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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 16.09.2004
Aktenzeichen: 3 U 34/04
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 4
UWG § 8
Es verstößt gegen ein vertragliches Wettbewerbsverbot und ist damit unlauter im Sinne des § 3 UWG, wenn an Kiosken Zeitungen vor dem festgesetzten Erstverkaufstag verkauft werden. Die dagegen stehende vertragliche Vereinbarung zwischen den Verlagen und dem Bahnhofsbuchhandel einerseits und zwischen den Verlagen und den Grossisten andererseits regelt den Wettbewerb insoweit unmittelbar. Der Umstand, dass die Fallgruppe in § 4 UWG nicht aufgeführt ist, steht der Anwendung von § 3 UWG nicht entgegen.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT URTEIL IM NAMEN DES VOLKES

3 U 34/04

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 16. September 2004

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, Spannuth, Dr. Löffler nach der am 2. September 2004 geschlossenen mündlichen Verhandlung

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 7. Januar 2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe:

A.

Der Antragsteller ist ein Verband von Gewerbetreibenden im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Als Bundesverband ist er ein Dachverband, der die Interessen der ihm über seine Mitgliedsverbände angehörenden Lotto- und Totoannahmestellen gebündelt vertritt. Diese Lotto- und Totoannahmestellen verkaufen praktisch alle auch Presseartikel.

Die Antragsgegnerin betreibt bundesweit den Bahnhofsbuchhandel mit über 65 Filialen (Anlagen ASt 1-2).

Der Antragsteller beanstandet, die Antragsgegnerin verkaufe Zeitschriften nicht erst ab dem sog. Erstverkaufstag, sondern schon am Abend davor, und nimmt die Antragsgegnerin vorliegend im Wege des Verfügungsverfahrens auf Unterlassung in Anspruch.

Vor Einreichung des Verfügungsantrages hatte der Antragsteller die Antragsgegnerin unter dem 20. Oktober 2003 abmahnen lassen (Anlage ASt 3). In diesem Anwalts-Fax werden zwei Vorfälle aus den Filialen der Antragsgegnerin geschildert, in denen der "SPIEGEL" schon vor dem festgelegten Erstverkaufstag angeboten worden sei, und zwar jeweils am 19. Oktober 2003 (Sonntag) gegen 21 Uhr in der Filiale am Hamburger Flughafen und gegen 21.30 Uhr in der Filiale am Dammtorbahnhof.

Auf die in diesem Telefax vom Antragsteller vorgeschlagene strafbewehrte Verpflichtungserklärung,

es zu unterlassen, Presseerzeugnisse vor dem vom jeweiligen Verlag festgelegten Erstverkaufstag an Letztverbraucher zu veräußern (Anlage ASt 3);

hat die Antragsgegnerin mit Anwalts-Fax vom 28. Oktober 2003 erklären lassen, sie verpflichte sich strafbewehrt,

es zu unterlassen, das Presseerzeugnis "der Spiegel" vor dem vom jeweiligen Verlag festgelegten Erstverkaufstag an Letztverbraucher zu veräußern (Anlagen ASt 4-5).

Hierauf hat der Antragsteller mit Telefax vom 28. Oktober 2003 antworten lassen:

"Die in diesem Schreiben beigefügte Unterlassungserklärung nimmt ... (der Antragsteller) an. Soweit die Unterlassungserklärung sich ausschließlich auf den "Spiegel" beschränkt, behält sich ... (der Antragsteller) alle weitergehenden Rechte vor" (Anlage ASt 6).

Mit dem Urteil vom 7. Januar 2004 hat das Landgericht Hamburg seine Beschlussverfügung vom 31. Oktober 2003 bestätigt, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln verboten worden ist,

Zeitschriften vor dem vom jeweiligen Verlag festgelegten Erstverkaufstag an Letztverbraucher zu veräußern, es sei denn, es handelt sich um den Verkauf des "Spiegel".

Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Die Antragsgegnerin beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beschlussverfügung aufzuheben und den auf Erlass der einstweiligen Verfügung gerichteten Antrag zurückzuweisen. Der Antragsteller bittet um Zurückweisung der Berufung.

B.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist demgemäß zurückzuweisen.

I.

Gegenstand des Unterlassungsantrages gemäß der vom Landgericht bestätigten Beschlussverfügung ist das Veräußern von Zeitschriften vor dem vom jeweiligen Verlag festgelegten Erstverkaufstag an Letztverbraucher.

Damit stellt das Verbot - anders als die Antragsgegnerin auch in zweiter Instanz argumentiert - nicht auf das Verkaufen vor dem auf der Titelseite des Presseerzeugnisses angegebenen Datum ab, sondern vor dem jeweils "festgelegten Erstverkaufstag". Dieser Erstverkaufstag wird zwar vielfach durch das abgedruckte Datum auf dem betreffenden Printmedium bzw. durch den turnusmäßig bestimmten Wochentag (z. B. beim "SPIEGEL" montags) festgelegt sein. Soweit der Verlag aber für eine bestimmte Ausgabe seines Presseerzeugnisses einen anderen Erstverkaufstag bestimmt, ist für das Verbot selbstverständlich allein diese Vorausbestimmung maßgeblich und nicht ein davon etwa abweichendes Datum auf der Zeitschriften-Titelseite.

Demgemäß sind Fallgestaltungen, bei denen der Verlag selbst den regelmäßig vorgesehenen Erstverkaufstag (z. B. beim "SPIEGEL" den Montag) auf einen früheren Tag (z. B. auf den Samstag) vorverlegt und bei denen die Antragsgegnerin sich nach diesem früheren Tag beim Abverkauf richtet, nicht Streitgegenstand. Hiervon ist bereits das Landgericht zutreffend ausgegangen.

Vom Verbot ausgenommen sind allerdings - und zwar wegen der Unterlassungsverpflichtungserklärung der Antragsgegnerin insoweit - die beanstandeten vorzeitigen Verkäufe des "SPIEGEL".

II.

Die Dringlichkeit für das einstweilige Verfügungsverfahren ist gegeben, hiervon ist auch das Landgericht zutreffend ausgegangen.

Die gemäß § 12 Abs. 2 UWG bestehende Vermutung der Eilbedürftigkeit in Wettbewerbsstreitsachen ist nicht widerlegt. Die Vorschrift entspricht dem § 25 UWG a. F., insoweit hat sich an den Grundlagen für die ständige Rechtsprechung des Senats nichts geändert.

Der Antragsteller ist nach Kenntnis des beanstandeten Verletzungsfalles alsbald und nicht verzögert gegen diesen vorgegangen. Die Verletzungsfälle betreffend den Vorabverkauf des "SPIEGEL" datieren vom 10. Oktober 2003. Der Verfügungsantrag ist am 30. Oktober 2003 bei Gericht eingegangen.

III.

Der mit dem Verfügungsantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß der Beschlussverfügung des Landgerichts ist auch nach Auffassung des Senats begründet (§ 3, § 8 Abs. 1 UWG).

Für die Beurteilung, ob der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch besteht, ist allein auf das zum jetzigen Zeitpunkt der Entscheidung geltende Recht abzustellen (BGH GRUR 2004, 607 - Genealogie der Düfte), und demgemäß nicht mehr auf § 1 UWG a. F.

Gemäß § 3 UWG sind unlautere Wettbewerbshandlungen unzulässig, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Markteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Im vorliegenden Fall ist ein solches unlauteres Wettbewerbshandeln aus dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen ein vertragliches Wettbewerbsverbot gegeben.

1.) Es ist unstreitig und vom Antragsteller zudem glaubhaft gemacht (Bl. 24-25), dass die Antragsgegnerin sich gegenüber Zeitschriftenverlagen, die die Antragsgegnerin als Bahnhofsbuchhändlerin direkt beliefern, vertraglich verpflichtet hat, die "Objekte erst an dem vom Verlag festgesetzten Erstverkaufstag zu verkaufen", so z. B. gegenüber dem Verlagshaus GRUNER + JAHR, der Verlagsgruppe BAUER und gegenüber dem SPRINGER Verlag (Bl. 24-25).

Nichts anderes gilt nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Verlagen und den Grossisten. So lauten z. B. die "Lieferungs- und Zahlungsbedingungen des SPIEGEL-Verlags für den Zeitungs- und Zeitschriften-Großhandel" unter Punkt A. III. u. a.:

"1. c) Der Einzelhändler ist gehalten, den vom SPIEGEL-Verlag generell (zur Zeit Montag) oder im Einzelfall (Feiertage) festgesetzten Erstverkaufstag zu beachten.

2.) Der Großhandel ist gehalten, dafür Sorge zu tragen, dass die Einzelhändler dieser Verpflichtungen gegenüber dem Großhandel schriftlich eingehen (§ 34 GWB). Der Großhandel hat die Einzelhändler darauf hinzuweisen, dass ein Verstoß gegen diese Verpflichtungen zu einer Liefersperre führen kann" (Anlage ASt 15).

Es ist als unstreitig anzusehen, dass die Antragsgegnerin als eine direkt vom SPIEGEL-Verlag belieferte Einzelhändlerin eine der Anlage ASt 15 entsprechende vertragliche Verpflichtung, den festgesetzten Erstverkaufstag beim "SPIEGEL" zu beachten, eingegangen ist. Der Antragsteller hat das so behauptet; das Bestreiten der Antragsgegnerin betrifft nicht den SPIEGEL-Verlag (Bl. 15-16).

Dem steht auch die eidesstattliche Versicherung des Mathias Gehle, des Geschäftsführers der Antragsgegnerin, vom 8. Dezember 2003 (Anlage AG 1) bei der gebotenen verständigen Würdigung nicht entgegen. Der Zeuge Gehle hat dort zwar ausgeführt, die Antragsgegnerin habe "keine Vereinbarungen über Liefer- und Zahlungsbedingungen mit einzelnen Verlagen abgeschlossen", das ist aber schon deswegen offensichtlich unrichtig bzw. so nicht gemeint und deswegen ganz unbeachtlich, weil die Antragsgegnerin nicht ernsthaft behauptet will, sie werde ohne Vertragsgrundlage z. B. mit der Zeitschrift "SPIEGEL" beliefert. Das wäre aber sonst der Fall, denn die Antragsgegnerin hat zugleich vorgetragen, als Bahnhofsbuchhändlerin werde sie nicht von Grossisten, sondern von den Verlagen unmittelbar mit Zeitschriften beliefert (Bl. 16; Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 8. Dezember 2003, Seite 2).

2.) Ein Verstoß gegen die vertragliche Verpflichtung der Antragsgegnerin, Zeitschriften nicht vor dem vom Verlag festgelegten Erstverkaufstag zu verkaufen, begründet zugleich einen Verstoß gegen § 3 UWG.

(a) Nach der bisherigen Rechtsprechung zu § 1 UWG a. F. handelt unlauter, wer gegen Vertragsvereinbarungen verstößt, die einen unmittelbaren Wettbewerbsbezug haben, etwa wie Konkurrenzabreden oder Wettbwerbs- und Werbeverbote (OLG Hamburg, 3. Zivilsenat, GRUR 1988, 144; Köhler/Piper, UWG, 2. Auflage, § 1 UWG Rz. 757 m. w. Nw.). Diese Rechtsprechung hat zutreffend berücksichtigt, dass ein Vertragsverstoß allerdings grundsätzlich keine deliktischen Ansprüche zu begründen vermag. Ausnahmsweise ist es aber dann anders, wenn der Verletzer nicht nur gegen den Vertrag verstößt, sondern damit zugleich in den Wettbewerb eingreift. Das trifft insbesondere dann zu, wenn die vertragliche Bestimmung unmittelbar den Wettbewerb regelt (OLG Hamburg, a. a. O. m. w. Nw.).

(b) Nichts anderes gilt für § 3 UWG. Bei der in Rede stehenden vertraglichen Verpflichtung der Antragsgegnerin, den vom Verlag festgelegten Erstverkaufstag zu beachten, handelt es sich um eine vertragliche Bestimmung, die die früheste Abgabe der Zeitschrift an den Endverbraucher und damit unmittelbar den Wettbewerb beim Abverkauf von Zeitschriften regelt. Die Verletzung dieser vertraglichen Verpflichtung begründet wegen ihres unmittelbaren Wettbewerbsbezuges zugleich einen Verstoß gegen § 3 UWG.

Die vertragliche Verpflichtung, den festgelegten Erstverkaufstag einzuhalten, bezweckt eine sachgerechte und zudem kartellrechtlich gebotene Gleichbehandlung der Mitbewerber bei der Belieferung mit Presseerzeugnissen. Deren Abnehmer auf der Ebene vor den Endverbrauchern (Einzelhandelsgeschäfte einschließlich sonstiger Verkaufsstellen) sind bei bundesweitem Vertrieb über das ganze Bundesgebiet und in großer Zahl verteilt. Auch bei einem tief gestaffelten Vertrieb lässt sich nicht vermeiden, dass einige Abnehmer der Verlage eher beliefert werden als andere. Da die Auslieferung von Presseerzeugnissen ohnehin zeitnah vor dem Abverkauf erfolgt, hätten die früher Belieferten ohne das vertragliche Vorabverkaufs-Verbot die sehr verlockende Möglichkeit, vor anderen Mitbewerbern und zu deren Nachteil mit dem Verkauf der Zeitschriften zu beginnen. Insoweit dient das vertragliche Verbot dem Schutz der Einzelhandelsgeschäfte und sonstigen Verkaufsstellen vor vertraglich unbeabsichtigten und daher unberechtigten Wettbewerbsvorteilen, wie sie für vertragstreue Mitbewerber nicht bestehen.

Wenn einzelne Verkaufsstellen von sich aus und entgegen den vertraglichen Bindungen schon früher mit dem Verkauf von Zeitschriften beginnen, führt das zwangsläufig zu einem Wettlauf um Kunden mit der besonderen "Aktualität" des Angebots unter Ausnutzen des Vertragsbruchs, wobei der Vorteil des Verletzers gerade darin besteht, den "offiziellen" Verkaufsbeginn zu überholen. Es liegt auf der Hand, dass die Nachahmungsgefahr und die daraus resultierenden Wettbewerbsverzerrungen von ganz erheblichem Gewicht sind. Insoweit handelt es sich selbstverständlich nicht etwa um einen Bagatellfall.

(c) Der Umstand, dass ein vertragsbrüchiges Verhalten nicht als Beispielsfall unlauteren Handelns in § 4 UWG aufgeführt ist, steht der Bewertung des angegriffenen Tuns als unlauter im Sinne des § 3 UWG nicht entgegen.

(aa) Als Beispielsfall ist in § 4 Nr. 11 UWG der Verstoß gegen eine Gesetzesvorschrift kodifiziert, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Aus den in § 4 UWG angeführten Beispielsfällen zu unlauterem Handeln im Sinne des § 3 UWG ist nicht etwa herzuleiten, dass andere Fallgestaltungen wegen der fehlenden Erwähnung im UWG nicht unlauter wären. Die Beispielsfälle in § 4 UWG sind nicht abschließend, was sich schon aus dem Gesetzeswortlaut in § 4 UWG ("insbesondere") eindeutig ergibt (vgl. ebenso zur Gesetzesbegründung: BT-Drucksache 15/1487, Seite 16-17).

(bb) Es besteht insoweit auch kein Wertungswiderspruch, das vorliegend beanstandete vertragsbrüchige Verhalten der Antragsgegnerin als unlauter im Sinne des § 3 UWG anzusehen.

Nach der neueren, gewandelten Rechtsprechung zu § 1 UWG a. F. (hier zur Fallgruppe "Vorsprung durch Rechtsbruch") musste an Hand einer am Schutzzweck des § 1 UWG a. F. auszurichtenden Würdigung des Gesamtcharakters des Verhaltens geprüft werden, ob dieses durch den Gesetzesverstoß das Gepräge eines wettbewerbsrechtlich unlauteren Verhaltens bekam. Der Gesetzesverstoß konnte dazu allein nicht genügen, wenn die verletzte Norm nicht zumindest auch eine - entsprechend dem Normzweck des § 1 UWG a. F. - auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion hatte und deswegen von dem Gesetzesverstoß zugleich eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem Markt ausging (BGH WRP 2004, 337 - Krankenkassenzulassung m. w. Nw.).

Diese Rechtsprechung hat mit der Neufassung des UWG nicht etwa ihre gesetzliche Grundlage verloren, sondern steht mit ihr im Einklang. Nichts anderes ergibt sich im vorliegenden Falle bei der Missachtung des vertraglichen Verbots, Zeitschriften vor dem verlagsseitig festgelegten Erstverkaufstag an Letztverbraucher abzugeben; denn diese vertragliche Bindung betrifft, wie ausgeführt, den Wettbewerb der Zeitschrifteneinzelhändler unmittelbar.

3.) Die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs (§ 8 Abs. 1 UWG) sind ebenfalls gegeben, insbesondere die Wiederholungsgefahr.

Die Antragsgegnerin hat gegen ihre vertragliche Verpflichtung, Zeitschriften nicht vor dem verlagsseitig festgelegten Erstverkaufstag an Letztverbraucher zu verkaufen, verstoßen.

Es ist unstreitig, dass die Antragsgegnerin am 19. Oktober 2003 (an einem Sonntag) in ihren Filialen im Hamburger Flughafen und im Dammtorbahnhof den "SPIEGEL" verkauft hat, obwohl diese Ausgabe nicht vor dem regulären Erstverkaufstag, dem 20. Oktober 2003 (Montag) verkauft werden durfte. Unstreitig gab es in diesem Fall keine besondere Verlagsanweisung, die Zeitschrift schon vorher zu verkaufen.

Die Argumentation der Antragsgegnerin insbesondere in der Berufungsinstanz lässt ihre Rechtsauffassung erkennen, auf diese (unstreitigen) Verletzungsfälle käme es nicht an, weil sie vom streitgegenständlichen Verbot nicht erfasst seien. Das trifft nicht zu.

Im Wettbewerbsrecht genügt ein Verletzungsfall, um den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu begründen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Antrag die konkrete Verletzungsform erfasst. Das ist bei dem verallgemeinert gefassten Unterlassungsantrag des Antragstellers der Fall. Denn das Charakteristische der Verletzungshandlung ist nicht der vorzeitige Abverkauf gerade oder gar nur des "SPIEGEL", sondern der Abverkauf von Presseerzeugnissen vor dem verlagsseitig festgelegten Erstverkaufstag.

Als Verletzungsfall ist der vorzeitige Verkauf des "SPIEGEL" am 19. Oktober 2003 in den Filialen der Antragsgegnerin im Hamburger Flughafen und im Dammtorbahnhof nicht etwa "verbraucht", weil die Antragsgegnerin - so aber deren Auffassung unter Hinweis auf den Streitgegenstand - insoweit eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hat.

Der Verletzungsfall ist damit selbstverständlich nicht aus der Welt. Der Unterlassungsantrag bezieht sich allerdings wegen der Unterlassungserklärung nur nicht auf den vorzeitigen Verkauf des "SPIEGEL". Aber der in Rede stehende Vorfall vom 19. Oktober 2003 betreffend den "SPIEGEL" begründet ohne weiteres diesen verallgemeinerten Unterlassungsanspruch.

4.) Aus dem vorprozessualen Verhalten der Parteien ergibt sich nichts anderes.

Schon in der Abmahnung hat der Antragsteller den verallgemeinerten Unterlassungsanspruch geltend gemacht (Anlage ASt 3). Die nur auf den vorzeitigen Verkauf des "SPIEGEL" bezogene Unterlassungserklärung (Anlagen ASt 4-5) war demgegenüber nur eine teilweise "Erfüllung" des Anspruchs. Das hat der Antragsteller mit seinem Antwort-Fax deutlich gemacht und mitteilen lassen, dass er sich alle "weiter gehenden Rechte vorbehält" (Anlage ASt 6).

5.) Auf die weiteren, der Antragsgegnerin vorgeworfenen Verletzungsfälle kommt es demgemäß nicht mehr an.

Soweit die Antragsgegnerin noch auf ein anderes Verfügungsverfahren (Landgericht Hamburg 315 O 654/03) betreffend einen "vorzeitigen SPIEGEL-Verkauf" verweist (Bl. 16), kommt es schon deswegen darauf nicht an, weil es sich um einen anderen Sachverhalt als den vorliegenden handelt. Wie sich in der Berufungsverhandlung ergeben hat, ging es dort nicht um den "SPIEGEL"-Verkauf in Hamburg am 19. Oktober 2003 in den Filialen der Antragsgegnerin im Hamburger Flughafen und im Dammtorbahnhof, sondern um andere Fälle, in denen es eine besondere Verlagsanweisung über den Verkaufsbeginn gegeben haben soll.

6.) Auf das von der Antragsgegnerin noch im Einzelnen geschilderte Verhalten anderer Zeitschriftenhändler kommt es nicht an. Um einen Abverkauf vor dem auf den Zeitschriften aufgedruckten Datum allein geht es nach dem Streitgegenstand, wie ausgeführt, nicht. Wenn andere Händler ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht einhalten, mag das ebenfalls wettbewerbswidrig sein. Das beanstandete Tun der Antragsgegnerin wird dadurch nicht lauter im Sinne des § 3 UWG.

IV.

Nach alledem war die Berufung der Antragsgegnerin unbegründet und demgemäß zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



Ende der Entscheidung

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