Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 04.05.2006
Aktenzeichen: 3 U 230/05
Rechtsgebiete: LFGB, UWG


Vorschriften:

LFGB § 27
UWG § 5
1. Die Werbeangabe: "die reichhaltige Feuchtigkeitsformel" für ein Duschmittel ist nicht irreführend im Sinne des § 27 LFGB bzw. des § 5 UWG. Man nimmt an, es werde durch das Produkt der Haut aktiv Feuchtigkeit zugeführt, d. h. dem durch die Reinigungsstoffe bedingten Feuchtigkeitsverlust werde in einem gewissen Umfang durch Feuchtigkeitsrückführung begegnet. Die Vorstellung, das Produkt führe der Haut mehr Feuchtigkeit zu als andere Duschmittel, gewinnt der Verkehr dagegen nicht.

2. Entsprechendes gilt für die Werbeangabe: "Ihre tägliche Quelle der Feuchtigkeit".


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 230/05

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 4. Mai 2006

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Reimers-Zocher nach der am 30. März 2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 13. September 2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der in der Berufungsverhandlung gestellte Verfügungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen wird.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe:

A.

Die Parteien produzieren und vertreiben Körperpflegemittel und stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerin vertreibt das Produkt "NA_xxx mit OIivenmilch". Hierfür hat sie mit einem TV-Spot (Anlage ASt 1) und einer Zeitungs-Werbeanzeige (Anlage ASt 2) geworben.

Die Antragstellerin beanstandet die Werbeangaben der Antragsgegnerin aus dem TV-Spot und der Print-Anzeige als unlauter und nimmt sie vorliegend im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht hat den Antrag der Antragstellerin,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln zu verbieten,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken das Produkt "NA_xxx mit Olivenmilch" als "Feuchtigkeitsquelle" zu bewerben, zu kennzeichnen und/oder in den Verkehr zu bringen, insbesondere wenn dies mit einer oder mehrerer der folgenden Angaben geschieht:

- "die reichhaltige Feuchtigkeitsformel",

- "Ihre tägliche Quelle der Feuchtigkeit";

mit seinem Urteil vom 13. September 2005 zurückgewiesen. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Antragstellerin, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Die Antragstellerin beantragt (wegen der ursprünglich angekündigten Antragsfassung Bl. 62-63),

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln zu verbieten,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das Produkt "NA_xxx mit Olivenmilch" mit einer und/oder beiden der folgenden Angaben zu bezeichnen, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen:

- "die reichhaltige Feuchtigkeitsformel"

- "Ihre tägliche Quelle der Feuchtigkeit"

Die Antragsgegnerin bittet um Zurückweisung der Berufung.

B.

Die zulässige Berufung der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist demgemäß mit der aus dem Urteilsausspruch des Senats ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.

I.

Der Gegenstand des Unterlassungsantrages in der von der Antragstellerin in der Berufungsverhandlung gestellten Fassung ist das Bezeichnen, Bewerben und/oder Inverkehrbringen des Produkts "NA_xxx mit Olivenmilch" der Antragsgegnerin mit den Angaben: "die reichhaltige Feuchtigkeitsformel" und/oder "Ihre tägliche Quelle der Feuchtigkeit".

Um die verallgemeinerten Anträge erster Instanz (dort im Verbotsausspruch vor dem "insbesondere") geht es im Berufungsverfahren nicht mehr.

II.

Der mit dem Verfügungsantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch - in der Fassung wie in der Berufungsverhandlung gestellt - ist betreffend die Angabe: "die reichhaltige Feuchtigkeitsformel" aus den §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG, § 27 LFGB nicht begründet. Entsprechendes gilt für § 5 UWG, soweit die Vorschrift gegenüber den besonderen Vorschriften des LFGB Anwendung findet.

Das vom Landgericht noch herangezogene LMBG ist durch die Vorschriften des LFGB ersetzt worden.

Auch nach Auffassung des Senats ist die angegriffene Angabe: "die reichhaltige Feuchtigkeitsformel" für das Produkt der Antragsgegnerin nicht irreführend.

1.) Die beanstandete Angabe spricht das breite, allgemeine Publikum an. Bei dem damit beworbenen Duschmittel handelt es sich um einen Gegenstand des täglichen Bedarfs. Für die Beurteilung einer Werbeangabe als irreführend ist auf die Erwartung des Durchschnittsverbrauchers abzustellen.

2.) Die Angabe "die reichhaltige Feuchtigkeitsformel" versteht der Referenzverbraucher dahingehend, dass das mit ihr beworbene Produkt der Antragsgegnerin so beschaffen ist, dass es der Haut aktiv Feuchtigkeit zuführt.

Es trifft zwar zu, dass Duschprodukte wegen ihrer Reinigungsstoffe die Haut austrocknen und dass solche Artikel in unterschiedlichem Ausmaß den Feuchtigkeitsverlust zurückführen. Aber unabhängig von der näheren Kenntnis dieser Umstände wird der Durchschnittsverbraucher jedenfalls annehmen, dass das als "reichhaltige Feuchtigkeitsformel" beworbene Duschmittel in einem gewissen Umfang eine Feuchtigkeitsrückführung leistet.

3.) Dass die Werbeangabe in dem unter Ziffer 2.) dargestellten Verständnis nicht zutrifft, hat die Antragstellerin nicht dargelegt bzw. nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

(a) Die eidesstattliche Versicherung Dr. K (Anlage Ast 6) stellte die eigene Bewertung in den Vordergrund, wenn ausgeführt wird, bei dem in Rede stehenden Produkt der Antragsgegnerin sei "die Formel nicht besonders reichhaltig". Das ist nicht zielführend, denn es wird damit nicht dargetan, dass keine Feuchtigkeitsrückführung erfolgt.

Um einen Werbevergleich mit anderen Duschmitteln geht es insoweit nicht. Welche Vorstellungen Dr. K selbst durch die angegriffene Angabe gewinnt, ist insoweit unerheblich.

(b) Das Gutachten Prof. Dr. O (Anlage Ast 7) verhält sich vor allem zu einer "experimentellen Studie, in der die Ergebnisse der Squamometrie als Wirksamkeitsbeweis herangezogen" worden seien und kommt zu dem Ergebnis, eine "feuchtigkeitsspendende Wirkung" lasse sich "aus den Ergebnissen der Studie nicht belegen".

Damit geht es in erster Linie um den Versuch, die Gegenargumente der Antragsgegnerin zu widerlegen; es wird aber nicht belegt, dass das Produkt der Antragsgegnerin keine Feuchtigkeitsrückführung in einem gewissen Umfang leistet.

(c) Die ergänzende eidesstattliche Versicherung Dr. K (Anlage Ast 11) bezieht sich hauptsächlich wiederum auf eine eigene Bewertung, und zwar des Produkts der Antragsgegnerin im Verhältnis zu einem "Standard Duschgel" bzw. zu anderen Produkten, wie denen, die von der Stiftung WARENTEST geprüft worden sind (vgl. hierzu Anlage Ast 6 mit Unter-Anlage 2) und führt noch aus, es sei "bei einer Konzentration von unter 1 % in einem Duschgelprodukt" weder Glycerin noch bei Olivenmilch eine "verbraucherrelevante Verbesserung der feuchtigkeitsspendenden Wirkung zu erwarten".

Damit wird nicht behauptet, dass beim beworbenen Produkt keine Feuchtigkeitsrückführung erfolgt.

(d) Auf die Ergebnisse der SIT-Studie (Anlage Ast 12) kommt es insoweit ebenfalls nicht an.

Sie betrifft den Vergleich zwischen einem D-Duschgel und einem Produkt der Antragsgegnerin, das aber vorliegend nicht beworben worden ist (Anlagen Ast 12-16). Selbst wenn es zutrifft, dass - wie die dritte eidesstattliche Versicherung Dr. K dazu ausführt (Anlage Ast 15) - das untersuchte D-Duschgel über keine "feuchtigkeitsrückführende" Inhaltstoffe und nicht über eine entsprechende Formulierung verfügt (die Antragsgegnerin bestreitet das), ist damit nicht belegt, dass bei dem vorliegend beworbenen Produkt der Antragsgegnerin keine Feuchtigkeitsrückführung erfolgt.

4.) Das demgegenüber von der Antragstellerin angenommene Verkehrsverständnis von der Angabe, nach dem die Duschcreme der Antragsgegnerin der Haut mehr Feuchtigkeit zuführe als andere, kann nicht zugrunde gelegt werden.

Die Beschreibung der "Feuchtigkeitsformel" als "reichhaltig" ist erkennbar ein wertender Begriff, der sich nur mit dem Produkt der Antragsgegnerin und nicht mit anderen Erzeugnissen in Beziehung setzt. Der Referenzverbraucher erkennt das nahe liegend und hat demgemäß keinen Anhalt für das Verständnis, es ginge um mehr Feuchtigkeitszufuhr als bei anderen oder gar bestimmten anderen Duschcremes.

(a) Soweit die Antragstellerin für ihr Verkehrsverständnis von der Angabe auf den Werbespot der Antragsgegnerin (Anlage Ast 1) mit dem besonderen Äußerungsumfeld verweist, übersieht sie, dass die Verwendung des Werbespots nicht Gegenstand des Verfügungsverfahrens ist. Auf Besonderheiten dieses Spots kann daher zur Begründung des streitgegenständlichen Unterlassungsanspruchs nicht zurückgegriffen werden.

(b) Soweit die Antragstellerin darauf abstellt, das Produkt der Antragsgegnerin müsse jedenfalls mehr Feuchtigkeits-Rückführung bewirken als "Standard-Duschgels" (vgl. ähnlich die eidesstattliche Versicherung Dr. K: Anlage Ast 6), kann das für das Verkehrsverständnis nicht zugrunde gelegt werden.

Die Antragstellerin hat nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass es gleichsam zwei bestimmte Kategorien von Duschmitteln - etwa mit und ohne bzw. mit mehr oder weniger intensiver Feuchtigkeitsrückführung - gäbe und dass die Werbeangabe der Antragsgegnerin den Eindruck erwecke, ihr Produkt gehöre zu einer anderen Produktgattung als es tatsächlich der Fall sei.

Deswegen kommt es auch auf die Einschätzung von Dr. K zu einem fehlenden "wesentlichen Unterschied" zu anderen Produkten nicht an (Anlage Ast 6).

III.

Der mit dem in der Berufungsverhandlung gestellten Verfügungsantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist betreffend die Angabe: "Ihre tägliche Quelle der Feuchtigkeit" aus den oben unter Ziffer II. genannten Vorschriften nicht begründet.

Auch nach Auffassung des Senats ist die angegriffene Angabe für das Produkt der Antragsgegnerin nicht irreführend.

1.) Der Referenzverbraucher erkennt, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nahe liegend, dass es sich bei der "Quelle der Feuchtigkeit" um eine blumige, im übertragenen Sinne gemeinte Formulierung im Zusammenhang mit dem täglichen Duschen handelt. Auch insoweit versteht der Verkehr die Angabe nur dahingehend, dass das Produkt der Antragsgegnerin so beschaffen ist, dass es der Haut aktiv Feuchtigkeit zuführt und so in einem gewissen Umfang eine Feuchtigkeitsrückführung leistet.

Das ergibt sich aus dem betont poetisch anmutenden Ausdruck der "Quelle der Feuchtigkeit" ohne weiteres.

2.) Um einen Vergleich mit anderen Duschmitteln - etwa im Sinne einer höheren Feuchtigkeitszufuhr - geht es insoweit nicht. Es handelt sich nicht um vergleichende Werbung und es wird auch nicht etwa gesagt, dass die "Quelle der Feuchtigkeit" besonders ergiebig sei. Demgemäß wird der Verkehr das mangels Anhalt auch nicht so verstehen.

3.) Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen unter Ziffer II. zu der insoweit gleich gelagerten Angabe "die reichhaltige Feuchtigkeitsformel" entsprechend Bezug genommen.

4.) Da sich Besonderheiten für die Kombination mit der Angabe "die reichhaltige Feuchtigkeitsformel" ebenfalls nicht ergeben, ist der Unterlassungsanspruch auch unbegründet, soweit beide Angaben gemäß der Antragsverknüpfung "und" zusammen verwendet werden.

IV.

Nach alledem war die Berufung der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Abänderung des Verfügungsantrages, mit der die Antragstellerin ihren Unterlassungsanspruch in der Berufungsverhandlung weiter verfolgt hat, ist teilweise nur redaktioneller Natur, und zwar soweit das Verbot das "Kennzeichnen" betraf und nunmehr als "Bezeichnen" beschrieben ist. Um eine etwa markenmäßige Verwendung von Angaben ging und geht es im vorliegenden Rechtsstreit nicht, wie die Antragstellerin hat klarstellen lassen.

Im Übrigen enthält die geänderte Antragsfassung eine Zurücknahme des Unterlassungsantrages, soweit der verallgemeinerte Verbots-Teil erster Instanz (vor dem "insbesondere") fallen gelassen worden ist.

Ende der Entscheidung

Zurück