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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 28.11.2002
Aktenzeichen: 3 U 98/02
Rechtsgebiete: HWG, UWG


Vorschriften:

HWG § 3 a
UWG § 1
Wird ein Arzneimittel mit einer der Zulassung nicht entsprechenden Dosierung beworben, liegt eine über den Zulassungsstatus hinaus gehende Werbung vor, die gegen § 3 a HWG verstößt. Durch die Bruchrille auf der Tablette wird zumindest mittelbar ausgelobt, die Tablette sei entsprechend der Zulassung teilbar und es gäbe (auch) die Dosierung von einer halben Tablette. Das entspricht nicht den Zulassungsunterlagen, die zugelassene Dosierung von 1-2 Tabletten enthält nicht auch die dazwischen liegende Dosierung von 1 1/2, und demgemäß auch nicht von einer halben Tablette.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

3 U 98/02

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franque, Spannuth am 28. November 2002 beschlossen:

Tenor:

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zutragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren zunächst auf 500.000 € festgesetzt, von der Erledigungserklärung an bemisst er sich nach den bis dahin entstandenen Kosten.

Gründe:

Nachdem die Parteien (die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 20. November 2002 und die Antragsgegnerin in Vorwegnahme mit Schriftsatz vom 18. November 2002) den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist nur noch gemäß §91 a ZPO über die Kosten zu entscheiden, und zwar ohne mündliche Verhandlung (§ 91 a Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Billigem Ermessen entspricht es, die Kosten des Verfahrens insgesamt der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Die Berufung der Antragstellerin hätte voraussichtlich Erfolg gehabt und zum Neuerlass der einstweiligen Verfügung geführt.

Der zulässige Verfügungsantrag gemäß der Beschlussverfügung des Landgerichts war nach Auffassung des Senats ursprünglich begründet, er ist erst durch die dem Verbotsausspruch der Beschlussverfügung entsprechende, gegenüber der Antragstellerin während der zweiten Instanz abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung der Antragsgegnerin unbegründet geworden.

I.

Die Parteien vertreiben Arzneimittel, und zwar u. a. verschreibungspflichtige sog. ß-Rezeptoren-Blocker (Beta-Blocker) und stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerin vertreibt das Generika-Arzneimittel "Mz-xxxxxxxxxxxxxxx 100 mg -" und - "200 mg retard". Sie bringt das Mittel in Tabletten, die mit einer Bruchrille versehen sind, auf den Markt (Anlage ASt 5).

Das Landgericht hatte mit dem Urteil vom 13. Februar 2002 seine einstweilige Beschlussverfügung vom 24. Januar 2002, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten worden ist, das Arzneimittel Mz-xxxxxxxxxxxxxxx 100 mg und 200 mg retard in der Darreichungsform einer Tablette, die mit einer Bruchrille versehen ist, in den Verkehr zu bringen, aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen, und zwar einschließlich des in der Widerspruchsverhandlung gestellten Hilfsantrages (Bl. 32).

Hiergegen hatte sich die Berufung der Antragstellerin gerichtet, mit der sie ihren Verfügungsantrag gemäß der Beschlussverfügung weiterverfolgt hatte, und zwar einschließlich des Hilfsantrages (Bl. 91).

Mit Schriftsatz vom 18. November 2002 hat die Antragsgegnerin die strafbewehrte Verpflichtungserklärung entsprechend der Beschlussverfügung abgegeben (Bl. 113). Daraufhin haben die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

II.

Der Unterlassungsantrag gemäß der Beschlussverfügung war nach Auffassung des Senats ursprünglich - unbeschadet der Anwendbarkeit weiterer Vorschriften - aus § 1 UWG, § 3 a HWG begründet.

1.) Nach § 3 a HWG ist die Werbung für ein Arzneimittel, das der Pflicht zur Zulassung unterliegt und nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen ist, unzulässig; hierzu gehört auch die Werbung für ein zugelassenes Arzneimittel bezüglich weitergehender, vom arzneimittelrechtlichen Zulassungsstatus nicht abgedeckter Indikationen. Denn in diesem Bereich fehlt es -wie bei einem insgesamt nicht zugelassenen Arzneimittel - an der medizinisch-pharmakologischen Überprüfung durch die Zulassungsbehörde.

Der Wortlaut der in der Zulassung wiedergegebenen Anwendungsgebiete bestimmt insoweit den rechtlichen Rahmen der Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels, für nicht zugelassene Indikationen darf nicht geworben werden. Mit §3 a HWG soll potentiellen Irreführungsgefahren auch hinsichtlich des Umfangs der medizinisch-pharmakologischen Überprüfung der Verkehrsfähigkeit und daraus resultierender Gesundheits gefahren vorgebeugt werden (Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Auflage, §3 a HWG, Rz. 11 m. w. Nw.).

Die gleichen Grundsätze müssen gelten, wenn ein Arzneimittel mit einer nicht der Zulassung entsprechenden Dosierung beworben wird. Für die Zulassung eines Arzneimittels sind dem Zulassungsantrag die in §22 Abs. 1 AMG aufgeführten Angaben beizufügen, hierzu gehört nach §22 Abs. 1 Nr. 10 AMG die Dosierung, auch über diese Angabe wird im Wege der Zulassung entschieden. Nach §29 AMG ist eine Änderung der Dosierung anzeige- und zustimmungspflichtig.

2.) Mit dem Vorhandensein der beanstandeten Bruchrille auf der Tablette "Mz-xxxxxxxxxxxxxxx 100mgretard" und - "200 mg retard" wird jedenfalls mittelbar ausgelobt, die Tablette sei entsprechend der arzneimittelrechtlichen Zulassung teilbar und für dieses Mittel gebe es demgemäß (auch) die Dosierung von 1/2 Tablette.

3.) Es ist als unstreitig anzusehen, dass die Arzneimittel "Mz-xxxxxxxxxxxxxxx 100 mg -" und - "200 mg retard" nicht für die Dosierung von 1/2 Tablette zugelassen sind.

Die Antragstellerin hat das so vorgetragen und hierzu in erster Instanz hinzugefügt, das werde von der Antragsgegnerin auch nicht bestritten. Das entspricht auch der Aktenlage erster Instanz, die Antragsgegnerin hat lediglich im Zusammenhang mit der Bruchrille vorgetragen, tatsächlich könne die Tablette geteilt werden, dies sei auch Gegenstand der Zulassung (Bl. 21). Damit ist aber nicht definitiv behauptet worden, dass die Arzneimittel "Mz-xxxxxxxxxxxxxxx 100mg-" und - "200 mg retard" für die Dosierung von 1/2 Tablette zugelassen seien.

Auch in der Berufungsinstanz behauptet die Antragsgegnerin nicht, für ihre Arzneimittel eine solche arzneimittelrechtliche Zulassung zu besitzen. Sie argumentiert nur damit, die zugelassene Dosierung von 1 bis 2 Tabletten umfasse auch eine Dosierung von 1 1/2 Tabletten und damit notwendigerweise eine halbe Tablette. Das Argument greift aber nicht durch. Der Dosierungsbereich sagt über die Teilbarkeit einer Tablette nichts aus, vor allem ist damit die Dosierung von 1/2 Tablette nicht etwa "mit" zugelassen.

4.) Das demgemäß nach § 3a HWG unzulässige Verhalten der Antragsgegnerin verstößt zugleich gegen § 1 UWG.

Ende der Entscheidung

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