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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 16.01.2003
Aktenzeichen: 3 U 80/02
Rechtsgebiete: HWG, UWG


Vorschriften:

HWG § 3
UWG § 1
1. Wird in der Werbung für Langzeittherapie-Allergenpräparate die Vornahme der "Quantifizierung des Majorallergengehaltes" behauptet, so bezieht man das mangels gegenteiliger Hinweise nahe liegend auf die vertriebenen Präparate und nicht nur auf die Zwischenstufe in der Herstellung (auf den Referenz-Extrakt), zumal die Präparatchargen in derselben Werbung erwähnt werden. Das zusätzliche Schaubild in der Werbung korrigiert die Fehlvorstellung nicht, weil es dort zu diesem speziellen Herstellungsschritt keine Hinweise (weder positiv noch negativ) gibt. Außerdem lässt die Werbung nicht erkennen, dass die ausgelobte "Quantifizierung" nur bei vier Allergenpräparaten vorgenommen wird.

2. Die Angabe "Der zuverlässige Subkutan-Standard" ist eine Alleinstellungsberühmung, sie ist unrichtig, weil die so beworbenen Allergenpräparate (anders als beim Marktführer) nicht extern überprüft werden und nur vier Allergenpräparate "quantifiziert". Von einem "Standard" im Sinne eines maßgeblichen "Vorbildes" kann dann nicht ausgegangen werden.

3. Wird für verschreibungspflichtige Langzeittherapie-Allergenpräparate gegenüber Fachkreisen geworben, kommt es für § 3 HWG auf die Vorstellung der Fachkreise, d. h. der durchschnittlichen Ärzte und Apotheker (als Durchschnittsadressaten) an. Maßgeblich sind aber insoweit alle Fachkreise (z. B. auch Allgemeinmediziner oder Kinderärzte) und nicht etwa nur Allergologen oder gar nur Allergologen, die zuvor von der Antragsgegnerin instruiert worden sind.


HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 80/02

In dem Rechtsstreit

Verkündet am: 16.Januar 2003

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Gärtner, v. Franqué, Spannuth nach der am 19. Dezember 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 21. Dezember 2001 ab geändert.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu 250.000 €, Ordnungshaft insgesamt höchsten zwei Jahre) weiter - über die Verurteilung des Landgerichts hinaus - verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in der Werbung für "Axxxx"-Therapieallergene zu behaupten,

(b) es werde an ihnen eine "Quantifizierung des Majorallergen-Gehaltes" vorgenommen, wie geschehen in der nachstehenden Urteils-Anlage;

und/oder

(c) sie würden eine "Standardisierung nach WHO-Richtlinien" durchlaufen,

und/oder

(d) es werde an ihnen eine "Bestimmung des Referenzextraktes in vivo und in vitro" und eine "dreifache RAST-Inhibitionskontrolle für jede Charge" vorgenommen und es bestehe eine "konstante biologische Aktivität von Charge zu Charge", wie geschehen in der nachstehenden Urteils-Anlage;

und/oder

(e) es werde für sie eine "optimale Erhaltungsdosis vom Spezialisten definiert".

Die Berufung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf insgesamt 153.388 € (= 300.000 DM) festgesetzt, davon entfallen auf die Berufung der Antragsgegnerin 38.347 € (= 75.000 DM) und auf die Berufung der Antragstellerin 115.041 € (= 225.000 DM).

Tatbestand:

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Allergenpräparate zur allergiespezifischen Hyposensibilisierung.

Die Antragsgegnerin hat eine neue Serie von Langzeittherapie-Allergenpräparaten in Deutschland unter der Bezeichnung "Axxxx" auf den Markt gebracht. Hierfür hat die Antragsgegnerin in Fachkreisen geworben (Anlagen ASt 2-4).

Die Antragstellerin beanstandet die Werbung wegen mehrerer Äußerungen als wettbewerbswidrig und nimmt im vorliegenden Verfügungsverfahren die Antragsgegnerin deswegen auf Unterlassung in Anspruch.

Die Antragsgegnerin hat einen AXXXX-Werbefolder verwendet, der zwischen der Vorderseite und der Rückseite u. a. zwei Abschnitte enthält, die mit "Zuverlässig" bzw. mit "Flexibel" überschrieben sind (Anlage ASt 2):

Auf der Vorderseite des Werbefolders wird mit dem Hinweis geworben: "Der zuverlässige Subkutan-Standard" - vgl. hierzu den Verfügungsantrag zu (a).

Im Abschnitt "Zuverlässig" des Werbefolders (Anlage ASt 2)

- dieser ist in Fotokopie dem Verbotsausspruch des Senatsurteils als Anlage beigefügt (Seite 3)

- heißt es oberhalb und unterhalb des Schaubildes

- vgl. hierzu die Verfügungsanträge zu (b) und (d):

"- Bestimmung des Referenzextraktes in vivo und in vitro

- 3-fache RAST-Inhibitionskontrolle für jede Charge

- Quantifizierung des Majorallergen-Gehaltes

- Konstante biologische Aktivität von Charge zu Charge".

In dem mit "Flexibel" überschriebenen Abschnitt des Werbefolders (Anlage ASt 2) steht u. a. der Hinweis: "Optimale Erhaltungsdosis vom Spezialisten definiert" - vgl. insoweit den Verfügungsantrag zu (e).

Die Antragsgegnerin hat außerdem in der Zeitschrift ALLERGO-Journal für AXXXX eine Werbeanzeige veröffentlicht, in der es u. a. heißt: "In-vitro- und In-vivo-Standardisierung nach WHO-Richtlinien" (Anlage ASt 4) - vgl. hierzu den Verfügungsantrag zu (c).

Die Antragstellerin hat vor dem Landgericht beantragt (wegen der ursprünglich angekündigten und zunächst gestellten Fassung vgl. Bl. 1-2, 22, 32-33), der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in der Werbung für "Axxxx"-Therapieallergene zu behaupten

(a) diese seien "Der zuverlässige Subkutan-Standard"

und/oder

(b) an den Endprodukten werde "eine Quantifizierung des Majorallergen-Gehaltes" vorgenommen, wie geschehen in der Anlage zu diesem Beschluss, und zwar sofern nicht klargestellt wird, für welche namentlich zu benennenden Therapieextrakte diese Aussage zutreffend ist

und/oder

(c) sie würden eine "Standardisierung nach WHO-Richtlinien" durchlaufen, und zwar sofern nicht klargestellt wird, für welche namentlich zu benennenden Therapieextrakte diese Aussage zutreffend ist und/oder

(d) es werde an ihnen eine "Bestimmung des Referenzextraktes in vivo und in vitro". eine "3-fache RAST-Inhibitionskontrolle für jede Charge" und eine "konstante biologische Aktivität von Charge zu Charge" vorgenommen, wie geschehen in der Anlage zu diesem Beschluss;

und/oder

(e) es werde für sie eine "optimale

Erhaltungsdosis vom Spezialisten definiert", und zwar sofern nicht klargestellt wird, für welche namentlich zu benennenden Therapieextrakte diese Aussage zutreffend ist.

Das Landgericht hat mit seinem Urteil vom 21. Dezember 2001 dem Verfügungsantrag zu (a) stattgegeben und im übrigen die Verfügungsanträge zurückgewiesen. Die im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils als gestellt wiedergegebenen Verfügungsanträge zu (b), (c) und (d) enthalten entgegen dem Akteninhalt jeweils nicht die mit "und zwar" beginnenden Nachsätze. Auf das Urteil wird Bezug genommen. Gegen das Urteil wenden sich die Parteien mit der - jeweils selbständigen - Berufung, soweit die Entscheidung zu ihrem Nachteil ergangen ist.

Die Antragstellerin beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung weiter zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in der Werbung für "Axxxx"-Therapieallergene zu behaupten,

(b) es werde an ihnen eine "Quantifizierung des Majorallergen-Gehaltes" vorgenommen, wie geschehen in der Anlage;

und/oder

(c) sie würden eine "Standardisierung nach WHO-Richtlinien" durchlaufen,

und/oder

(d) es werde an ihnen eine "Bestimmung des Referenzextraktes in vivo und in vitro". eine "dreifache RAST-Inhibitionskontrolle für jede Charge" und eine "konstante biologische Aktivität von Charge zu Charge" vorgenommen, wie geschehen in der Anlage;

und/oder

(e) es werde für sie eine "optimale Erhaltungsdosis vom Spezialisten definiert",

hilfsweise jeweils mit der Maßgabe der erstinstanzlich zuletzt gestellten Anträge. Die Antragsgegnerin beantragt unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Zurückweisung des Verfügungsantrages zu (a). Im übrigen beantragen die Parteien wechselseitig die Zurückweisung des Rechtsmittels jeweils der Gegenseite.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Antragstellerin ist zulässig (I.) und begründet. Demgemäß ist unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils - soweit zum Nachteil der Antragstellerin entschieden worden ist - den Verfügungsanträgen zu (b) bis (e) in der in der Berufungsverhandlung gestellten Fassung (den Hauptanträgen) stattzugeben, beim Antrag zu (e) in sprachlich überarbeiteter Fassung (III. - VI. mit II.).

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg, zu Recht hat das Landgericht dem Verfügungsantrag zu (a) stattgegeben (VII. mit II.).

I.

Die Berufung der Antragstellerin ist - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - zulässig. Die Berufungsbegründung ist ordnungsgemäß (§ 519 ZPO a. F.).

Aus der Berufungsbegründung ergibt sich zweifelsfrei, dass das Urteil insgesamt angefochten wird, soweit es zum Nachteil der Antragstellerin ausgegangen ist. Die Antragstellerin setzt sich mit den einzelnen Anträgen und dem von ihr für richtig gehaltenen Rechtsstandpunkt in Abgrenzung zum landgerichtlichen Urteil auseinander.

II.

1.) Bei den in den Verfügungsanträgen zu (a) bis (e) gemäß § 3 HWG, § 1 UWG als irreführend beanstandeten und - wie unter III. bis VII. ausgeführt wird - nach diesen Vorschriften wettbewerbswidrigen Angaben ist jeweils auf das Verständnis des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsadressaten der Werbung abzustellen.

Bei allen diesen Angaben ist das Verständnis der angesprochenen Ärzte und Apotheker maßgeblich. Die AXXXX-Allergenpräparate der Antragsgegnerin sind verschreibungspflichtig; der Werbefolder (Anlage ASt 2) und die Werbeanzeige (Anlage ASt 4) mit den angegriffenen Hinweisen richten sich nur an Fachkreise. Das gilt auch für den AXXXX-Faltprospekt (Anlage ASt 3) der Antragsgegnerin, der ebenfalls einen Teil der vorliegend beanstandeten Angaben enthält.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin sind die angesprochenen Verkehrskreise, auf deren Verständnis abzustellen ist, nicht nur die "allergologisch erfahrenen" Ärzte oder gar nur die von der Antragsgegnerin instruierten Ärzte. Für die Frage der Irreführung einer Angabe im Sinne des § 3 HWG kommt es - entsprechend den Grundsätzen zu § 3 UWG - stets auch auf die potentiellen Abnehmer und nicht nur auf die durch eine Werbung tatsächlich erreichten Verkehrskreise an. Demgemäß richtet sich vorliegend die Werbung der Antragsgegnerin auch an Allgemeinmediziner, an Internisten, Kinderärzte, Dermatologen und HNO-Ärzte und Klinikärzte, bei deren Patienten eine Behandlung wegen allergischer Beschwerden in Frage kommt. Dafür spricht schon die Lebenserfahrung, nach der die Therapie von Allergien nicht etwa nur von Allergologen durchgeführt wird. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin für den Einsatz ihrer Präparate den Ärzten eine besondere Schulung anbietet, steht dem nicht entgegen.

Die vorstehenden Ausführungen werden durch die von der Antragstellerin in der Berufungsverhandlung überreichte ALLMED-Untersuchung bestätigt (Anlage ASt-Protokoll). Aus dieser ergibt sich, dass die Präparate der Antragsgegnerin im Untersuchungszeitraum (von Dezember 1999 bis Oktober 2002) ganz überwiegend von Allgemeinmedizinern ("Praktikern") verordnet worden sind, und zwar monatlich mit jeweils mehr als 40.000 Packungen. Demgegenüber wurden von Internisten, Kinderärzten, Dermatologen, HNO-Ärzten und Kliniken jeweils nur unter 10.000 Packungen monatlich verordnet.

2.) Der erkennende Senat kann auf Grund eigener Sachkunde über das Verkehrsverständnis der in Rede stehenden, in den Verfügungsanträgen zu (a) bis (e) angegriffenen Angaben entscheiden, obwohl die Mitglieder des Senats nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.

Bei den Werbehinweisen geht es, wie noch im Einzelnen auszuführen sein wird, um Angaben des allgemeinen Sprachgebrauchs bzw. um nach normalen Grundsätzen des Äußerungszusammenhangs zu beurteilende Fragen der werblichen Darstellung. Durchgreifende Umstände, die wegen fachspezifischer Besonderheiten ein davon etwa abweichendes Verständnis in Fachkreisen erwarten lassen, sind in keinem Fall vorgetragen worden und sind auch sonst nicht ersichtlich.

III.

Der Verfügungsantrag zu Ziffer (b) ist nach Auffassung des Senats aus § 3 HWG, § 1 UWG begründet.

1.) Gegenstand des in der Berufungsinstanz verfolgten Unterlassungsantrages ist die Werbebehauptung für AXXXX-The rapieallergene, es werde an ihnen eine "Quantifizierung des Majorallergen-Gehaltes" vorgenommen, und zwar wie geschehen in der Anlage zum Urteilsausspruch des Senats, d. h. in dem sich hieraus ergebenden bestimmten Äußerungsumfeld.

2.) Der in der angegriffenen Äußerung genannte "Majorallergen-Gehalt" ist ein Messparameter für die Wirkstoffstärke von Allergen-Präparaten. Um dosierbare Präparate herstellen zu können, sind derartige Messparameter entwickelt worden. Von Bedeutung sind dabei die sog. biologische Gesamtaktivität und der Majorallergen-Gehalt.

Die biologische Gesamtaktivität weist aus, welche Reaktionen ein Allergen-Präparat beim Patienten insgesamt auslöst, sie wird u. a. an Hand der sog. RAST-Inhibitionskontrolle ermittelt und in BAU (= bioequivalent allergen units) gemessen.

Ein Allergenextrakt setzt sich aus Major-, Intermediär- und Minorallergenen zusammen, wobei die Anzahl der Bestandteile dieser Naturprodukte schwanken. Der Majorallergen-Gehalt besagt, wie viel Majorallergen (gemessen in g) im Allergenextrakt enthalten ist. Auch auf den Majorallergen-Gehalt kommt es bei der Wirksamkeit eines Allergen-Präparats maßgeblich an.

Bei der Produktion von Allergen-Präparaten wird jeweils zunächst der sog. Referenz-Extrakt hergestellt. Dabei geht es um ein nach den Parametern der biologischen Gesamtaktivität und des Majorallergen-Gehalts möglichst (nach Wirkungen und Nebenwirkungen) optimales Allergenpräparat. Anschließend werden die seriell-gefertigten Präparat-Chargen hergestellt, die schließlich als sog. Endprodukte in die Hand der behandelnden Ärzte gelangen sollen.

Diese Präparat-Chargen werden beim Hersteller am Referenz-Extrakt abgeglichen. Bei diesem Abgleich zum jeweiligen Referenz-Extrakt gibt es einmal die Überprüfung nach der biologischen Gesamtaktivität durch die RAST-Inhibitionskontrolle. Bei einem Allergen-Präparat beeinflusst zwar der Majorallergen-Gehalt auch die biologische Gesamtaktivität, es müssen aber Allergene mit gleicher biologischer Gesamtaktivität keineswegs auch einen gleichen Majorallergen-Gehalt aufweisen. Deswegen gibt es für die Bestimmung des Majorallergen-Gehalts besondere Verfahren, hierzu dient unstreitig nicht die RAST-Inhibitionskontrolle.

3.) Unter diesen in den Grundzügen zwischen den Parteien nicht streitigen Voraussetzungen ist die beanstandete Angabe im mit "Zuverlässig" überschriebenen Abschnitt des Werbefolders der Antragsgegnerin gemäß der Urteilsanlage irreführend (§ 3 HWG), sie wird von beachtlichen Teilen des angesprochenen Publikums in einer den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Weise verstanden.

(a) Die Angabe "Quantifizierung des Majorallergen-Gehaltes" in dem Abschnitt "Zuverlässig" des Werbefolders wird von beachtlichen Teilen des Verkehrs auf die Präparat-Chargen der Antragsgegnerin bezogen und nicht etwa nur auf den jeweiligen Referenz-Extrakt. Bei der Allergen-Herstellung der Antragsgegnerin findet ein solcher Abgleich betreffend den Majorallergen-Gehalt bei den Präparat-Chargen nach ihrem eigenen Vorbringen in der Berufungsverhandlung nur bei vier Allergenen statt, weil ihr sog. ELISA-Verfahren nur auf diese anspricht (Bl. 175). Die Antragstellerin bestreitet das auch insoweit. Ob das für die vier Allergene der Antragsgegnerin zutrifft oder nicht, kann aber insoweit dahingestellt bleiben.

(aa) Wie oben ausgeführt, befindet sich die Angabe "Quantifizierung des Majorallergen-Gehaltes" als dritter Hinweis oberhalb des Schaubildes im Abschnitt "Zuverlässig" des Werbefolders (Anlage ASt 2). Der erste Hinweis dort ("Bestimmung des Referenzextraktes in vivo und in vitro") bezieht sich ausdrücklich auf den Referenz-Extrakt, der zweite ("3-fache RAST-Inhibitionskontrolle für jede Charge") auf die jeweiligen Präparat-Chargen. Demgemäß hat der Leser keine Veranlassung, bei dem dritten Hinweis gedanklich gleichsam zum Referenz-Extrakt zurückzukehren und ihn nur hierauf zu beziehen, zumal auch der Hinweis unterhalb des Schaubildes ("Konstante biologische Aktivität von Charge zu Charge") als Ergebnis wiederum die jeweiligen Präparat-Chargen betrifft.

Hierfür spricht auch der Umstand, dass der angesprochene Arzt in erster Linie daran interessiert sein wird zu erfahren, welche Eigenschaften die Präparat-Chargen aufweisen, die er schließlich bei der Behandlung einsetzen wird. Der Referenz-Extrakt ist als "Zwischenstufe" auch von Bedeutung, das Endergebnis der Herstellung ist für ihn nahe liegend aber wesentlich wichtiger.

Entgegen dem Landgericht wird die demgemäß eintretende Fehlvorstellung des Verkehrs durch das Schaubild nicht korrigiert. Denn dort werden zwar die Bestimmung des Referenz-Extrakts und die RAST-Inhibitionskontrolle bildlich dargestellt, nicht aber die Quantifizierung des Majorallergen-Gehaltes. Dieser Umstand lässt aber nicht die ohnehin nicht zwingende Schlussfolgerung entstehen, "deswegen" könne es bei den Präparaten der Antragsgegnerin im Bereich der Präparat-Chargen keine Quantifizierung des Majorallergen-Gehalts geben.

Außerdem werden diejenigen Teile des Verkehrs, die die konkurrierenden ALK-Produkte der Antragstellerin kennen, die beanstandete Werbung der Antragsgegnerin auch deswegen nicht anders verstehen, weil es bei den Allergen-Präparaten der Antragstellerin, die mit diesen unstreitig seit 15 Jahren mit großem Erfolg auf dem Markt ist, eine Prüfung des Majorallergen-Gehalts Charge für Charge durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gibt. Zudem empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die Standardisierung eines Allergen-Präparates ausdrücklich auch die Bestimmung des Majorallergen-Gehalts (Anlage ASt 9).

(bb) Dass nur vier Allergene der Antragsgegnerin in der von ihr beschriebenen Weise auf den Majorallergen-Gehalt untersucht werden, wird aus der beanstandeten Werbung an keiner Stelle deutlich. Für ein so eingeschränktes Verständnis hat der Verkehr auch sonst keinen Anhalt.

4.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben.

Der Antrag beschreibt die konkrete Verletzungsform. Die Antragsgegnerin hat mit dieser Angabe in dem Abschnitt "Zuverlässig" ihres Werbefolders so geworben (Anlage ASt 2), auf dieses besondere Umfeld nimmt der Antrag mit der Anlage zum Urteilsausspruch Bezug. Auf den Werbefolder im übrigen kommt es insoweit nicht an.

Mit dem Verstoß gegen § 3 HWG verstößt die Antragsgegnerin zugleich gegen § 1 UWG. Dass irreführende Angaben im Bereich der Arzneimittelwerbung unlauter sind, bedarf keiner vertieften Begründung.

IV.

Der Verfügungsantrag zu Ziffer (c) ist nach Auffassung des Senats ebenfalls begründet (§ 3 HWG, § 1 UWG).

1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages ist die Werbebehauptung für AXXXX-Therapieallergene, sie würden eine "Standardisierung nach WHO-Richtlinien" durchlaufen. Der in der Berufungsinstanz gestellte Antrag bezieht sich allgemein und ohne eine zusätzliche Ergänzung (wie in erster Instanz) auf die Verwendung dieser Werbeangabe. Auf Besonderheiten des werblichen Umfeldes (etwa dem der Werbeanzeige gemäß Anlage ASt 4) kommt es nicht an.

2.) Die beanstandete Angabe ist irreführend (§ 3 HWG), sie wird von beachtlichen Teilen des angesprochenen Publikums in einer den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Weise verstanden.

(a) Es ist unstreitig, dass mit den Rede stehenden WHO-Richtlinien die WHO-Empfehlung gemeint ist (Anlage ASt 9), zu der nicht nur die RAST-Inhibitionskontrolle, sondern auch die Bestimmung des Majorallergen-Gehaltes bei den Präparat-Chargen gehört. Demgemäß wird der angesprochene Verkehr naheliegend und selbstverständlich annehmen, dass beide WHO-Kriterien bei den Präparaten der Antragsgegnerin Beachtung finden.

Auch insoweit kommt noch der oben schon erwähnte Umstand hinzu, dass bei der Antragstellerin diese Chargenprüfung betreffend den Majorallergen-Gehalt vorgenommen wird.

In der Werbung der Antragsgegnerin steht nichts davon, dass bei ihren Allergen-Präparaten nur Teile aus der WHO-Richtlinien erfüllt werden, deswegen würde es nicht ausreichen, dass die Antragsgegnerin die (auch von der WHO empfohlene) RAST-Inhibitionskontrolle durchführt.

(b) Bei der Allergen-Herstellung der Antragsgegnerin findet aber, wie oben ausgeführt, ein Abgleich betreffend den Majorallergen-Gehalt bei den Präparat-Chargen nach ihrem eigenen Vorbringen, das als zutreffend unterstellt werden kann, nur bei vier Allergenen statt. Dieser Umstand wird aus der beanstandeten Werbung an keiner Stelle deutlich und auch sonst nicht vom Verkehr angenommen.

3.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben.

Der Antrag beschreibt die konkrete Verletzungsform. Die Antragsgegnerin hat mit dieser Angabe geworben (Anlage ASt 2-3), auf Besonderheiten des Werbefolders oder auf ein sonstiges Umfeld kommt es für die Irreführung insoweit nicht an. Im übrigen wird auf die obigen Ausführungen unter III. Bezug genommen.

V.

Auch der Verfügungsantrag zu Ziffer (d) ist nach Auffassung des Senats aus § 3 HWG, § 1 UWG begründet.

1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages gemäß dem Senatsausspruch in der hieraus ersichtlichen, nur sprachlichen Überarbeitung ist die Werbebehauptung für AXXXX-Therapieallergene, es werde an ihnen eine "Bestimmung des Referenzextraktes in vivo und in vitro" und eine "dreifache RAST-Inhibitionskontrolle für jede Charge" vorgenommen und es bestehe eine "konstante biologische Aktivität von Charge zu Charge", und zwar wie geschehen in der Anlage zum Urteilsausspruch des Senats, d. h. in dem sich hieraus ergebenden bestimmten Äußerungsumfeld.

2.) Die beanstandete Angabe ist irreführend (§ 3 HWG), sie wird von beachtlichen Teilen des angesprochenen Publikums in einer den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Weise verstanden.

Es ist unstreitig, dass von den Allergen-Präparaten der Antragsgegnerin nicht alle, sondern (von 103) nur 23 Therapieallergene in der in der Werbung beschriebenen Weise standardisiert angeboten werden. Der in Rede stehende Werbehinweis wird aber vom Verkehr naheliegend als genereller Hinweis auf die Eigenschaften der Präparate der Antragsgegnerin verstanden. Für ein eingeschränktes Verständnis hat das Publikum keinen Anhalt.

Entgegen dem Landgericht ergibt sich ein solcher Anhalt für eine eingeschränkte Bedeutung der Angabe nicht aus den Hinweisen in dem mit "Flexibel" überschriebenen Abschnitt des Werbefolders (Anlage ASt 2). Zum einen geht es bei diesem Abschnitt um die Eigenschaften der AXXXX-Präparate im Hinblick auf die individuelle Immuntherapie, wie bereits die Überschrift ("Flexibel") vorgibt, mit dem Abschnitt "Zuverlässig" bringt der Leser das nicht in Zusammenhang. Zum anderen wird nicht etwa deutlich gemacht, dass bei nur 23 Präparaten der Antragsgegnerin überhaupt eine Standardisierung stattfindet, denn es heißt dort: "biologisch standardisiert".

Der Antrag beschreibt die konkrete Verletzungsform. Die Antragsgegnerin hat mit dieser Angabe in dem Abschnitt "Zuverlässig" ihres Werbefolders so geworben (Anlage ASt 2), auf dieses besondere Umfeld nimmt der Antrag mit der Anlage zum Urteilsausspruch Bezug. Auf den Werbefolder im übrigen kommt es insoweit nicht an, das gilt insbesondere für den mit "Flexibel" überschriebenen Abschnitt, da insoweit - wie ausgeführt - die Irreführung nicht beseitigt wird. Im übrigen wird auf die obigen Ausführungen unter III. Bezug genommen.

VI.

Der Verfügungsantrag zu Ziffer (e) ist nach Auffassung des Senats aus § 3 HWG, § 1 UWG begründet.

1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages ist die Werbebehauptung für AXXXX-Therapieallergene, es werde für sie eine "optimale Erhaltungsdosis vom Spezialisten definiert". Der in der Berufungsinstanz gestellte Antrag bezieht sich allgemein und ohne eine zusätzliche Ergänzung (wie in erster Instanz) auf die Verwendung dieser Werbeangabe. Auf Besonderheiten des werblichen Umfeldes (etwa dem des Werbefolders oder des Werbeprospekts gemäß Anlage ASt 2-3) kommt es nicht an.

2.) Die beanstandete Angabe ist irreführend (§ 3 HWG), sie wird von beachtlichen Teilen des angesprochenen Publikums in einer den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Weise verstanden.

Unter einer "optimalen Erhaltungsdosis" versteht der Verkehr naheliegend, dass es sich um Allergen-Präparate handelt, deren Eigenschaften jedenfalls besonders gut sind. Das entspricht aber nicht den tatsächlichen Verhältnissen, denn es findet bei der Allergen-Herstellung der Antragsgegnerin, wie oben ausgeführt, ein Abgleich betreffend den Majorallergen-Gehalt bei den Präparat-Chargen nach ihrem eigenen Vorbringen nur bei vier Allergenen statt. Dass das mit der Angabe "optimale Erhaltungsdosis" nicht im Einklang steht, liegt auf der Hand.

3.) Der Antrag beschreibt die konkrete Verletzungsform.

Die Antragsgegnerin hat mit dieser Angabe geworben (Anlagen ASt 2-3 unter "Flexibel"), auf Besonderheiten des Werbefolders oder auf ein sonstiges Umfeld kommt es für die Irreführung insoweit nicht an. Im übrigen wird auf die obigen Ausführungen unter III. Bezug genommen.

VII.

Zu Recht hat das Landgericht den Verfügungsantrag zu Ziffer (a) als begründet angesehen (§ 3 HWG, § 1 UWG).

1.) Gegenstand des Unterlassungsantrages ist die Werbebehauptung für AXXXX-Therapieallergene: "Der zuverlässige Subkutan-Standard", und zwar unabhängig von dem konkret in den Werbemaßnahmen der Antragsgegnerin bestehenden Umfeld (Anlagen Ast 2-4).

2.) Der Unterlassungsanspruch ist aus § 3 HWG, § 1 UWG begründet.

(a) Die beanstandete Angabe "Der zuverlässige Subkutan-Standard" ist irreführend. Sie wird in einer den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Weise verstanden, und zwar im Sinne einer Alleinstellungsbehauptung.

Mit "Standard" wird nach allgemeinem Sprachgebrauch etwas bezeichnet, das in Bezug auf Qualität oder Leistung als mustergültig, modellhaft angesehen wird und nach dem sich andere richten (Anlage ASt 7). Der Begriff setzt insoweit eine längere bzw. nachhaltige und gegenüber den Konkurrenten erfolgreiche Marktpräsenz voraus.

Es gibt den Begriff "Standard" bei Waren zwar auch im Gegensatz zu höherwertigen Ausführungen (so etwa die Standard-Ausstattung gegenüber der Luxusausstattung eines PKW), in diese Richtung geht das Verständnis vorliegend aber nicht, weil der Artikel "der" und die Beschreibung "zuverlässig" gerade das Besondere des so beworbenen Produkts umschreiben und damit auf den Vorbildcharakter abstellen.

Aus der von der Antragsgegnerin zitierten Rechtsprechung (BGH WRP 1998, 861 - Die große deutsche Tages- und Wirtschaftszeitung) ergibt sich nichts anderes. Wird der be stimmte Artikel ("der") verwendet, so kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an, welche Bedeutung der Angabe entnommen wird.

Das Argument der Antragsgegnerin, ihr Erzeugnis stelle den "notwendigen Standard mit der Möglichkeit der individuellen Rezeptur von standardisierten, also zuverlässig wirksamen Allergenen dar" (Anlage ASt 6), greift demgegenüber nicht durch. Es ist verständigerweise zwischen dem Standard und standardisierten Allergenen zu unterscheiden. Die angesprochenen Verkehrskreise werden selbstverständlich auch den begrifflichen Unterschied zwischen standardisierten Allergenen und dem ausgelobten "Standard" eben solcher Allergene kennen.

Auch das Argument der Antragsgegnerin, die angesprochenen allergologisch erfahrenen Ärzte verstünden unter dem zuverlässigen Standard in der subkutanen spezifischen Immuntherapie einen "Allergenextrakt, der an Aluminiumhydroxid als Adjuvanz gebunden" sei, ist nicht durchgreifend. Es geht nicht um die Frage, welche Voraussetzungen im einzelnen ein Standard-Allergenpräparat erfüllen muss, sondern um das Verkehrsverständnis der angegriffenen Werbeaussage selbst. Diese erschöpft sich nicht in dieser Eigenschaft, sondern bezieht sich mit dem Begriff "Standard" auf die Stellung des Produkts der Antragsgegnerin im Markt. Entsprechendes gilt für die weiteren, von der Antragsgegnerin hierzu noch angeführten Eigenschaften eines Allergenpräparats.

(b) In diesem oben dargestellten Verständnis entspricht die angegriffene Angabe nicht den tatsächlichen Verhältnissen.

(aa) Zum einen sind gerade die konkurrierenden ALK-Produkte der Antragstellerin besonders bekannt und umsatzstark, sie ist unstreitig seit 15 Jahren mit großem Erfolg mit ihren Allergenpräparaten auf dem Markt. Die Allergenpräparate der Antragstellerin sind im großen Umfang vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) überprüft worden. Demgegenüber sind die Erzeugnisse der Antragsgegnerin nicht PEI-geprüft und erst seit (gerechnet von November 2001) wenigen Monaten unter der Bezeichnung "Axxxx" und insgesamt - allerdings unter einer anderen Marke - seit knapp vier Jahren auf dem Markt. Dabei geht es nicht darum, ob die Produkte der Antragsgegnerin auch eine hohe Qualität besitzen, sondern ob sie die vermeintliche Alleinstellung insbesondere gegenüber den Produkten der Antragstellerin innehaben oder nicht. Davon ist nicht auszugehen.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin kommt es dabei nicht darauf an, ob es eine rechtliche Verpflichtung (etwa aus § 21 AMG) gibt, die Allergenpräparate vom PEI über prüfen zu lassen. Die Antragsgegnerin besitzt jedenfalls solche Zertifikate für ihre Produkte nicht, während die Antragstellerin diese Untersuchungen vornehmen lässt.

(bb) Zum anderen findet bei der Allergen-Herstellung der Antragsgegnerin, wie oben ausgeführt, ein Abgleich betreffend den Majorallergen-Gehalt bei den PräparatChargen nach ihrem eigenen Vorbringen nur bei vier Allergenen statt. Das erwartet man bei einem vermeintlich vorbildlichen Präparat der Antragsgegnerin ebenfalls nicht, zumal diese Überprüfung bei der Antragstellerin durch das PEI stattfindet, und zwar bei jeder Charge (Anlage ASt 1, Bl. 14).

(c) Der Antrag beschreibt die konkrete Verletzungsform. Die Antragsgegnerin hat mit dieser Angabe geworben (Anlagen ASt 2-3).

VIII.

Nach alledem war die Berufung der Antragstellerin begründet und die der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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