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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 21.03.2002
Aktenzeichen: 2 Wx 103/99
Rechtsgebiete: WEG, FGG, BGB


Vorschriften:

WEG § 43 Abs. 1 S. 1
WEG § 45 Abs. 1
WEG § 47
WEG § 47 S. 2
WEG § 48 Abs. 3
FGG § 20
FGG § 27
BGB § 684
BGB § 687
BGB § 818 Abs. 2
BGB § 951 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluß

2 Wx 103/99

In der Wohnungseigentumssache

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 21. März 2002 durch die Richter Dr. Lassen, Puls, Stöger

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 7. Juli 1999 wird zurück gewiesen.

Die Widerklage der Antragsgegner wird als unzulässig verworfen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht haben die Antragsgegner zu tragen. Die Antragsgegner haben dem Antragsteller die diesem in der dritten Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Geschäftswert des Verfahrens dritter Instanz wird auf (2.146,24 DM + 755,18 DM =) 2.901,42 DM, entsprechend 1.483,47 €, festgesetzt.

Gründe:

1) Die gem. §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 S. 1 WEG, 20, 27 FGG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist zwar zulässig, aber unbegründet (s. 3.).

2) Die mit Schriftsatz vom 13. April 2000 im Rahmen der Begründung der sofortigen weiteren Beschwerde erhobene Widerklage der Antragsgegner ist unzulässig und deshalb zu verwerfen. In der dritten Instanz dürfen neue Ansprüche nicht in den Rechtsstreit eingeführt werden, denn Verfahrensgegenstände, über die - wie hier - das Be schwerdegericht mangels Anhängigkeit nicht entschieden hat, können nicht auf eine Gesetzesverletzung hin überprüft werden (Keidel/Kuntze/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn 15 m.w.N., § 19 Rn 115 bei - wie hier - echten Streitverfahren; ZöllerGummer ZPO 22. Aufl. § 561 Rn 10 m.w.N.).

3) Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegner hat keinen Erfolg, denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, auf die allein hin der Senat eine Überprüfung vornehmen darf (§§ 27 FGG, 550 ZPO).

Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht das berechtigte Interesse des Antragstellers an der gerichtlichen Feststellung (§ 256 ZPO) bejaht, dass er nicht verpflichtet ist, den ihm von der Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft gezahlten Ersatz seiner Aufwendungen für den Einbau eines zweiflügeligen isolierverglasten Kunststofffensters anstelle des früher vorhandenen einfachverglasten Holzfensters in seiner Eigentumswohnung Nr. 150 zurück zu gewähren. Die Antragsgegner berühmen sich eines Rückforderungsanspruchs und berufen sich auf den bei der Zahlung von 2.146,24 DM gegenüber dem Antragsteller mit Schreiben vom 3. Mai 1995 geltend gemachten Vorbehalt der Rückforderung dieses Betrages für den Fall, dass in einem Gerichtsverfahren rechtskräftig festgestellt wird, dass die jeweiligen Eigentümer und nicht die Gemeinschaft für die Instandhaltung und Auswechselung der Fenster zuständig sind.

Auch die Feststellung, dass der Antragsteller nicht zur Rückzahlung des empfangenen Betrages verpflichtet ist, hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis rechtsfehlerfrei getroffen.

Zweifelhaft ist allerdings, ob im Streitfall die Haftung der Antragsgegner für den vom Antragsteller vorgenommenen Fenstereinbau nach den Regeln der berechtigten (§§ 683, 677, 679 BGB) oder unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 684, 818 Abs. 2 BGB) überhaupt in Betracht kommt. Das Landgericht hat den Anspruch des Antragstellers, das empfangene Geld behalten zu dürfen, auf § 684 i.V.m. § 818 Abs. 2 BGB gestützt. Bei beiden Grundlagen für die Haftung der Antragsgegner für den Einbau ist Voraussetzung, dass der Geschäftsführer (auch) mit Fremdgeschäftsführungswillen tätig geworden ist (PalandtSprau BGB 61. Aufl. Einf. vor § 677 Rn 8 und 10, § 687 Rn 1). Daran dürfte es fehlen, weil der Antragsteller vorgetragen hat, dass er seinerzeit im Jahre 1984 den Fensteraustausch veranlasst habe in der von ihm geteilten einhelligen Auffassung der Wohnungseigentümer und der Verwaltung, dass die Reparatur und Instandsetzung der Fenster ausschließlich Sache der Sondereigentümer sei. Erst durch rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 9. Dezember 1996 in der Sache 102 II 176/95 WEG ist festgestellt worden, dass die Fenster Gemeinschaftseigentum sind, so dass die Instandhaltung und Auswechslung der Fenster der Wohnungseigentümergemeinschaft obliegt. Bei einem irrtümlich als Eigengeschäft geführten Geschäft greifen gem. § 687 BGB die Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag nicht ein, vielmehr ist das Bereichungsrecht maßgeblich (Palandt-Sprau a.a.O.).

Dies braucht indessen nicht vertieft zu werden, denn das Landgericht hat die Befugnis des Antragstellers, das ihm von der Verwaltung für den Fenstereinbau zugewandte Geld behalten zu dürfen, aus dem Gesichtspunkt der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 684 BGB i.V.m. § 818 Abs. 2 BGB) hergeleitet, einer Vorschrift, die dem Gläubiger nur den Anspruch auf Wertersatz bei ungerechtfertigter Bereicherung des Schuldners zubilligt und keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz wie im Falle der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag einschließlich der Notgeschäftsführung.

Die Antragsgegner sind durch den vom Antragsteller veranlassten Einbau der Fenster in das Gemeinschaftseigentum ungerechtfertigt bereichert (§§ 812, 946, 951 BGB). Der Ersatz für erneuerungsbedürftige Fenster obliegt der Wohnungseigentümergemeinschaft, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Dies wird mit der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstandet. Das Wohnzimmerfenster des Antragstellers in seiner Eigentumswohnung war zur Zeit des Einbaus des neuen Fensters im Sommer 1984 erneuerungsbedürftig. Diese Feststellung hat das Landgericht aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme ohne Rechtsverstoß getroffen. Eine Nachprüfung tatsächlicher Verhältnisse in dritter Instanz ist ausgeschlossen, so dass dem mit der Begründung der Rechtsbeschwerde angebrachten Beweisantritt nicht nachzugehen ist. Die Tatsachenwürdigung des Beschwerdegerichts ist nur dahin nachprüfbar, ob der Tatrichter den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht (§ 12), bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 25) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften sowie gegen die Denkgesetze und feststehende Erfahrungssätze und den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßen hat. Mit der Rechtsbeschwerde kann nicht geltend gemacht werden, dass die tatsächlichen Folgerungen des Tatrichters nicht die einzig möglichen, nicht schlechthin zwingend sind. Im Rechtsbe schwerdeverfahren kann auch nicht beanstandet werden, wenn eine andere Schlussfolgerung ebenso nahe oder noch näher gelegen hätte (Keidel/Kuntze/Kahl a.a.O. § 27 Rn 42 m.w.N.).

Nach diesen Kriterien ist das Beweisergebnis nicht zu beanstanden. Soweit die Antragsgegner erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren Tatsachen vortragen, wonach die Erinnerungsfähigkeit des Werkstattmeisters der mit dem Ersatzeinbau des Wohnzimmerfensters beauftragten Firma beeinträchtigt gewesen sei, ist diesem Vortrag den obigen Ausführungen zufolge in der dritten Instanz nicht nachzugehen. Den Zweifeln der Antragsgegner daran, dass der Zeuge seine schriftliche Aussage nicht selbst geschrieben hat, weil das Schriftbild vom Text und Unterschrift sich unterscheide, hatte das Landgericht nicht nachzugehen. Der Zeuge hat mit seiner Unterschrift - die Unterschriftsleitung des Zeugen ist in der Tatsacheninstanz nicht in Frage gestellt worden - den darüberstehenden Text gebilligt unabhängig davon, wer diesen Text verfasst hat. Die vom Landgericht vorgenommene Würdigung der Aussage ist aus Rechtsgründen möglich. Den Antragsgegnern ist die Berufung darauf verwehrt, dass die von der Kammer gezogene Schlussfolgerung nicht zwingend sei und eine andere eher plausibel gewesen wäre. Angesichts der Erforderlichkeit eines neuen Fensters war die Wohnungseigentümergemeinschaft durch den auf seine Kosten vom Antragsteller veranlassten Ersatzeinbau ungerechtfertigt bereichert, weil sie die Kosten für diese Maßnahme zu tragen hat. Von einer aufgedrängten Bereicherung kann wegen der Erforderlichkeit des Ersatzeinbaus keine Rede sein, zumal das Landgericht den Ersatz des einfachverglasten Holzfensters durch ein isolierverglastes Kunststofffenster rechtsfehlerfrei als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung beurteilt hat.

Die Antragsgegner können die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht vom Antragsteller verlangen, weil § 951 Abs. 1 S. 1 BGB dies bei Verbindung einer beweglichen Sache mit einer Immobilie ausschließt und § 818 Abs. 2 BGB dem entreicherten Antragsteller gegen die bereicherten Antragsgegner einen Anspruch auf Wertersatz gibt.

Die Antragsgegner haben dem Antragsteller mit der Zahlung von 2.146,24 DM das zukommen lassen, was ihm aufgrund der §§ 951 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB zusteht. Zu ersetzen ist der objektive Verkehrswert, den die Leistung nach ihrer tatsächlichen Beschaffenheit für jedermann hat (BGHZ 82, 299). Den Wertersatz hat das Landgericht ohne Rechtsverstoß mit dem Aufwand angesetzt, den der Antragsteller nach der von den Antragsgegnern in den Tatsacheninstanzen nicht beanstandeten Rechnung an den Handwerker zu zahlen hatte, denn Gegenstand des Wertersatzanspruchs ist die Befreiung der Wohnungseigentümergemeinschaft von der ihr gegenüber dem Antragsteller obliegenden Verbindlichkeit, ein neues Fenster einzubauen mit der Folge, dass sie ihm den Wert ihrer Aufwendungsersparnis zu erstatten hat. Der erstmalige Vortrag der Antragsgegner in der Rechtsbeschwerdeinstanz, die Verwalterin hätte wegen der günstigen Konditionen, die sie mit von ihr häufig herangezogenen Handwerkern ausgehandelt hat, den Fensteraustausch erheblich preiswerter als der Antragsteller vornehmen lassen können, kann als neuer Tatsachenvortrag in der Rechts beschwerdeinstanz nicht berücksichtigt werden. Das Begehren des Antragstellers, das von der Wohnungseigentümergemeinschaft unter Vorbehalt kassierte Geld für die Fenstererneuerung behalten zu dürfen, wäre zwar möglicherweise als treuwidrig zu bewerten, wenn der Wohnungseigentümergemeinschaft im Zusammenhang mit dem Fensteraustausch ein Schadensersatzanspruch in entsprechender Höhe gegen den Antragsteller entstanden wäre (§ 242 BGB; dolo petit quod statim redditurus est). In dessen lassen die Ausführungen des Landgerichts dazu, dass den Antragsgegnern ein solcher Schadensersatzanspruch gegen den Antragsteller wegen Verletzung von Anzeigepflichten beim Fenstereinbau nicht zusteht, einen Rechtsfehler nicht erkennen. Zudem wäre den Antragsgegnern ein Schaden nicht entstanden, denn wegen des Anspruchs des Antragstellers gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf ordnungsgemäße modernisierende Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hätte der Antragsteller gegen die Antragsgegner einen Anspruch auf Einbau eines neuen Wohnzimmerfensters in der von ihm in Auftrag gegebenen Art und Qualität gehabt, wie das Landgericht ohne Rechtsverstoß festgestellt hat. Der Aufwand dafür hätte die Antragsgegner den Betrag gekostet, den der Antragsteller aufgewendet hat, weil dieser Betrag dem objektiven Verkehrswert der Handwerkerleistungen entspricht. Dass die Wohnungseigentümergemeinschaft einen geringeren Betrag hätte aufwenden müssen, ist erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren von den Antragsgegnern vorge tragen worden und daher in dritter Instanz unbeachtlich.

Ob den Antragsgegnern Bereicherungsansprüche gegen den Antragsteller aufgrund ihm früher gutgeschriebener Beträge wegen ersparter Maleraufwendungen an seinem Wohnzimmerfenster zustehen, kann offen bleiben, denn diese Gutschriften stehen nicht in einem einheitlichen bereicherungsrechtlichen Vorgang mit der später unter Vorbehalt erfolgten Zahlung der Wohnungseigentümergemeinschaft wegen des Fenster ersatzeinbaus. Die Ansprüche waren auch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Das Landgericht hat den Einwand der Antragsgegner, der Antragsteller habe seinen Anspruch verwirkt, rechtsfehlerfrei als unbegründet zurückgewiesen. Beanstandungen insoweit haben die Antragsgegner mit der Rechtsbeschwerde auch nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, den Antragsgegnern, die mit ihrem Rechtsmittel nicht durchgedrungen sind, die Gerichtskosten aufzuerlegen. Die außergerichtlichen Kosten haben die Antragsteller entgegen der in § 47 S. 2 WEG vorgesehenen Regel zu tragen, weil einerseits ihre Widerklage aus prozessrechtlichen Gründen nicht erfolgreich sein konnte und sie andererseits in der Sache unterlegen sind, in der sich die Beteiligten wie in jedem anderen bereicherungs rechtlichen Verhältnis gegenüberstehen. Zudem sind mit der Rechtsbeschwerde keine Gesichtspunkte vorgetragen worden, die die Entscheidung des Beschwerdegerichts ernsthaft in Frage stellen konnten.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren folgt aus § 48 Abs. 3 WEG, wobei der Wert der Widerklage berücksichtigt werden musste.

Ende der Entscheidung

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