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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 13.05.2003
Aktenzeichen: 2 Wx 12/03
Rechtsgebiete: WEG, FGG


Vorschriften:

WEG § 45 Abs. 1
FGG § 27
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 29
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

2 Wx 12/03

In der Wohnungseigentumssache

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 13. Mai 2003 durch die Richter

Dr. Lassen, Puls, Albrecht

beschlossen:

Tenor:

1) Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 22. Januar 2003 (Az.: 318 T 112/02) wird zurückgewiesen.

2) Die Beschwerdeführer tragen die Gerichtskosten des weiteren Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3) Der Wert des weiteren Beschwerdeverfahrens wird auf € 20.000,00 festgesetzt.

Gründe:

I. Der Antragsteller ist Eigentümer der Wohnungseigentumseinheit Nr. 10 innerhalb der Wohnungseigentumsanlage. Während die Einheiten 1 bis 9 bereits vom Bauträger errichtet wurden, ist die Einheit Nr. 10 bisher unbebaut. Der Antragsteller erwarb diese im November 1995 und erstrebt seither die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zur Errichtung seines Sondereigentums in Form eines Einfamilienhauses.

Der Senat war bereits in der Entscheidung vom 12. Februar 2002 (2 Wx 94/01 = ZMR 2002, 372) mit der Angelegenheit befasst. Damals lag Folgendes zugrunde:

Der Antragsteller beantragte im Jahre 1996 einen Vorbescheid zur Baugenehmigung für ein Haus mit einer Grundfläche von 72,25 qm, später reduziert auf 60,84 qm, der jedoch abgelehnt wurde. Vor dem Verwaltungsgericht unterlag der Antragsteller, weil der geplante Bau die nach der Baustufentafel zulässige überbaubare Fläche von 3/10 des Gesamtgrundstückes überschritt (Urteil des VerwG v. 19.01.1999 = Anl. B 1).

Der Antragsteller plante daraufhin einen Baukörper auf einer Grundfläche von ca. 43,05 qm. Hierfür erhielt er 1999 einen positiven Vorbescheid sowie am 26. Juni 2000 die Baugenehmigung. Er hatte jedoch die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer beizubringen, welche die Antragsgegner verweigerten.

Im damaligen Streit über die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer war der Antragsteller in letzter Instanz unterlegen. Der Senat hat dazu ausgeführt, dass die Wohnungseigentümer zur Zustimmung zum damals geplanten Bauvorhaben nicht verpflichtet waren, weil sich die Schranken der positiven Befugnisse eines jeden Wohnungseigentümers aus der Teilungserklärung selbst ergeben und der Erwerber von Sondereigentum sich darauf verlassen können muss, dass nur die in der Teilungserklärung bestimmten Nutzungsmöglichkeiten bestehen. Der zeichnerisch-konstruktiven Darstellung (Bauzeichnung) einer besonderen Nutzungseinheit kommt die Funktion einer Gebrauchs- und Nutzungsregelung mit Vereinbarungscharakter zu. Die Zeichnung des Flachdachbungalows im Aufteilungsplan stützt die Vorstellung eines unbefangenen Beobachters, dass das zu bauende Haus nur ein Erdgeschoss plus Keller haben würde, nicht etwa ein irgendwie geartetes Dach. Was die Wohnungseigentümer als Anblick auf dem Grundstück hinnehmen müssen, ist nach Form des Baukörpers und seiner Ausgestaltung durch die Teilungserklärung in Verbindung mit der Bauzeichnung fixiert. Ausdrücklich offengelassen hat der Senat damals, ob die Antragsgegner einem anderen Bau, etwa einem den ursprünglichen Plänen im Wesentlichen ähnelnden und lediglich kleineren Baukörper, zustimmen müssten.

Daraufhin hat der Antragsteller neue Pläne für die Bebauung seines Sondereigentums erstellen lassen. Nachdem er auf das Staffelgeschoß verzichtet hatte, erlangte er durch Beschluss vom 1. Februar 2002 eine öffentlich-rechtliche Befreiung zur Überschreitung der überbaubaren Fläche sowie später einen positiven Bauvorbescheid vom 10. Oktober 2002. Er begehrt nunmehr erneut Zustimmung der Antragsgegner zu den aktuellen Plänen.

Diese sehen gemäß der aufgrund eines Hinweises des Amtsgerichts entwickelten Alternativplanung (Anl. B, die jetzt einzig noch relevant ist) einen Flachdachbungalow mit bestimmter Fensteraufteilung vor, der sich innerhalb der Grenzen des in der Teilungserklärung enthaltenen Baukörpers hält und mit 57 qm Grundfläche kleiner ist als dieser. In seinem entsprechend formulierten Antrag begehrt der Antragsteller die Zustimmung zur "Errichtung eines eingeschossigen, unterkellerten Flachdachbungalows/Einzelhaus gem. § 1 Ziff. 3 k des Teilungsvertrages... in dem Baustil und der Ausgestaltung, wie er dem Baukörper auf dem im Aufteilungsplan Nr. 10 bezeichneten Haus entspricht (Fensterfront im Erdgeschoss nach Westen, Fenster und Kellerfenster nach Süden, Hauseingang von Osten, keine Fenster auf der Nordseite, Oberkante Dach des Erdgeschosses nicht höher als + 56 ü.NN.)", wobei sich die Lage ebenfalls aus Anl. B ergeben soll.

Das Amtsgericht hat diesem Hilfsantrag stattgegeben mit der Einschränkung "vorbehaltlich der endgültigen/bestandskräftigen Baugenehmigung durch das Bezirksamt A ...".

Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 22. Januar 2003 zurückgewiesen.

Die Antragsgegner zu Ziff. 1), 2), 3), 4), 6) und 7) haben dagegen sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Die Antragsgegner 5) und 8) (Eheleute B) haben kein weiteres Rechtsmittel eingelegt.

Die Beschwerdeführer beantragten in erster Linie Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des öffentlich-rechtlichen Widerspruchsverfahrens bezüglich des Vorbescheids vom 10. Oktober 2002. Sie halten das Widerspruchsverfahren für präjudiziell, weil sie sich im Falle eines Erfolges ihres Widerspruchs wohnungseigentumsrechtlich nicht für zur Zustimmung verpflichtet halten.

Zur Begründung der Rechtsbeschwerde im Übrigen bleiben sie bei ihrer Ansicht, das Zustimmungsverfahren sei rechtsmissbräuchlich und unzulässig. Der Antragsteller benötige die Zustimmung nicht, denn sie, die Antragsgegner, wollten sich nicht gegen ein Vorhaben wenden, das im Einklang mit der Teilungserklärung und den Vorschriften des öffentlichen Baurechts stehe.

Ferner halten sie die Bebauung insgesamt für ausgeschlossen, weil das Urteil des Verwaltungsgerichts aus dem Jahre 1999 eine Präklusionswirkung entfalte.

II. Die sofortige weitere Beschwerde gem. §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG ist teilweise unzulässig, im Übrigen aber jedenfalls unbegründet.

1) Die sofortige weitere Beschwerde ist eingelegt worden von den Antragsgegnern zu 1), 2), 3), 4), 6) und 7). Am Verfahren der sofortigen Beschwerde hatten sich die Antragsgegner zu 1), 2), 5), 7) und 8) beteiligt, teilweise vertreten von den Rechtsanwälten pp., teilweise vertreten von Rechtsanwalt.

Da das Protokoll des Landgerichts vom 27. November 2002 ausweist, Rechtsanwältin sei auch für den Antragsgegner zu 4) erschienen und sie auch für ihn den Antrag gestellt hat, mag davon ausgegangen werden, dass der Antragsgegner zu 4) ebenfalls als Beschwerdeführer beteiligt war, denn das Landgericht hat die Beschwerden als unbegründet zurückgewiesen, ohne eine Beschwerde des Antragstellers zu bescheiden.

Nicht als Rechtsmittelführer beteiligt waren hingegen die Antragsgegnerinnen zu 3) und 6). Ihre sofortige weitere Beschwerde ist deshalb unzulässig, weil sie nicht erstmals durch die landgerichtliche Entscheidung beschwert sind. Den dritten Rechtszug kann nur im Falle einer einfachen Beschwerde auch ein solcher Beteiligter betreiben, der auf die erste Beschwerde verzichtet hatte (vgl. Keidel § 27 Rz 11).

Daran ändert die Tatsache nichts, dass die Antragsgegner als Wohnungseigentümer nur gemeinsam zur Zustimmung verurteilt werden konnten. Die Frage der Wirkung der amtsgerichtlichen Verurteilung ist von der Frage der Beschwerdeberechtigung zu trennen. Da die Antragsgegnerinnen zu 3) und 6) die Entscheidung des Amtsgerichts nicht angegriffen haben, wurde sie ihnen gegenüber bindend.

2) Anlass zur Aussetzung des Verfahrens besteht nicht. Das Widerspruchsverfahren ist nicht vorgreiflich. Da die Antragsgegner nur zur Zustimmung vorbehaltlich einer rechtskräftigen öffentlich-rechtlichen Baugenehmigung verurteilt worden sind, hängt die hiesige Entscheidung nicht von öffentlich-rechtlichen Vorfragen ab.

3) Das Rechtsmittel kann in der Sache keinen Erfolg haben. Die Entscheidung des Landgerichts leidet nicht an einem Rechtsfehler (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO), auf den allein hin das Rechtsbeschwerdegericht zur Prüfung befugt ist.

a) Das vom Antragsteller eingeleitete Zustimmungsverfahren ist zulässig. Den Ausführungen des Landgerichts und des Amtsgerichts ist nichts hinzuzufügen.

b) Zutreffend hat das Landgericht ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers für die begehrte Zustimmung bejaht.

Als gerichtsbekannt durfte es davon ausgehen, dass die zuständigen Bauprüfbehörden für die Baugenehmigung stets die Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer verlangen, weil eben durch das Bauvorhaben (Errichtung von Sondereigentum) das Miteigentum der übrigen Wohnungseigentümer (Gemeinschaftseigentum) betroffen ist. Dem Antragsteller ist nicht etwa der Versuch zuzumuten, die Baugenehmigung ohne die Zustimmung der Wohnungseigentümer zu erlangen, weil deren schutzbedürftige Belange in formeller Hinsicht nicht beeinträchtigt sein können.

c) Ohne Rechtsverstoß ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Antragsgegner zur Zustimmung entsprechend dem Hilfsantrag, wie ihm das Amtsgericht stattgegeben hat, verpflichtet sind.

aa) Das von den Antragsgegnern herangezogene Urteil des Verwaltungsgerichts von 1999 entfaltete keine Bindungswirkung in dem Sinne, dass von vornherein die jetzt beabsichtigte Bebauung öffentlich-rechtlich unzulässig wäre. Eine Präklusionswirkung kann über den jeweils zu entscheidenden Gegenstand nicht hinausgehen. Das Verwaltungsgericht hatte nur und gerade über den damals gestellten konkreten Bauantrag zu befinden, der eine gänzlich andere Planung beinhaltete. Die Ausführungen zur überbaubaren Fläche und die Ausübung des Ermessens bezüglich eines Dispenses beruhten auf der damaligen tatsächlichen Situation. Sie sind bereits dadurch hinfällig, dass der Antragsteller inzwischen für seine neue Planung einen Dispens tatsächlich erhalten hat, was nicht etwa durch das zuvor zu seinen Lasten abgeschlossene Verfahren verboten war.

Die Antragsgegner dürfen die Zustimmung schon deshalb nicht verweigern, weil das Amtsgericht sie zur Zustimmung nur vorbehaltlich einer rechtskräftigen öffentlich-rechtlichen Baugenehmigung verurteilt hat. Da die Antragsgegner insofern ihre Rechte wahrnehmen können, hat das Wohnungseigentumsgericht seine Prüfung auf die Frage des Wohnungseigentumsrechts zu beschränken.

bb) Rechtsfehlerfrei hält das Landgericht die Antragsgegner für zustimmungspflichtig, weil der Antragsteller mit seinem Antrag nur das begehrt, was ihm nach der Teilungserklärung zusteht.

Die vom Senat in der zitierten Entscheidung gemachten Vorgaben sind berücksichtigt, denn der Antragsteller übernimmt die bauliche und stilistische Beschreibung, wie sie sich aus der Teilungserklärung ergibt. Insbesondere werden die Fenster des Flachdachbungalows entsprechend angeordnet und die vorgesehene maximale Höhe der Oberkante wird nicht überschritten. Der Baukörper bildet somit insgesamt stilistisch mit dem vorhandenen Baukörper eine architektonische Einheit.

Mehr als diese Beschränkungen können die Antragsgegner nicht verlangen, zumal die Teilungserklärung Materialien und Farbgebung nicht vorgibt. Nicht zu beanstanden ist deshalb schließlich, dass das Landgericht die Fassung des Antrags in Worte ausreichen lässt und den Antragsgegnern nicht zubilligt, ihre Zustimmung von der Erteilung weiterer Informationen in Form konkreter Planungen abhängig zu machen.

Durch die jetzt beantragte Zustimmung droht den Antragsgegnern auch kein Rechtsverlust, denn wenn der Antragsteller gegen die Vorgaben der Teilungserklärung verstößt, ergeben sich Unterlassungsansprüche.

III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 47, 48 WEG.

Ende der Entscheidung

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