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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 08.11.2001
Aktenzeichen: 3 U 317/00
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 7
Kündigt ein Möbelhändler in einem Werbeprospekt im Rahmen von "Betten Aktions-Wochen" eine "Riesenauswahl" ( an Betten ) zu "super günstigen" Preisen an, so kann darin die Ankündigung einer unzulässigen Sonderveranstaltung zu sehen sein.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 317/00

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 8. November 2001

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 25. Oktober 2001 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 17. November 2000 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das Urteil beschwert die Beklagte um 40.000 DM.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 40.000 DM festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beklagte betreibt den Möbeleinzelhandel. Sie warb mit einem Prospekt, der Ende Februar/Anfang März 2000 Hamburger Zeitungen beigelegt war. Auf Anlage K 1 wird Bezug genommen.

Der Kläger sieht in der Werbung der Beklagten die Ankündigung einer unzulässigen Sonderveranstaltung ( § 7 Abs. 1 UWG ). Er erwirkte am 6. April 2000 gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung und verfolgt nunmehr sein Begehren im Klagewege weiter.

Er hat vorgetragen: Die Beklagte habe nicht nur einzelne Sonderangebote ausgelobt, sondern durch die Aussage "Betten Aktions-Wochen" und die Angaben "Riesenauswahl" und "Super günstig" zum Ausdruck gebracht, daß sie außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs für eine begrenzte Zeit eine Sonderveranstaltung nach Art eines Abschnittsschlußverkauf durchführe und ihr Bettensortiment in wesentlichen Teilen zu "super günstigen" Preisen anbiete.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen,

in Zeitungsbeilagen oder sonstigen Mitteilungen, die sich an einen größeren Personenkreis richten, die Durchführung sogenannter Betten Aktions-Wochen anzukündigen, wie sich das aus der mit dem Urteil in Kopie verbundenen Anlage ersichtlich ergibt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Mit dem beanstandeten Prospekt habe sie als "Spar-Tips" lediglich zulässige Sonderangebote beworben ( § 7 Abs. 2 UWG ). Die Interessenten nähmen nicht an, daß sie das ganze Sortiment reduziert habe. Dagegen spreche, daß in dem Prospekt auch Betten zum üblichen Abholpreis angeboten würden. Durch den Zusatz "Wochen" werde kein zeitlicher Druck hervorgerufen und nicht die Annahme begründet, es handele sich um eine Unterbrechung des regelmäßigen Geschäftsverkehrs. In der Branche, auch bei ihr, sei es üblich, immer wieder Sonderangebote als "Aktionen" anzukündigen ( vgl. Anlagen B 2 - 6 ).

Durch Urteil vom 17. November 2000 hat das Landgerichts der Klage stattgegeben. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat. Sie vertieft ihr Vorbringen erster Instanz und trägt ergänzend vor:

Angesichts der verhältnismäßig geringen Zahl der beworbenen und der herausgestellten Artikel handele es sich um einzelne Sonderangebote. Im übrigen folge aus der Branchenüblichkeit derartiger Aktionen ( vgl. dazu Anlagen Bf B 1 - 6 ), daß die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 UWG nicht gegeben seien.

Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Zur Ergänzung des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und auf die überreichten Anlagen Bezug genommen.

(hier: Fotokopie einer Anlage aus der Akte) (hier: Fotokopie einer Anlage aus der Akte) (hier: Fotokopie einer Anlage aus der Akte)

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Klage ist begründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 7 Abs. 1 UWG zu. Das hat bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt. Der beanstandete Prospekt kündigt eine unzulässige Sonderveranstaltung an ( § 7 Abs. 1 UWG ). Es geht nicht nur um erlaubte Sonderangebote ( § 7 Abs. 2 UWG ).

1) Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 UWG sind nicht gegeben. Die Beklagte hat in dem Prospekt nicht "einzelne Waren" im Sinne dieser Vorschrift angeboten.

Unter "einzelnen Waren" ist zwar nicht zu verstehen, daß es sich um einzelne (wenige) Stücke handeln muß; vielmehr können auch der Stückzahl nach viele Waren noch als Sonderangebote anzusehen sein ( vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Rdnr. 32 zu § 7 UWG ). So liegt es hier jedoch nicht.

Die Beklagte hat im Rahmen von "Betten Aktions-Wochen" eine "Riesenauswahl" ( an Betten ) zu "super günstigen" Preisen angekündigt. Aus der Sicht des Verkehrs ergibt sich daraus, daß es während der Aktion bei ihr zu solchen Preisen nicht nur eine Auswahl - einzelner Sonderangebote -, sondern eine besonders große Auswahl aus ihrem Betten-Sortiment gibt, auf das sich die zitierten Hinweise ganz allgemein beziehen, nämlich nicht nur beschränkt auf bestimmte Betten oder Bettentypen. Im Prospekt der Beklagten werden zwar einzelne, dort abgebildete Betten als "Spar-Tip" bezeichnet, während andere nur mit dem Hinweis "Abholpreis" versehen sind, auf Seite 3 der Anlage K 1 ebenfalls unter der Überschrift "Betten Aktions-Wochen". Diese Betten erscheinen lediglich als Beispiele der gesamten "Riesenauswahl". Von "einzelnen" Betten kann unter diesen Umständen keine Rede mehr sein.

2) Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 UWG sind gegeben.

a) Unproblematisch ist, daß es um eine Verkaufsveranstaltung im Einzelhandel geht, die wegen der Aussage "Betten Aktions-Wochen" und dem Hinweis "Super günstig" der Beschleunigung des Warenabsatzes dient und den Eindruck der Gewährung besonderer Kaufvorteile hervorruft. Die angekündigte Verkaufsveranstaltung findet auch außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs statt. Das ergibt sich aus dem Gesamteindruck, der sich aus der Kombination der Angaben "Betten Aktions-Wochen",

"Riesenauswahl" und "Super günstig" und den weiteren Elementen der konkreten Werbung ergibt.

b) Der Beklagten ist zuzugeben, daß der Begriff "Aktion" auch für erlaubte Sonderangebote ohne weiteres möglich ist. Als solcher weist er lediglich darauf hin, daß es um etwas Besonderes geht, was Sonderangebote gemäß § 7 Abs. 2 UWG sein können. Auch sind "Aktions-Wochen" in Bezug auf einzelne Waren vorstellbar, obwohl mit der Aussage auf eine, wenn auch nicht genau bestimmte zeitliche Begrenzung hingewiesen wird. Da es im vorliegenden Fall aber nicht um "einzelne Waren" geht, entsteht insgesamt der Eindruck einer besonderen Verkaufsveranstaltung außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs, in der für eine "Riesenauswahl" Betten vorübergehend "super günstige" Preise gewährt werden. Durch die zeitliche Begrenzung wird insofern ein Zeitdruck hervorgerufen, als der interessierte Leser beachten muß, daß er rechtzeitig vor Beendigung der "Wochen" kommen muß, um in den Genuß der besonders günstigen Preise zu kommen. Auch bei erlaubten Sonderangeboten entsteht zwar ein Zeitdruck, da diese ausverkauft sein können, wenn der Interessent zu spät kommt. Bei Sonderangeboten, d.h. bei einzelnen Waren, ist das aber unbedenklich.

c) Dem steht weder eine Branchenübung entgegen, noch handelt es sich um eine vernünftige und billigenswerte Fortentwicklung des bisher branchenüblichen Geschäftsverkehrs.

Werbebeispiele anderer Unternehmen könnten dazu nur dann herangezogen werden, wenn sie wie in dem beanstandeten Prospekt dieselbe oder wenigstens eine vergleichbare Kombination aller drei erörterten Angaben enthielten, ohne daß damit nur einzelne Waren beworben werden. Das trifft auf die vorgelegten Werbebeispiele nicht zu. Insbesondere werden dort in Verbindung mit dem Hinweis auf Aktionen meist einzelne Sonderangebote zu günstigen Preisen beworben. Soweit in Anlage B 2 anläßlich des "Saisonwechsels" allgemein darauf hingewiesen wird, daß alle Filialen aufgeräumt werden, was den Eindruck eines Schlußverkaufs hervorruft, handelt es sich nicht um einen vergleichbaren Fall.

Von einer vernünftigen Fortentwicklung kann ebenfalls keine Rede sein, wenn die beanstandete Kombination der drei Angaben wie hier nicht nur für einzelne Waren verwendet wird.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Der Senat sieht keine Veranlassung , die Revision zuzulassen. Die Sache ist nicht von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung. Vielmehr geht es um die Anwendung anerkannter Grundsätze auf den konkreten Einzelfall.

Ende der Entscheidung

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