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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 29.08.2002
Aktenzeichen: 3 U 25/02
Rechtsgebiete: LMBG, UWG


Vorschriften:

LMBG § 18 Abs. 1 Nr. 1
LMBG § 18 Abs. 1 Nr. 4
UWG § 1
1. Die Werbeangabe: "Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen" (hier: durch Wiedergabe von Äußerungen Dritter im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG) für ein Streichfett mit cholesterinsenkender Wirkung ist schon nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG unzulässig.

Auch der Hinweis auf Krankheitssymptome kann einen Krankheits bezug herstellen, das ist vorliegend jeweils wegen der Angabe "deutlich runter gegangen" der Fall, weil demgemäß erhöhte LDL-Cholesterinwerte ein bedeutsamer Risikofaktor vor allem für Koronarerkrankungen sind.

2. Weder die Etikettierungs-Richtlinie 79/112/EWG noch die Diät-Rahmenrichtlinie 89/398/EWG stehen dem Verbot entgegen. Der Umstand, dass der Hersteller des Streichfetts wegen einer Entscheidung der EU-Kommission gehalten ist, auf die cholesterinsenkende Bestimmung des Lebensmittels auch in der Werbung hinzuweisen, rechtfertigt die beanstandete Angabe zur "deutlichen" Senkung nicht.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

3 U 25/02

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 29. August 2002

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 25. Juli 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 11. Januar 2002 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu 250.000 €, Ordnungshaft insgesamt höchsten zwei Jahre) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Produkt "becel pro-aktiv" zu werben mit Aussagen von Anwendern des Mittels oder Hinweisen auf solche Aussagen, und zwar mit der Abbildung einer männlichen Person und deren Aussage: "Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen". Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 43.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 33.234 € (= 65.000 DM) festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Einhaltung des lauteren Wettbewerbs gehört (Anlage K 1).

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie, sie vertreibt die Diät-Halbfettmargarine "becel pro aktiv", ein Produkt mit Pflanzensterinen (Phytosterinen; vgl. in der Beiakte Landgericht Hamburg 416 O 280/00 die Schutzschrift Landgericht Hamburg 416 AR 421/00, dort: Anlage AG S 1). Hierfür warb sie in der Illustrierten BUNTE vom 19. Oktober 2000 (Heft Nr. 43, Seite 91) mit einer Anzeige. Diese enthält die Abbildung eines Mannes mit zwei Kindern, eingeblendet ist dort der Text:

" 'Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen.' Robert Aurisch, 38, Vater von vier Kindern".

Unter der Abbildung heißt es: "becel pro-aktiv. Für alle, die ihren Cholesterinspiegel erheblich senken wollen" (Anlage K 2).

Der Kläger beanstandet die Werbung als wettbewerbswidrigen Verstoß gegen § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG und nimmt die Beklagte mit der vorliegenden Klage auf Unterlassung in Anspruch.

In dem vorangegangenen Verfügungsverfahren (Beiakte Landgericht Hamburg 416 O 280/00) gleichen Rubrums - damals firmierte die Beklagte allerdings noch unter: "Uxxxx Dxxxx xxxxxxxxxxx GmbH" - hatte das Landgericht den Unterlassungsverfügungsantrag des Klägers, im geschäftlichen Verkehr für das Produkt "becel pro-aktiv" zu werben mit Aussagen von Anwendern des Mittels oder Hinweisen auf solche Aussagen, insbesondere mit der Abbildung einer männlichen Person und deren Aussage: "Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen"; mit Urteil vom 2. Februar 2001 zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat der Senat mit Urteil vom 23. August 2001 (OLG Hamburg 3 U 97/01) das Urteil des Landgerichts abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im übrigen die Beklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verurteilt; der Verbotsausspruch stimmt mit dem der vorliegenden Unterlassungsklage erster Instanz überein. Auf die Beiakte Landgericht Hamburg 416 O 280/00 und insbesondere auf die genannten Ge richtsentscheidungen wird Bezug genommen.

Die EU-Kommission hatte mit der an die Muttergesellschaft der Beklagten, die Uxxxxx U. K. xxxxxxxxxxxxxxx, Großbritannien (im folgenden: die Uxxxxxx UK), gerichteten Entscheidung vom 24. Juli 2000 (ABl. L 200/59 vom 8. August 2000: Anlage K 6; im folgenden: EU-Entscheidung) die Genehmigung des Inverkehrbringens von "gelben Streichfetten Phytosterinesterzusatz" als neuartige Lebensmittel oder neu artige Lebensmittelzutaten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates ausgesprochen (vgl. wegen der EG-Verordnung: ABl. L 43/1 vom 14. Februar 1997; vgl. in der Beiakte Landgericht Ham burg 416 O 280/00 die Schutzschrift Landgericht Hamburg 416 AR 421/00, dort: Anlage AG S 2).

Nach Art. 2 c) der EU-Entscheidung muss darauf hingewiesen werden, dass das Erzeugnis für Personen bestimmt ist, die ihren Cholesterinspiegel im Blut senken möchten; im Einleitungssatz zu Art. 2 der EU-Entscheidung wird diese Bestimmung als gemeinschaftsrechtliche "zusätzliche Etikettierungsanforderung" bezeichnet (Anlage K 6).

Der Kläger hat vorgetragen:

Die beanstandete Werbung der Beklagten verstoße gegen § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG. Der dort erwähnte "deutlich erhöhte Cholesterinspiegel" sei ein Hinweis auf eine Stoffwech selkrankheit (vgl. Anlage K 7; Beweisantritt Bl. 8), das entspreche der ständigen Rechtsprechung. Die Ausnahmeregelung der EU-Entscheidung rechtfertige die angegriffene Werbung nicht. Die von der Beklagten diskutierte Frage der "Risikofaktoren" gehe an der Sache vorbei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Produkt "becel pro-aktiv" zu werben mit Aussagen von Anwendern des Mittels oder Hinweisen auf solche Aussagen, und zwar mit der Abbildung einer männlichen Person und deren Aussage: "Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen".

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Die beanstandete Werbung habe keinen Krankheitsbezug, weder Nr. 1 noch Nr. 4 des § 18 Abs. 1 LMBG seien verletzt. Die beanstandete Angabe weise auf das deutliche Heruntergehen des Cholesterin hin; dieser Umstand erlaube nicht den Rückschluss, dass der zuvor (vor der Verwendung von "becel pro aktiv") vorhandene Cholesterinspiegel auf jeden Fall ein deutlich erhöhter gewesen sein müsse, denn auch ein erhöhter (aber nicht deutlich erhöhter) Cholesterinspiegel lasse sich deutlich senken.

Zudem sei entgegen der Ansicht des Klägers nicht jeder erhöhte Cholesterinspiegel eine Stoffwechselkrankheit. Es handele sich vielmehr nur um einen Risikofaktor, der insbesondere im Zusammenwirken mit anderen Risikofaktoren (wie z. B. Rauchen oder Übergewicht) zur Entstehung von Krankheiten führen könne (Anlage B 1; Beweisantritt Bl. 18). Die Vorschrift des § 18 LMBG sei in Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht auszulegen und anzuwenden, dieses kenne das spezielle Verbot des § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG nicht.

Eine Irreführung liege ebenfalls nicht vor, als Wirkungsnachweis gebe es entsprechende Studien (Bl. 16) Durch Urteil vom 11. Januar 2002 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, die er form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt er noch vor:

Das Landgericht sei zu Unrecht bei seiner im Verfügungsverfahren (Beiakte Landgericht Hamburg 416 O 280/00) geäußerten Auffassung geblieben, im Verfügungsverfahren habe der Senat dem Verfügungsantrag in dem jetzt verfolgten Umfang zutreffend stattgegeben (Anlage K 3). Diese Ausführungen mache er (der Kläger) sich zu eigen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils der Klage nach dem erstinstanzlichen Unterlassungsantrag stattzugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise: Zulassung der Revision.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und trägt ergänzend noch vor:

Entgegen der Auffassung des Klägers lasse die beanstandete Aussage ("... Cholesterin ist deutlich runtergegangen") für sich allein keinen Rückschluss darauf zu, ob zuvor ein erhöhter oder ein deutlich erhöhter Cholesterinspiegel vorgelegen habe, denn auch ein nur mäßig erhöhter Cholesterinspiegel lasse sich deutlich senken (vgl. noch An lage B 2). Jedenfalls nach den maßgeblichen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts sei die Werbung nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Beiakte Landgericht Hamburg 416 O 280/00 = OLG Hamburg 3 U 97/01 nebst Schutzschrift Landgericht Hamburg 416 AR 421/00 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Klage ist demgemäß unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils stattzugeben.

I.

Gegenstand des Unterlassungsantrages ist das Werben für "becel pro aktiv" mit Aussagen von Anwendern des Mittels oder Hinweisen auf solche Aussagen, und zwar mit der Abbildung einer männlichen Person und deren Aussage: "Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen".

Der Senat sieht sich auch wegen der Erörterung in der Berufungsverhandlung veranlasst, an dieser Stelle nochmals zu verdeutlichen, dass die Werbeaussage nicht etwa allgemein verboten werden soll, sondern nur, wenn sie den Zusatz: "deutlich" enthält.

Gegenstand des Antrages ist nicht die Verwendung der Anzeige der Beklagten, die den Kläger schon zur Einleitung des Verfügungsverfahrens und jetzt zur Einreichung der Klage veranlasst hat (Anlage K 2). Deswegen kann zur Begründung des Unterlassungsanspruchs nicht die zusätzliche Angabe aus der Werbeanzeige ("Für alle, die ihren Cholesterinspiegel erheblich senken wollen") herangezogen werden.

II.

Nach Auffassung des Senats ist der Unterlassungsantrag aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 LMBG, §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG begründet.

Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 23. August 2001 im vorangegangenen Verfügungsverfahren (Beiakte OLG Hamburg 3 U 97/01) diesen Unterlassungsanspruch als begründet angesehen und insoweit im dortigen Verfahren die einstweilige Verfügung unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils erlassen. Der Senat kommt nach erneuter Prüfung seines Standpunktes zum gleichen Ergebnis. 1.) Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG ist es verboten, im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall Aussagen zu verwenden, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen.

Nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG ist es verboten, im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall Äußerungen Dritter, insbeson dere Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben zu verwenden, soweit sie sich auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten beziehen, sowie Hinweise auf sol che Äußerungen. Der Umstand, dass in Nr. 4 des § 18 Abs. 1 LMBG das Wort "Verhütung" abweichend von der Aufzählung in Nr. 1 der Vorschrift fehlt, beruht auf einem offensichtlichen Redaktionsversehen. Äußerungen Dritter sind insoweit zu verbieten, als sie bereits dem Verbot des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG unterliegen (Zipfel, Lebensmittelrecht, Band 2, § 18 LMBG Rz. 31).

Nach zutreffender herrschender Meinung ist lebensmittelrechtlich, arzneimittelmittelrechtlich und heilmittelwerberechtlich als Krankheit "jede, also auch nur eine unerhebliche oder nur vorübergehende Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers anzusehen, die geheilt, d. h. beseitigt oder gelindert werden kann" und die nicht nur eine normale Schwankung der Leistungsfähigkeit darstellt, der jeder Körper ausgesetzt ist (Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Auflage, § 1 HWG Rz. 52 m. w. Nw.). Der Krankheitsbegriff des § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 LMBG stellt in Übereinstimmung mit der Terminologie des HWG- und AMG-Rechts eine juristische Zweckschöpfung dar und ist weit auszulegen (Doepner, a. a. O., § 12 HWG Rz. 7 m. w. Nw.). Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem insoweit einheitlichen Krankheitsbegriff nicht der formale Umstand entgegen, dass die Vorschriften der § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 LMBG einerseits und des § 12 HWG andererseits unterschiedlich strukturiert sind. Zwar sind nach § 12 HWG krankheitsbezogene Aussagen in der Publikumswerbung nicht generell, sondern nur bezüglich der in der in der Anlage zum Gesetz aufgeführten Krankheiten verboten, während § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 LMBG eine solche Einschränkung nicht vorsehen. Damit ist aber nicht etwa der Zugrundelegung eines einheitlichen Krankheitsbegriffs der tragfähige Boden entzogen. Dem steht wiederum selbstverständlich nicht entgegen, dass die Vorschriften der § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 LMBG eigenständig und entsprechend ihrem Sinn und Zweck anzuwenden sind.

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 LMBG betreffen entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur Fallgestaltungen, in denen in der Werbeangabe (auch in der Form als Drittäußerung) eine bestimmte Krankheit konkret benannt wird; auch die Angabe bloßer Symptome kann ausreichen, wenn diese entweder für sich betrachtet einen eindeutigen Krankheitsbezug aufweisen oder wenn sie so deutlich sind, dass zumindest ein erheblicher Teil der Verbraucher sie ohne weiteres mit einer bestimmten Erkrankung verbindet (vgl. zu § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG: BGH WRP 1998, 505 - Gelenk-Nahrung; Doepner, a. a. O., § 12 HWG Rz. 7 m. w. Nw.). Diesen zutreffenden Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung folgt der Senat. Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, Krankheitssymptome seien nicht als Krankheiten im Sinne des § 18 LMBG anzusehen, kann ihr grundsätzlich nicht zu gestimmt werden. Diese Ansicht wird der Zielsetzung von § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 LMBG nicht gerecht, da das Verbot krankheitsbezogener Werbung verhindern soll, dass Lebensmittel werbungsmäßig zu Zwecken eingesetzt werden, denen sie ihrer Bestimmung nach regelmäßig nicht dienen können, nämlich als Quasi-Arzneimittel. Der Verbraucher soll außerdem vor dem Irrtum geschützt werden, mit einem auf solche Weise angepriesenen Lebensmittel sei eine wirk same und ausreichende Selbstbehandlung möglich (BGH a. a. O. - Gelenk-Nahrung). Eine von der herrschenden Mei nung abweichende Beurteilung des Krankheitsbegriffs würde angesichts der schwierigen Grenzziehung zwischen Krankheiten und Krankheitssymptomen auch zu einer Umgehung des Verbots einladen (Doepner, a. a. O. § 12 HWG Rz. 7 m. w. Nw.).

2.) Unter Beachtung dieser Grundsätze enthält die beanstandete Werbung der Beklagten nach Auffassung des Senats eine Aussage mit Krankheitsbezug, und zwar bereits im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG, auf die Besonderheiten des § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG kommt es demgemäß nicht an.

(a) Bei der in der Werbung verwendeten Drittäußerung handelt es sich zugleich um eine eigene der Beklagten.

Die beanstandete Werbung der Beklagten enthält die der abgebildeten Person in den Mund gelegte Äußerung: "Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen". Der angesprochene durchschnittlich aufmerksame und verständige Verbraucher entnimmt der Werbeangabe naheliegend den Hinweis, dass die so beworbene Diät-Margarine der Beklagten den Cholesteringehalt deutlich senkt. Dabei versteht das Publikum zutreffend die streitgegenständliche Drittäußerung (der abgebildeten Per son) jedenfalls auch als diejenige der Beklagten, die sich die Angabe selbstverständlich zu eigen macht.

(b) Die Drittäußerung im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG ist wegen ihres Krankheitsbezuges zugleich eine solche des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG.

Dieser Bezug ergibt sich aus der Wendung "Ich konnt's kaum glauben, aber mein Cholesterin ist deutlich runter gegangen", und zwar im Hinblick auf die damit angesprochene deutliche Einwirkung auf den Cholesteringehalt ("deutlich runter gegangen") durch den Verzehr von "becel pro aktiv", wobei dieser Körperzustand damit aus der Sicht des angesprochenen durchschnittlich aufmerksamen und verständigen Verbraucher als "deutlich erhöhter" Cholesterinspiegel verstanden wird.

Der Einwand der Beklagten, die Drittäußerung enthalte nur den Hinweis auf die deutliche Senkung des Cholesterins und das setze keinen zuvor deutlich erhöhten Cholesterinspiegel voraus, greift nicht durch. Das angesprochene Durchschnittspublikum wird solche scharfen, eher spitzfindigen Überlegungen nicht anstellen. Mit der ausdrücklichen Angabe, die Diät-Margarine der Beklagten senke den Cholesteringehalt deutlich, werden vielmehr zumindest vordringlich Interessenten angesprochen, bei denen der Cholesteringehalt - entsprechend - deutlich erhöht ist, d. h. so deutlich, dass dagegen etwas zu tun ist. Das liegt auf der Hand, denn für Menschen mit normalen Cholesterinwerten kann es nicht von Interesse sein, ihren Cholesterinspiegel deutlich zu senken. Damit steht nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu § 18 LMBG jedenfalls ein Krankheitsbezug in Rede.

(aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und - in Übereinstimmung damit - auch des erkennenden Senats zu § 12 HWG ist ein erhöhter Cho lesterinspiegel jenseits der üblichen Schwankungen eine Stoffwechselkrankheit, und zwar unabhängig davon, ob für die Normabweichung endogene oder exogene Ursachen maßgeblich sind.

Cholesterin ist ein Produkt des menschlichen Stoffwechsels und nimmt an diesem teil. Auch ein ernährungsbedingter erhöhter Blutfettwert wird von der Anlage Nr. 3 zu § 12 HWG erfasst (Doepner, a. a. O., § 12 HWG Rz. 55 m. w. Nw.; vgl. BGH GRUR 1998, 962 - Lebertran I für die Werbeaussage: "Ernährungsbedingt erhöhte Blutfettwerte können gesenkt werden"; vgl. auch OLG Hamburg WRP 1990, 768). Wegen der - wie ausgeführt - einheitlichen Bestimmung des Krankheitsbegriffs gilt im Rahmen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG nichts anderes.

(bb) Einem "deutlich erhöhten" Cholesterinspiegel, auf den in der angegriffenen Werbung der Beklagten durch dessen behauptete deutliche Senkung bei Verzehr der Margarine hingewiesen wird, kommt nach den obigen Ausführungen die Bedeutung eines Krankheitsbezugs zu.

Allerdings wäre es - hierauf weist die Beklagte zu Recht hin - verfehlt, für die Frage als solche, ob eine Krankheit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG vorliegt, auf die An schauung des von der Werbung angesprochenen breiten Publikums und demgemäß auf die Vorstellung medizinischer Laien abzustellen. Auf das Verständnis des angesprochenen Publikum kommt es an, soweit es um die Aussage der Werbung in tatsächlicher Hinsicht geht; insoweit soll der subjektive Eindruck einer Krankheitsbezogenheit vermieden werden (Zipfel, a. a. O., § 18 LMBG Rz. 17). An Hand des damit beschriebenen Zustandes ist der Begriff der Krankheit aus objektiver Sicht zu bestimmen (vgl. zu § 12 HWG: BGH GRUR 1998, 961 - Lebertran I).

Dass ein deutlich erhöhter, aktiv zu senkender Cholesterinspiegel an sich eine Stoffwechselkrankheit sein kann, bestreitet die Beklagte nicht. Auf diese Fragestellung einer möglichen Erkrankung kommt es aber maßgeblich an (vgl. BGH a. a. O. - Lebertran I). Deswegen kann das auch jetzt im Hauptsache-Rechtsstreit wiederholte Argument des Landgerichts, dass ein erhöhter Cholesterinspiegel nicht stets nachteilige Wirkungen auf den Körper haben muss, nicht durchgreifen. Eine solche Betrachtungsweise würde dem Schutzzweck der Vorschriften betreffend Werbung mit Krankheitsbezug nicht gerecht werden. Denn selbstverständlich lässt sich nicht ausschließen, dass es Menschen mit (nur) erhöhtem Cholesteringehalt gibt, die sonst "gesund" sind.

Maßgeblich ist ferner, dass erhöhte LDL-Cholesterinwerte ein bedeutsamer Risikofaktor vor allem für Koronarerkrankungen sind und deswegen der Hinweis auf einen "deutlich erhöhten" Cholesterinspiegel auch insoweit einen eigenständigen Krankheitsbezug hat (Doepner, a. a. O., § 1 HWG Rz. 56 zum Stichwort: "Cholesterinspiegel", § 12 HWG Rz. 55 m. w. Nw.). Die erhebliche Bedeutung der Cholesterinwerte für das KHK-Risiko wird von der Beklagten nicht in Abrede genommen; so wird z. B. in der von ihr vorgelegten Belegstelle ausgeführt, dass sogar schon Cholesterinkonzentrationen "im oberen Bereich des Normalen" mit einem höheren Koronarrisiko einhergingen als bei Werten im unteren Bereich (vgl. Wolfram: Anlage AG 3, Thefeld: Anlage AG 1 der Beiakte Landgericht Hamburg 416 O 289/00). § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG betrifft gerade auch solche Aussagen, die sich auf die Verhütung von Krankheiten bezie hen. Deswegen greift die von der Beklagten vorgenommene, an sich selbstverständlich zutreffende Abgrenzung zwischen Risikofaktor und Krankheit (vgl. hierzu insbesondere Anlage B 1) nicht durch; insoweit bedarf es auch nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Es werden von der Werbung der Beklagten gerade auch Personen angesprochen, bei denen die Cholesterinwerte so deutlich erhöht sind, dass sie medizinisch behandlungs bedürftig sind, um das Risiko einer Koronarerkrankung zu vermindern. Dass damit der oben dargestellte Schutzzweck des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG betroffen ist, liegt auf der Hand.

(cc) Aus dem Umstand, dass es sich bei "becel pro aktiv" weder um ein normales Lebensmittel, noch um ein Arzneimittel, sondern um ein diätetisches Lebensmittel han delt, ergibt sich für die Frage des werblichen Krankheitsbezugs der angegriffenen Angabe nichts anderes. Es mag bei der Werbung für ein Arzneimittel regelmäßig näher liegen, schon wegen des durch das beworbene Produkt medizinisch geprägten Umfeldes einen Krankheitsbezug herzustellen. Das schließt es aber, wie der vorliegende Fall zeigt, nicht etwa aus, der für ein Lebensmittel bestimmten Werbeaussage selbst einen Krankheitsbezug zu entnehmen. Diesem Verständnis steht auch die Einordnung des Produkts der Beklagten als diätetisches Lebensmittel nicht entgegen, zumal es als Streichfett unstreitig eine (gewisse) cholesterinsenkende Wirkung hat und insoweit jedenfalls ähnlich wie ein Arzneimittel wirkt und - wie ausgeführt - gerade Menschen mit deutlich erhöhtem Choleste rinspiegel angesprochen werden.

(dd) Die in § 18 Abs. 2 LMBG für diätetische Lebensmittel vorgesehene Ausnahme vom Verbot des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG kommt vorliegend nicht in Betracht.

Die Ausnahme des § 18 Abs. 2 LMBG besteht nur für bestimmte Aussagen bei in § 3 Abs. 2 DiätV erschöpfend aufgezählten diätetischen Lebensmitteln (vgl. Zipfel, a. a. O., § 18 LMBG Rz. 39), um die es vorliegend nicht geht.

3.) Entgegen der Ansicht der Beklagten steht die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG mit den Richtlinien der Europäischen Union im Einklang.

(a) Allerdings sind die Bestimmungen des LMBG nach Maßgabe der Etikettierungs-Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 in der Fassung der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür vom 20. März 2000 (ABl. L 109/29) auszule gen. Diese Richtlinie gilt auch für Inlandssachverhalte und nicht nur für grenzüberschreitende Fälle (BVerwG WRP 1993, 16 - becel).

Die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, dürfen nach Art. 2 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie 79/112/EWG nicht - vorbehaltlich der Gemeinschaftsvorschriften über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind - einem Lebensmittel Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen lassen. Nach Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 79/112/EWG gelten die Verbote nach Abs. 1 auch für die Werbung.

(b) Aus der hierzu bestehenden Sonderreglung der DiätRahmenrichtlinie 89/398/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind (ABl. L 186/27), ergibt sich insoweit nichts anderes. Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 89/398/EWG dürfen die Kennzeichnung, Aufmachung und die Werbung solchen Erzeugnissen keine Eigenschaften zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben.

Insoweit bestehen im Verhältnis zu § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG keine Besonderheiten. Entgegen der Ansicht der Beklagten steht nach der Richtlinie 89/398/EWG kein von § 18 Abs. 1 LMBG abweichender Krankheitsbegriff in Rede.

Da die Richtlinie 89/398/EWG maßgeblich den Verbraucherschutz betrifft (Erwägungsgrund 6), ist wie bei § 18 Abs. 1 LMBG auf den durchschnittlich verständigen und aufmerksamen Verbraucher abzustellen, soweit es um die durch die Werbung dem betreffenden Erzeugnis zugeschriebenen Eigenschaften geht. Inwieweit den so be schriebenen Zuständen ein Krankheitsbezug zukommt, ist objektiv zu bestimmen. Auf die obigen Ausführungen hierzu im Rahmen des § 18 Abs. 1 LMBG wird entsprechend Bezug genommen.

Aus der von der Beklagten herangezogenen EuGH-Entscheidung (EuGH, Urt. v. 21. März 1991, Rechtssache C-369/88, Amtl. Slg. I-1525 - Delattre) ergibt sich nichts anderes. In jener Entscheidung hat der EuGH ausgeführt, die Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten enthalte keine Definition der Krankheit, diesem Begriff könnten nur die Definitionen gegeben werden, die auf der Grundlage wissenschaftlicher Kenntnisse ganz allgemein anerkannt seien (EuGH, a. a. O., Amtl. Slg. I-1525, 1531 - Delattre). Ein abweichender Krankheitsbegriff, der für § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG im oben dargestellten Sinne bedeutsam sein könnte, ist dem nicht zu entnehmen.

(c) Auf die Anwendbarkeit der besonderen Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG kommt es vorliegend nicht an, da der Unterlassungsanspruch - wie ausgeführt - schon aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG begründet ist. Demgemäß ist auch das Argument der Beklagten, § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG sei wegen des Fehlens einer entsprechenden Vorschrift in den oben genannten Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts unanwendbar, nicht durchgreifend.

4.) Wie der Senat bereits im Verfügungsverfahren ausgeführt hat, steht der Begründetheit des Unterlassungsantrages die EU-Entscheidung (die oben zitierte Entscheidung der EU-Kommission vom 24. Juli 2000: Anlage K 6) nicht entgegen.

Nach Art. 2 c) der EU-Entscheidung muss - wie ausgeführt darauf hingewiesen werden, dass das Erzeugnis für Personen bestimmt ist, die ihren Cholesterinspiegel im Blut senken möchten; im Einleitungssatz zu Art. 2 der EU-Entscheidung wird diese Bestimmung als gemeinschaftsrechtliche "zusätzliche Etikettierungsanforderung" bezeichnet. Hieraus ist allerdings abzuleiten, dass der UNILEVER UK und demgemäß auch der Beklagten nicht der Vorwurf unlauteren Verhalten gemacht werden könnten, wenn und soweit - der Vorgabe der EU-Entscheidung folgend - in der Werbung nur auf die cholesterinsenkende Bestimmung von "becel pro aktiv" hingewiesen wird.

Selbstverständlich ist von der EU-Entscheidung aber nicht etwa jede Werbeaussage zu diesem Thema gedeckt. Die "zusätzliche Etikettierungsanforderung" gilt nach Art. 2 der EU-Entscheidung ausdrücklich unbeschadet der sonstigen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über die Etikettierung von Lebensmitteln.

Die Anwendung der Richtlinie 89/398/EWG und somit auch der Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG für die Beurteilung der angegriffenen Werbemaßnahme bleibt demgemäß davon unberührt. Denn die Werbeangabe betreffend der deutlichen Senkung des ("deutlich runtergegangenen", mithin entsprechend zuvor deutlich erhöhten) Cholesterins ist inhaltlich nicht etwa das Gleiche, sondern geht erheblich über den bloßen Hinweis auf die cholesterinsenkende Wirkung von "becel pro aktiv" hinaus.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Erwägungsgrund in Ziffer 3 der EU-Entscheidung, wonach bei der Vermarktung des Erzeugnisses insbesondere Personen angesprochen werden sollen, die ihren Cholesterinspiegel im Blut senken möchten. Demgemäß ist es der Beklagten nicht verwehrt, auf die Senkung des Cholesterins durch ihr Produkt hinzuweisen. Die Wendung betreffend das deutliche Senken des Cholesterins geht aber, wie ausgeführt, darüber deutlich hinaus.

5.) Die Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG verstößt nicht gegen Art. 12 GG. Die Beklagte ist in ihrer Berufsausübung nicht gehindert, sie kann nach den obigen Ausführungen auf die cholesterin senkende Wirkung ihrer Margarine werblich hinweisen, aber nicht in der beanstandeten Form im Hinblick auf den Hinweis "deutlich".

Das Verbot jeglicher krankheitsbezogener Werbung für Lebensmittel, unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG), stellt allerdings einen erheblichen Eingriff in die Dispositionsfreiheit der werbungtreibenden Wirtschaft dar; das gilt insbesondere für die werbliche Darstellung von als Lebensmittel vermarkteten Produkten, die nach Zusammensetzung und Eigenschaften objektiv eine Doppeleignung als Lebensmittel und als Arzneimittel besitzen. Eine zu extensive Interpretation des Krankheits begriffs insbesondere bei diätetischen Lebensmitteln sowie sonstigen Lebensmitteln mit einem besonderen Gesundheitsaspekt kann auch zu einer nachhaltigen Be einträchtigung des passiven Informationsinteresses der Verbraucherschaft führen (Doepner, a. a. O., § 12 HWG Rz. 7 m. w. Nw.). Unter dieser besonderen Problematik ist auch das in Rede stehende Produkt der Beklagten zu sehen.

Die grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit des § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG kann jedoch angesichts des hohen Ranges des Gesundheitsschutzes nicht in Zweifel stehen, zumal die Gefahren einer Selbstmedikation mit Lebensmitteln und der zu befürchtenden Überschätzung ihrer Wirkungsmöglichkeiten offenkundig sind, das gilt im Grundsatz für jedes Lebensmittel (Doepner, a. a. O., § 12 HWG Rz. 7 m. w. Nw.), und damit auch für solch ein besonderes wie das Erzeugnis der Beklagten.

Die vorzunehmende Interessenabwägung im Rahmen der Gesetzesanwendung auf den vorliegenden Sachverhalt hat mit zu berücksichtigen, dass es bei der in Rede stehenden Vorschrift um gesundheitliche Belange geht, die ihrerseits verfassungsrechtlich geschützt sind (Art. 2 Abs. 2 GG). Den anzuerkennenden wirtschaftlichen Belangen der Beklagten, ihre wegen der cholesterinsenkenden Wirkung einem Arzneimittel jedenfalls ähnliche Margarine angemessen zu bewerben, trägt das Verbot hinreichend Rechnung. Es bezieht sich, wie ausgeführt, nicht etwa allgemein auf Hinweise betreffend die cholesterinsenkende Wirkung, sondern nur auf deren Beschreibung als "deutlich". Insoweit überwiegen die aufgezeigten Interessen der gesundheitlichen Belange der Allgemeinheit offenkundig und ganz erheblich.

6.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsantrages sind gegeben. Der Klageantrag erfasst das Charakteristische der Verletzungsform. Mit der angegriffenen Werbeaussage in Form der genannten Drittäußerung als solcher steht nach den obigen Ausführungen ein Krankheitsbezug in Rede. In der angegriffenen Weise hat die Beklagte geworben (Anlage K 2). Die beworbene Margarine hat unstreitig - und insoweit ähnlich einem Arzneimittel - eine cholesterinsenkende Wirkung. Deswegen können weitere, zusätzliche Hinweise im Zusammenhang mit der beanstandeten Aussage etwa auf eine gesundheitsbewusste Ernährung (wie der Anzeige gemäß Anlage K 2 zu entnehmen) der angegriffenen Angabe die Zielrichtung zur Behandlung deutlich erhöhter Cholesterinwerte nicht nehmen.

Der Kläger ist klagebefugt. Er hat die Voraussetzungen zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG für den Verband vorgetragen, dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Zweifel an der Verbandsklagebefugnis des Klägers sind auch sonst nicht ersichtlich.

Bei § 18 Abs. 1 LMBG handelt es sich um eine wertbezogene Vorschrift zum Schutze der Volksgesundheit (vgl. hierzu allgemein: BGH WRP 1998, 181 - Warentest für Arzneimittel), der vorliegend zu bejahende Verstoß gegen diese Norm stellt ein unlauteres Verhalten im Sinne des § 1 UWG dar. Besonderheiten des Einzelfalles (vgl. hierzu: BGH GRUR 1999, 1128 - Hormonpräparate) führen hier zu keiner abweichenden Bewertung.

Der Unterlassungsantrag betrifft einen wesentlichen Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Es geht um krankheitsbezogene Werbung im Lebensmittelbereich, bei dem Allgemeininteressen ernsthaft betroffen sind. Es handelt sich nicht etwa um einen Bagatellfall.

III.

Nach alledem war die Berufung des Klägers begründet und der Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils stattzugeben.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.). Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesi cherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Eine Vorlage an den EuGH kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht. Wie die obigen Ausführungen zeigen, steht die Anwendung des § 18 Abs. 1 LMBG mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften und Entscheidungen im Einklang. Insbesondere kann von einer möglicherweise mit dem Gemeinschaftsrecht kollidierenden, extensiven Auslegung des nationalen Rechts keine Rede sein.

Ende der Entscheidung

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