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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 19.07.2007
Aktenzeichen: 3 U 172/05
Rechtsgebiete: BGB, MarkenG


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 242
MarkenG § 14
1. Fehlt in einer Serienzeichen-Abgrenzungsvereinbarung, nach der das Stammzeichen und mehrere Serienzeichen (hier: ACRI und u. a. ACRIVISC) der einen Partei zugewiesen wird und die "Acri"-Serienzeichen der anderen Partei zu löschen sind, eine Unterlassungsverpflichtung zur Benutzung der Serienzeichen, so bleiben die gesetzlichen Unterlassungsansprüche aus Stamm- und Serienzeichen unberührt. Für die Annahme eines (zusätzlichen) vertraglichen Unterlassungsanspruchs im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist demgegenüber in so einem Falle kein Raum.

2. Zur Verwechslungsgefahr zwischen Stammzeichen (hier: ACRI) und Serienzeichen jeweils für ophthalmologische (augenheilkundliche) Produkte, bei denen die Serienzeichen jeweils aus Stamm und Nachsilbe (z. B. "Acri.Lyc") oder aus Stamm und Zusatzbegriff (z. B. "Acri.Ring") gebildet sind.

3. Für die Annahme einer Verwirkung fehlt es an dem Vertrauenstatbestand, wenn die Zeichenbenutzung ausdrücklich abgemahnt, aber erst drei Jahre später gerichtlich geltend gemacht wird und in der Zwischenzeit auch eine abgewandelte Benutzungsform außergerichtlich beanstandet, aber zunächst hingenommen wird.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 172/05

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 19. Juli 2007

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler nach der am 12. April 2007 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 9. August 2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es im Verbotsausspruch des landgerichtlichen Urteils unter Ziffer 1. a) und unter Ziffer 3. a) jeweils zu Beginn nunmehr heißt (das Unterstrichene ist die Einfügung):

"es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr ihre ophthalmologischen Produkte..."

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 230.000.- € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 250.000 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Vertriebs von ophthalmologisch-chirurgischen Medizinprodukten, d. h. von Produkten im Bereich der Augenchirurgie (Klägerin: Anlage K 1; Beklagte: Anlage K 2).

Die Beklagte verwendet für ihre Produkte Bezeichnungen, die (wie z. B. "Acri.Smart") jeweils mit dem Bestandteil "ACRI ..." beginnen. Die Klägerin beanstandet das als Verletzung ihrer Rechte und nimmt die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit u. a. auf Unterlassung in Anspruch.

Die 1995 gegründete Klägerin und die seit 1997 bestehende Beklagte haben zunächst zusammen gearbeitet, waren gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden und sind auch als "ACRI"-Gruppe im Rechtsverkehr aufgetreten.

Die Klägerin ist Inhaberin u. a. der deutschen Wortmarke ACRI Nr. ...880.5, angemeldet ... 1995 und eingetragen ... 1996 für "chirurgische, ärztliche Instrumente und Apparate, chirurgische und ärztliche Instrumente und Apparate für die Augenheilkunde, Implantate, Augenimplantate, Intraokularlinsen; Druckschriften zur Fachinformation von Ärzten und Pflegepersonal" (Klagemarke "880": Anlage K 3). Die ursprüngliche Eintragung auch für die Waren: "Pharmazeutische Erzeugnisse" ist gelöscht worden (Anlage K 3).

Ab 1998 war es zwischen den Parteien zu Differenzen gekommen und es wurden mehrere, für die Klägerin eingetragene Marken, u. a. auch die Klagemarke "880" auf die Beklagte übertragen, und zwar nach dem Vorbringen der Klägerin ohne deren Wissen. Der deswegen geführte Vor-Prozess gleichen Rubrums (Landgericht Berlin 16 O 171/00), in dem die Klägerin die Beklagte auf Einwilligung in die (Rück-)Übertragung der Klagemarke "880" in Anspruch genommen hatte, endete mit dem Prozessvergleich zwischen den Parteien vom 3. August 2000, in dem es u. a. heißt (Anlage K 4):

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Marke ACRI ... (Klagemarke "880") der Klägerin zusteht.

2. Die Beklagte verpflichtet sich, in die Übertragung dieser Marke auf die Klägerin beim Deutschen Patentamt einzuwilligen.

3. Die Beklagte verpflichtet sich, die Marke ACRIVISC ... DE-Nr. ...362.1 auf die Klägerin zu übertragen.

4. Die Klägerin gestattet der Beklagten, die Verwendung des Firmenbestandteils "ACRITEC", und zwar in folgender Schreibweise: "Acri.Tec".

Die Beklagte verpflichtet sich, die beiden Großbuchstaben "A und T" in ihrer Firmierung farblich abgesetzt von den anderen Buchstaben zu gestalten.

5. Die Klägerin gewährt der Beklagten hinsichtlich der bisherigen Schreibweise ihrer Firma in Großbuchstaben und zusammen geschrieben folgende Aufbrauchsfristen:

a) für die Eintragung im Handelsregister, für Briefpapier und Werbung bis zum 31. Dezember 2000,

b) für die Verwendung auf Produktverpackungen bis zum 31. August 2003.

6. Die Klägerin gewährt der Beklagten eine Aufbrauchsfrist bis zum 31. August 2003 für folgende ACRI-Marken bzw. von ihr verwendete ACRI-Zeichen:

ACRILENS, ACRISIL, ACRITEC, ACRIVISCOSE, ACRIPUR, AcriSil-ol, Acriflu-an, Acri-deca, Acri-Hylon, Acri-Lyc, Acrilon, AcriPren, AcriSilk, Acrisorb.

Die Beklagte verpflichtet sich, sämtliche auf ihren Namen eingetragenen ACRI-Marken bis zum 31. August 2003 löschen zu lassen.

7. Die Beklagte verpflichtet sich, gegen etwaige Anmeldungen von ACRI-Marken seitens der Klägerin keine Widersprüche zu erheben.

Die Klägerin verpflichtet sich, bis zum 31. August 2003 keine ACRI-Marken anzumelden, die mit den Marken oder Zeichen identisch sind, die die Beklagte benutzt und die in Ziffer 6) näher bezeichnet sind.

8. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Rechte an der Stammmarke "ACRI" der Klägerin zustehen... (Anlage K 4).

In einem weiteren Vor-Prozess gleichen Rubrums (Landgericht Berlin 16 O 640/00), in dem die Klägerin die Beklagte nochmals auf Übertragung der Klagemarke "880" in Anspruch genommen hatte, ließ die Beklagte diesen Anspruch mit Schriftsatz vom 13. November 2000 anerkennen (Anlage K 5).

Daraufhin ist die Klagemarke "880" Anfang 2001 wieder auf die Klägerin zurückübertragen worden (Anlage K 3).

Die Klägerin hat vorgetragen:

Im Mai 2001 habe sie festgestellt, dass die Beklagte ihre Produktbezeichnungen (die ACRI-Marken) um- bzw. neu gestaltet habe. Das sei als Verstoß gegen den gerichtlichen Vergleich (Anlage K 4) von ihr (Klägerin) unter dem 25. Mai 2001 abgemahnt worden (Anlage K 6). Die Auffassung der Beklagten dazu, die Umgestaltung der ACRI-Marken sei von der im Vergleich vereinbarten Aufbrauchsfrist bis zum 31. August 2003 erfasst (Anlage K 7), sei zwar unrichtig gewesen, aber sie (Klägerin) habe im Hinblick auf diesen Fristablauf keinen neuen Markenstreit mit der Beklagten führen wollen.

Sie (Klägerin) habe dann im Zusammenhang mit einer Gegenabmahnung der Beklagten vom 8. April 2004 (Anlage K 8) festgestellt, dass die Beklagte trotz des Ablaufs der vereinbarten Aufbrauchsfrist zum 31. August 2003 (Anlage K 4) immer noch ACRI-Marken verwendete (Anlagen K 9-10; vgl. dazu den Schriftwechsel: Anlagen K 11-13).

Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche ergäben sich aus dem gerichtlichen Vergleich sowie aus §§ 4, 14 MarkenG.

Die Klagemarke "880" (ACRI) sei von Haus aus stark, zumindest aber normal kennzeichnungskräftig, es gäbe keine Anlehnung oder sonstige Nähe zu irgendwelchen beschreibenden Angaben. "Acri" entspränge auch nicht etwa der Alltags- oder der Werbesprache. Eine Schwächung durch Drittzeichen sei nicht gegeben (Bl. 68 ff, 97). Die Verwendung des Wortbestandteils "ACRI" in den Produktbezeichnungen der Beklagten begründe angesichts der hochgradigen Waren- und Zeichenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr aus dem Aspekt des Serienzeichens (vgl. hierzu Anlage K 16).

Die Beklagte verwende alle im Klageantrag aufgeführten ACRI-Kennzeichnungen für ihre Produkte. Das gelte entgegen dem Einwand der Beklagten auch für "Acri.Sensor - Mesograph System", und zwar auch ohne die vorangestellte Unternehmensbezeichnung "Acri.Tec" (Anlage K 14); die Beklagte benutze auch "Acri.Sensor" in Alleinstellung (Anlage B 1, Anlage K 15).

Ihr (Klägerin) Unterlassungsanspruch sei nicht verwirkt. Sie habe den Anspruch nach der Abmahnung vom 25. Mai 2001 (Anlage K 6) nur deswegen zunächst nicht weiterverfolgt, weil sie wegen des Vergleichs davon habe ausgehen dürfen, dass die Beklagte nach Ablauf der vereinbarten Aufbrauchsfrist zum 31. August 2003 keine ACRI-Zeichen mehr für ihre Produkte verwenden würde.

Die Klägerin hat beantragt (zur ursprünglich angekündigten Antragsfassung: Bl. 2-3),

1. die Beklagte zu verurteilen,

a) es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr ihre Produkte mit den Bezeichnungen "Acri.Sensor - Mesograph System", "Acri.Smart", "Acri.Twin", "Acri.Lyc", "Acri.Sil", "Acri.Lens", "Acri.Ring", "Acri.Clip", Acri.Hylon", "Acri.BioVisc", "Acri.Viscose", "Acri.Pur", "Acri.Sil-ol", "Acri.Deca", "Acri.Flu-an", "Acri.Octa", "Acri.Blue", "Acri.Lon", "Acri.Pren", "Acri.Silk" und "Acri.Sorb" auf den Verpackungen zu kennzeichnen sowie diese Bezeichnungen im Internet zur Kennzeichnung und/oder Bewerbung der eigenen Produkte zu verwenden, insbesondere wenn dies geschieht wie aus Anlage 1 ersichtlich (es folgen 14 Seiten Farbkopien);

b) der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang sie die unter 1. a) bezeichneten Handlungen vorgenommen hat;

2. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin alle bereits entstandenen sowie etwaig noch zukünftig entstehende Schäden zu ersetzen hat, die aus oder im Zusammenhang mit den unter Ziff. 1. a) bezeichneten Handlungen entstanden sind bzw. noch entstehen werden;

(3. ...)

4. die Beklagte zu verurteilen,

a) es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr ihre Produkte mit den Bezeichnungen "Acri.Sensor" und "Acri.Hylon plus" auf den Verpackungen zu kennzeichnen sowie diese Bezeichnungen im Internet zur Kennzeichnung und/oder Bewerbung der eigenen Produkte zu verwenden, insbesondere wenn dies geschieht wie aus Anlage 2 ersichtlich (es folgen 2 Seiten Farbkopien);

b) der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang sie die unter 4. a) bezeichneten Handlungen vorgenommen hat;

5. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin alle bereits entstandenen sowie etwaig noch zukünftig entstehende Schäden zu ersetzen hat, die aus oder im Zusammenhang mit den unter Ziff. 4. a) bezeichneten Handlungen entstanden sind bzw. noch entstehen werden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, der Beklagten eine Aufbrauchs- und Umstellungsfrist von 2 Jahren zu gewähren.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Die Unterlassungsanträge seien zu unbestimmt; der verallgemeinerte Antragsteil (jeweils vor dem "insbesondere") enthalte die erforderlichen sachlichen Beschränkungen nicht, die Klage sei insgesamt unzulässig.

Die Klage sei unbegründet. Der gerichtliche Vergleich (Anlage K 4) regele gerade keine Unterlassungsverpflichtung. Es sei nur hinsichtlich einzelner Produkte eine Aufbrauchsfrist vereinbart worden; der Vergleich habe eine Koexistenz beider Parteien sichern wollen. Die Ansicht der Klägerin, dass der Vergleich alle ACRI-Zeichen erfasse, sei schon im Hinblick auf nicht verwechslungsfähige ACRI-Marken abwegig.

Die Klage sei mangels Verwechslungsgefahr auch aus § 14 MarkenG nicht begründet.

Der Schutzumfang der Klagemarke "880" sei wegen der Drittzeichenlage minimal (Bl. 37) und im Wesentlichen auf den Identitätsbereich beschränkt. Ihre (Beklagten) Firma "Acri.Tec" sei in den relevanten Verkehrskreisen fast zu 100 % bekannt, das schwäche die Klagemarke "880". Viele ihrer (Beklagten) eingesetzten Produktbezeichnungen wiesen zusätzliche Bestandteile auf, die ebenso wie der Anfangsbestandteil ACRI kennzeichnungskräftig seien, so dass im Gesamteindruck keine Ähnlichkeit zur Klagemarke "880" bestehe.

In diesem Zusammenhang könne sich die Klägerin auch nicht auf den Gesichtspunkt des Serienzeichens berufen. Da auch ihr (Beklagten) Unternehmenskennzeichen den Bestandteil ACRI enthalte, werde dieser in den beteiligten Verkehrskreisen nicht als Hinweis auf die Klägerin verstanden. "Acri" sei der Name einer italienischen Stadt.

Zudem würden einige der beanstandeten ACRI-Bezeichnungen zur Kennzeichnung von Flüssigkeiten oder für chirurgisches Nahtmaterial eingesetzt (Bl. 35-36); hier bestehe keine Warenähnlichkeit in Bezug auf die Waren der Klagemarke "880".

Die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin seien jedenfalls verwirkt. Die Klägerin sei im Jahre 1995 auf Veranlassung ihrer (Beklagten) Geschäftsführerin gegründet worden. Die Tätigkeit der Klägerin habe sich auf den Vertrieb von fremdproduzierten Produkten beschränken sollen. Ihr (Beklagten) Unternehmen stelle demgegenüber seine Produkte selbst her und habe eine so dominante Marktdurchdringung erreicht, dass die Klägerin im Hinblick auf eine Verwechslungsgefahr mit ihren Fremdprodukten weniger schutzwürdig sei. Zudem habe sie (Beklagte) mit den beanstandeten Marken, die fast ihr gesamtes Produktportfolio umfassten, einen wertvollen Besitzstand erworben (Bl. 43-48).

Die Klägerin habe die Nutzung der Zeichen nach der Beanstandung gemäß Abmahnschreiben vom 25. Mai 2001 (Anlage K 6) mehr als 3 1/2 Jahre geduldet und auf ihre (Beklagten) abschlägige Antwort vom 19. Juni 2001 (Anlage K 7) geschwiegen. Daraus habe sie (Beklagte) schließen dürfen, dass die Klägerin mit der Benutzung der ACRI-Zeichen einverstanden sei. Hilfsweise könne sie (Beklagte) eine zweijährige Umstellungsfrist beanspruchen.

Durch Urteil vom 9. August 2005 hat das Landgericht den Unterlassungs-Klageanträgen zu 1. a) und zu 4. a) stattgegeben (im Urteilsausspruch: 1. lit. a und 3. lit. a). Allerdings sind dem Urteil als Verbotsanlagen Schwarzweißkopien und nicht wie in den Klageanträgen Farbkopien beigefügt worden.

Das Landgericht hat weiter den Klageanträgen zu 1. b) und zu 4. b) auf Auskunftserteilung mit der Zeitbestimmung "ab 14. Mai 2004" betreffend die Handlungen zu 1. a) und "ab 24. Mai 2005" bezüglich der Handlungen zu 4. b) stattgegeben (im Urteilsausspruch: Ziffern 1. lit. b und 3. lit. b).

Das Landgericht hat außerdem den Klageanträgen zu 2.) und 5.) auf Feststellung der Schadensersatzpflicht mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Worte "oder im Zusammenhang mit" gestrichen worden sind (Urteilsausspruch: 2. und 4.).

Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf das Urteil des Landgerichts wird wegen aller Einzelheiten Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung, soweit sie verurteilt worden ist, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie noch vor:

Entgegen dem Landgericht ergebe sich aus dem gerichtlichen Vergleich (Anlage K 4) keine Unterlassungsverpflichtung zu ihren (der Beklagten) Lasten. Ausdrücklich sei im Vergleich keine Unterlassungsverpflichtung vereinbart worden. Insoweit habe das Landgericht die Darlegungs- und Beweislast dafür verkannt, dass abweichend vom Wortlaut des Vergleichs etwas anderes vereinbart worden sei. Die im Vergleich geregelte Aufbrauchsfrist impliziere eine solche Verpflichtung nicht. Es bestehe kein vertraglicher Unterlassungsanspruch, soweit ein solcher gleichwohl aus dem Vergleich abzuleiten sei, wäre es nur ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB), aber kein konstitutives, andernfalls verstieße die Vereinbarung gegen § 1 GWB (vgl. dazu Bl. 194 ff mit Anlagen B 1-2).

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei auch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aus dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens nicht begründet. Die Annahme eines Serienzeichens verlange besondere, streng zu beurteilende Voraussetzungen, demnach sei die Klagemarke "880" kein Serienzeichen. Nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung sei der vermeintliche Stammbestandteil ("Acri-") im Verhältnis zur vollständigen Bezeichnung weniger bedeutsam. Die Produkte der Parteien seien keine alltäglichen Massenwaren, sondern hochspezialisierte ophthalmologische Produkte, deren Abnehmer spezielle Experten seien und deren Markt überschaubar sei. Die Produktabnehmer wüssten um die Unternehmen "Acrimed" und "Acri.Tec" und könnten deren Produkte mit dem Zeichenbestandteil "Acri-" jeweils aufgrund des weiteren Zeichenbestandteils der betreffenden Seite zuordnen; hieran sei der Verkehr vorliegend gewöhnt.

Zudem habe sie (die Beklagte) schon seit der Eintragung der Klagemarke "880" die Kennzeichnung ACRI benutzt, und zwar auch mit Wissen der Klägerin. Der Schutzumfang der Klagemarke sei daher von vornherein gemindert gewesen. Durch das Hinzufügen weiterer Bestandteile zu "Acri-" sei der Bereich der Zeichenähnlichkeit bereits verlassen. Der Begriff "Acri" sei ferner in der Augenheilkunde als Kurzhinweis auf die Substanz "Acryl" nicht unüblich (Beweisantritt Bl. 226).

Zudem habe die Klägerin inzwischen den Vertrieb von ACRI-Produkten vollständig eingestellt, etwaige Rechte der Klägerin an einem Serienzeichen seien mithin erloschen (Bl. 224). Jedenfalls seien etwaige Ansprüche der Klägerin verwirkt (Bl. 226-228).

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen,

hilfsweise Zulassung der Revision.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass es im Tenor des landgerichtlichen Urteils statt "ihre Produkte" heißt: "ihre ophthalmologischen Produkte".

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es der Klage stattgegeben hat. Ergänzend trägt sie noch vor:

Zu Recht habe das Landgericht den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus der Gesamtschau des gerichtlichen Vergleichs (Anlage K 4) hergeleitet, die anderweitige Auslegung durch die Beklagte sei unzutreffend und finde im Vergleich keine tragfähige Stütze. Von einer Kartellrechtswidrigkeit des Vergleichs könne keine Rede sein, denn es habe der entsprechende Unterlassungsanspruch ohnehin aus § 14 MarkenG bestanden, jedenfalls aber der ernsthafte und objektiv begründete Anlass zu einer dahingehenden Annahme.

Unabhängig davon bestünden die geltend gemachten Ansprüche nach den Vorschriften des MarkenG.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Sie ist demgemäß mit der aus dem Urteilsausspruch des Senats ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig.

Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass die Beklagte das Rechtsmittel zweimal eingelegt hat, und zwar am 17. August 2005 (Bl. 165) und am 8. September 2005 (Bl. 171). Es handelt sich insoweit um nur ein Rechtsmittel (Zöller-Gummer, ZPO, 23. Auflage, § 519 ZPO Rz. 3). Die Fristen für die Einlegung und Begründung der Berufung sind gewahrt.

II.

1.) Der Gegenstand der Berufung der Beklagten sind nur die Klageanträge, soweit ihnen das Landgericht stattgegeben hat. Die Klägerin hat ihrerseits keine Berufung eingelegt. Soweit das Landgericht die Klage im Übrigen abgewiesen hat, ist das Urteil insoweit rechtskräftig.

2.) Der Gegenstand des Unterlassungsantrages zu 1. a) in der in der Berufungsverhandlung von der Antragstellerin verteidigten Fassung ist das Kennzeichnen der ophthalmologischen Produkte der Beklagten mit den dort aufgeführten Bezeichnungen auf den Verpackungen sowie die Verwendung dieser Bezeichnungen zur Kennzeichnung im Internet und/oder Bewerbung jener Produkte, insbesondere wenn es geschieht wie aus der Anlage 1 zum landgerichtlichen Urteil (Schwarz-Weiß-Kopien) ersichtlich.

Entsprechendes gilt für den Gegenstand des Unterlassungsantrages zu 4. a). Dieser betrifft - bei im Übrigen gleichen Wortlaut - die Verwendung von zwei weiteren ACRI-Bezeichnungen für die ophthalmologischen Produkte der Beklagten und besteht - vgl. Ziffer 3. a) im Urteilsausspruch des Landgerichts - ebenfalls aus einem verallgemeinerten Teil-Antrag und aus dem "insbesondere"-Antrag, der sich auf die Anlage 2 zum landgerichtlichen Urteil (Schwarz-Weiß-Kopien) bezieht.

Wie die Klägerin in der Berufungsverhandlung hat klarstellen lassen, soll das Verbot gemäß den Klageanträgen zu 1. a) und zu 4. a) nur die "ophthalmologischen Produkte" der Beklagten betreffen.

Das Landgericht hat in den Anlagen 1 und 2 zum Urteilsausspruch Schwarz-Weiß-Kopien verwendet, während die Verbotsanlagen zur Klageschrift aus Farbkopien bestanden. Die Klägerin hat die Abänderung durch das Landgericht nicht beanstandet, sondern sie verteidigt insoweit das Verbot. Auf bestimmte Farbgebungen kommt es nicht an.

3.) Die Klageanträge zu 1. b) und zu 4. b) auf Auskunftserteilung und zu 2. und 5.) auf Feststellung der Schadensersatzpflicht beziehen sich jeweils auf die Handlungen der Beklagten gemäß den Anträgen zu 1. a) und zu 4. a), und zwar im oben dargestellten Umfang und entsprechend der vom Landgericht vorgenommenen Befristung.

III.

Zu Recht hat das Landgericht die Unterlassungsanträge zu 1. a) und zu 4. a) und demgemäß auch die sich darauf beziehenden Anträge auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht als hinreichend bestimmt angesehen.

Die Unterlassungsanträge enthalten jeweils im verallgemeinerten Antrags-Teil (vor dem "insbesondere") die Formulierungen "auf den Verpackungen zu kennzeichnen" und "zur Kennzeichnung zu verwenden". Sie umschreiben in üblicher und zulässiger Weise die typischen kennzeichenmäßigen Benutzungshandlungen.

Derartige Formulierungen können aus Zulässigkeitsgründen nur dann nicht im Verbot ohne nähere Bestimmung gebraucht werden, wenn über die Einordnung der angegriffenen Verletzungshandlung als kennzeichenmäßige Verwendung in dem Prozess ein berechtigter Streit besteht, weil in diesen Fällen ein so gefasstes Verbot den Streit nicht regeln würde. Um einen derartigen Sonderfall geht es vorliegend nicht.

Die Unterlassungsansprüche zu 1. a) und zu 4. a) beziehen sich auf die Verwendung der angegriffenen Kennzeichen der Beklagten für deren - wie die Klägerin vorsorglich in der Berufungsverhandlung klargestellt hat - ophthalmologischen Produkte. Um branchenfremde andere Produkte geht es nicht. Auch diese Verbotsbestimmung ist hinreichend konkret.

Die "insbesondere"-Anträge zu 1. a) und zu 4. a) beziehen sich auf bestimmte Internetseiten und insoweit ohnehin auf konkrete Verletzungsformen.

IV.

Der mit den Klageanträgen zu 1. a) und zu 4. a) in der jetzigen Fassung geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist - unbeschadet weiterer gesetzlicher Anspruchsgrundlagen - aus den §§ 4 Nr. 1, 14 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG im Hinblick auf die Klagemarke "880" vollen Umfangs bezüglich aller dort aufgeführten ACRI-Zeichen begründet.

1.) Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann dem Prozessvergleich zwischen den Parteien (Anlage K 4), der ausdrücklich keine Unterlassungsverpflichtung der Beklagten enthält, eine vertragliche Unterlassungsverpflichtung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nicht entnommen werden. Das entspricht ersichtlich nicht dem objektiviert erklärten Willen der Parteien des Prozessvergleichs.

Vielmehr sind die der Klägerin zustehenden gesetzlichen markenrechtlichen Ansprüche im Prozessvergleich unberührt geblieben, soweit nicht für die befristete Weiterverwendung bestimmter Kennzeichen der Beklagten Aufbrauchsfristen eingeräumt wurden und für die Firmierung der Beklagten eine bestimmte Gestaltung gestattet worden ist. Um diese Ausnahmen geht es nach dem Streitgegenstand der Klage nicht.

Im Hinblick auf die gesetzlichen Unterlassungsansprüche der Klägerin aufgrund der Klagemarke "880" gilt nichts anderes. Die Klagemarke "880" war - wie ausgeführt - ursprünglich für die Klägerin angemeldet und eingetragen gewesen. Im Prozessvergleich ist bekräftigt worden, dass die Rechte aus der Klagemarke "880" der Klägerin zustehen. In Ausführung des Prozessvergleichs ist das Zeichen auf die Klägerin zurückübertragen worden.

Die im Prozessvergleich übernommene Verpflichtung der Beklagten, ihre sämtlichen ACRI-Zeichen löschen zu lassen, betraf allein die Rechtsposition der Beklagten, insoweit auf eigene Rechte aus jenen ACRI-Zeichen zu verzichten.

Eine gegenüber den gesetzlichen Unterlassungsansprüchen der Klägerin zusätzliche vertragliche Unterlassungsverpflichtung ist die Beklagte gerade nicht eingegangen. Eine nach Treu und Glauben ausfüllungsbedürftige Regelungslücke enthielt der Prozessvergleich nicht, zumal die Klägerin bei den gesetzlichen Ansprüchen über eine bessere Priorität ihrer Firma und ihrer Marken verfügte.

2.) Die Klagemarke "880" ist als Wortmarke ACRI (Anlage K 3) von Haus aus von zumindest normaler Kennzeichnungskraft.

Es handelt sich bei ACRI nach dem deutschen Sprachverständnis um ein Phantasiewort, es gehört unstreitig weder zur der deutschen Umgangssprache noch ist es ein Fachbegriff. Soweit die Beklagte in erster Instanz darauf verwiesen hat, Acri sei eine italienische Stadt, berührt das die Kennzeichnungskraft der Klagemarke "880" für die eingetragenen Waren nicht.

Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 10. April 2007 (dort Seite 7) - zwei Tage vor der Berufungsverhandlung - noch hat vortragen lassen, "Acri" sei in der Augenheilkunde als Kurzhinweis auf die Substanz "Acryl" nicht unüblich, ergibt sich daraus für die originäre Kennzeichnungskraft der Klagemarke "880" nichts anderes. Hierauf hat der Senat die Parteien in der Berufungsverhandlung hingewiesen.

Ein solches Vorbringen wäre, enthielte sie eine einlassungsfähige substantiierte Darlegung, verspätet. Im Übrigen ist die schriftsätzliche Formulierung "nicht unüblich" nicht gleichbedeutend mit "üblich", es fehlt irgend ein lexikalischer Hinweis oder sonstiger Beleg als greifbarer Anhaltspunkt für eine etwa inzwischen eingetretenen beschreibenden Anklang von "Acri" an die Substanz Acryl.

Zudem würde die originäre Kennzeichnungskraft der Klagemarke "880" auch dann nicht nennenswert geschwächt sein, wenn Teile des Verkehrs wegen der klanglichen Nähe zwischen "Acri" und "Acryl" gewisse Assoziationen in jene Richtung haben sollten. Bestimmte ophthalmologische Produkte bestehen aus Acryl, andere dagegen nicht. Derartige für die Herkunftsfunktion einer Marke unbedeutende Anklänge wären nicht ausreichend, die Kennzeichnungskraft der Marke für die eingetragenen Waren einzuschränken.

Im Übrigen ist die Beklagte offensichtlich selbst von der Kennzeichnungskraft des Bestandteils "Acri" ausgegangen, wie ihre eigenen ACRI-Markenanmeldungen und ihr Auftreten als ACRI-Gruppe gemeinsam mit der Klägerin in der Vergangenheit belegen.

3.) Zu der Verwechslungsgefahr bei Serienzeichen - um ein solches handelt es sich, wie noch ausgeführt wird, bei der Klagemarke "880" - sind die schon zum früheren Warenzeichengesetz entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung vom Bundesgerichtshof uneingeschränkt für das MarkenG übernommen und seitdem unverändert angewendet worden, und zwar ausdrücklich als Fall der Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens (Rohnke, Markengesetz, 2. Auflage, § 14 MarkenG Rz. 727 m. w. Nw.). Diesen Grundsätzen folgt der Senat.

Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens liegt vor, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansieht und deshalb nachfolgende Bezeichnungen, die einen identischen oder wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen Zeicheninhaber zuordnet. Das beruht auf der dem Verkehr bekannten Übung vieler Unternehmen, sich eines Stammzeichens für alle ihre Produkte oder für zusammengehörige Sortimentsteile zu bedienen und dieses - dabei als solches erkennbar bleibende - Stammzeichen für einzelne Produktlinien abzuwandeln (Rohnke, a. a. O. § 14 MarkenG Rz. 729-730 m. w. Nw.).

Die Rechtsprechung geht dabei davon aus, dass der Verkehr zu einer aufmerksameren Befassung mit dem Zeichen bereit sein und eine gewisse Marktkenntnis haben muss, um zu solchen Annahmen kommen zu können, wie sie vor allem für Fachkreise nahe liegen können (Rohnke, a. a. O. § 14 MarkenG Rz. 730 m. w. Nw.).

4.) Nach diesen Grundsätzen, denen der erkennende Senat folgt, hat die Klägerin ein Kennzeichenrecht am Stammbestandteil ACRI.

(a) Das Kennzeichenrecht der Klägerin ergibt sich zunächst aufgrund der so lautenden Klagemarke "880".

Damit ist für die Klägerin die Verwendung von "Acri" in Alleinstellung geschützt und vorliegend auch als Stammbestandteil, denn die Klägerin verwendet diesen Bestandteil in ihrer Firma deutlich als solches erkennbar im Anfang der Bezeichnung "ACRIMED" und beide Parteien sind unstreitig - während ihrer einvernehmlichen Zusammenarbeit - als "ACRI"-Gruppe im Geschäftsverkehr aufgetreten. Schon diese Umstände tragen die Annahme, dass die Klägerin am Stammbestandteil ACRI ein Kennzeichenrecht besitzt.

Dass die Beklagte ihrerseits als Firmenschlagwort "ACRI.TEC" benutzt, steht dem nicht entgegen. Die Parteien waren, wie ausgeführt, in der "ACRI"-Gruppe miteinander verbunden, so dass die Ähnlichkeit mit der Firma der Beklagten jedenfalls damals gewollt war. Solchen Zusammenhängen trägt der Verkehr in seinen Vorstellungen Rechnung. Demgemäß ändert der Umstand, dass die Firmierung der Beklagten weiterhin unter Verwendung des Bestandteils ACRI im Prozessvergleich ausdrücklich gestattet worden ist (Anlage K 4), am Charakter des Stammbestandteils ACRI zu Gunsten der Klägerin nichts, mag die Beklagte unter ihrer Firma auch weitgehend, und zwar vor allem bei den angesprochenen Fachkreisen bekannt sein.

Im Übrigen haben das die Parteien im Prozessvergleich (Anlage K 4) auch - verständigerweise - nicht anders gesehen. ACRI wird darin ausdrücklich als "Stammmarke" bezeichnet und die Rechte hieran der Klägerin zugewiesen (Anlage K 4 Ziffer 8). Das entsprach im Übrigen auch der materiellrechtlichen Kennzeichenlage zwischen den Parteien. Die Klägerin verfügte über die prioritätsälteren Rechte an ACRI, nicht die Beklagte.

(b) Das Kennzeichenrecht der Klägerin am Stammbestandteil ACRI ergibt sich außerdem aufgrund ihrer unstreitig vorhandenen ACRI-Marken wie ACRIFLEX und ACRIVISC (Anlage K 16) und aufgrund des Umstandes, dass sie den Stammbestandteil ACRI für einen Großteil ihrer Produkte in Bezeichnungen benutzt, die jeweils aus dem Stammbestandteil gebildet sind (so z. B. ACRIFLEX, ACRIVISC, ACRILINE, ACRIMED Silol und ARCRIMED Deca - vgl. Bl. 67).

5.) Die beanstandeten Bezeichnungen der Beklagten, wie sie in den Klageanträgen zu 1. a) und zu 4. a) aufgeführt sind, verletzen bei der streitgegenständlichen Verwendung der Zeichen jeweils für ophthalmologische Produkte die Rechte der Klägerin an der Klagemarke "880". Insoweit besteht Verwechslungsgefahr. Das gilt für alle aufgeführten Zeichen.

Alle diese Zeichen der Beklagten beginnen jeweils mit dem Bestandteil "Acri" und der jeweils nachfolgende Bestandteil ist durch einen Punkt von "Acri" getrennt ("Acri."). Dieser Aufbau führt dazu, dass in den Zeichen der Beklagten im Schriftbild jeweils eine durch den Punkt gebildete "Nahtstelle" erkennbar ist, die den Verkehr nahe liegend zu der Annahme führen wird, es gehe jeweils um Produkte aus der "ACRI-Familie" mit hinzugefügten Bestandteilen für verschiedene Warenarten.

(a) Das gilt zunächst für solche Zeichen der Beklagten, bei denen der Bestandteil nach "Acri." schon von der Wortbildung an eine bloße "Nachsilbe" bzw. an ein "Unterzeichen" erinnert, wie es zum Beispiel bei "Acri.Twin", "Acri.Lyc", "Acri.Sil", "Acri.Sil-ol", "Acri.Pur", "Acri.Deca", "Acri.Octa", "Acri.Blue", "Acri.Lon", "Acri.Pren" und "Acri.Sorb" der Fall ist.

Innerhalb dieser Gesamtzeichen mit der deutlich erkennbaren "Naht" hat die Nachsilbe schon von sich aus gegenüber ACRI am Anfang eine nur untergeordnete Bedeutung, vorherrschend und insoweit maßgeblich ist der Serienzeichencharakter der ACRI-Zeichen.

(b) Auch die übrigen Bezeichnungen der Beklagten, in denen ein - für sich gesehen - eher eigenständiger Begriff angefügt ist (so bei: "Acri.Sensor - Mesograph System", "Acri.Smart", "Acri.Lens", "Acri.Ring", "Acri.Clip", Acri.Hylon", "Acri.Hylon plus", "Acri.BioVisc", "Acri.Viscose", "Acri.Flu-an" und "Acri.Sensor"), gilt nichts anderes.

Insoweit beginnen die Zeichen jeweils mit "Acri." und die Gesamtbezeichnungen wirken durch den erkennbaren Trennungspunkt als Varianten von ACRI. Hinzukommt, dass es dem Verkehr geläufig ist, dass bei Serienzeichen der variable Bestandteil nicht etwa nur aus Suffixen bestehen muss, sondern auch Wortteilen, die in Alleinstellung durchaus kennzeichnend sein könnten.

(c) Zu dieser demgemäß vorliegenden Identität im Stammbestandteil der angegriffenen Zeichen mit der Klagemarke "880" kommt die Warenidentität.

Die Klagemarke "880" ist u. a. für Waren eingetragen, die sich ohne weiteres als ophthalmologische Produkte zusammenfassen lassen. Das entspricht dem Verwendungsbereich der angegriffenen Zeichen der Beklagten gemäß den Unterlassungsanträgen zu 1. a) und 4. a):

(aa) Die Klagemarke "880" ist, wie ausgeführt, u. a. für "chirurgische, ärztliche Instrumente und Apparate für die Augenheilkunde, Augenimplantate, Intraokularlinsen" eingetragen (Anlage K 3). Insoweit besteht ohne weiteres Warenidentität mit den Produkten der Beklagten, soweit diese Intraokularlinsen und Augenimplantate betreffen sowie das "System zur intraokularen Druckmessung" (vgl. die Anlagen 1 und 2 zu den "insbesondere"-Anträgen zu 1. lit. a. und zu 4. lit. a).

(bb) Nichts anderes gilt für diejenigen, ebenfalls streitgegenständlichen ophthalmolgischen ACRI-Produkte, die als Zubehör bzw. Pflegemittel etwa zu Intraokularlinsen oder zu deren chirurgischen Applikation angeboten werden, so etwa bei Kapselspannringen, Stabilisatorringen, Flüssigkeiten für die Netzhautchirurgie, Nahtmaterial der Beklagten, ebenso ist es bei den sonstigen Lösungen (Flüssigkeiten) im Bereich der Ophthalmologie wie z. B. das Silikonöl (vgl. die Anlagen 1 und 2 zu den "insbesondere"-Anträgen zu 1. lit. a. und zu 4. lit. a; vgl. noch Anlage K 2).

Jedenfalls besteht wegen des Charakters als Zubehör oder chirurgischen Mittels in der Augenheilkunde eine hohe Warenähnlichkeit, die angesichts der Bezeichnungsidentität im Stammbestandteil für die Verwechslungsgefahr ohne weiteres ausreicht.

6.) Entgegen dem Einwand der Beklagten sind die gemäß verletzen Markenrechte der Klägerin an der Klagemarke "880" und damit an dem Serienbestandteil ACRI nicht etwa erloschen.

Hierzu hat die Beklagte nur vorgetragen, sämtliche Geschäftsanteile an dem Unternehmen der Klägerin seien von der "WaveLiht Laser Technologie AG" übernommen worden. Das ist als solches unerheblich, die Markenrechte der Klägerin bleiben ebenso wie die Rechtspersönlichkeit der Klägerin als solche bestehen.

7.) Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche der Klägerin sind nicht verwirkt.

(a) Die Klägerin hat die in Rede stehenden Verletzungshandlungen der Beklagten zuletzt im Mai 2001 abgemahnt und sie hat erst im Dezember 2004 die vorliegende Klage eingereicht. Schon angesichts der Zeitdauer ist das eine nicht so lange Frist, wie sie für den Einwand der Verwirkung in aller Regel vorausgesetzt wird.

(b) Hinzukommt bei dieser Zeitspanne, innerhalb derer die Klägerin noch nicht gerichtlich gegen die Beklagte vorgegangen war, dass die Beklagte gerade wegen der Abmahnung keinen durchgreifend vernünftigen Grund zu der Annahme haben konnte, es würden auf die Abmahnung gleichwohl keine gerichtlichen Schritte der Klägerin folgen. Für einen Vertrauenstatbestand zu Gunsten der Beklagten sprach insoweit nichts.

Vielmehr hätte die Beklagte schon wegen des Prozessvergleichs vorsorglich vor der Benutzungsaufnahme der in Rede stehenden ACRI-Zeichen bei der Klägerin für klare Verhältnisse sorgen müssen.

(aa) Im Prozessvergleich war eindeutig geregelt, dass die dort aufgeführten früheren ACRI-Zeichen der Beklagten zu löschen sind und der Vergleich gestattete der Beklagten ausdrücklich nicht eine Weiterverwendung von irgendwelchen ACRI-Zeichen nach dem Ablauf der vereinbarten Aufbrauchsfristen (Anlage K 4). Zudem wird im Prozessvergleich anerkannt, dass die Rechte an der Stammmarke ACRI der Klägerin zusteht. Dass neue Bezeichnungen mit dem Stammbestandteil ACRI von der Klägerin als Eingriff in ihre Rechte gesehen werden würden, lag auf der Hand.

(bb) Nichts anderes ergibt das Verhalten der Parteien nach dem Abschluss des Prozessvergleichs. Die Beklagte hatte dann ihre im Vergleich angeführten ACRI-Marken zunächst umgestaltet verwendet. Das hatte die Klägerin beanstandet und die Beklagte hatte demgegenüber auf die ihr eingeräumte Aufbrauchsfrist berufen. Dass die Klägerin das zunächst hingenommen hat, rechtfertigt keinen Vertrauenstatbestand jedenfalls nicht für die Zeit nach Ablauf der Aufbrauchsfristen im Prozessvergleich nach Ablauf des August 2003.

(c) Bei dieser Ausgangslage kann auch das Argument der Beklagten, die Klägerin sei schließlich auf Betreiben ihrer (der Beklagten) Geschäftsführerin gegründet worden, die Klägerin habe ursprünglich nur fremdproduzierte Erzeugnisse vertreiben sollen und sie (die Beklagte) habe mit ihren selbst hergestellten Produkten eine dominante Marktdurchdringung erreicht, einen Verwirkungstatbestand nicht ausfüllen.

Die Klägerin ist eine eigene Rechtspersönlichkeit, ihre prioritätsälteren Firmenrechte beruhen auf ihrer tätigen Unternehmensexistenz deutlich vor der Beklagten, entsprechendes gilt für die bessere Priorität der Klagemarke "880". Ein zwischen den Parteien (unterstellt) unterschiedlich großes wirtschaftliches Interesse an den ACRI-Zeichen ist insoweit ebenfalls unbeachtlich.

Die bloße (unbegründete) Hoffnung, die Klägerin werde trotz der Abmahnung nicht vor Gericht gehen, begründet keine Verwirkung, mag die Beklagte inzwischen auch viel investiert und an Reputation mit "ihren" ACRI-Produkten erworben haben.

(d) Mangels einer Verwirkung kommt auch die Einräumung einer Aufbrauchs- oder gar Umstellungsfrist nicht in Betracht. Davon ist bereits das Landgericht zutreffend ausgegangen.

8.) Auch die weiteren Voraussetzungen des mit den Klageanträgen zu 1. a) und zu 4. a) geltend gemachten Unterlassungsanspruch sind gegeben, so insbesondere die Wiederholungsgefahr im Hinblick auf die konkrete Verletzungsform.

Die Verbotsanlagen 1 und 2 zum landgerichtlichen Urteil sind Kopien aus der Internetwerbung der Beklagten. Damit ist belegt, dass die Beklagte die angegriffenen Bezeichnungen kennzeichenmäßig für die in Rede stehenden ophthalmologischen Produkte verwendet hat (vgl. außerdem die Anlagen K 9-10, K 14-15, B 3). Insoweit erfassen die "insbesondere"-Teilanträge zu 1. a) und zu 4. a) jeweils die konkrete Verletzungsform.

Nichts anderes gilt demgemäß auch für die verallgemeinerten Unterlassungsanträge zu 1. a) und zu 4. a), d. h. für die Teilanträge jeweils vor dem "insbesondere". Sie erfassen in zulässiger Verallgemeinerung, wie ausgeführt, die konkrete Verletzungsform.

V.

Der mit den Klageanträgen zu 1. b) und zu 4. b) in der jetzigen Fassung geltend gemachte Anspruch auf Auskunftserteilung sowie die Anträge zu 2.) und zu 5.) auf Feststellung der Schadensersatz der Beklagten sind - unbeschadet weiterer gesetzlicher Anspruchsgrundlagen - aus den §§ 4 Nr. 1, 14 Abs. 2, Abs. 6 MarkenG, § 242 BGB im Hinblick auf die Klagemarke "880" bezüglich aller dort aufgeführten ACRI-Zeichen begründet.

Wie oben ausgeführt, beziehen sich diese Klageanträge auf die Handlungen der Beklagten, wie sie in den von der Klägerin nunmehr verfolgten Unterlassungsanträgen zu 1. a) und zu 4. a) beschrieben sind. Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen unter Ziffer IV. entsprechend Bezug genommen.

VI.

Die nach alledem unbegründete Berufung der Beklagten war demgemäß mit der aus dem Urteilsausspruch des Senats ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Soweit die Klägerin ihre Unterlassungsanträge hinsichtlich der "ophthalmologischen Produkte" der Beklagten präzisiert hat, liegt nur eine redaktionelle Überarbeitung vor. Eine teilweise Klagezurücknahme ist damit nicht verbunden.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.). Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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