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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 04.05.2006
Aktenzeichen: 3 U 223/05
Rechtsgebiete: LFGB, UWG


Vorschriften:

LFGB § 27
UWG § 5
Die Werbeangabe: "hautstraffend" wird vom Durchschnittsverbraucher dahingehend verstanden, das so beworbene Duschgel mache die Haut "straffer" als vor dem Duschen und steigere die Hautelastizität gegenüber dem Zustand vor der Anwendung. Ob man auch erwartet, die Steigerung der Hautelastizität bleibe über einen bestimmten Zeitraum erhalten oder erreiche ein bestimmtes Ausmaß, kann offen bleiben.

Es wird durch die Werbeangabe: "hautstraffend" jedenfalls nicht nur die Vorstellung gewonnen, beim Duschen mit diesem Duschgel trockne die Haut weniger aus als bei anderen Produkten. Die in diese Richtung gehenden Umfragen sind nicht aussagekräftig.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 223/05

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 4. Mai 2006

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Reimers-Zocher nach der am 30. März 2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 30. August 2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antragsgegnerin unter Androhung der vom Landgericht genannten Ordnungsmittel verboten wird, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken das Duschgel "TS" mit der Angabe "HAUTSTRAFFEND" zu bewerben, zu bezeichnen und/oder in den Verkehr zu bringen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe:

A.

Die Parteien produzieren und vertreiben Körperpflegemittel und stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerin vertreibt das Produkt "TS". Hierfür hat sie mit der Angabe "HAUTSTRAFFEND" auf dem Produktbehältnis (Anlage ASt 1) geworben.

Die Antragstellerin beanstandet das als unlauter und nimmt die Antragsgegnerin vorliegend im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 30. August 2005 antragsgemäß der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln verboten,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken das Duschgel "TS" mit der Angabe "HAUTSTRAFFEND" zu bewerben, zu kennzeichnen und/oder in den Verkehr zu bringen.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Antragsgegnerin, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils den Verfügungsantrag der Antragstellerin vom 12. August 2005 zurückzuweisen.

Die Antragstellerin bittet um Zurückweisung der Berufung und zwar mit der Maßgabe,

dass es im Verbotsausspruch des landgerichtlichen Urteils statt: "zu kennzeichnen" heißen soll: "zu bezeichnen".

B.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist demgemäß mit der aus dem Urteilsausspruch des Senats ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.

I.

Der Gegenstand des Unterlassungsantrages in der von der Antragstellerin in der Berufungsverhandlung gestellten und damit verteidigten Fassung ist das Bewerben, Bezeichnen und/oder Inverkehrbringen des Duschgels "TS" der Antragsgegnerin mit der Angabe "HAUTSTRAFFEND".

Das Verbot entspricht dem Urteilsausspruch des Landgerichts bis auf die Wendung: "zu kennzeichnen", die antragsgemäß durch: "zu bezeichnen" ersetzt worden ist. Es geht um die beschreibende Verwendung der Angabe "hautstraffend" und nicht etwa um eine markenmäßige Benutzung. Das hat die Antragstellerin in der Berufungsverhandlung klarstellen lassen.

II.

Der mit dem Verfügungsantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch - in der Fassung gemäß dem Urteilsausspruch des Senats - ist aus den §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG, § 27 LFGB begründet.

Nach der Verkündung des landgerichtlichen Urteils ist das vom Landgericht noch herangezogene LMBG durch die Vorschriften des LFGB ersetzt worden.

1.) Auch nach Auffassung des Senats ist die beanstandete Angabe "hautstraffend" für das Duschgel der Antragsgegnerin irreführend.

(a) Für die Beurteilung einer Werbeangabe als irreführend ist auf die Erwartung des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, des sog. Durchschnittsumworbenen abzustellen (EuGH GRUR Int. 2005, 44, 45, Rn. 24 - SAT 1). Für die Annahme der Irreführung genügt es, wenn die Werbeaussage geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher eine relevante Fehlvorstellung hervorzurufen (BGH WRP 2004, 225 - Mindestverzinsung).

Die beanstandete Angabe ("hautstraffend") für das Duschgel der Antragsgegnerin spricht das breite, allgemeine Publikum an und es geht um einen Gegenstand des täglichen Bedarfs.

(b) Die Angabe "hautstraffend" ist eine Wendung aus dem allgemeinen Sprachgebrauch und hat eine inhaltliche Bedeutung, die direkt und unmittelbar erkennbar ist. Sie besagt nahe liegend, dass das so bezeichnete Duschgel die Haut strafft, d. h. dass die Verwendung des so beworbenen Duschgels die Haut "straffer" macht als vor dem Duschen und damit die Elastizität der Haut gegenüber dem Zustand vor dem Duschen steigert. Es spricht wegen des eindeutigen Ausdrucks "hautstraffend" schon die Lebenserfahrung dafür, dass der Referenzverbraucher die Angabe so verstehen wird.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Verkehr die Angabe darüber hinaus noch dahin versteht, die "hautstraffende" Eigenschaft des Duschgels bewirke eine Steigerung der Hautelastizität über einen definierten längeren Zeitraum und/oder in einem bestimmten Ausmaß.

Jedenfalls ist nicht anzunehmen, dass der Durchschnittsverbraucher - wie die Antragsgegnerin argumentiert - durch "hautstraffend" nur die Vorstellung gewönne, das so bezeichnete Duschgel trockne die Haut weniger aus als unter dem Einsatz anderer Seifen oder Duschgels. Für ein so eingeschränktes Verständnis spricht nichts. Es wird eine Eigenschaft nur des Produkts der Antragsgegnerin genannt und kein Werbevergleich vorgenommen und es ist nicht von einem Weniger an Austrocknung, sondern von "hautstraffend" die Rede. Zu dem von der Antragsgegnerin herangezogenen Verständnis kommt man nur auf dem gekünstelt wirkenden Weg über eher fern liegende Schlussfolgerungen.

Es trifft zwar zu, dass Duschgels wegen ihrer Reinigungsstoffe die Haut austrocknen und damit die Hautelastizität gegenüber dem Zustand vor dem Duschen vermindern. Unstreitig ist auch, dass Duschgels in unterschiedlichem Ausmaß diesen Feuchtigkeitsverlust ausgleichen bzw. verringern.

Auch wenn der Durchschnittsverbraucher diese Umstände kennt und in sein Verständnis von der Angabe "hautstraffend" einbezieht, wird er keine andere Vorstellung als die oben dargestellte gewinnen. Denn wenn dem Verkehr klar und eindeutig gesagt wird, das so beworbene Produkt "straffe" die Haut, so muss er annehmen, seine Haut werde durch das Duschen bzw. beim Duschen mit "TS" straffer als sie es vor dem Duschen war.

Der Durchschnittsverbraucher hat keinen Anhalt etwa für die Vorstellung, ein Duschgel könne den durch den Duschvorgang eintretenden Verlust an Hautfeuchtigkeit, d. h. an Elastizität nicht ausgleichen und "deswegen" müsse "hautstraffend" etwas anderes bedeuten oder sei gar im Sinne des von der Antragsgegnerin skizzierten Verkehrsverständnisses zu verstehen. Denn das setzte die sichere und gleichsam unverrückbare Kenntnis der Produkteigenschaft von "TS" voraus. Davon kann nicht ausgegangen werden, vielmehr wird dem Verkehr mit der Beschreibung als "hautstraffend" eine konkrete, und zwar vermeintlich zutreffende Produktinformation gegeben.

(c) Die von der Antragsgegnerin eingereichte IPSOS-Umfrage (Schutzschrift Landgericht Hamburg 312 AR 375/05, Anlage AG 5) ist nicht geeignet, die oben aufgezeigte Verkehrsvorstellung in Zweifel zu ziehen.

Zum einen liegt die Umfrage nur in englischer Übersetzung vor, wobei auch die gegenüber den deutschen Verbrauchern gestellten Fragen und deren Beantwortung nur in Englisch wiedergegeben sind. Dass man deutsche Verbraucher in Englisch befragt hätte und/oder hätte antworten lassen, ist nicht anzunehmen. Durch die nachträgliche Übersetzung können sich brauchbare Rückschlüsse auf die Verkehrsvorstellung der tatsächlich befragten Verbraucher zu der beanstandeten Angabe "hautstraffend" insoweit nicht ergeben, das liegt auf der Hand.

Zum anderen stünde selbst die von der Antragsgegnerin aus der IPSOS-Umfrage gezogene Schlussfolgerung, 93 % der "deutschen Shower-Gel-Verwender" seien der Meinung, das Produkt "befeuchte die Haut"(Bl. 74 - "moisturize your skin"), nicht zwingend im Gegensatz zu dem oben dargestellten Verkehrsverständnis. Das Ergebnis - unterstellt es ließe sich gesichert aus der Umfrage herleiten - passt auch zu der Vorstellung, die Hautfeuchtigkeit werde gegenüber dem Zustand vor dem Duschen erhöht.

(d) In diesem Verkehrsverständnis ist die Angabe unrichtig und wegen der Relevanz der Fehlvorstellung zugleich irreführend.

Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass eine Steigerung der Hautelastizität und damit eine "hautstraffende" Wirkung nur durch eine Erhöhung der Hautfeuchtigkeit in Betracht kommen. Die Antragsgegnerin behauptet aber selbst nicht, dass ihr Duschgel der Haut mehr Feuchtigkeit zuführt als der Haut durch das Duschen mit dem Produkt entzogen wird.

Auch die von der Antragsgegnerin eingereichten Unterlagen ergeben nichts anderes:

(aa) Das Gutachten Prof. Dr. N (Schutzschrift, Anlage AG 3) kommt zu dem Ergebnis, das Produkt "PAR" bzw. "Pex" enthalte eine Feuchtigkeitscreme und habe eine "aktive feuchtigkeitssteigernde Wirkung im Vergleich zum Produkt ohne Feuchtigkeitscreme" (Anlage AG 3, Seite 3). Und in der eidesstattlichen Versicherung Dr. Z (Schutzschrift, Anlage AG 2) wird ausgeführt, das beworbene Duschgel "TS" enthalte dieselben Inhaltsstoffe wie die Duschcremeprodukte in den Varianten "PAR" und "Pex", aber in höherer Konzentration und habe noch "zusätzliche für die Hautfeuchtigkeit bestimmende Inhaltsstoffe". Damit wird aber nicht behauptet, dass die Hautfeuchtigkeit gegenüber dem Zustand vor dem Duschen erhöht wird.

(bb) Das Gutachten Dr. R (Schutzschrift, Anlage AG 4) stellt fest, dass bei Verwendern von "Wash" gegenüber denen eines anderen Produkts ("LU"-Seife) ein "höherer Wassergehalt und bessere Feuchtigkeit in Woche 2" festzustellen sei. Das Gutachten betrifft nicht den vermeintlichen Effekt einer Steigerung der Hautfeuchtigkeit gegenüber dem Zustand vor dem Duschen. Deswegen kommt es auf das Gutachten Dr. R und auf die darauf bezugnehmende eidesstattliche Versicherung K (Anlage AG 8) nicht an.

(cc) Die eidesstattliche Versicherung P (Anlage AG 7) betrifft ebenfalls nur eine "signifikante Rückführung der durch den reinigenden Vorgang verlorenen Hautfeuchtigkeit" (Bl. 75).

(dd) Die weiteren Unterlagen der Antragsgegnerin betreffen nicht das streitgegenständliche Produkt der Antragsgegnerin (Anlagen AG 10-13) bzw. haben jedenfalls nicht Vergleichsuntersuchungen zur Hautfeuchtigkeit vor und nach dem Duschen mit dem Produkt der Antragsgegnerin zum Gegenstand (vgl. hierzu die in der Berufungsverhandlung überreichten Poster-Veröffentlichungen).

2.) Auch die weiteren Voraussetzungen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs sind gegeben.

Die Antragsgegnerin hat die Angabe "HAUTSTRAFFEND" auf dem Behältnis ihres Duschgels "TS" verwendet, und zwar prominent auf der Vorderseite (Anlage Ast 1). Insoweit besteht die Wiederholungsgefahr. Der Unterlassungsantrag beschreibt die konkrete Verletzungsform in zulässiger Verallgemeinerung.

III.

Nach alledem war die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Abänderung des Verbotsausspruchs - wie in der Berufungsverhandlung beantragt - ist nur redaktioneller Natur. "Hautstraffend" ist eine von Haus aus rein beschreibende Angabe, ein Verbot der Angabe etwa in markenmäßiger Verwendung war und ist nicht Gegenstand des Verfügungsantrages. Das hat die Antragstellerin ausdrücklich klargestellt und entspricht der Aktenlage.

Ende der Entscheidung

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