Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 26.07.2005
Aktenzeichen: 2 Wx 9/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

Geschäftszeichen: 2 Wx 9/05

In dem Rechtsstreit

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 2. Zivilsenat, am 26. Juli 2005 durch die Richter Dr. Lassen, Puls, Albrecht

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 03. Januar 2005 wird zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt. Der Geschäftswert für das Verfahren vor dem Oberlandesgericht wird auf € 3.000,00 festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den am 03. Januar 2005 ergangenen Beschluss des Landgerichts ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, 22 Abs. 1, 27 Abs. 1, 29 FGG), jedoch unbegründet. Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). I. Die Beteiligten sind Wohnungseigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft xxxxxxxxxx in Hamburg. Die Antragstellerin begehrt die Unterlassung des Betriebs einer Waschmaschine und eines Wäschetrockners im Keller der Antragsgegner sowie die Beseitigung der in diesen Keller verlegten Wasserleitung und des Abwasserabflusses. Nachdem zunächst das Amtsgericht Hamburg-Barmbek den Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegnern aufzugeben, die Waschmaschine und den Wäschetrockner nicht mehr zu nutzen oder nutzen zu lassen und die aus ihrem Sondereigentum dorthin verlegte Wasserleitung und den Abwasserabfluss zu beseitigen, mit Beschluss vom 16. September 2003 zurückgewiesen hatte, hat das Landgericht die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 03. Januar 2005 ebenfalls zurückgewiesen. Wegen weiterer Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die Beschlüsse des Amtsgerichts (Bl. 44 ff. d.A.) und des Landgerichts (Bl. 73 ff. d.A.) verwiesen. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Ansprüche der Antragstellerin auf Beseitigung und Unterlassung verwirkt seien. Der Ehemann der Antragstellerin habe die Veränderungen an den Wasserleitungen, die für jeden Nutzer der Wohnungsanlage ohne weiteres deutlich sichtbar seien, mindestens acht Jahre lang ohne Beanstandungen hingenommen. Der Anschluss des Kellers an die Wasserversorgung sei spätestens im Jahre 1984 geschehen, die gerügten Veränderungen der Leitungen seien im Zusammenhang mit dem Einbau der Wasserzähler im Jahr 1992 vorgenommen worden. Der Betrieb der Waschmaschine und des Wäschetrockners erfolge seit der Vermietung der Wohnung an die Eheleute B. im Jahr 1984. Dass die vom Ehemann der Antragstellerin im Jahr 2000 beanstandeten Auswirkungen des Betriebs dieser Geräte wie verstärkte Feuchtigkeit und Wäschegeruch erstmals im März 2000 aufgetreten sein sollen, sei nicht nachvollziehbar dargelegt. Die Behauptung, dass der Verbrauch von Wasser und Strom zum Betrieb der Waschmaschine und des Wäschetrockners auf Kosten der Gemeinschaft geschehe, entbehre jeder Grundlage. Die bereits gegenüber dem Ehemann der Antragstellerin eingetretene Verwirkung der Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche wirke auch gegenüber der Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin. Gegen diesen Beschluss des Landgerichts wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen weiteren Beschwerde. Sie behauptet, dass ihr der Umstand, dass Wasserleitungen verlegt und eine Waschmaschine installiert wurde, erst deutlich geworden sei, als die Tochter der Eheleute B. nach ihrem Auszug wöchentlich etliche Körbe Wäsche zu ihren Eltern gebracht habe. Die Beeinträchtigungen durch Gestank und Feuchtigkeit im Haus seien erst ab diesem Zeitpunkt entstanden. Damit sei der vom Landgericht zugrunde gelegte Zeitpunkt für die Frage der Verwirkung nicht entscheidungserheblich. Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Landgerichtes Hamburg vom 3. Januar 2005 (Az: 318 T 1/04) aufzuheben und entsprechend dem Antrag in erster Instanz den Beschwerdegegnern aufzugeben, die Waschmaschine und den Wäschetrockner, die in ihrem Kellerraum im Gebäude xxxxxxxx Hamburg, aufgestellt sind, nicht mehr zu nutzen oder nutzen zu lassen und die aus ihrem Sondereigentum dorthin verlegte Wasserleitung und den Wasserabfluss zu beseitigen. Die Antragsgegner beantragen,

die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen. Sie meinen, dass das Landgericht zu Recht von der Verwirkung der Ansprüche der Antragstellerin nach zumindest acht Jahren ausgegangen ist. Die Behauptungen der Antragstellerin über Beeinträchtigungen durch Gestank und Feuchtigkeit im Haus und über den Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens dieser Beeinträchtigungen seien nicht erwiesen. Ebenso habe die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass erst durch die vorgeblichen Beeinträchtigungen Kenntniserlangung von den Leitungen möglich gewesen sei. II. Die von der Antragstellerin mit der sofortigen weiteren Beschwerde angegriffene Entscheidung des Landgerichts ist aufrechtzuerhalten. Die Auffassung des Landgerichts, dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche verwirkt sind, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dass die Antragstellerin von den Antragsgegnern verlangt, die aus deren Wohnung in den zu der Wohnung gehörigen Kellerraum verlegte Wasserleitung und den Abwasserabfluss zu beseitigen und die dort aufgestellte Waschmaschine und den Wäschetrockner nicht mehr zu nutzen bzw. nutzen zu lassen, verstößt gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Das Verlangen und dessen gerichtliche Geltendmachung stellen eine unzulässige Rechtsausübung dar, da die verfolgten Ansprüche verwirkt sind. Ein Anspruch ist verwirkt, wenn der Anspruchsinhaber ihn über längere Zeit nicht geltend gemacht hat und der Anspruchsgegner aufgrund des gesamten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser den Anspruch auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (BGHZ 105, 290, 298; Palandt-Heinrichs, 64. Aufl., § 242, Rn. 87; Roth in MünchKomm-BGB, 4. Aufl., Bd. 2a, § 242, Rn. 296). Eine Verwirkung kommt für Ansprüche aus allen Rechtsgebieten des bürgerlichen Rechts (Roth in MünchKomm-BGB, 4. Aufl., Bd. 2a, § 242, Rn. 298), auch im Wohnungseigentumsrecht (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 22, Rn. 277), in Betracht. 1.

Die Voraussetzungen der Verwirkung der geltend gemachten Beseitigungsansprüche hat das Landgericht zu Recht als erfüllt angesehen. Der Ehemann der Antragstellerin, der ihr Rechtsvorgänger in Bezug auf ihr Wohnungseigentum in der Xxxxx ist, hat nach den Feststellungen des Landgerichts die in Rede stehenden Wasserleitungen über einen Zeitraum von jedenfalls fünfzehn Jahren, die nachträglichen Modifikationen über acht Jahre anstandslos hingenommen. Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin sind diese vom Landgericht angenommenen Zeiträume auch in richtiger Rechtsanwendung der rechtlichen Bewertung zugrunde gelegt worden. Für die Verwirkung eines Anspruchs ist die positive Kenntnis des in Frage stehenden Rechts nicht erforderlich; vielmehr ist maßgeblich, wann der Anspruchsinhaber bei objektiver Beurteilung Kenntnis hätte haben können (Palandt-Heinrichs, 64. Aufl., § 242, Rn. 94). Das Landgericht hat damit ohne Rechtsverstoß auf die deutliche Sichtbarkeit der Veränderungen der Wasserleitungen für jeden Nutzer der Wohnanlage, damit auch für die Antragstellerin und ihren Ehemann, abgestellt. Eine Duldung der Wasserleitung und der daran vorgenommenen Modifikationen über fünfzehn bzw. acht Jahre reicht für die Annahme der Verwirkung der Beseitigungsansprüche aus, zumal mit den in Rede stehenden Leitungen keine merklichen funktionalen oder ästhetischen Beeinträchtigungen einhergehen. So hat das Kammergericht bei sogar von außen sichtbaren baulichen Veränderungen einen Zeitraum von sechs bzw. acht Jahren für eine Verwirkung der Beseitigungsansprüche als ausreichend erachtet (KG NJW-RR 1997, 713, 714; OLGZ 1989, 305, 307).

2.

Hinsichtlich etwaiger Ansprüche auf Unterlassung des Betriebs der Waschmaschine und des Wäschetrockners ist das Landgericht ebenfalls ohne Rechtsverstoß zu dem Ergebnis gelangt, dass auch diese Ansprüche verwirkt sind. Ausgehend von den Feststellungen des Landgerichts, dass die von der Antragstellerin behaupteten Beeinträchtigungen durch Geruch und Feuchtigkeit nicht erst im März 2000 aufgetreten sind, sondern der Ehemann diese Auswirkungen des Betriebs der Geräte etwa 15 Jahre lang hingenommen hat, ist der rechtliche Schluss auf die Verwirkung der Unterlassungsansprüche rechtsfehlerfrei. Die Antragsgegner konnten aus der jahrelangen Nichtbeanstandung ihrer Waschgewohnheiten darauf vertrauen, dass diese auch künftig unbeanstandet bleiben würden. 3.

Die gegenüber ihrem Ehemann eingetretene Verwirkung der Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche muss sich die Antragstellerin als Rechtsnachfolgerin entgegenhalten lassen. Die einmal eingetretene Verwirkung eines Rechts muss auch ein Rechtsnachfolger des Berechtigten gegen sich gelten lassen (KG OLGZ 1989, 305, 307 f.; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 22, Rn. 277). 4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Dass die Gerichtskosten von der Antragstellerin als Unterlegener zu tragen sind, entspricht billigem Ermessen. Der Antragstellerin darüber hinaus die außergerichtlichen Kosten auch der Antragsgegner aufzuerlegen, besteht kein Anlass, zumal die Begründung des Landgerichts von der des Amtsgerichts abweicht und der Gesichtspunkt der Verwirkung erstmalig in der angegriffenen Entscheidung des Landgerichts Berücksichtigung findet. Die Festsetzung des Geschäftswerts ergibt sich aus § 48 Abs. 3 WEG.

Ende der Entscheidung

Zurück