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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 19.07.2007
Aktenzeichen: 3 U 53/07
Rechtsgebiete: HWG, UWG


Vorschriften:

HWG § 3
HWG § 7
UWG § 5
UWG § 6
1. Die Werbung für ein Arzneimittel zur Behandlung von Inkontinenz ("OAB") mit der Angabe: "Probeflug mit S. - Wie zufrieden sind Ihre OAB-Patienten - Stellen Sie einen unzufriedenen Patienten auf S. um - Fragen Sie 4 Wochen später nach der Therapiezufriedenheit" ist keine vergleichende Werbung, sie macht kein Konkurrenzprodukt erkennbar (§ 6 Abs. 1 UWG): Die Werbung verhält sich nicht dazu, weshalb der Patient bisher unzufrieden ist.

2. Die Angabe ist auch nicht irreführend (§ 3 HWG, § 5 UWG), eine höhere Wirksamkeit oder Verträglichkeit von S. wird nicht behauptet oder suggeriert.

3. Wird dem Arzt für das Ausfüllen des Formulars (über die Therapiezufriedenheit) ein Werbemuster (Koffergut und Kofferanhänger mit der Aufschrift "S.") versprochen, so verstößt das wegen der Zweckbestimmung nicht gegen das Verbot von Werbegaben gemäß § 7 HWG.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT Beschluss

Geschäftszeichen: 3 U 53/07

In dem Rechtsstreit

Gründe:

Die Antragsgegnerin, ein Pharmaunternehmen, hat für ihr Arzneimittel S. zur Behandlung von Inkontinenz (= OAB) mit einem Werbeblatt gegenüber Ärzten geworben.

Die Antragstellerin hat das als wettbewerbswidrig beanstandet und die Antragsgegnerin deswegen auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat seine Unterlassungsverfügung aufgehoben und den Verfügungsantrag zurückgewiesen. Die Berufung hat die Antragstellerin zurückgenommen, nachdem der nachstehende Hinweisbeschluss des Senats gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ergangen war.

Auf der angegriffenen Seite 2 des Werbeblatts der Antragsgegnerin stand: "Probeflug mit S. - Wie zufrieden sind Ihre OAB-Patienten? Stellen Sie einen unzufriedenen OAB-Patienten auf S. um. Fragen Sie zum Umstellungszeitpunkt und 4 Wochen später nach der Therapiezufriedenheit". Für das Ausfüllen des Formulars sollte der Arzt ein Werbemuster (Koffergurt und Kofferanhänger jeweils mit S. beschriftet) erhalten.

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, vom 30. Januar 2007 nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Zu Recht hat das Landgericht die Beschlussverfügung zu lit. b) aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Verfügungsantrag nebst Hilfsantrag zurückgewiesen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich.

Ergänzend ist noch auf folgendes hinzuweisen:

(a) Der Gegenstand der Berufung ist der Verfügungsantrag gemäß der vom Landgericht aufgehobenen Beschlussverfügung zu lit. b), hilfsweise mit dem Nachsatz: "insbesondere wie geschehen in Anlage ASt 11 mit Ausnahme der Seite 1 dieser Anlage.

Soweit es im Berufungsantrag gemäß Schriftsatz der Antragstellerin vom 13. April 2007 "Anlage ASt 22" heißt, handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler.

(b) Auch nach Auffassung des Senats ist der Unterlassungsantrag gemäß lit. b der Beschlussverfügung im verallgemeinerten Antrags-Teil (vor dem "insbesondere") nicht begründet.

Die Antragstellerin kann aus keinem in Betracht kommenden Gesichtspunkt von der Antragsgegnerin verlangen, dass diese es künftig unterlässt,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das Fertigarzneimittel "Sxxx"(r) zu werben (b) mit der Angabe

"Probeflug mit "Sxxx"(r). Wie zufrieden sind Ihre OAB-Patienten?

- Stellen Sie eine/n unzufriedene/n OAB-Patienten/in auf "Sxxx"(r) um

- Fragen Sie zum Umstellungszeitpunkt und 4 Wochen später nach der Therapiezufriedenheit".

(aa) Der Streitgegenstand des verallgemeinerten Unterlassungsanspruchs ist nur das Werben mit dieser Angabe. Deswegen können Besonderheiten aus der Werbeunterlage der Antragsgegnerin (Anlage ASt 5; vgl. dazu als Auszug aus der Werbeunterlage die Verbotsanlagen 1 und 2 der Beschlussverfügung) zur Begründung des Unterlassungsanspruchs nicht herangezogen werden.

(bb) Auch nach Auffassung des Senats ist der Unterlassungsanspruch aus § 6 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 5 UWG (mit §§ 3, 8 UWG) nicht begründet.

Es handelt sich nicht um eine vergleichende Werbung, denn sie macht ein Konkurrenzprodukt oder dessen Anbieter nicht erkennbar (§ 6 Abs. 1 UWG). Es wird in der streitgegenständlichen Werbeaussage kein Mitbewerber namentlich genannt und auch kein Arzneimittel, das in Konkurrenz zu "Sxxx" steht. Für eine mittelbare Bezugnahme für § 6 Abs. 1 UWG reicht es zwar aus, dass der Verkehr eindeutig erkennen kann, wer oder was mit der Bezugnahme gemeint ist, aber diese eindeutige Erkennbarkeit muss vorliegen.

Vorliegend wird zu einem Ausprobieren ("Probeflug") von "Sxxx" aufgefordert. Es soll ein "unzufriedener" Patient (Mann oder Frau) auf das Mittel umgestellt werden und der Arzt soll die "Therapiezufriedenheit" abfragen. Damit wird nur das beworbene Arzneimittel hervorgehoben, ein Bezug auf das Mittel der Antragstellerin wird nicht hergestellt, sondern könnte sich nur reflexartig ergeben.

Die Wendung "umstellen" enthält - entgegen der Ansicht der Antragstellerin - keinen (mittelbaren) Bezug auf ihr Arzneimittel. Entscheidend ist vielmehr, dass die Werbeaussage sich dazu nicht verhält. Denn in ihr bleibt gerade offen, weshalb der eine umzustellende OAB-Patient, d. h. der Patient mit überaktiver Blase, "unzufrieden" ist.

(cc) Der Unterlassungsanspruch ist auch aus § 3 HWG (mit §§ 3, 8, 4 Nr. 11 UWG) nicht begründet.

Das Argument der Antragstellerin, die Werbeangabe suggeriere eine höhere Patientenzufriedenheit und damit eine höhere Wirksamkeit von "Sxxx" bzw. eine bessere Verträglichkeit, ist nicht stichhaltig. Behauptungen in diese Richtungen werden nicht aufgestellt und der Referenzverbraucher hat zu einem solchen Verständnis auch sonst keinen Anhalt. Vielmehr wird der Arzt zu einer Umstellung eines Patienten auf "Sxxx" und zu dessen Befragung aufgefordert. Ob der Patient dann zufriedener sein wird, bleibt in der Werbeaussage offen. Eine bessere Wirksamkeit oder Verträglichkeit wird nicht behauptet, zumal der Bezugspunkt (besser gegenüber welchem anderen Mittel?) nicht genannt wird.

Damit ist zugleich dem weiteren Gesichtspunkt der Berufung, jene Werbebehauptung sei wissenschaftlich nicht hinreichend belegt, die Grundlage entzogen.

(dd) Der Unterlassungsanspruch ist aus § 4 Nr. 1 UWG (mit §§ 3, 8, UWG) nicht begründet.

Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG setzt voraus, dass die Werbung geeignet ist, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen. Die bloße Aufforderung, bei einem unzufriedenen Patienten es mit "Sxxx" "probeweise" zu versuchen, vermag die freie Entschließung des Arztes nicht zu beeinträchtigten. Auf die beanstandete "Zuwendung" (Koffergurt und Kofferanhänger) kommt es nach dem Streitgegenstand des verallgemeinerten Unterlassungsantrages nicht an.

(c) Der Hilfs-Unterlassungsantrag gemäß lit. b der Beschlussverfügung ist nicht begründet.

Der Unterlassungsantrag stimmt mit dem oben wiedergegeben Antrag gemäß lit. b der Beschlussverfügung überein, ihm folgt der Nachsatz: "insbesondere wie geschehen in Anlage 11 mit Ausnahme der Seite 1 dieser Anlage".

Die Anlage 11 ist ein dreiseitiger Auszug aus dem Werbeblatt gemäß Anlage ASt 5. Die Seite 1 mit der Anspielung auf das Arzneimittel WW der Antragstellerin ist ausdrücklich angenommen, sie ist also wiederum nicht Streitgegenstand.

Auf der Seite 2 ist von der "Patientenzufriedenheit nach einem Jahr bezogen auf Wirksamkeit" und von der "Therapietreue" die Rede, aber jeweils nur im Zusammenhang mit "Sxxx". Die Seite 3 ist die oben erörterte Seite aus dem Werbeblatt, die mit "Probeflug mit "Sxxx"" überschrieben. Insoweit ergeben sich keine weiteren Gesichtspunkte für ein Verbot.

Damit kann das (erste) Argument der Berufung, die Titelseite des Werbeblattes enthalte über die Abbildung der Frau auf dem Motorroller eine direkte Bezugnahme auf das Arzneimittel WW der Antragstellerin, nicht ankommen.

Ein Verstoß gegen § 7 HWG ist ebenfalls nicht gegeben, denn nach Art der streitgegenständlichen Ankündigung gemäß der Verbotsanlage 2 werden dem Arzt zwei Reklamegegenstände mit Aufdruck (ein Koffergurt und ein Kofferanhänger mit der Werbeaufschrift "Sxxx") für das Ausfüllen des Formulars über die Zufriedenheit des Patienten versprochen. Eine unentgeltliche Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 HWG ist nicht gegeben.

(c) Der Hilfs-Unterlassungsantrag gemäß lit. b der Beschlussverfügung ist nicht begründet.

Der Unterlassungsantrag stimmt mit dem oben wiedergegeben Antrag gemäß lit. b der Beschlussverfügung überein, ihm folgt der Nachsatz: "insbesondere wie geschehen in Anlage 11 mit Ausnahme der Seite 1 dieser Anlage".

Die Anlage 11 ist ein dreiseitiger Auszug aus dem Werbeblatt gemäß Anlage ASt 5. Die Seite 1 mit der Anspielung auf das Arzneimittel WW der Antragstellerin ist ausdrücklich ausgenommen, sie ist also wiederum nicht Streitgegenstand.

Auf der Seite 2 ist von der "Patientenzufriedenheit nach einem Jahr bezogen auf Wirksamkeit" und von der "Therapietreue" die Rede, aber jeweils nur im Zusammenhang mit "Sxxx". Die Seite 3 ist die oben erörterte Seite aus dem Werbeblatt, die mit "Probeflug mit "Sxxx"" überschrieben. Insoweit ergeben sich keine weiteren Gesichtspunkte für ein Verbot.

2. ...

Ende der Entscheidung

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