Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 07.03.2002
Aktenzeichen: 3 U 353/01
Rechtsgebiete: AMG, UWG


Vorschriften:

AMG § 11 Abs. 1 Nr. 13
UWG § 1
1. Wird der nach § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG erforderliche Hinweis (jeder Patient soll aufgefordert werden, dem Arzt oder Apotheker jede in der Packungsbeilage nicht aufgeführte Nebenwirkung mitzuteilen) zwar abgedruckt, aber so gestaltet, dass er sich nur auf eine Patientengruppe (hier: "Bei der Frau") bezieht, obwohl das Arzneimittel (zur Behandlung hormonabhängiger Geschwülste) auch ein spezielles Anwendungsgebiet "beim Mann" aufweist, so verstößt das gegen § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG und mangels Besonderheiten zugleich auch gegen § 1 UWG.

2. Die aus dem Verstoß zu vermutende Wiederholungsgefahr entfällt durch das Einstellen der Verletzungshandlung allein - ohne Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung - grundsätzlich nicht.

a) Das gilt auch bei einer Einstellung des Verstoßes vor dessen Abmahnung sowie bei Austausch und Vernichtung der bisherigen (beanstandeten) Packungsbeilage.

(b) Auch wenn der in Anspruch genommene Parallelimporteur als Vorlage die Gebrauchsinformation des Pharmaherstellers benutzt, können Fehler beim Abscannen oder Neudrucken auftauchen, selbst wenn der Pharmahersteller wegen desselben Fehlers seinerseits eine Unterlassungserklärung abgegeben hat.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 353/01

Verkündet am: 07. März 2002

In dem Rechtsstreit

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 14. Februar 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 16. Oktober 2001 abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu 250.000 €, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) zu unterlassen,

das Arzneimittel Zxxxxx 3,6 mg mit der beigefügten Gebrauchsinformation zu versehen oder in den Verkehr zu bringen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits wie Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 270.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 255.646 € (= 500.000.- DM) festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin - ein Pharmaunternehmen - vertreibt u. a. das Arzneimittel "Zxxxxx 3,6 mg" (im folgenden: ZXXXXX), das zur Behandlung hormonabhängiger Geschwülste der Prostata und des Brustdrüsengewebes dient.

Die Beklagten sind Parallelimporteure, sie vertreiben das aus Italien stammende Arzneimittel ZXXXXX in Deutschland. Hierfür haben sie zunächst eine Packungsbeilage (im folgenden: Packungsbeilage 08/1998) verwendet. Es handelt sich um die Gebrauchsinformation mit dem "Stand der Information: August 1998" (Anlage K 1; vgl. deren Fotokopie am Ende des Urteilsausspruchs).

Die Klägerin beanstandet die Verwendung der Packungsbeilage 08/1998 wegen der Gestaltung des Nebenwirkungshinweises gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG (nach dieser Vorschrift muss die Packungsbeilage u. a. den Hinweis enthalten, dass jeder Patient aufgefordert werden soll, dem Arzt oder Apotheker jede Nebenwirkung mitzuteilen, die in der Packungsbeilage nicht aufgeführt ist) als wettbewerbswidrigen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG und nimmt deswegen die Beklagten mit der vorliegenden Klage auf Unterlassung in Anspruch.

Die Beklagten verwenden für ZXXXXX die Packungsbeilage 08/1998 inzwischen - die Unterlassungsklage ist bei Gericht am 30. August 2001 eingegangen - nicht mehr. Sie haben die aktualisierte Gebrauchsinformation (im folgenden: Packungsbeilage 02/2000) mit Schreiben vom 10. August 2001 der Klägerin zur Kenntnisnahme - entsprechend den Vorgaben der EuGH-Rechtsprechung zur markenrechtlichen Erschöpfung beim Parallelimport von Arzneimitteln - übersandt (Anlage B 2; Begleitschreiben: Anlage B 1). Auch nach Auffassung der Klägerin ist die Verwendung der Packungsbeilage 02/2000 nicht nach § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG zu beanstanden.

Die Klägerin hatte ihrerseits für ZXXXXX ursprünglich eine Packungsbeilage verwendet, die bezüglich des Nebenwirkungshinweises ebenso gestaltet gewesen ist wie die Packungsbeilage 08/1998 der Beklagten, sie wurde deswegen von einem anderen Parallelimporteur im November 2000 abgemahnt. Die Beklagten hatten die Packungsbeilage für den Parallelimport von ZXXXXX übernommen.

Bei den für das Arzneimittel "Zxxxxx-GYN" (es wird ebenfalls vom Konzern der Klägerin hergestellt und von den Beklagten parallelimportiert) verwendeten Packungsbeilagen der beiden Parteien fehlte jeweils der Nebenwirkungshinweis ganz, das wurde zunächst von beiden Seiten nicht bemerkt. Als die Klägerin aber die Beklagte zu 1) wegen der Gestaltung des Nebenwirkungshinweises in einer PXXXXXXXX-Packungsbeilage unter dem 18. Juli 2001 abmahnte, wurden auf Beklagtenseite alle dort verwendeten Gebrauchsinformationen überprüft. Daraufhin bemerkte die Beklagte zu 1), dass der Nebenwirkungshinweis bei "Zxxxxx-GYN" auch bei der Klägerin fehlte und mahnte diese unter dem 13. August 2001 ab.

Im Gegenzug hat die Klägerin auf die Mitteilung der Beklagten vom 10. August 2001 betreffend die aktualisierte Packungsbeilage 02/2000 für das vorliegend in Rede stehende Arzneimittel ZXXXXX (Anlagen B 1-2) mit Schreiben vom 15. August 2001 wegen der Packungsbeilage 08/1998 abgemahnt (Anlage B 4).

Die Klägerin hat vorgetragen:

Die Beklagten hätten beim Vertrieb von ZXXXXX seit mehr als anderthalb Jahren (so in der Klageschrift vom 30. August 2001) die Packungsbeilage 08/1998 verwendet und demgemäß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG sowie gegen § 1 UWG verstoßen. Die durch den Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr sei durch die Umstellung der Gebrauchsinformation nicht beseitigt worden. Die Beklagten weigerten sich, die hierfür erforderliche strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben (wegen der Abmahnung: Anlage B 4).

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen,

das Arzneimittel Zxxxxx 3,6 mg mit der beigefügten Gebrauchsinformation zu versehen oder in den Verkehr zu bringen (es folgt die Kopie der Packungsbeilage 08/1998 gemäß Anlage K 1, vgl. am Ende des Urteilsausspruchs des Senats).

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben vorgetragen:

Für die Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis, denn bereits vor der Abmahnung (Schreiben vom 15. August 2001: Anlage B 4) hätten sie - die Beklagten - die Packungsbeilage geändert und die aktualisierte Packungsbeilage 02/2000 der Klägerin unter dem 10. August 2001 mitgeteilt (Anlagen B 1-2). Eine Wiederholungsgefahr sei demgemäß nicht gegeben.

Außerdem verstoße die angegriffene Packungsbeilage 08/1998 nicht gegen § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG, alle vorgeschriebenen Angaben zu den Nebenwirkungen seien aufgeführt. Die drucktechnische Gestaltung schreibe das AMG aus gutem Grund nicht vor. Selbst wenn § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG verletzt sei, so wäre der Verstoß nur unbedeutend, so dass ein Verstoß gegen § 1 UWG nicht vorläge.

Durch Urteil vom 16. Oktober 2001 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt sie noch aus:

Ihr hätten die Beklagten die beanstandete Packungsbeilage 08/1998 zuletzt unter dem 23. Mai 2001 übersandt. Die drucktechnische Darstellung der Gebrauchsinformation verstoße gegen § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts "orientierten" sich die Beklagten bei der Herstellung der Packungsbeilagen nicht nur an ihren (der Klägerin) Original-Gebrauchsinformationen. Vielmehr seien sie wegen der Zulassung verpflichtet, grundsätzlich die jeweils gültige Original-Gebrauchsinformation zu verwenden, die im Hinblick auf die Beklagten als pharmazeutische Unternehmer bzw. Mitvertreiber ergänzt werde. Hätten die Beklagten die Packungsbeilage pflichtgemäß überprüft, wäre ihnen der Fehler aufgefallen.

Zu Unrecht habe das Landgericht den Wegfall der Wiederholungsgefahr angenommen. Die Beklagten hätten die beanstandete Packungsbeilage 08/1998 nicht aus eigenem Entschluss geändert, sondern wegen ihrer (der Klägerin) Abmahnung vom 18. Juli 2001 betreffend die PXXXXXXXX-Packungsbeilage. Entgegen dem Landgericht könne von einem "provozierten Verstoß" nicht ausgegangen werden, auch sie (Klägerin) habe kein Interesse daran, falsche Packungsbeilagen zu verwenden. Andererseits gehe es den Beklagten darum, die bisher gedruckten Gebrauchsinformationen aufzubrauchen, das spreche für die Wiederholungsgefahr.

Zudem würden die Beklagten die Beipackzettel der Herstellerfirma übernehmen, Änderungen der Gebrauchsinformation seien auch künftig nicht auszuschließen, bei der Übernahme des Textes könnten wieder Fehler auftauchen. Die Packungsbeilage 08/1998 sei bei den Beklagten noch vorhanden, sie könnte (versehentlich) wieder verwendet werden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils nach den Anträgen erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil, sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen noch vor:

Sie hätten auf Grund der Abmahnung der Klägerin die auf deren Gebrauchsinformationen beruhenden Packungsbeilagen überprüft, um eine Inanspruchnahme durch die Klägerin zu vermeiden. Deswegen sei auch die vorliegende ZXXXXX-Packungsbeilage überprüft und umgestaltet worden. Im übrigen sei ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG nicht gegeben, der Nebenwirkungshinweis sei nur etwas unglücklich angeordnet; dieser Standpunkt werde aber nur zur Rechtsverteidigung eingenommen.

Zu Recht habe das Landgericht den Wegfall der Wiederholungsgefahr wegen der Besonderheiten des Sachverhalts angenommen. Die Ursache der fehlerhaften Packungsbeilage hätte die Klägerin gesetzt, die Abmahnung der Klägerin sei nur ein Gegenschlag auf ihre - der Beklagten zu 1) - berechtigte Abmahnung gewesen.

Sie (die Beklagten) hätten kein Interesse, zu der früheren Packungsbeilage zurückzukehren. Die jetzt verwendete Packungsbeilage 02/2000 werde bei künftigen Änderungen als Vorlage verwendet. Nur wenn bei der Original-Gebrauchsinformation des Herstellers ganz erhebliche Änderungen erfolgten, werde diese erneut eingescannt. Die frühere Packungsbeilage 08/1998 sei bei ihnen (Beklagten) nicht mehr existent. Die vorhandene Fertigware sei vollständig ausgetauscht worden (Beweisantritt Bl. 82; die Klägerin bestreitet das mit Nichtwissen). Die Packungsbeilage 08/1998 sei vernichtet worden, sie sei bei den bei ihr vorhandenen Verpackungen herausgenommen und durch die neue Gebrauchsinformation ersetzt worden, und zwar zum Zeitpunkt der Änderung der Packungsbeilage (Beweisantritt Bl. 86; vgl. zum Austausch im Einzelnen: Bl. 86-87 mit Beweisantritt). Würde man in so einem Falle die Wiederholungsgefahr annehmen, müssten sie (die Beklagten) bei jeder Änderungsanzeige überlegen, vorsorglich Unterlassungserklärungen abzugeben, um weiteren Abmahnungen der Klägerin zuvorzukommen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Der Klage ist demgemäß unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils stattzugeben.

I.

Der Unterlassungsantrag - er richtet sich gegen beide Beklagten - ist nach Auffassung des Senats aus § 1 UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG begründet.

1.) Nach § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG muss die für Fertigarzneimittel nach § 11 Abs. 1 AMG erforderliche Packungsbeilage u. a. den Hinweis enthalten, dass jeder Patient aufgefordert werden soll, dem Arzt oder Apotheker jede Nebenwirkung mitzuteilen, die in der Packungsbeilage nicht aufgeführt ist.

2.) Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, entspricht die Packungsbeilage 08/1998 (vgl. die Ablichtung der Anlage K 1 nach dem Urteilsausspruch) den Anforderungen gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG nicht.

Die Packungsbeilage enthielt zwar entsprechend § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG den Nebenwirkungshinweis:

"Wenn Sie Nebenwirkungen bei sich beobachten, die nicht in dieser Packungsbeilage aufgeführt sind, teilen Sie diese bitte Ihrem Arzt oder Apotheker mit."

Dieser Hinweis stand aber am Ende der Rubrik "Nebenwirkungen", die ihrerseits in drei Abschnitte aufgeteilt ist: Nach den generellen Angaben zu den Nebenwirkungen ("Welche Nebenwirkungen können bei der Anwendung von ZXXXXX auftreten?") folgen - entsprechend den speziellen Anwendungsgebieten von ZXXXXX - die Abschnitte "Beim Mann" und "Bei der Frau".

Der Nebenwirkungshinweis war drucktechnisch nur innerhalb des letzten Absatzes am Ende des Abschnitts "Bei der Frau" angeordnet, sonst fehlte er. Damit war er nur den speziellen Nebenwirkungen bei weiblichen Patienten, nicht aber - wie erforderlich - auch bei männlichen Patienten zugeordnet wird. Das erweckte den Eindruck, als gelte der Nebenwirkungshinweis nur für weibliche Patienten.

3.) Mit Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG ist - hiervon ist bereits das Landgericht ausgegangen - auch ein Verstoß gegen § 1 UWG gegeben.

Bei § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG handelt es sich um eine wertbezogene Vorschrift zum Schutze der Volksgesundheit (vgl. zum AMG: BGH WRP 1998, 181 - Warentest für Arzneimittel), der Verstoß gegen diese Norm ist unlauter im Sinne des § 1 UWG. Besonderheiten des Einzelfalls (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1128 - Hormonpräparate) führen vorliegend zu keiner abweichenden Bewertung:

Der nach § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG vorgeschriebene Nebenwirkungshinweis schützt wichtige Belange der Gesundheit und demgemäß der Allgemeinheit. Das Arzneimittel ZXXXXX ist zur Behandlung hormonabhängiger Geschwülste der Prostata und des Brustdrüsengewebes zugelassen und dient damit zur Behandlung männlicher und weiblicher Patienten. Es ist daher nicht etwa eine nebensächliche Ungenauigkeit, wenn der Nebenwirkungshinweis - wie bei der Packungsbeilage 08/1998 geschehen - nicht in Bezug auf beide Anwendungsbereiche gegeben wird.

4.) Die Wiederholungsgefahr ist nach Auffassung des Senats nicht entfallen.

(a) Die Wiederholungsgefahr wird auf Grund der Zuwiderhandlung vermutet. Diese lag vor, die Beklagten haben unstreitig über anderthalb Jahre lang die Packungsbeilage 08/1998 verwendet und sie zuletzt unter dem 23. Mai 2001 der Klägerin übersandt. Damit ist - wie auch die Beklagten nicht verkennen - die Wiederholungsgefahr zunächst entstanden.

(b) Die Frage, ob eine entstandene Wiederholungsgefahr ausgeräumt ist, beantwortet sich objektiv nach den Umständen des Einzelfalles. Grundsätzlich wird die Wiederholungsgefahr nach ständiger Rechtsprechung nur durch eine ausreichend strafbewehrte Unterlassungserklärung (oder durch eine als endgültige Regelung anerkannte einstweilige Verfügung) mit entsprechendem Verbotsausspruch beseitigt.

Solche Erklärungen haben die Beklagten nicht abgegeben. Allerdings haben sie noch vor der Abmahnung die veränderte Packungsbeilage 02/2000 in Benutzung genommen, die den Nebenwirkungshinweis entsprechend dem § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG wiedergibt (Anlage B 2), und die Neufassung der Klägerin mitgeteilt. Die bloße - auch längere - Einstellung der Verletzungshandlung (innerhalb der Verjährungsgrenzen) als solche reicht aber grundsätzlich nicht aus, um den Wegfall der Wiederholungsgefahr herbeizuführen.

(c) Der Umstand, dass die Verletzungshandlung noch vor der Abmahnung eingestellt worden ist, und die übrigen Besonderheiten des Falles rechtfertigen es nach Auffassung des Senats nicht, entgegen den aufgezeigten Grundsätzen den Wegfall der Wiederholungsgefahr ausnahmsweise anzunehmen.

(aa) Es kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass sie die bei ihnen vorhandenen Exemplare der Packungsbeilage 08/1998 vernichtet haben und dass bei der Fertigware die ZXXXXX-Gebrauchsinformation ausgetauscht worden ist. Eine Beweisaufnahme ist mithin nicht erforderlich.

Es mag sein, dass die Beklagten die Packungsbeilage im Bedarfsfall normalerweise unter Verwendung der ihnen vorliegenden früheren Gebrauchsinformation aktualisieren und dass das Einscannen der Original-Gebrauchsinformation des Arzneimittelherstellers nur bei gravierenden Änderungen erfolgt. Für die in Rede stehende ZXXXXX-Packungsbeilage ist damit aber nicht etwa ausgeschlossen, sondern durchaus wahrscheinlich, dass sich der fehlerhafte Nebenwirkungshinweis - wie in der Packungsbeilage 08/1998 geschehen - wiederholen kann:

Beim Erstellen einer Gebrauchsinformation kann immer wieder ein Fehler, z. B. hier das Weglassen des Nebenwirkungshinweises selbst oder eine Verschiebung bei den Absätzen eintreten, insbesondere dann, wenn die Packungsbeilage von den Beklagten "eigenständig" gedruckt wird. Schon die ZXXXXX-Packungsbeilage der Klägerin mit demselben unkorrekten Nebenwirkungshinweis zeigt, dass schon der Klägerin als erfahrener Arzneimittelherstellerin insoweit Fehler unterlaufen können. Die Lebenserfahrung spricht dafür, dass ein solches Versehen auch bei den Beklagten passieren kann.

Nichts anderes gilt für den Fall, dass die Beklagten die Gebrauchsinformation (wie vorliegend bei der Packungsbeilage 08/1998) durch Scannen von der Klägerin übernehmen. Zwar hat die Klägerin ihrerseits eine strafbewehrte Unterlassungserklärung betreffend die Verwendung der Gebrauchsinformation für das Arzneimittel "Zxxxxx-GYN" ohne Nebenwirkungshinweis abgegeben, so dass davon auszugehen ist, dass auf Seiten der Klägerin insoweit keine Wiederholungsgefahr besteht und die Packungsbeilage auch für ZXXXXX von ihr ordnungsgemäß mit dem Nebenwirkungshinweis erstellt wird. Wird aber eine solche korrekte Packungsbeilage von den Beklagten abgescannt, so können bei der erforderlichen Bearbeitung des Textes leicht Fehler z. B. bei der Absatzbildung auftauchen. Die Lebenserfahrung spricht dafür, dass auch aufmerksames und bemühtes Verhalten solche Pannen nicht sicher vermeidet, sie sind durchaus wahrscheinlich.

Für diese erneuten, durchaus greifbar zu besorgenden Fehlleistungen kommt es nicht darauf an, ob die Exemplare der bisherigen Packungsbeilage 08/1998 - wie die Beklagten unter Beweisantritt vortragen - restlos vernichtet sind oder nicht.

(bb) Nach Auffassung des Senats kann der vom Landgericht herangezogene Gesichtspunkt einer "gleichsam provozierten" Zuwiderhandlung, die vom Verletzer selbst schon vor der Abmahnung aufgegeben worden ist, nicht durchgreifen, er rechtfertigt die Ausnahme von den aufgezeigten Grundsätzen zur Wiederholungsgefahr nicht.

Der Umstand, dass die Beklagten als Parallelimporteure die Packungsbeilage und damit auch den unzureichenden Nebenwirkungshinweis von der Klägerin übernommen haben, ändert nichts daran, dass sich solche Fehler auch bei den Beklagten wiederholen können. Die vom Landgericht als argwöhnisch bezeichnete Beobachtung der Konfektionierung von parallelimportierten Arzneimitteln schließt für die Zukunft eine solche Panne nicht aus. Insoweit ist auch nicht von Belang, dass die Beklagten schon vor der Abmahnung die ZXXXXX-Packungsbeilage umgestellt haben.

(d) Durchbrechungen des oben aufgeführten Grundsatzes, dass die Wiederholungsgefahr nicht ohne eine Unterwerfungserklärung des Schuldners beseitigt werden kann, haben extremen Seltenheitswert (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Auflage, Kap. 7, Rz. 4 m. w. Nw.) und sind in anderen Fällen zutreffend als bedenklich angesehen worden (vgl. Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 4. Auflage, Kap. 14, Rz. 74, Fn. 158 m. w. Nw.). Ein solcher seltener Ausnahmefall ist angenommen worden, wenn z. B. der Verletzer jede (oder zumindest jede dem Verletzungsbereich ähnliche) Geschäftsbetätigung aufgegeben hat und außerdem eine Wiederaufnahme ganz unwahrscheinlich ist. Solange aber nicht jede Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme ähnlicher Tätigkeiten durch den Verletzer beseitigt ist, ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass sogar die Geschäftsaufgabe oder die Aufgabe der Betätigung, in deren Rahmen die Verletzungshandlung erfolgt ist, der Eintritt in das Liquidationsstadium oder der Übergang des Unternehmens in andere Hände die Wiederholungsgefahr grundsätzlich nicht beseitigen (BGH GRUR 1992, 318 - Jubiläumsverkauf m. w. Nw.).

Ein solcher extremer Ausnahmefall ist nach den obigen Ausführungen nicht gegeben, der vorliegende Sachverhalt ist mit den in der Rechtsprechung behandelten Sonderfällen nicht vergleichbar:

(aa) Der BGH hat in der Entscheidung "Versicherungsvermittlung im öffentlichen Dienst" (BGH GRUR 1994, 443) Gesichtspunkte erwogen, auf Grund derer trotz fehlender strafbewehrter Unterlassungserklärung ein Wegfall der Wiederholungsgefahr ausnahmsweise vorliegen könne. Diese könnten darin liegen, dass der in Rede stehende Wettbewerbsverstoß (die Vermittlung von Versicherungen während der Dienstzeit durch Angehörige des öffentlichen Dienstes entgegen den Nebentätigkeits-Bestimmungen) erst durch die damalige Entscheidung höchstrichterlich geklärt worden sei, so dass nicht ohne weiteres eine Wiederholung des Verstoßes anzunehmen sei; außerdem seien es provozierte Verstöße gewesen und die Kontrolle des aufmerksam gewordenen Dienstherrn werde erneuten Zuwiderhandlungen entgegenwirken.

Im vorliegenden Fall ist demgegenüber ein eindeutiger Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 13 AMG gegeben, von einem erst durch die Rechtsprechung geklärten Grenzfall kann keine Rede sein. Dass die Beklagten als Parallelimporteure von ihren Konkurrenten aus dem Bereich der Pharmaherstellung - wie vorliegend von der Klägerin - nicht nur gelegentlich beobachtet werden, ist nicht mit der Kontrolle eines Dienstherrn im öffentlichen Dienst gleichzusetzen, auf die der Bundesgerichtshof (BGH, a. a. O. - Versicherungsvermittlung im öffentlichen Dienst) zusätzlich abgestellt hat. Der Gesichtspunkt des "provozierten Verstoßes" greift - wie ausgeführt - vorliegend ebenfalls nicht durch.

(bb) In der BGH-Entscheidung "Jubiläumsverkauf" (BGH a. a. O.) ging es um einen Verstoß gegen die PreisangabenVO anlässlich einer Sonderveranstaltung beim 75-jährigen Firmenjubiläum (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG), dessen Wiederholung erst zum 100-jährigen Jubiläum in Betracht kam; dort wurde die Wiederholungsgefahr wegen der zeitlichen Distanz ausnahmsweise verneint. So ein Sonderfall ist vorliegend nicht gegeben. Die Packungsbeilage 08/1998 wurde anderthalb Jahre lang und noch am 23. Mai 2001 benutzt, sie wurde erst entsprechend der Ankündigung im Schreiben vom 10. August 2001 ausgetauscht.

(cc) Die BGH-Entscheidung "Pico" (BGH LM Nr. 8 zu § 3 UWG) betraf einen wiederum nicht vergleichbaren Ausnahmefall: Es ging um eine Notstandsmaßnahme aus der Nachkriegszeit, in deren Rahmen das beklagte Unternehmen altes Verpackungsmaterial zugeteilt bekommen hatte, deren Verwendung wegen der Aufdrucke auf den Kartons irreführend war. Das Material war inzwischen aufgebraucht und dann die Benutzung von selbst beendet worden. Zutreffend hat der Bundesgerichtshof damals darauf abgestellt, dass eine Neuherstellung von solchem Verpackungsmaterial nicht zu besorgen war. Vorliegend geht es dagegen um eine von den Beklagten hergestellte und verwendete Packungsbeilage, auch wenn sie auf der Vorlage der entsprechenden Gebrauchsinformation der Klägerin beruhte.

(dd) Auf die Entscheidung RGZ 84, 147, auf die als Ausnahmefall noch Bezug genommen wird, kann nach Auffassung des Senats nicht abgestellt werden. Jedenfalls ist daraus nicht etwa herzuleiten, dass die bloße Einstellung des beanstandeten Tuns genügt, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Die dortige Beklagte hatte in ihrer Zeitung die Abbildung eines Handstickmusters veröffentlicht und entsprechende Plättmuster zum Verkauf in den Handel gegeben. Die Klage u. a. auf Unterlassung war auf Urheberrechtsverletzung gestützt worden. Das Reichsgericht hatte das Berufungsurteil, in dem die Wiederholungsgefahr bejaht worden war, aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen und ausgeführt, es seien (nach der Behauptung der Beklagtenseite) die Plättmuster zurückgerufen und vernichtet worden, das zeige, dass es dem Verletzer ernst gewesen sei, der Wiederholung der Rechtsverletzung vorzubeugen. Die Erwägungen des Reichsgerichts zeigen, dass die Rechtsprechung inzwischen zu Recht erheblich strenger geworden ist.

5.) Der Unterlassungsantrag ist gegenüber beiden Beklagten begründet.

Die zur Akte gereichte Packungsbeilage 08/1998 führt die beiden Beklagten als pharmazeutische Unternehmer an. ZXXXXX ist unstreitig von beiden Beklagten parallelimportiert und im Inland mit der Packungsbeilage vertrieben worden.

II.

Nach alledem war auf die Berufung der Klägerin der Klage stattzugeben.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 100 Abs. 4 analog, 708 Nr. 10, 711, 543 Abs. 2 ZPO n. F.; für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

Zurück