bb.)

aa. Keine Vollmacht und keine Genehmigung

Von einer Vollmacht kann ebenso wenig wie von einer Genehmigung ausgegangen werden.

aaa. Keine Vollmacht

Die Klägerin hat jedenfalls die vom Beklagten zulässig bestrittene ((1.)) Echtheit der Vollmacht von C. M. vom 29.10.1997 (Anl. K 3) nicht bewiesen. Sie hat insoweit kein im Urkundenprozess zulässiges Beweismittel vorgelegt ((2.)). Der Beweis ergibt sich auch nicht aus einer freien Beweiswürdigung aller Umstände gem. § 286 ZPO ((3.)). Das geht zu ihren Lasten. Sie ist für die tatsächlichen Voraussetzungen ihres Klaganspruchs und damit für die Echtheit der Urkunde beweisbelastet (§§ 439, 440 Abs. 1 ZPO; BGH NJW 1995, 1683 ff).

(1.) Zulässiges Bestreiten der Echtheit

Soweit die Klägerin meint, die Echtheit der Unterschrift von M. bedürfe keines Beweises, weil der Beklagte die Echtheit nur unsubstantiiert bestritten habe, kann ihr nicht gefolgt werden. Ein substantiiertes Bestreiten ist nicht erforderlich (ebenso OLG Hamburg, OLGZ 43, 150, 151). Zwar scheinen einige Kommentare ein substantiiertes Bestreiten der Echtheit einer Urkunde zu verlangen, formelles Bestreiten soll nicht reichen (Münchener-Kommentar -Braun, ZPO, 2. Aufl., § 595 ZPO Rn. 5; Stein-Jonas-Schlosser, ZPO, 21. Aufl., § 595 ZPO Rn. 3; Zöller-Greger, ZPO, 23. Aufl., § 595 ZPO, Rn. 9). Diese können sich jedoch nicht auf Entscheidungen des RG (RGZ 72, 290, 292), OLG Köln (ZIP 1982, 1424, 1427), LG Koblenz (ZIP 1982, 165, 166) und LG Nürnberg-Fürth (ZIP 1982, 164) beziehen. Diese Gerichte haben das einfache Bestreiten gerade nicht als unbeachtlich mit der Folge erklärt, dass die Echtheit nicht bewiesen werden müsse. Sie sind vielmehr trotz fehlender Urkunden, die die Echtheit einer anderen Urkunde beweisen könnten, unter Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstandes und der vorgelegten Urkunden im Wege der freien Beweiswürdigung gem. § 286 ZPO zum Ergebnis der Echtheit der jeweiligen Urkunden gekommen. Dabei war der Umstand, dass ein substantiiertes Bestreiten nicht vorlag, lediglich ein Gesichtspunkt, nicht aber der alleinige.

(2.) Keine zulässigen Beweismittel

Die Klägerin hat für die Echtheit der Vollmachtsurkunde nicht die nach § 595 Abs. 2 ZPO zulässigen Beweise angetreten. Danach sind nur Urkunden und der Antrag auf Parteivernehmung zulässig. Ein Antrag auf Parteivernehmung scheidet schon deshalb aus, weil keine Partei bei der Unterzeichnung der Vollmacht anwesend war. Eine Urkunde, die die Echtheit der Vollmacht belegen könnte, hat die Klägerin nicht vorgelegt.

In der der Anlage K 3 in Ablichtung beigefügten und mit einer Apostille versehenen Urkunde vom 4.11.1997 bestätigt der Notar W. lediglich, dass C. M. einer der beiden Direktoren der P. war.

Das von der Klägerin in der Berufungsinstanz eingereichte Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 18.6.2002 über die Vernehmung des Zeugen M. in der Parallsache 403 O 170/01 (Anl. K 10) beweist die Echtheit nicht. Im Urkundenprozess können zwar Protokolle über frühere Zeugenvernehmungen in einem anderen Verfahren als Urkunden verwertet werden (RGZ 49, 374, 375; OLG München NJW 1953, 185; Stein-Jonas-Schlosser, a.a.O., § 592 Rn. 17; Zöller-Greger, a.a.O., § 592 Rn. 15). Jedoch kommt diesen Urkunden im allgemeinen ein geringerer Beweiswert zu als dem - im Urkundsprozess unzulässigen -unmittelbaren Zeugenbeweis (BGH NJW 1995, 2856, 2857; Stein-Jonas, a.a.O., § 592 Rn. 17). Diese Protokolle beweisen unmittelbar immer nur, was sie enthalten, nicht aber, ob es richtig ist, was sie erklären (RGZ 102, 328, 330 f.). Überdies hat nach dem Protokoll der Zeuge die Echtheit der Unterschrift gerade nicht bestätigt. Dort ist vielmehr festgehalten, er könne sich nicht mehr erinnern, diese Vollmacht unterzeichnet zu haben, das müsse aber nicht besagen, dass er diese Vollmacht nicht unterschrieben habe (S. 3 des Protokolls), und die Unterschrift unter dem vorgelegten Original sehe wie seine Unterschrift aus (S. 5 f.). Diese Aussage ist viel zu vage.

Soweit die Klägerin vorträgt, die Echtheit der Urkunde ergebe sich aus einem Schriftvergleich der Unterschriften von C. M. in fünf anderen Urkunden (Abschriften in Anl. K 13), kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Ein Schriftvergleich ist im Urkundsprozess unzulässig. Bei einer Schriftvergleichung durch ein Gericht handelt es sich um einen Augenscheinsbeweis, der nach § 595 Abs. 2 ZPO gerade ausgeschlossen ist (h. M. LG Bonn, ZIP 1982, 166; Stein-Jonas-Schlosser, a.a.O., § 595 ZPO Rn. 5; Zöller-Greger, a.a.O., § 595 ZPO Rn. 7; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 59. Aufl., ZPO, Rn. 3., § 595; a. A. Becht, a.a.O., S. 194 f. dagegen Musielak-Voit, a.a.O., § 595 Rn. 9). Das Landgericht Nürnberg-Fürth (ZIP 1992, 164, 165) vertritt zwar die Ansicht, im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO stelle der Abgleich von Unterschriften keine im Urkundenprozess verbotene Einnahme eines Augenscheins dar. Der Schriftvergleich setzt jedoch eine Betrachtung voraus und ist daher stets ein Augenschein. Im übrigen hat der Beklagte die Echtheit der Unterschriften des M. auf den vorzulegenden fünf Urkunden bestritten, so dass schon deshalb ein Vergleich ausscheidet.

(3.) Kein Beweis durch freie Beweiswürdigung

Die Echtheit der Vollmacht ergibt sich auch nicht aus einer freien Beweiswürdigung aller Umstände gem. § 286 ZPO, die auch im Urkundenprozess hinsichtlich der Echtheit einer Urkunde zulässig ist (s. die oben unter Ziff. (1.) genannte Rechtsprechung sowie Münchener/Kommentar/Braun, a.a.O., § 595 ZPO Rn. 5 und Zöller-Greger, a.a.O., § 595 Rn. 7).

Für die Echtheit sprechen zwar folgende Umstände:

- Der Beklagte hat die Echtheit der Vollmacht vor diesem Prozess nicht bestritten oder sich auf die Unechtheit berufen (im Gegenteil, vgl. Anl. B 27 S. 3 Abs. 2).

- Er hat selbst vorgetragen (Schriftsatz v. 27.2.2002, S. 30, Bl. 41 f.), die Klägerin und die P. hätten im Jahre 1997 beabsichtigt, ihre Anteile an der R. zusammen an einen Dritten zu verkaufen, und es sei darüber gesprochen worden, zur Vereinfachung der Abwicklung Herrn R. eine Vollmacht zu erteilen, damit er ggf. nach außen für die P. auftreten könne. Bei diesem Vortrag erscheint es einerseits unwahrscheinlich, dass die Vollmacht gleichwohl nicht erteilt worden sein soll. Andererseits lässt aber eine bloße Absicht, eine Vollmacht zu erteilen, keinen hinreichend sicheren Schluss darauf zu, dass die Vollmacht dann später tatsächlich erteilt wurde.

Gegen die Echtheit bzw. für eine nicht auszuschließende Fälschung sprechen jedoch folgende Gesichtspunkte:

- Während der Vorbesprechungen und Verhandlungen zwischen den Parteien zur Übertragung aller Gesellschaftsanteile der R. an den Beklagten und in dem Schreiben der Klägerin vom 28.8.2000 (Anl. B 5) hat die Klägerin die Vollmacht aus dem Jahre 1997 mit keinem Wort erwähnt. Vielmehr hat sie nach ihrem eigenen Vortrag dem Beklagten gesagt, sie wolle C. M. nicht mit am Verhandlungstisch haben, weil dies etwaigen Verhandlungen nicht förderlich sei (Schriftsatz v., 25.3.2002, S. 8 f., Bl. 69 f.). Dies hätte sie nicht sagen müssen, wenn sie zu diesem Zeitpunkt die Vollmacht gehabt hätte. Dann hätte es vielmehr nahegelegen, die Vollmacht von M. zu offenbaren. Überdies hätte sie dieses nicht sagen dürfen. Denn unstreitig wusste Sie zu diesem Zeitpunkt bereits, dass M. nicht mehr der Direktorder P. war.

- Die Klägerin hat mit Schreiben vom 28.7.2000 an die Do. (Anl. B 21) bei Herrn D., angefragt, ob er die 10 % Anteile an der R., die die Do. in ihrer Gesellschaft halte p.), kaufen könne. Diese Anfrage wäre nicht erforderlich gewesen, wenn die Klägerin im Besitz einer Vollmacht von Herrn M. gewesen wäre. Die Klägerin versucht vergeblich, dem Schreiben nur die Bedeutung beizumessen, es sei lediglich angefragt worden, ob die Übertragung zum Nennwert erfolgen könne, nicht aber, ob der Gesellschaftsanteil erworben werden könne (Schriftsätze v. 25.3.2002, S. 5, u. v. 16.9.2002, S. 3; Bl. 66a, 160). Dagegen spricht der eindeutige Wortlaut des Schreibens.

- Die einzige Person, die Vorteil aus einer Vollmacht ziehen konnte, war die Klägerin. Die Vollmacht hat es ihr ermöglicht, den 10 %-Anteil der Protokoll an der R. zu erwerben und zusammen mit ihren 90 %-Anteilen an der R. an den Beklagten, der nur 100 % kaufen wollte, zu übertragen.

Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände erlangt der Senat nicht die notwendige Überzeugung von der Echtheit der behaupteten Vollmacht.

bbb. Keine Genehmigung

Von einer gem. § 182 Abs. 2 BGB formfrei möglichen Genehmigung der P. des mangels Vollmacht schwebend unwirksamen Übertragungsvertrages vom 4.9.2000 gem. § 177 Abs. 1 BGB kann nicht ausgegangen werden.

Die P. konnte den Vertrag vom 4.9.2000 (Anl. K 4) im September 2001 nicht mehr wirksam genehmigen, weil sie die Genehmigung bereits Ende 2000 bzw. Anfang 2001 endgültig und damit unwiderruflich (BGH NJW 1968, 1326, 1327) verweigert hat. Damit ist der schwebend unwirksame Vertrag endgültig unwirksam geworden (BGH a.a.O.).

Die P. hat die Genehmigung zwar nicht ausdrücklich, aber durch schlüssiges Verhalten verweigert. Mit Schreiben an die Klägerin und deren damaligen Geschäftsführer R. vom 27.11.2000 (Anl. zur Anl. B 15) hat sie die Ansicht vertreten, der Vertrag vom 4.9.2000 sei mangels Vollmacht des Herrn M. bzw. wegen Vollmachtsmissbrauchs unwirksam. Ferner hat sie die Klägerin unter Fristsetzung aufgefordert, die Unwirksamkeit und ihre (P.s) damit weiter bestehende Gesellschafterstellung anzuerkennen und insoweit eine strafbewehrte Verpflichtungs- und Unterlassungserklärung (Anl. B 30) abzugeben. Nachdem die Klägerin dem nicht nachgekommen war, hat sie u. a. gegen diese Klage auf Feststellung erhoben (403 O 3/01, Anl. B 17), dass der Übertragungsvertrag vom 4.9.2000 unwirksam und sie (P.) nach wie vor Gesellschafterin der R. sei. Damit hat sie der Klägerin konsequent, unmissverständlich, eindeutig und nachdrücklich zu erkennen gegeben, dass sie den Kaufund Übertragungsvertrag vom 4.9.2000 nicht gegen sich gelten lassen will und wird.

bb. Nichtigkeit des Vertrages trotz etwaiger Vollmacht

Selbst wenn von einer Vollmacht des C. M. ausgegangen werden sollte, wäre der Kauf- und Abtretungsvertrag vom 4.9.2000 wegen kollusiven und damit sittenwidrigen Zusammenwirkens (aaa.) nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig (bbb.). Eine Bestätigung des nichtigen Vertrages nach § 141 BGB läge nicht vor (ccc.).

aaa. Kollusives Zusammenwirken

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Vereinbarungen, die ein Vertreter einer Partei im Einverständnis mit dem Vertragsgegner zum eigenen Vorteil oder zum Vorteil naher Angehöriger "hinter dem Rücken" des Geschäftsherrn und zu dessen Nachteil treffen, gegen die guten Sitten verstoßen (BGH NJW 1989, 26 f., BGH NJW-RR 1997, 737, 738). Dasselbe gilt erst recht, wenn - wie hier - Herr R. einerseits als Vertreter der Klägerin zum Vorteil "seiner" Gesellschaft, der Klägerin, und andererseits gleichzeitig als Vertreter der P. zu deren Nachteil handelt. Hier ist von einem kollusiven Zusammenwirkens der Klägerin und des Herrn R. zum Nachteil und hinter dem Rücken der P. und zum Vorteil der Klägerin auszugehen. Das ist zwar nicht unmittelbar urkundlich belegt, ergibt sich jedoch aus einer zulässigen freien Beweiswürdigung (BGH NJW 1985, 2953). Aus unstreitigen Umständen (Indizien) kann auf ein kollusives Zusammenwirken geschlossen werden.

Unstreitig hat der damalige Geschäftsführer der Klägerin, Herr R., zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages vom 4.9.2000 gewusst, dass die Geschäftsanteile der von ihm vertretenen P. bereits auf die Do. übertragen worden waren und M. als Direktor ausgeschieden war. Ihm war daher bekannt, dass Do. die neue und alleinige Gesellschafterin der P. und damit indirekte bzw. wirtschaftliche Inhaberin des 10% Geschäftsanteils an der R. war. Unstreitig (und durch das Fax von F. D. vom 22.1.2000, Anl. B 20, belegt) hatte er ebenfalls Kenntnis von der Absicht der Do., den Geschäftsanteil der P. an der R. innerhalb der Do.gruppe auf die Do. Holding BV "umzuhängen". Herr R. hat daher auch gewusst, dass die neue Gesellschafterin der P. nicht daran interessiert war, den Geschäftsanteil der P. an der R. an die Klägerin zu verkaufen.

Dagegen kann die Klägerin nicht einwenden, Herr R. sei aufgrund des Schweigens der Do. auf seine Anfrage per Fax vom 28.7.2000 (Anl. B 2), ob die Klägerin den Geschäftsanteil der P. an der R. kaufen könne, von dem Einverständnis der Do. ausgegangen. Dies ist als reine Schutzbehauptung zu werten. Der Senat ist davon überzeugt, dass Herr R. aufgrund seiner langjährigen Geschäftsführertätigkeit gewusst hat, dass Schweigen nicht als Zustimmung gilt und es sich hier nicht um ein kaufmännisches Bestätigungsfax handelte. Zudem hätte er, wenn er wirklich von einem Einverständnis ausgegangen wäre, nicht die Vollmacht des längst ausgeschiedenen M. benutzen müssen. Vielmehr hätte er dann direkt mit der P. den Kauf- und Abtretungsvertrag schließen können. Dass er dies gleichwohl nicht getan hat, "spricht Bände".

Ferner hat Helmut R. bewusst "hinter dem Rücken" der P. bzw. deren neuen Gesellschafterin Do. gehandelt. Er hat -was unstreitig ist - weder in seinen Gesprächen mit F. D. über den Geschäftsanteil noch in seinem Fax vom 28.7.2000 offenbart, dass er die Vollmacht von 1997 besitzt und beabsichtigt, diese zum Erwerb des Geschäftsanteils zu verwenden. Dies, obwohl diese Mitteilung nahe gelegen hätte.

Der Klägerin waren diese Umstände bekannt. Ihr ist die Kenntnis ihres damaligen Geschäftsführers, der gleichzeitig als ihr Vertreter den Vertrag abgeschlossen hatte, nach § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin nicht nur von Herrn R., sondern auch von der weiteren Geschäftsführerin, Frau K., vertreten wurde. Selbst wenn jene die Umstände nicht gekannt haben sollte, muss die Klägerin sich die alleinige Kenntnis von Herrn R. zurechnen lassen. Denn mangels anderweitigen Vertrags ist gem. § 35 Abs. 2 S. 2 GmbHG von einer Gesamtvertretung auszugehen und bei einer Gesamtvertretung genügt i. S. d. § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis eines der am Geschäft beteiligten Vertreter (Palandt-Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 166 BGB Rn. 2).

Die Klägerin und Herr R. handelten auch zum Nachteil der P.. Durch die Abtretung hätte die P. - im Falle der Wirksamkeit - ihren Anteil an der R. verloren. Dies lief ihren Interessen und Plänen zuwider. Sie konnte ihre Anteile nicht mehr, wie beabsichtigt, auf die Do. Holdings BV übertragen. Zudem hat sie von der Klägerin nur DM 10.000,- als Kaufpreis erhalten. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin soll sie aber den Vertrag vom 4.9.2000 nur gegen Zahlung von DM 25.000,- "vorsorglich genehmigt" haben (Anl. zu Anl. K 8). Daraus kann geschlossen werden, dass sie ihren Geschäftsanteil an der R. nicht für "billige" DM 10.000,-, sondern nur für "teure" DM 25.000,- verkauft, also einen Schaden von DM 15.000,- erlitten hätte. Gegen einen Nachteil für die P. kann die Klägerin nicht geltend machen, der 10%ige Geschäftsanteil der P. an der R. sei nicht werthaltig bzw. wertlos gewesen. Wenn dies der Fall gewesen wäre und die P. keinerlei Interesse an dem Anteil gehabt hätte, hätte sie sich sicherlich nicht so vehement bis hin zur Feststellungsklage gegen die Wirksamkeit des Übertragungsvertrages vom 4.9.2000 gewehrt. Zudem hätte die Klägerin dann die Vollmacht von Herrn M. gegenüber F. D. offenlegen bzw. ohne den Umweg über diese Vollmacht direkt mit der P. einen Kauf- und Übertragungsvertrag abschliessen können. Überdies hätte die Klägerin gewiss nicht DM 10.000,- bzw. sogar DM 25.000,- für einen völlig wertlosen Geschäftsanteil gezahlt.

Die Klägerin und Herr R. handelten schließlich zum Vorteil der Klägerin. Ohne den Erwerb des 10%igen Geschäftsanteils der P. an der R. hätte sie ihren 90%igen Geschäftsanteil an der R. nicht an den Beklagten verkaufen können. Dieser war unstreitig stets nur an dem Erwerb aller Geschäftsanteile der R. interessiert. Zudem hätte sie DM 15.000,- weniger gezahlt als sie nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nunmehr zahlen muss.

bbb. Nichtigkeit auch des Abtretungsvertrages

Obwohl grundsätzlich nur das Verpflichtungs- nicht aber das an sich wertneutrale abstrakte Verfügungsgeschäft nichtig ist (Palandt-Heinrichs, ZPO, 62. Aufl., § 138 BGB Rn. 20) ist hier nicht nur der Kaufvertrag, sondern auch der gleichzeitig abgeschlossene Abtretungsvertrag unwirksam. Denn die Klägerin und Herr R. haben auch und gerade bei der Abtretung zum Nachteil der P. kollusiv zusammengewirkt.

ccc. Keine Bestätigung des nichtigen Rechtsgeschäfts nach § 141 BGB

Der nichtige Übertragungsvertrag vom 4.9.2000 ist nachträglich nicht wirksam geworden. Die von der Klägerin behauptete Vereinbarung zwischen ihr und der P. (Anl. zu Anl. K 8) u. a. über den Verzicht von Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Vollmacht von M. und die vorsorgliche Genehmigung des Vertrages vom 4.9.2000 kann nicht als Bestätigung des nichtigen Rechtsgeschäfts nach § 141 BGB gewertet werden. Denn jedenfalls bedarf die als Neuvornahme zu beurteilende Bestätigung der vorgeschriebenen Form (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 141 BGB Rn. 4). Nach § 15 Abs. 3 GmbHG erfordert die Übertragung von Geschäftsanteilen einer GmbH, wie hier der Geschäftsanteile der in Hamburg ansässigen R. Mobilfunk GmbH, einen notariellen Vertrag. Daran fehlt es vorliegend.

Nach allem hat der Beklagte in jedem Fall gegen den Zahlungsanspruch der Klägerin die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gem. § 320 BGB.

Diese Einrede führt entgegen der Ansicht des Beklagten auch im Urkundenprozess - ebenso wie in einem ordentlichen Verfahren - nicht zur gänzlichen Klagabweisung, sondern nur zu einer Verurteilung Zug um Zug (§ 322 BGB). Dies gilt auch dann, wenn, wie hier, die Klägerin der Einrede mit unzulässigen bzw. gar keinen Beweismitteln entgegengetreten ist (h. M. Münchener/Kommentar/Braun, a.a.O., § 597 ZPO Rn. 11; Stein-Jonas-Schlosser, a.a.O., § 597 ZPO Rn. 3; Musielak-Voit, ZPO, 3. Aufl., § 597 ZPO Rn. 5; a. A. Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., § 597 Anm. B II e). Denn der prozessuale Schutz des § 597 Abs. 2 ZPO (Abweisung der Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft) steht nicht hinter dem materiellen zurück (Stein-Jonas-Schlosser, a.a.O., § 597 Rn. 3).

Ferner schließt die Einrede des § 320 BGB einen Schuldnerverzug des Beklagten mit der Folge aus, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zinsen hat (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 320 BGB Rn. 12).

3. Vorbehalt der Rechte des Beklagten

Gem. § 599 Abs. 1 ZPO waren Beklagten, der dem geltend gemachten Zahlungsanspruch widersprochen hat, die Ausführung seiner weitergehenden Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Wert der Gegenleistung wirtschaftlich höher anzusetzen ist als der nominelle Wert des Geschäftsanteils von 10 %. Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte nur an einem Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile an der R. interessiert war.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 4 und 10, 711 S. 1 und 2 ZPO.

Für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 und/oder Nr. 2 ZPO n. F. in Verbindung mit § 26 Nr. 7 EGZPO bestand kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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