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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 10.08.2006
Aktenzeichen: 3 U 30/06
Rechtsgebiete: HWG, UWG


Vorschriften:

HWG § 3 Nr. 3 lit. a
UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 8
Wird innerhalb der Fachkreise in der Anzeige für ein rezeptfreies Homöopathikum durch Darstellung einer Koordinaten-Grafik behauptet, das Mittel sei betreffend "Hyperaktivität" etwa gleich wirksam wie das dort gegenüber gestellte allopathische Arzneimittel, so wird der Durchschnittsverbraucher annehmen, die Aussage sei wissenschaftlich hinreichend belegt.

Bei Werbeaussagen für allopathische Arzneimittel wird im Regelfall selbstverständlich erwartet, dass zitierte Studien valide sind. Diese Vorstellung besteht beim Referenzverbraucher auch dann, wenn die Werbeaussage eine Studie zitiert, die ein allopathisches Arzneimittel und ein Homöopathikum vergleichend untersucht hat. Dem steht nicht entgegen, dass bei homöopathischen Präparaten - für sich gesehen - normalerweise keine klinischen Wirksamkeitsnachweise verlangt werden.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 30/06

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 10. August 2006

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Terschlüssen nach der am 6. Juli 2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 23. November 2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Verbotsausspruch des landgerichtlichen Urteils die Worte von: "wobei das Verbot auch dann gilt ..." bis "... verwiesen wird:" ersetzt werden durch den Nachsatz:

"wobei unter der Grafik der Hinweis: 'Prospektive 2-armige Kohortenstudie Z_yyy(r) vs. h_xxx(r), W...... Arzneimittel 2005, publication in process' hinzugefügt wird".

Von den Kosten erster Instanz tragen die Antragstellerin 1/12 und die Antragsgegnerin 11/12.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Antragstellerin 1/4 und die Antragsgegnerin 3/4.

und beschlossen:

Die Streitwertfestsetzung des Landgerichts im Beschluss vom 23. November 2005 wird wie folgt ergänzt:

Von der teilweisen Erledigungserklärung des Verfügungsverfahrens ermäßigt sich der Streitwert erster Instanz auf 100.000 €.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 100.000 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Parteien sind Pharmaunternehmen und stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerin vertreibt das rezeptfreie Homöopathikum Z_yyy, ein sog. fiktiv zugelassenes Arzneimittel "bei Erregungs- und Unruhezuständen" (Anlagen Ast 2-3, Bl. 28 a). Hierfür hat sie gegenüber Fachkreisen u. a. mit einer Anzeige in der "Deutschen Apothekerzeitung" geworben (Anlage Ast 5).

Die Antragstellerin beanstandet die Werbung als wettbewerbswidrig und nimmt die Antragsgegnerin vorliegend im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch. In der Berufungsinstanz geht es nur noch um den Verfügungsantrag zu lit. b.

Die Antragstellerin vertreibt das verschreibungspflichtige Arzneimittel h_xxx zur Behandlung des sog. ADHS (des Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndroms), das insbesondere bei Jugendlichen und Kindern auftritt, die dann unruhig, zappelig und unkonzentriert sind (Anlage Ast 1).

In der angegriffenen Werbeanzeige der Antragsgegnerin für Z_yyy heißt es u. a. (Anlage ASt 5):

"Alle Medien reden von ADHS - bis zu 1,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland sind von dem so genannten "Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom" betroffen.

Und noch einmal bis zu 2 Millionen Kinder und Jugendliche leiden unter einem gesteigerten Bewegungsdrang, sind unruhig, zappelig und unkonzentriert - ohne, dass sie ADHS haben.

Die meisten Eltern dieser Kinder wünschen sich eine sanfte Therapie ohne Chemie. Jetzt gibt es Z_yyy(r) - das Komplex-Homöopathikum mit klinisch nachgewiesener Wirksamkeit* bei allen Ausprägungen der Überaktivität und zur natürlichen Behandlung unruhiger, zappeliger und unkonzentrierter Kinder..."

Neben dem Text in der Anzeige (Anlage Ast 5) ist eine eingerahmte Koordinaten-Grafik abgedruckt (im Folgenden: Grafik "ANZEIGE"). Sie hat die Überschrift "Nachgewiesene Wirksamkeit* ", die Auflösung des Sternchens befindet sich unterhalb der Einrahmung wie folgt:

" *Prospektive 2-armige Kohortenstudie Z_yyy(r) vs. h_xxx(r), W.... Arzneimittel 2005, publication in process".

Die Grafik "ANZEIGE" zeigt zwei Kurven, eine für Z_yyy und eine für h_xxx und zwar zu Beginn, nach 6 und nach 12 Wochen. Unter den Kurven steht:

"Item: Hyperaktivität

- unruhig

- bedarf viel an Aufmerksamkeit

- redet viel

- ruhige Beschäftigung fällt schwer" (Anlage ASt 5).

Die in der Grafik "ANZEIGE" zitierte Studie (im Folgenden: W-uuu-Studie) ist als "Zusammenfassung der Ergebnisse zur Endauswertung" vorgelegt worden (Anlage AG 1).

Für das Präparat Z_yyy ist auf der Packung, in der Gebrauchsinformation und in den Pflichtangaben für die Werbung jeweils unter der Rubrik "Anwendungsgebiet" folgendes vermerkt:

Das Anwendungsgebiet von Z_yyy(r) leitet sich aus den Arzneimittelbildern der sechs Einzelbestandteile ab. Die Kombination bewirkt: Beruhigung und Stärkung der Nerven z. B. bei Neuropathien mit nervösen Angst-, Erregungs- und Unruhezuständen, Hyperaktivität, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen, u. a. Pavor nocturnus und Enuresis sowie neurovegetativen Störungen bei Kindern und Erwachsenen" (Anlagen Ast 2-5).

In der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2005 vor dem Landgericht über die Verfügungsanträge haben die Parteien im Hinblick auf die im Termin abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärungen der Antragsgegnerin (Bl. 25-28) den Rechtsstreit hinsichtlich der Verfügungsanträge zu lit. a und lit. c übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und insoweit wechselseitige Kostenanträge gestellt.

Durch Urteil vom 23. November 2005 hat das Landgericht die Antragsgegnerin unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln - entsprechend dem in der Verhandlung gestellten Verfügungsantrag zu lit. b (wegen der ursprünglich angekündigten Fassung: Bl. 2-3) - verurteilt, es zu unterlassen, für das homöopathische Arzneimittel "Z_yyy" mit einer grafischen Darstellung zur Wirksamkeit von h_xxx einerseits und Z_yyy andererseits - wie nachfolgend dargestellt - zu werben, wobei das Verbot auch dann gilt, wenn unter der Grafik der Hinweis hinzugefügt wird, dass auf eine "prospektive 2armige Kohortenstudie" verwiesen wird (es folgt die Koordinaten-Grafik wie auf Seite 2 der Antragsschrift).

Die Koordinaten-Grafik im Verbotsausspruch des Landgerichts (im Folgenden: Grafik "LG-Verbot") ist eine Kopie der eingerahmten Grafik "ANZEIGE" aus der Anzeige der Antragsgegnerin (Anlage Ast 5), weggelassen sind aber die Überschrift mit Sternchen: "Nachgewiesene Wirksamkeit* " und die Sternchenauflösung unterhalb der Einrahmung (in der Grafik "ANZEIGE" lautet der Hinweis auf die W-uuu-Studie, wie ausgeführt: " *Prospektive 2-armige Kohortenstudie Z_yyy(r) vs. h_xxx(r), W.... Arzneimittel 2005, publication in process").

Die Verwendung der Grafik "LG-Verbot" im Verfügungsantrag zu lit. b unter Abänderung der Grafik "ANZEIGE" ist erfolgt, weil die Antragsgegnerin vorprozessual insoweit eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte (Anlage Ast 8).

Gegen das Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Sie beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils den Verfügungsantrag zu lit. b in der vom Landgericht zuerkannten Fassung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin bittet um Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe (wegen des ursprünglich angekündigten Antrags: Bl. 72),

dass der Antragsgegnerin mit dem noch streitigen Antrag das verboten wird, was im Kontext der Grafik noch verbleibt, wenn die Überschrift "Nachgewiesene Wirksamkeit" entfällt.

B.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in dem Umfang, in dem die Antragstellerin das landgerichtliche Urteil in der Berufungsverhandlung verteidigt, keinen Erfolg. Die Berufung ist demgemäß mit der aus dem Urteilsausspruch des Senats ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.

I.

Der Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach der Klarstellung seitens der Antragstellerin ihr Verfügungsantrag zu lit. b gemäß dem Verbotsausspruch des Senatsurteils.

Der Gegenstand des mit dem Verfügungsantrag zu lit. b nur noch geltend gemachten Unterlassungsanspruchs ist demgemäß das Werben für das homöopathische Arzneimittel "Z_yyy" mit einer grafischen Darstellung zur Wirksamkeit von h_xxx einerseits und Z_yyy andererseits wie in der (im Verbot des landgerichtlichen Urteils eingeblendeten) Grafik "LG-Verbot" dargestellt, wobei aber unter der Grafik der Hinweis hinzugefügt wird: "Prospektive 2-armige Kohortenstudie Z_yyy(r) vs. h_xxx(r), W... Arzneimittel 2005, publication in process".

Der Sache nach bedeutet das, dass der Antragsgegnerin die weitere Verwendung ihrer Grafik "ANZEIGE" für die beschriebene Werbung verboten ist, und zwar ohne die dortige Überschrift: "Nachgewiesene Wirksamkeit".

Im Hinblick auf die konkrete Verletzungsform (vgl. die Anzeige für Z_yyy gemäß Anlage ASt 5 mit der Grafik "ANZEIGE") geht es verallgemeinert um die werbliche Verwendung der Grafik gemäß dem Urteilsausspruch des Senats ohne Erläuterung zum Gegenstand und Design der zitierten Studie.

Mit der Abänderung des landgerichtlichen Tenors soll nur die Reichweite des (so beantragten) gerichtlichen Verbotes bestimmt und nicht etwa angedeutet werden, dass der Hinweis unterhalb der Grafik ("Prospektive 2-armige Kohortenstudie...") als solcher das Verbot begründete und/oder dass die werbliche Verwendung der Grafik gemäß dem Urteilsausspruch des Senats ohne diesen Hinweis auf die W-uuu-Studie etwa wettbewerbsrechtlich zulässig wäre.

II.

Der mit dem Verfügungsantrag zu lit. b im oben unter I. dargestellten Umfang geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nach Auffassung des Senats aus den §§ 3, 8, 4 Nr. 11 UWG, § 3 HWG begründet.

1.) Gemäß § 3 HWG ist eine irreführende Werbung für Arzneimittel unzulässig. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben über die Beschaffenheit von Arzneimitteln gemacht werden (§ 3 Nr. 3 lit. a HWG).

2.) Bei der beanstandeten Werbung ist auf das Verständnis des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsadressaten der Werbung abzustellen, d. h. auf das der Fachkreise, vor allem der Ärzte, aber auch der Apotheker. Es geht schon im Hinblick auf die konkrete Verletzungsform (eine Anzeige in der "Deutschen Apothekerzeitung") und nach den Ausführungen der Antragsschrift, die das Verständnis der Ärzte und Apotheker heranziehen (Bl. 4), nur um das Werben innerhalb der Fachkreise und nicht um eine Publikumswerbung.

3.) Der durchschnittliche Referenzverbraucher muss aufgrund der Werbung mit der Grafik gemäß dem Urteilsausspruch des Senats selbstverständlich annehmen, die mit der Aussage in der Grafik behauptete etwa gleichwertige Wirkung von h_xxx und Z_yyy bei der unterhalb der Grafik näher beschriebenen "Hyperaktivität" sei wissenschaftlich hinreichend belegt, zumal es gegenteilige oder einschränkende Hinweise in der beanstandeten Werbung der Antragsgegnerin nicht gibt.

Der Senat verkennt nicht, dass die streitgegenständliche Werbung mit der Grafik gemäß dem Urteilsausspruch des Senats nicht die Überschrift: "Nachgewiesene Wirksamkeit" aufweist. Gleichwohl wird bei Verwendung der in Rede stehenden Grafik eine vergleichende Aussage über die Wirkung der beiden Präparate gemacht, denn es geht um die Anwendung bis "nach 12 Wochen" und zwar in Bezug auf "Hyperaktivität" bzw. bei der ADHS-Symptom-Behandlung, wobei die beiden Kurven (für h_xxx und Z_yyy) etwa gleich verlaufen.

Bei der gesundheitsbezogenen Werbung für Arzneimittel sind strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen zu stellen (BGH GRUR 1991, 848 - Rheumalind II). So sind werbende Anpreisungen auf diesem Gebiet u. a. dann unzulässig, wenn sie nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen. Das gilt vor allem auch bei ungeprüften Behauptungen oder Aussagen in der Werbung ohne wissenschaftliche Grundlage bzw. wenn wissenschaftlich begründete Veröffentlichungen werblich verwendet werden, die wissenschaftlichen Anforderungen nicht genügen (OLG Hamburg PharmaRecht 2006, 276 = OLGReport 2006, 499, MagazinDienst 2004, 1031).

Bei Werbeaussagen, die sich auf nicht valide Studienergebnisse beziehen, kann eine Irreführungsgefahr nur unter besonderen Umständen ausgeschlossen werden. Denn ein Werbehinweis, der mit der Fundstelle zu einer Veröffentlichung gleichsam "untermauert" wird, führt ohne klare und deutliche gegenteilige Information beim Referenzverbraucher zu dem Eindruck, dass das in der Werbung transportierte Ergebnis der Studie selbstverständlich valide ist.

Entsprechend diesen gerade für den umfassenden Bereich der allopathischen Arzneimittel entwickelten Grundsätzen hat der Durchschnittsverbraucher schon nach der Lebenserfahrung auch die selbstverständliche Erwartung, dass die für die Wirkungsaussage eines allopathischen Mittels zitierte Studie nach den Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung eben für diese Arzneimittel erstellt worden ist und diesen Anforderungen genügt. Denn Studien ohne diese Voraussetzungen wären, wenn überhaupt, kaum aussagekräftig.

4.) Nach dem Streitgegenstand, bei dem es allgemein um die werbliche Verwendung der in Rede stehenden Grafik geht, sind auch solche Fallgestaltungen einbezogen, bei denen erkennbar ist, dass das beworbene Präparat Z_yyy ein Homöopathikum ist. Auch wenn dieser Umstand vom Referenzverbraucher berücksichtigt wird, ändert sich die oben dargestellte Ausgangslage seines Verständnisses nicht. Denn er erkennt, dass es sich um einen Werbevergleich mit dem verschreibungspflichtigen allopathischen Arzneimittel h_xxx handelt, und deswegen wird er - ohne gegenteilige Aufklärung - selbstverständlich annehmen, die beworbene Wirkung sei hinreichend nachgewiesen, und zwar entsprechend den für allopathische Arzneimittel geltenden Regeln und das ergäbe sich aus der zitierten W-uuu-Studie.

Dafür spricht schon die Lebenserfahrung. Generell darf nicht mit ungesicherten Wirkaussagen für Arzneimittel geworben werden (§ 3 HWG) und gerade für allopathische Arzneimittel werden strenge Anforderungen an die Validität von wissenschaftlichen Studien gestellt. Hinsichtlich des darauf gegründeten Verkehrsverständnisses kann daher bei einer Vergleichsstudie zwischen einem allopathischen und einem homöopathischen Arzneimittel grundsätzlich nichts anderes gelten als bei einem Vergleich nur zwischen allopathischen Arzneimitteln. Eine Vergleichsstudie nach homöopathischen Grundsätzen kann - entsprechend dieser Therapierichtung - für das Homöopathikum durchaus etwas aussagen, für das dort verglichene allopathische Arzneimittel wegen der insoweit wesentlich strengeren naturwissenschaftlichen Bezogenheit dagegen nur sehr eingeschränkt. Deswegen sprechen durchgreifende Gründe eher dafür, dass eine Vergleichsstudie auch zwischen allopathischen und homöopathischen Arzneimittel nach den Grundsätzen für allopathische Arzneimittel angelegt ist. Wegen der nur bei dieser Vergleichsmethode naturwissenschaftlich gesicherten Aussagekraft muss das für das Verständnis des Referenzverbrauchers im oben dargestellten Sinne jedenfalls ausschlaggebend sein.

5.) In dem oben unter Ziffern 3.) und 4.) aufgezeigten Verkehrsverständnis ist die Werbeaussage durch die Grafik gemäß dem Urteilsausspruch des Senats unzutreffend und demgemäß irreführend (§ 3 HWG).

Es ist unstreitig, dass die unterhalb der Grafik zitierte W-uuu-Studie (vgl. Anlage AG 1) nicht randomisiert und nicht doppelblind ist und dass sie nach dem Maßstab für allopathische Arzneimittel nicht als repräsentativ und statistisch relevant bezeichnet werden kann.

Die demgegenüber angeführten Gesichtspunkte der Antragsgegnerin greifen nicht durch:

(a) Das Argument der Antragsgegnerin, für homöopathische Präparate seien normalerweise klinische Wirksamkeitsnachweise nicht erforderlich und die W-uuu-Studie entspreche den wissenschaftlichen Anforderungen für "evidenzbasierte Medizin" (auch "rationalere Medizin": vgl. hierzu Anlage AG 2) im Bereich der Homöopathika, ist nicht durchgreifend.

Denn die angegriffene Werbung erschöpft sich nicht in einer Aussage zu dem beworbenen Homöopathikum Z_yyy, sondern es geht um einen Werbevergleich mit einem allopathischen Arzneimittel.

(b) Der Hinweis auf die W-uuu-Studie unterhalb der Grafik ("Prospektive 2-armige Kohortenstudie Z_yyy(r) vs. h_xxx(r), W... Arzneimittel 2005") macht nicht hinreichend deutlich, dass die W-uuu-Studie nicht den oben aufgezeigten Anforderungen an wissenschaftliche Studien für allopathische Arzneimittel genügt.

So hat der Referenzverbraucher damit z. B. keinen Anhalt für die Vorstellung, die Studie sei nicht doppel-blind durchgeführt. Auch die fehlende Placebo-Kontrolliertheit bei der W-uuu-Studie entnimmt der Durchschnittsverbraucher nicht. Denn weshalb sollte nicht innerhalb der "2 Arme", also bezüglich h_xxx und Z_yyy jeweils die Prüfung gegenüber Placebo erfolgt sein. Soweit die Antragsgegnerin Gegenteiliges behauptet, ist dies gerade auch im Hinblick auf ein dahingehendes Verkehrsverständnis des Referenzverbrauchers unbelegt geblieben. Gegen die Richtigkeit des Standpunktes der Antragsgegnerin spricht aber schon die Lebenserfahrung, die Schlussfolgerungen der Antragsgegnerin sind nicht zwingend.

Das Argument der Berufung, die Fachkreise wüssten um die Unterschiede zwischen allopathischen und homöopathischen Arzneimitteln, ist insoweit nicht stichhaltig. Denn es geht, wie ausgeführt, gerade um einen Werbevergleich zwischen einem allopathischen und einem homöopathischen Arzneimittel.

(c) Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, beseitigt es die durch die Werbung hervorgerufene Irreführungsgefahr im Sinne des § 3 HWG nicht, wenn der Verkehr später nach dem Lesen der W-uuu-Studie oder aufgrund deren "Zusammenfassung der Ergebnisse" (Anlage AG 1) das Studiendesign erkennt.

6.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben, so insbesondere die Begehungsgefahr.

Der Antrag gemäß dem Urteilsausspruch des Senats beschreibt die konkrete Verletzungsform. Die Antragsgegnerin hat in der Werbeanzeige (Anlage ASt 5) die Grafik "ANZEIGE" verwendet. Das Charakteristische der Verletzungshandlung ist nicht etwa nur die Verwendung der Anzeige mit der Grafik "ANZEIGE", sondern allgemein die Verwendung der Grafik "ANZEIGE". Denn in dem Begleittext der Anzeige steht nichts Näheres über das Design und die sonstigen Kriterien, nach denen die W-uuu-Studie erstellt worden ist. Insoweit kommt es für das Charakteristische der Verletzungshandlung nicht auf den Begleittext der Anzeige an.

Allerdings hat die Antragsgegnerin vorprozessual auf die Abmahnung der Antragstellerin (Anlage Ast 7) dieser gegenüber eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben (Anlage Ast 8) und sich damit verpflichtet, es u. a. zu unterlassen, für das homöopathische Arzneimittel Z_yyy (2.) mit der nachstehend wiedergegebenen Grafik zu werben (es folgt die Grafik "ANZEIGE" einschließlich der Auflösung des Sternchenvermerks unterhalb der Einrahmung mit dem Hinweis auf die W-uuu-Studie), sofern als Überschrift der Grafik die Aussage verwendet wird "Nachgewiesene Wirksamkeit".

Es liegt auf der Hand, dass damit gleichwohl die weitere werbliche Verwendung der Grafik "ANZEIGE" ohne die Überschrift "Nachgewiesene Wirksamkeit" drohte, d. h. die Verwendung der Grafik, wie sie jetzt zum Verbotsgegenstand des Senatsurteils gemacht worden ist. .

III.

Nach alledem war die Berufung der Antragsgegnerin unbegründet und mit der aus dem Urteilsausspruch des Senats ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 91 a, 92, 97, 269 Abs. 3 ZPO.

1.) Hinsichtlich des begründeten Verfügungsantrages zu lit. b in dem aus dem Urteilsausspruch des Senats ersichtlichen Umfang hat die Antragsgegnerin die Kosten zu tragen (§§ 91, 97 Abs. 1 ZPO).

2.) Die in der Berufungsverhandlung erfolgte Klarstellung des Verfügungsantrages zu lit. b enthält eine teilweise Antragszurücknahme (§ 269 Abs. 3 ZPO). Zu diesem Ergebnis ist der Senat nach nochmaliger Würdigung der von den Parteien auch noch in der Berufungsverhandlung mit Nachdruck vorgetragenen Gesichtspunkte gekommen.

Der ursprünglich angekündigte Verfügungsantrag zu lit. b betraf die werbliche Verwendung der Grafik "LG-Verbot". Da diese Grafik, wie ausgeführt, den Hinweis auf die W-uuu-Studie unterhalb der Einrahmung nicht enthielt und dieser Hinweis im Antrag gemäß der Antragsschrift auch nicht versprachlicht in den Verbotsausspruch aufgenommen war, ging es im Verfügungsantrag zunächst jedenfalls auch um die Fallgestaltung der Werbung mit der Grafik "LG-Verbot" ohne den Hinweis auf die W-uuu-Studie. Das ist zutreffend auch so von der Antragsgegnerin verstanden worden, denn sie hat in ihrer Erwiderung auf die Antragsschrift vortragen lassen, für die Verwendung der Grafik "LG-Verbot" ohne Hinweis auf die W-uuu-Studie bestehe keine Begehungsgefahr, denn sie (Antragsgegnerin) habe immer auf die Studie mit Quellenangabe hingewiesen.

Der daraufhin in erster Instanz gestellte Verfügungsantrag zu lit. b mit der Wendung am Ende des Verbotsausspruchs wobei das Verbot auch dann gilt, wenn unter der Grafik der Hinweis hinzugefügt wird, dass auf eine "prospektive 2armige Kohortenstudie" verwiesen wird (Unterstreichung durch den Senat) hat insgesamt zwei Verbotsalternativen, die eine mit dem Hinweis und die andere ohne den Hinweis auf die W-uuu-Studie unter der Grafik. Das ist durch die sprachlich klare Ausdrucksweise angesichts der vorangegangenen Antragsdiskussion eindeutig. Das war auch so gemeint gewesen, wie die Ausführungen der Antragstellerin noch in der Berufungserwiderung vom 18. Mai 2006 zur Begehungsgefahr für beide Alternativen belegen (dort Seite 4, Bl. 93).

Dem steht deswegen auch nicht etwa entgegen, dass das Landgericht in seinem Urteil nicht ausgeführt hat, weshalb auch die Verbotsalternative ohne den Hinweis auf die W-uuu-Studie begründet sein soll und weshalb für diese Verletzungshandlung mit zusätzlichem Unrechtsgehalt Begehungsgefahr bestehen soll.

Erst in der Berufungsverhandlung hat die Antragstellerin klarstellen lassen, es gehe nur - wie ausgeführt - um die werbliche Verwendung der Grafik "ANZEIGE" ohne die Überschrift "Nachgewiesene Wirksamkeit", also nur noch mit dem Hinweis auf die W-uuu-Studie unter der Einrahmung.

2.) Hinsichtlich der Verfügungsanträge zu lit. a und lit. c hat das Landgericht zu Recht die Kosten gemäß § 91 a ZPO der Antragsgegnerin auferlegt.

Das entspricht der Billigkeit. Die Verfügungsanträge waren ursprünglich begründet, die vorprozessual abgegebenen Erklärungen der Antragsgegnerin waren insoweit unzureichend, die Erledigung der beiden Anträge ist erst durch die Unterlassungserklärungen der Antragsgegnerin in der Verhandlung vor dem Landgericht eingetreten. Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.

Ende der Entscheidung

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