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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: 3 U 259/00
Rechtsgebiete: MarkenG, BGB


Vorschriften:

MarkenG § 14
BGB § 242
Ein Markeninhaber, der eine von einem Parallelimporteur neu hergestellte Verpackung für ein Markenmedikament im Hinblick auf mehrere Einzelheiten beanstandet, nicht aber die Tatsache, daß überhaupt eine neue Verpackung hergestellt worden ist, verwirkt damit nicht das Recht, auch diesen Umstand später zu rügen, wenn es an jedem Anhaltspunkt für die Annahme fehlt, ihm sei ein Rügerecht im Hinblick auf diesen Umstand bewußt gewesen.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

3 U 259/00

Verkündet am: 25. Juli 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 11. Juli 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 26. September 2000 abgeändert.

1. Die Beklagten werden verurteilt,

a. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 €, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen, das Arzneimittel "Catapresan" in der Wirkstoffstärke "150" aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union und/oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zu importieren und die äußere Originalverpackung durch eine eigene - insbesondere durch eine Verpackung gemäß beigefügter Anlage I - zu ersetzen und die Gebrauchsinformation auszutauschen und das Arzneimittel in solcher Form in der Packungsgröße N3 (100 Tabletten) in Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen;

b. der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der Handlungen gemäß vorstehender Ziffer 1. lit. a) seit dem 31.03.2000 durch Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses, aus dem sich ergeben müssen: Lieferzeitpunkt, Liefermenge, Abgabenpreise gegenüber allen gewerblichen Abnehmern;

2. festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den Handlungen gemäß vorstehender Ziffer 1. lit. a) seit dem 30.03.2000 entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Ko sten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Be klagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch eine Sicherheitsleistung von 275.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert wird - zugleich in Abänderung der landgerichtlichen Festsetzung vom 26.09.2000 - für beide Instanzen auf 250.000 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin hat die Rechte an der Marke "Catapresan", unter der sie blutdrucksenkende Arzneimittel vertreibt. In Deutschland bringt sie "Catapresan 150" in Packungsgrößen N1 (20 Tabletten), N2 (50 Tabletten) und N3 (100 Tabletten) auf den Markt.

Die Beklagten importieren aus Griechenland das dort von einer Konzerngesellschaft der Klägerin in Packungsgrößen zu 30 Tabletten (drei Blisterstreifen zu je zehn Tabletten) vertriebene "Catapresan 150" und bringen es unter anderem in der Größe N3 in von ihnen hergestellten Umverpackungen ("Europackungen") mit geänderter Gebrauchsinformation in den Verkehr (Anlage K 3). Andere Reimporteure verwenden Bündelpackungen der Größe N3 (vgl. Anlagen K 4 bis 6).

Die Beklagten hatten mit Schreiben vom 28.05.1997 (Anlage K 7) der Klägerin ihren Vertrieb des Mittels in "Europackungen" angezeigt und ihr auf deren Anforderungen auch Muster übersendet. Die Klägerin beanstandete in einem Schreiben vom 09.07.1997 (Anlage K 13) mehrere Einzelheiten an diesen Verpackungen, nicht aber die Verwendung der "Europackung" überhaupt.

Mit Schreiben vom 22.03.2000 (Anlage K 10) forderte die Klägerin die Beklagten auf, für die Packungsgröße N3 wie andere Importeure Bündelpackungen zu verwenden.

Die Klägerin, die sich durch die Weigerung der Beklagten in ihren Markenrechten verletzt sieht, hat beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen,

a. es bei Meidung gesetzlicher Ordnungsmittel zu unterlassen, das Arzneimittel "Catapresan" in der Wirkstoffstärke "150" aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union und/oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zu importieren und die äußere Originalverpackung durch eine eigene - insbesondere durch eine Verpackung gemäß beigefügter Anlage I - zu ersetzen und die Gebrauchsinformation auszutauschen und das Arzneimittel in solcher Form in der Packungsgröße N3 (100 Tabletten) in Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen; b. der Klägerin Auskunft zu erteilen über den Umfang der Handlungen gemäß vorstehender Ziffer 1. a) seit dem 31.03.2000 durch Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses, aus dem sich ergeben müssen: Lieferzeitpunkt, Liefermenge, Abgabenpreise gegenüber allen gewerblichen Abnehmern;

2. festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den Handlungen gemäß vorstehender Ziffer 1. a) seit dem 30.03.2000 entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen,

weil keine Markenrechte der Klägerin verletzt würden. Diese habe der Verwendung der "Europackung" konkludent zugestimmt und etwaige Rechte jedenfalls verwirkt.

Das Landgericht, auf dessen Entscheidung zur Vervollständigung des Tatbestandes Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Sie macht geltend, erst die Feststellung Anfang des Jahres 2000, daß andere Importeure Bündelpackungen vertrieben, habe ihr diese Möglichkeit zum Bewußtsein gebracht. Die Rechtsprechung zur Bündelpackung habe sich erst seit 1998 entwickelt. Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und gemäß den erstinstanzlichen Anträgen zu entscheiden.

Die Beklagte beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien mit Anlagen und Beweisangeboten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg.

I. Der mit dem Klageantrag zu 1. a) geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist aus den §§ 3, 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3-5 MarkenG begründet. Damit sind nach gefestigter Rechtsprechung auch die übrigen Anträge erfolgreich (§§ 19 MarkenG, 242 BGB, 256 ZPO).

1. Es bedarf keiner vertieften Begründung, daß das beanstandete Verhalten der Beklagten an sich, d. h. unbeschadet einer gemeinschaftsrechtlichen Erschöpfung des Markenrechts und/oder eines Verstoßes gegen Art. 28, 30 EGV (früher Art. 30, 36 EG-Vertrag), die Rechte der Klägerin aus der Klagemarke "Catapresan" verletzt, denn ohne ihre Zustimmung darf kein Dritter Arzneimittelpackungen mit dieser Marke versehen und so gekennzeichnet feilhalten und/oder vertreiben (§ 14 Abs. 2-4 MarkenG). Die Beklagte verwendet neu hergestellte Verpackungen, die mit der Be zeichnung "Catapresan" versehen sind; insoweit liegt der markenrechtliche Verletzungstatbestand des "Versehens" mit der Bezeichnung "Catapresan" vor.

Die Beklagte nimmt mit dem Umpacken in die neu hergestellte Verpackung "Catapresan" zu 100 Tabletten einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Rechte aus der Klagemarke vor. Gemeinschaftsrechtlichen Erwägungen stehen dieser Beurteilung nicht entgegen. Die Klägerin darf sich der Benutzung ihrer Marke aus berechtigten Gründen widersetzen (§ 24 Abs. 2 MarkenG). Die Bestimmung des § 24 MarkenG beruht auf der entsprechenden Regelung in Art. 7 der ersten Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken 89/104/EG vom 21. Dezember 1988 (ABl. 1989 Nr. L 40/1). Die hierzu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist zur Auslegung des § 24 MarkenG heranzuziehen.

Der Europäische Gerichtshof geht grundsätzlich davon aus, daß dem Importeur, der fremde Markenware wegen des gemäß Art. 28, 30 EG (früher 30, 36 EG-Vertrag) zu gewährleistenden freien Warenverkehrs innerhalb der Europäischen Union trotz der fehlenden Zustimmung des Markeninhabers zulässigerweise verändert oder in eine neue Verpackung umpackt, damit eine "bestimmte Befugnis eingeräumt wird, die unter normalen Umständen dem Marken inhaber selbst vorbehalten ist" (EuGH WRP 1996, 874, 879, Ziffer 40 - MPA Pharma). Diese Befugnis besteht ausnahmsweise und nur dann mit der Folge, daß sich der Mar keninhaber nicht auf sein ausschließliches Benutzungsrecht berufen darf, wenn alle vom Europäischen Gerichtshof genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so bleibt es bei dem Ausgangspunkt der EuGH-Rechtsprechung, nach der der Markeninhaber den Importeur daran hindern kann, das vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung in einem anderen EU-Mitgliedstaat in den Verkehr gebrachte Arzneimittel in eine neue Verpackung umzupacken und die Marke darauf anzubringen (EuGH a. a. O., Ziffer 49 - MPA Pharma; ebenso EuGH WRP 1996, 867, 873, 874, Ziffern 59, 70 - Eurim Pharm, WRP 1996, 880, 887, 888, Ziffern 68, 79 - Bristol-Myers Squibb).

Es geht in diesen drei EuGH-Entscheidungen jeweils um Fallgestaltungen, in denen Arzneimittel, die unter der Marke des Markeninhabers von diesem (oder durch Dritte mit seiner Zustimmung) in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft in Verkehr gebracht worden sind, unter derselben Marke - aber nach Umpacken bzw. Verändern der Ware und der Packung (der äußeren Verpackung wie z. B. der Faltschachtel und der Primärpackung wie z. B. des Blisterstreifens) durch unautorisierte Dritte - von Dritten in Deutschland eingeführt und vertrieben werden. Ein solches "Wieder-Anbringen" der Marke auf der Ware bzw. auf der Verpackung ist auch vorliegend gegeben.

Zu den oben erwähnten, in jedem Falle notwendigen Voraussetzungen gehört nach der Rechtsprechung des EuGH, daß das Umpacken in eine neue äußere Verpackung erforderlich ist, um das Arzneimittel im Einfuhrland vertreiben zu können. Der Markenrechtsinhaber kann sich demgemäß nach der Rechtsprechung des EuGH dem Umpacken der Ware in eine neue äußere Verpackung widersetzen, wenn es dem Importeur möglich ist, eine im Einfuhrmitgliedstaat vertriebsfähige Verpackung zu schaffen, indem er z. B. auf der äußeren Originalverpackung neue Etiketten in der Sprache des Einfuhrmitgliedstaates anbringt (EuGH WRP 1996, 867, 872, Ziffer 45 - Eurim Pharm; vgl. auch EuGH WRP 1996, 874, 878, Ziffer 27 - MPA Pharma, WRP 1996, 880, 886, Ziffer 55 - Bristol-Myers Squibb). Dies hat der EuGH jüngst deutlich bestätigt (EuGH-Entscheidung vom 23.04.2002, C- 143/00 - Boehringer Ingelheim, WRP 2002, 666, 671, Rdnr. 45 ff.). Hieraus ergibt sich der Grundsatz, daß der Parallelimporteur gehalten ist, in das Kennzeichnungsrecht des Markeninhabers so wenig wie möglich einzugreifen.

Das Umpacken des Arzneimittels in die neue äußere Verpackung "Catapresan" zu 100 Tabletten ist für den Parallelimport nicht erforderlich, wie bereits der Umstand beweist, daß andere Parallelimporteure darauf verzichten und die importierten Verpackungen bündeln. Es fehlt an jedem Vortrag der Beklagten, daß der Verkehr nicht bereit wäre, solche gebündelten Packungen zu akzeptieren, und sie gezwungen wären, Europackungen zu verwenden, um den Widerstand der Verbraucher zu überwinden (vgl. EuGH, Boehringer Ingelheim, Rdnr. 52).

2. Die Klägerin ist nicht gehindert, ihre Rechte wahrzunehmen.

a. Eine konkludente Zustimmung, die "Europackung" zu verwenden, hat zu Recht auch das Landgericht nicht angenommen. Als Problem ist diese Verpackungsart im Schriftverkehr des Jahres 1997 von keiner der Parteien angesprochen worden. Es gab keine Stellungnahme der Kläge rin zur "Europackung" der Beklagten. Den Beklagten ist bekannt, daß ihre Importe den Herstellern und Markenrechtsinhabern grundsätzlich unwillkommen sind und daß die Hersteller Eingriffe in ihre Markenrechte nicht dulden. Sie nehmen sie vielmehr gezwungenermaßen hin, wenn der Grundsatz des freien Warenverkehrs sie hindert, sich den Eingriffen zu widersetzen. Die Beklagten tragen keinen Anhaltspunkt dafür vor, daß die Klägerin ihr Einverständnis zu verstehen gegeben und die Verwendung der "Europackung" gleichsam "abgesegnet" hätte.

b. Das Landgericht ist aber der Meinung, weil die Klägerin im Schreiben vom 09.07.1997 nur bestimmte Ausstattungsmerkmale gerügt habe, habe sie den Beklagten den Eindruck vermittelt, ein Umpacken in die neuen Faltschachteln zu dulden. Sie habe deshalb nach Treu und Glauben ihre Rechte verwirkt, weil die Beklagten in den nachfolgenden Jahren einen Besitzstand erworben hätten, an dessen Schutzwürdigkeit keine zu hohen Anforderungen zu stellen seien, weil die Klägerin - wie vom Bundesgerichts hof entschieden (WRP 1992, 29 - Cranpool) - "durch positives Tun in starkem Maße den Eindruck" erweckt habe, sie werde gegen eine Benutzung der Kennzeichnung nicht vorgehen.

Das überzeugt nicht. Unter den gegebenen Umständen konnten die Beklagten aus dem Schweigen der Klägerin nur auf deren Auffassung schließen, sie sehe sich außer Stande, weitere Einwendungen gegen die übersandte Musterpackung geltend zu machen, nicht aber, sie nehme es hin, daß die Beklagten für das Arzneimittel eigene "Europackungen" verwendeten. Berücksichtigt man die Verhältnisse in Deutschland im Jahre 1997, wäre der Eindruck eines echten "Duldens" auf Seiten der Beklagten nur in Betracht gekommen, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden gewesen wären, daß die Klägerin ihre Möglichkeiten, gegen den Vertrieb in der Europackung vorzugehen, nicht voll auszuschöpfen wollte. Davon kann angesichts ihrer Beanstandungen und ihres Interesses, den Import überhaupt zu unterbinden, nicht die Rede sein. Nichts in ihrem Verhalten sprach dafür, daß die Klägerin glaubte, über ihre Beanstandungen hinaus noch einen weiteren Handlungsspielraum zu haben. Die Beklagten, die für die Voraussetzungen einer Verwirkung darlegungs- und beweispflichtig sind, haben nicht behauptet, der Klägerin sei entgegen ihrem Vortrag die Möglichkeit, importierte Packungen zu bündeln, bereits 1997 geläufig oder das Problem sei jedenfalls so allgemein bekannt gewesen, daß auch die Beklagten davon ausgehen durften, es sei der Kläge rin bewußt. Deshalb fehlt es an einem "Vertrauens tatbestand", auf Grund dessen die Beklagten hätten glauben können, die Klägerin werde bestehende Rechte ihnen gegenüber nicht wahrnehmen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Auflage, § 242, Rdnr. 95; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1998, § 21, Rdnr. 24). Es kommt zwar nicht darauf an, ob die Klägerin ihre Rechte kannte; das Vertrauen, ein solches Recht werde nicht in Anspruch genommen, muß sich aber in irgendeiner Weise aus dem Verhalten der Klägerin herleiten lassen, weil sie einen bestimmten Eindruck durch positives Tun oder durch ein Unterlassen erweckt hat, obwohl sie nach den Umständen aus der Sicht der Beklagten in einer bestimmten Weise hätte handeln müssen. Dafür ist nicht hinreichend vorgetragen.

Deshalb können sich die Beklagten nicht auf die Entscheidung "Cranpool" berufen, denn dort ergab sich der "Vertrauenstatbestand" daraus, daß der Verletzerin mit Billigung des Zeichenberechtigten Prospekte mit dem Zeichen zur Weiterverwendung verkauft worden waren, und dieses Vertrauen war später noch durch ein Rundschreiben verstärkt worden (a.a.O., S. 31). Darin lag "das positive Tun", das die Anforderungen an den Besitzstand herabsetzte. Ein vergleichbares Verhalten ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, die Klägerin hat nicht "durch positives Tun in starkem Maße den Eindruck" erweckt, sie werde gegen Verletzungen ihres Markenrechtes nicht vorgehen. Die Frage nach dem schutzwürdigen Besitzstand stellt sich nicht. Nach den Umständen konnten die Beklagten aus dem Schweigen der Klägerin nicht schließen, sie sei mit allen Beeinträchtigungen ihrer Marke, die sie nicht rüge, einverstanden.

c. Letztlich kommt es nicht einmal darauf an, denn wie der Bundesgerichtshof bekräftigt hat, stehen die einzelnen Voraussetzungen des Verwirkungstatbestandes bzw. die Anfor derungen daran in enger (Wechselwirkungs-)Beziehung zueinander (a.a.O., p. 32).

Die Klägerin hat jedenfalls nicht "durch positives Tun in starkem Maße den Eindruck" hervorgerufen, sie werde weitere Beeinträchtigungen ihres Markenrechtes hinnehmen. Sie hat schlimmstenfalls geschwiegen, wo sie zu ihrem eigenen Besten hätte reden sollen, um etwaige Ungewißheiten zu beseitigen. Damit hat sie allenfalls zu erkennen gegeben, daß sie gegen die Europackung als solche nicht vorgehe.

Der Besitzstand, den die Beklagten durch dieses Schweigen erworben haben, ist nicht so schützenswert, daß demgegenüber die Klägerin mit ihren Rechten für die Zukunft zurückzutreten hätte. Anders als im Falle "Cranpool" haben die Beklagte keinen Besitzstand im Hinblick auf eine Marke erworben, die sie dazu verwendet hätten, eigene Produkte zu kennzeichnen, denn zu keinem Zeitpunkt kam für den Verkehr in Betracht, daß ihnen die Marke "Catapresan" zustehen könne. Sie haben im Gegenteil vielfach darauf hingewiesen, daß sie der Klägerin zukomme. Sie sind mit der "Europackung" möglicherweise in einer gefälligeren Form auf dem Markt aufgetreten, als sie es mit einer gebündelten Packung tun. Aber daß nunmehr nennenswerte Einbußen zu besorgen sind, ist nicht hinreichend dargetan. Die Beklag ten bleiben unverändert als das erkennbar, was sie auch zuvor gewesen sind, die Beklagte zu 1) als diejenige, die das Medikament der Klägerin mit einer seit Jahren verwendeten Marke einführt, umverpackt und vertreibt, die Beklagte zu 2), die am Vertrieb beteiligt ist. Das Medikament wird auch von anderen Importeuren gebündelt auf den Markt gebracht, und bei einem seit vielen Jahren eingeführten Arzneimitteln steht das Medikament mit seinem Wirkstoff und sein Preis gegenüber der Präsentation in einer bestimmten Schachtel so entscheidend im Vordergrund, daß ernsthafte Nachteile für die Beklagten nicht zu befürchten sind.

Allenfalls stellt sich die Frage, ob die Beklagten nicht insoweit geschützt sind, als ihnen unbekannt war, daß sich die Klägerin in ihren Rechten verletzt fühlte (vgl. auch Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 21, Rdnr. 25). Sie braucht aber nicht beantwortet zu werden, da die Klägerin von sich aus ihre Ansprüche auf die Zeit beschränkt hat, in der die Beklagten positiv wußten, daß die Klägerin mit der "Europackung" nicht einverstanden war.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 a. F.. Die Revision ist nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.). Der Bundesgerichtshof hat sich zu den Problemen des Parallelimports bereits geäußert (GRUR 2001, 422, 423 - Zocor; WRP 2001, 1326, 1328 - Adalat). Die hier angewendeten Grundsätze sind jüngst vom EuGH bestätigt worden (EuGH-Entscheidung vom 23.04.2002, C-143/00 - Boehringer Ingelheim, WRP 2002, 666, 671, Rdnr. 45 ff.). und bedürfen keiner weiteren Klärung. Die Entscheidung steht im Einklang mit dieser Rechtsprechung, die Voraussetzungen einer Verwirkung lassen sich aus tatsächlichen Gründen nicht feststellen.

Ende der Entscheidung

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